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Das Lamm, das zu viel wusste (eBook)

Cosy Crime in Cornwall
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
304 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01497-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Lamm, das zu viel wusste -  Thomas Chatwin
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Die Cosy-Crime-Reihe zum Schmunzeln und Miträtseln. Ein Wiedersehen mit den Doyles, der ermittelnden Großfamilie. Diese Familie hält zusammen - und löst mit Humor und Scharfsinn jeden Mordfall! Familie Doyle plant eines ihrer legendären Sommerfeste am Strand. Enkelin Kate freut sich besonders darauf, ihre alte Freundin April wiederzusehen. Doch dazu kommt es nicht mehr: In einem einsam gelegenen Strandhaus stoßen die Doyles auf zwei Tote, eine davon ist ausgerechnet April. Warum wollte sie Kate so dringend treffen? Welches Geheimnis nahm sie mit in den Tod? Zeitgleich kommt Aprils Großvater in einem Altersheim ums Leben - angeblich ein tragischer Unfall. Die Doyles wären nicht die Doyles, wenn sie an Zufall glauben würden. Grandma Emily trommelt den Familienrat zusammen. Es wäre doch gelacht, wenn die Doyles nicht auch dieses Rätsel lösen könnten. Wie gewohnt mit vereinten Kräften und viel britischem Humor!

Thomas Chatwin, geboren 1949, ist promovierter Literaturwissenschaftler und ein profunder England-Kenner. Er liebt Cornwall und verbringt jede freie Minute dort. Seiner langjährigen Freundschaft mit der englischen Bestsellerautorin Rosamunde Pilcher und vielen gemeinsamen Reisen verdankt er ungewöhnlich detailreiche Einblicke in Cornwalls Alltag.

Thomas Chatwin, geboren 1949, ist promovierter Literaturwissenschaftler und ein profunder England-Kenner. Er liebt Cornwall und verbringt jede freie Minute dort. Seiner langjährigen Freundschaft mit der englischen Bestsellerautorin Rosamunde Pilcher und vielen gemeinsamen Reisen verdankt er ungewöhnlich detailreiche Einblicke in Cornwalls Alltag.

1.


Später meinte Tante Anne, sich erinnern zu können, sie hätte hinter den Büschen auf der Düne jemanden weglaufen sehen, als sie um genau 18:05 Uhr ihre Füße aus dem Boot auf den Strand gesetzt hatte. Allerdings litt sie an diesem Tag wegen der starken Sonne unter ihren berühmten Allergieanfällen und konnte die Sache nicht wirklich beschwören. Schon gar nicht offiziell bei der Polizei. Allen anderen Familienmitgliedern war die kleine Bucht nämlich menschenleer in Erinnerung.

Sie waren vom benachbarten Küstenort Looe hergefahren, wo Grandma lebte. Dort hatte Onkel Brian den Teil der Familienmitglieder, die heute Zeit hatten, in seinen grünen Motorkahn verfrachtet und war mit ihnen zum Strand von Kendreath getuckert. Das ehemalige Fischerboot ohne Kajüte bot genügend Platz für alle Doyles und konnte mit seinem flachen Rumpf leicht an Land gezogen werden. Unterwegs hatte die Truppe jede Menge Spaß. Morwenna war gleich am Anfang von einer hohen Bugwelle erwischt worden und bis zu den Haarspitzen pitschnass, Grandma schilderte amüsiert, wie der Vikar von Looe gestern nicht ganz nüchtern vom Grabrand auf einen Sarg gerutscht war, den er segnen sollte. Als Onkel Brian dann noch hinter seinem Steuer das Shanty Keep Haulin von den Fisherman’s Friends anstimmte – einem Chor echter Fischer aus Port Isaac an der Nordküste, die durch Zufall weltberühmt geworden waren und auf die ganz Cornwall stolz war –, explodierte die Stimmung an Bord. Ein typischer Doyle-Ausflug.

Die Sommerfeste der Familie gehörten für Kate zur Leichtigkeit der warmen Jahreszeit. Ständig ließ sich einer der vielen Doyles etwas einfallen. Kates jüngere Cousine Morwenna hatte ihr bestandenes Bachelor-Examen ziemlich wild auf einem Dutzend kreisförmig aneinandergebundener Ruderkähne gefeiert. Großcousine Peggy hatte zum zehnjährigen Bestehen ihres exklusiven Designerladens die Terrasse eines nicht weniger exklusiven Hotels direkt auf den Klippen gemietet. Der Ausblick über die Zweimeterwellen an diesem Teil der Küste war spektakulär. Und Onkel Brian, der bärtige Biologieprofessor, war zu seinem Geburtstag mit Freunden und Familie zum Hafen von Fowey gewandert, um dort einen humorvollen Vortrag über Cornwalls Meerestiere zu halten und die Hafenrobbe zu füttern.

