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Weißglut (eBook)

Kriminalroman | Spannend und humorvoll - die neue Finnland-Krimireihe um Münchnerin Sarah Fuchs

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
432 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0671-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weißglut -  Tobias Quast
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Du bist nicht so allein, wie du denkst ...

Sarah Fuchs hat die Münchner Schickeria gehörig satt. Als sich die Boulevardpresse ihren Eheproblemen widmet, taucht sie für einen Sommer im hohen Norden unter und zieht sich in die Einsamkeit Finnlands zurück. Ein luxuriöses Sommerhaus, ein malerischer See und lichte Birkenwälder sollen die Zutaten ihrer Selbstfindung werden.
Doch die finnische Ruhe währt nur kurz: Beim heiseren Ruf des Haubentauchers stolpert Sarah am Seeufer über eine männliche Leiche. Unglücklicherweise scheint Kommissar Toivo Aalto sofort den Verdacht zu hegen, Sarah hätte etwas mit dem Tod des Mannes zu tun, war sie doch die einzige Person in unmittelbarer Nähe. Um aus der Schusslinie der Ermittlung zu gelangen, weiß sie sich nur einen Rat: Sie selbst muss den Mörder finden! Doch der schlägt abermals zu ...



<p>Tobias Quast, aufgewachsen in Wuppertal, studierte Literatur- und Medienwissenschaft an der Universität Düsseldorf. Mehr als seine zahlreichen Jobs, etwa als Buchhändler, Journalist oder Übersetzer, prägte ihn, dass er mit einer Finnin verheiratet ist. Die Belustigung ihrer Familie zog er auf sich, als er aus Angst vor Bären nur noch singend durch den finnischen Wald joggte. Mit den Finnen teilt er die Liebe zu Lakritz, Kaffee und <i>saunaolut</i> - Saunabier. Seine Lieblingsstadt Helsinki ist ihm mittlerweile zur zweiten Heimat geworden.</p>

ERSTES KAPITEL

Der Haubentaucher pflügt durchs Wasser, den Hals emporgereckt, mit unbewegtem Kopf. Sein Weg ist eine immergleiche Schleife. Sie beginnt unweit des Schilfes am nördlichen Ufer und führt den Vogel in die Mitte der Bucht hinaus. Von Zeit zu Zeit reißt er seinen Schnabel auf, als wollte er nach Luft schnappen, und gibt ein kehliges Geräusch von sich. Wie eine Lawine walzt der Schrei über das spiegelglatte Wasser und schlägt mit Wucht an Land auf.

»Mistvieh!« Er blinzelt, kneift ein Auge zusammen, um besser sehen zu können. Dann stößt er ein Schnauben aus. Ihm wird schwindelig, wenn er den Runden des Wasservogels zu lange folgt. Für einen Moment sieht es dann so aus, als kreuzten dort draußen auf dem Päijänne-See gleich zwei dieser Viecher.

Am meisten nervt ihn der heisere Ruf. Das Krakeelen tut ihm in den Ohren weh. Er weiß, dass er selbst daran schuld ist. Wenn er trinkt, wird sein Gehör empfindlich. Wie auch seine Laune. Was ihn beides noch nie vom Trinken abgehalten hat. Normalerweise sitzt er aber auch nicht vor einem quäkenden Vogel, der wie ein kaputtes Aufziehspielzeug durch den See schwimmt.

Plötzlich fällt ihm ein, wie seine Großmutter früher erzählte, die Wasservögel brächten dem Menschen bei seiner Geburt seine Seele. Und beim Tod sammelten die Vögel die Seele wieder ein. Stirnrunzelnd nimmt er einen tiefen Schluck aus der Bierdose. Finnisches Sagengeschwätz! Wenn sein Jagdgewehr griffbereit läge, dann hätte jetzt das letzte Stündlein des Mistviehs geschlagen. »Dämlicher Nichtsnutz!« Er kann die Wut auf seinen Lippen schmecken.

»Was ist?« Matti dreht den Kopf.

Mit seinen blutunterlaufenen Augen und hängenden Wangen erinnert Matti ihn an einen Beagle. Die dünnen langen Haare kleben ihm seitlich an den Schläfen, wie eben die Schlappohren dieser Köter. Auch wenn die Leute Matti oft »das Walross« nennen, weil er ganz schön viel Fett auf den Hüften hat, findet er, dass »der Hund« ein deutlich passenderer Spitzname wäre. Matti verhält sich nämlich wie einer. Wie ein dreckiger Straßenköter. »Dämlicher Nichtsnutz«, wiederholt er und deutet auf den Vogel. Doch er weiß, dass er damit weniger den Haubentaucher als vielmehr den Mann meint, der neben ihm auf der Bank hockt.