Die Einladungskarte für Grandmas heutiges Strandfest hatten Kate und David diesmal schon Anfang Juli im Briefkasten gehabt. Vergnügt hatten sie die grinsende Kartoffel auf dem Deckblatt betrachtet, lässig gezeichnet von Emily selbst. Sie war zwar früher Tänzerin gewesen, aber noch lieber wäre sie Grafikerin geworden. Und eine Kartoffel deshalb, weil Grandma mal wieder etwas Verrücktes feiern wollte – den Nationalen Kartoffeltag am neunzehnten August. Vermutlich tat das niemand sonst in Cornwall, was die Sache umso reizvoller machte. Grandmas Party zum World Porridge Day im Oktober letzten Jahres war ja auch ein voller Erfolg gewesen. Wenn die Doyles feierten, dann richtig.

Der heutige Sonnenuntergang war vom Wetterbericht für 20:32 Uhr vorhergesagt. Genügend Zeit, um vorher gemütlich ein Feuer und ein paar Fackeln zu entzünden, am Strand zu grillen und dann gemeinsam die Vollmondnacht zu erwarten. Kate liebte diesen Strandabschnitt, den Grandma Emily für ihr Fest ausgesucht hatte. Von hier aus konnte man wunderbar zuschauen, wie sich der Horizont und das Wasser beim Versinken der Sonne in glühende Streifen und Flächen verwandelten und am Ende ganz Cornwall mit ihrer fein abgestuften Röte bedeckt schien. Es war der erhabenste Moment eines jeden Sommerpicknicks, wie Kate fand. Und es gehörte dazu, dass jeder in der Familie eine andere Art von Rot zu erkennen glaubte. Die fröhliche Morwenna schwor lebhaft, das Meer mit einem kräftigen Kirschrot überzogen zu sehen, für Kate wirkte es eher wie Mohnrot, für Onkel Brian war es ein warmes Tizianrot, für Tante Anne das exotische Rot der Drachenfrucht … Nur Grandma nannte die Sonnenuntergänge genüsslich blutrot. Alle amüsierten sich über diese Assoziation, aber als Witwe eines Richters am Londoner High Court und als begeisterte Krimiliebhaberin ließ Grandma ihre Fantasie nun mal gerne um alles schweifen, was mit dem Thema Verbrechen zu tun hatte. Ihr augenzwinkerndes Motto lautete ohnehin: Nichts belebt uns wie ein kleiner Mord.

Der frühe Abend dieses Augusttages zeigte sich äußerst freundlich. Während die Kinder Poppy und Oscar eifrig Schwemmholz zu sammeln begannen, verflüchtigte sich auch noch das letzte Wölkchen am Himmel. Kurz darauf brannte ein loderndes Strandfeuer. Die Picknickkörbe wurden geöffnet, die Decken auf dem Sand verteilt.

Onkel Brian fühlte sich für den Dreibein-Grill über dem Feuer zuständig, seine Tochter Morwenna hatte aus dem Studentenheim ihre Gitarre mitgebracht, Tante Anne (Grandmas Tochter) musste sich traditionell um das Geschirr kümmern. Der Schwere Harvey – Annes dreiunddreißigjähriger Sohn, einhundertzwanzig Kilo pure Gemütlichkeit – war zum Barkeeper der Familie ernannt worden und damit zum Hüter der Getränkeboxen. Kate und Grandma hatten zusammen die Grillspeisen zubereitet, und Tante Peggy überraschte alle mit weichen italienischen Kissen aus ihrem Designer-Möbelladen. Sie war Kates Cousine und hatte ihren zehnjährigen Sohn Oscar dabei. Eigentlich hätte Oscar heute bei Mrs Reddingworth Klavierunterricht gehabt, aber dann wäre Harveys siebenjährige Tochter Poppy allein unter den Erwachsenen gewesen und das wollte Peggy auch nicht. Der fröhliche Oscar war Peggys ganzer Stolz. Wie viele stolze Mütter hatte auch sie ihrem Sohn die dunkelblonden Haare im halblangen Prinzenstil schneiden lassen. Harveys kleine Poppy wirkte dagegen immer noch wie ein herumhüpfender Wonneproppen. Grandma liebte ihre Urenkelin von Herzen, sie hatte Kate aber neulich zugeraunt: «Harvey füttert sie leider mit Süßigkeiten. Nicht, dass Poppy mal seine dicken Backen erbt!»

Kate genoss diese Picknicks sehr. Jetzt, mit dreiundvierzig Jahren, bewunderte sie zunehmend, wie geschickt Grandma durch ihre fröhlichen, vitalen Familienfeste alle Generationen zusammenhielt. Selbst mit ihren sechsundachtzig Jahren zeigte Emily Doyle weder Schwäche noch die Absicht, ihre Position als Familienchefin und Verfechterin der Traditionen aufzugeben und nur noch Krimis zu lesen. Ihre kerzengerade Gestalt, die sich leicht und doch entschlossen bewegte, sowie ihr willensstarkes Gesicht unter den weißen Haaren drückten noch immer geistige und körperliche Lebendigkeit aus. Die Jüngeren in der Familie wie Morwenna und Harvey liebten Grandma für ihr großes Herz und ihren trockenen Humor, die Älteren für ihren scharfen Verstand und ihre Lebensklugheit. Mit ihren schottischen und kornischen Wurzeln konnten die Doyles «wie die alten Kelten» (Zitat Onkel Brian) zusammen lachen, weinen, feiern und singen, dass es eine Freude war.

Zwei ihrer wichtigsten Menschen vermisste Kate allerdings heute Abend. Ihren Lebensgefährten David Pennymore und ihren Vater Gilbert Doyle. Mit David, ihrer großen Liebe, züchtete Kate Schafe. David hatte vor einigen Jahren die Trewistle Farm oberhalb der Küste geerbt, und obwohl Kate früher in Londoner Verlagen gearbeitet hatte und heute von Buchrezensionen und ihrem erfolgreichen True-Crime-Podcast lebte, war aus ihr eine begeisterte Farmerin geworden.

Kates Vater Gilbert saß nur deshalb nicht mit am Feuer, weil Grandma ihr Picknick auf keinen Fall ohne Lieblingsenkelin Kate veranstalten wollte. Da David aber jemanden zum Klauenschneiden bei den zweiundfünfzig Schafen brauchte, hatte sich Gilbert dafür angeboten.

«Ist das okay für dich, wenn Dad mal nicht dabei ist?», hatte Kate gestern beim Kartoffelschneiden ihre Großmutter gefragt. Immerhin war Gilbert ihr ältester Sohn. Er hatte sich einen Namen als angesehener Kunsthistoriker gemacht, aber Grandma monierte gerne seine fehlenden handwerklichen Fähigkeiten.

«Wir werden es überstehen, Schätzchen», hatte Grandma mit ihrem robusten Humor gesagt. «Früher war Gilbert für die Getränke zuständig. Im Gegensatz zu Harvey hatte er leider nie ein Händchen fürs Mixen. Es wird ihm guttun, sich mal um so was Solides wie Schafsklauen zu kümmern.»

Kate wusste, dass ihr Dad diesen typischen kleinen Grandma-Hieb mit einem Augenzwinkern quittiert hätte.

Die Stimmung am Strandfeuer war großartig, dennoch fühlte Kate sich seltsam unruhig. Sie hätte nicht sagen können, warum, alles lief ja perfekt. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass sie immer wieder an April Thomson denken musste. Das Wiedersehen hier an den Strand zu verlegen war Blödsinn gewesen, sie hätten sich lieber irgendwo in der Stadt treffen sollen. Im Grunde wusste sie ja nicht mehr so viel über April … Aber jetzt war das Treffen nun mal vereinbart.

Tante Anne stand mit Grandma und Kate bei den Picknickkörben. Wie immer trug sie etwas Selbstgenähtes, heute einen schlabberigen grün-blauen Hosenanzug mit viel zu weiten Beinen.

«Ich hoffe, du hast die Kartoffeln nicht zu sehr gewürzt, Mum», sagte Anne. Jeder in der Familie kannte ihren Hang zur Hypochondrie. «Du weißt, mein Zwölffingerdarm.»

«Vielleicht hätte Kate dir etwas Schaffutter mitbringen sollen», antwortete Grandma spitz. Sie machte sich gerne über die Wehwehchen ihrer Tochter lustig. «Und trink einen Gin, die Doyle’schen Zwölffingerdärme lieben Gin.»

Pikiert zog Anne ab und ließ sich neben Mo auf die Decke fallen. Leise flüsterte sie: «Was sagt man dazu?»

«Ich liebe Grandmas Humor», hörte Kate Morwenna grinsend sagen. Ihr weißes T-Shirt trug das Emblem der Plymouth University....

Erscheint lt. Verlag 1.5.2024
Reihe/Serie Cosy Crime aus Cornwall
Cosy Crime aus Cornwall
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • Britischer Humor • Cornwall • Cosy Crime • cosy crime deutsch • Cosy Krimi • cosy krimi deutsch • Der Donnerstagsmordclub • Destinationskrimi • deutsche Kriminalromane • Devon • England • england krimi • ermittelnde Großfamilie • Familienleben • Familienroman • Humor Krimi • humorvolle Krimis • humorvoller Krimi • Krimi • Krimi lokal • Kriminalgeschichten • Kriminalliteratur • Krimi Neuerscheinungen 2024 • krimis bücher • Krimis und Thriller • Krimi Thriller • lustige krimis bücher • Miss Marple • only murders in the building • Richard Osman • Romane Krimis • spannende Bücher • Südengland • Thriller und Krimis deutsch • True Crime Podcast • Vier Schafe und ein Todesfall
ISBN-10 3-644-01497-3 / 3644014973
ISBN-13 978-3-644-01497-8 / 9783644014978
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