»Ja, Nichtsnutz«, pflichtet Matti bei. In seiner Stimme liegt der Anflug eines Lallens. Ungelenk holt »das Walross« mit dem Arm aus und wirft seine Bierdose in Richtung des Vogels. Keine fünf Meter vom Ufer entfernt platscht die Dose in den See. Der Haubentaucher reagiert nicht einmal. Dafür presst Matti ein glucksendes Lachen hervor, das seine Fettschichten in Schwingung versetzt. Als er sich wieder beruhigt hat, erhebt er sich schwankend von der Bank. »Lass uns noch einen Saunagang machen. Ich will etwas mit dir bequatschen«, nuschelt er.

Er kann spüren, wie unter ihm die Holzbank vor Erleichterung aufseufzt, da sie nun von Mattis Gewicht befreit ist. Langsam steht auch er auf, reckt und streckt sich, bis die Gelenke knacken. In seinem Magen pocht eine unangenehme Vorahnung. Er vermutet, dass ihm das, was Matti besprechen will, nicht gefallen wird. Gereizt folgt er »dem Walross« in die Hütte, gräbt seinen hasserfüllten Blick in den wulstigen Rücken des Mannes. Seine Geduld mit dem Kerl geht zur Neige. Es war falsch, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er würde es vorziehen, nicht länger auf Mattis Dienste angewiesen zu sein, doch zuerst müssen sie noch eine Sache abwickeln. Und die Zeit drängt. Mit knirschenden Zähnen setzt er sich auf die Saunabank.

»Es geht um unser kleines Geschäft«, erklärt Matti und gießt mit einer Schöpfkelle Wasser auf die glühend heißen Saunasteine, die auf dem Ofen liegen. Zischend steigt eine Dampfwolke auf und trägt feuchte Hitze in den Raum.

Natürlich will Matti über Geschäftliches reden. Ansonsten gäbe es auch keinen Grund für ein Treffen. Wahrscheinlich hätte der Kerl niemanden zum Reden, wenn er ihn nicht wegen gemeinsamer Geschäfte hierherbestellen könnte. Wahrscheinlich hätte er keinen einzigen Saufkumpan und müsste den lieben langen Tag allein vor seinen Flaschen hocken. »Wird Zeit, dass unser Geschäft zu einem Abschluss kommt, Matti«, sagt er. »Ich warte schon zu lange darauf, dass du lieferst! Es hängen noch andere Leute an der Sache dran, die sind auch schon ungeduldig.« Wie eine schwere Decke legt sich die Wärme auf seine Haut und kitzelt dicke Schweißperlen aus den Poren. Er wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn.

»Ich habe das Ding jetzt da«, erklärt Matti selbstgefällig.

Überrascht richtet er seinen Oberkörper auf. »Na endlich! Das ist mal eine gute Nachricht.« Erleichterung breitet sich in ihm aus, übertüncht beinahe die Wut. Er beugt sich zu dem kleineren der beiden Wasserbottiche hinüber und fischt eine Wodkaflasche heraus. »Darauf stoßen wir an.« Er dreht den Verschluss von der Flasche und nimmt einen langen Schluck, reicht den Wodka an Matti weiter.

»Prost«, näselt Matti und lässt den Alkohol in seinen Rachen laufen. Dann stellt er die Flasche neben sich auf die feuchte Bank. Auf seinem Gesicht liegt ein breites Grinsen.

Das irritiert ihn. »Wo ist das Ding, Matti?«

»Das Walross« zuckt mit den Schultern. »An einem sicheren Ort. Ganz in der Nähe.«

»Hol es her, Mann! Ich will’s sehen.«

»Erst müssen wir über das Geld sprechen«, erklärt Matti.

Das ungute Gefühl ist schlagartig zurück. Stärker noch als zuvor. Er muss sich verhört haben. »Ich habe dir das Geld bereits gegeben, Matti!«

»Es war nicht genug.«

»Es war genau so viel, wie wir verabredet haben!« Nur mühsam hält er sich davon ab loszubrüllen. Die Trunkenheit fällt von ihm ab wie ein Kleidungsstück, das er abstreift.

»Der Preis ist gestiegen.« Matti begleitet seine Worte mit einem Nicken.

»Der … Preis ist gestiegen

Mattis Grinsen hat sein Gesicht für keine Sekunde verlassen. »Ich habe mir die Lieferung genau angeschaut. Die Ware ist wertvoller, als du es mir gesagt hast, mein Freund. Also musst du auch mehr zahlen.« Er legt eine Pause ein. »Das Dreifache.«

In ihm schnappt etwas, wie ein Gummiband, das überspannt wurde und nun reißt. Es kostet ihn seine ganze Willenskraft, nicht aufzuspringen und »dem Walross« die Wodkaflasche in die grinsende Visage zu schlagen. Mit beiden Händen umklammert er die Kante der Saunabank. Seine Finger schmerzen. »Das Dreifache?«, wiederholt er ungläubig. Verarscht Matti ihn? Macht der Spinner einen schlechten Witz? Dass dem nicht so ist, erkennt er an Mattis zufriedenem Nicken.

»Das ist der neue Preis. Das Dreifache von dem, was du schon gezahlt hast. Kein Verhandlungsspielraum. Du weißt genau, dass das immer noch ein Freundschaftspreis ist. Nach dem Teil lecken sich so einige Leute die Finger.« Matti tastet nach der Wodkaflasche und führt sie ungelenk zum Mund.

Sein Hals ist trotz der feuchten Wärme staubtrocken. »Ich kann dir nicht das Dreifache zahlen.«

»Dann gibt es kein Geschäft zwischen uns.« Matti zuckt mit den Schultern, als handele sich alles nur um eine Lappalie. Er gießt einen weiteren Schwall Wasser auf die Steine, und Hitze wallt durch die Sauna. »Jetzt, wo ich weiß, was für ein Kleinod ich da für dich beschafft habe, finde ich sofort einen anderen Käufer. Kein Problem.«

Die Wut kocht heißer in ihm, als die Saunasteine auf dem Ofen glühen. »Das Walross« ist ein dreckiger Hund, ruft ihm eine innere Stimme zu. Ein ehrloses Schwein.

»Also?« Immer noch liegt das selbstgefällige betrunkene Grinsen auf Mattis Gesicht.

»Du bekommst das Geld.« Seine Stimme ist so heiser, er erkennt sie selbst nicht wieder. »Wo ist die Ware?«

»Erst die Kohle«, sagt Matti und drückt sich von der Bank hoch. Er wankt aus der Sauna, lässt die Tür hinter sich offen stehen. Kühle Luft drängt in den kleinen Raum.

Tief holt er Atem, dann folgt er Matti, der mittlerweile den Steg entlangschlurft und irgendetwas vor sich hin summt. »Das Walross« wirkt sehr zufrieden mit sich. Für einen Moment überlegt er, sich vor der Saunahütte auf die Bank zu setzen und ein weiteres Bier aufzumachen, um die Wut niederzuringen. Doch er betritt den Holzsteg.

Mit einem lauten Platschen durchbricht Matti die Wasseroberfläche. Prustend taucht er wieder auf, reckt den Kopf aus dem See und streicht sich das nasse Haar aus dem Gesicht.

Drei lange Schritte macht er auf den Steg hinaus. Sein Kopf ist seltsam leer.

»Junge, als Erstes baue ich mir von deiner Kohle eine neue Sauna«, japst Matti. Er paddelt auf der Stelle.

Er tritt an den Rand des Stegs und schaut auf Matti hinab. Er sieht nur ihn, als blicke er durch ein Fernrohr. Das feiste Gesicht seines Geschäftspartners grinst ihm aus dem Wasser entgegen. Nichts anderes existiert in diesem Moment auf der Welt. Nur dieses selbstgefällige Feixen.

»Ich glaube, ich mache noch eine Saunarunde«, lallt Matti. »Schließlich gibt es was zu feiern. Und der Wodka will leer gemacht werden.« Er schiebt sich im Wasser voran, in Richtung der Holzleiter, die auf den Steg führt.

Er springt aus dem Stand nach vorne. Genau neben »dem Walross« landet er im See.

Matti zuckt zusammen. »He, Mann. Pass doch –«

Er zieht, während er hinabtaucht, den Dicken mit sich unter Wasser.

Matti strampelt, versucht, ihn abzuschütteln, rudert mit den Armen, um zurück an die Wasseroberfläche zu gelangen.

Er taucht auf und stemmt sich mit seinem ganzen Gewicht auf Mattis teigige Schultern. Mit aller...

Erscheint lt. Verlag 21.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte action • Aufklärung • Blutland • Ermittlung • Finnland • Finnland Krimi • finnland roman • finsterhaus • krimi und thriller • Krimi und Thriller deutsch • Leiche • Leichenfund • Mord • Münchner Schickeria • Sommerhaus • Spannung • spannung buch • Viveca Sten • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-7499-0671-8 / 3749906718
ISBN-13 978-3-7499-0671-0 / 9783749906710
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