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Paradise City (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
464 Seiten
btb (Verlag)
978-3-641-28548-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Paradise City -  Jens Lapidus
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Der Nummer-1-Bestseller aus Schweden - »Jens Lapdius besticht durch seine einzigartige Mischung aus packender Spannung, reichhaltigen Charakterdarstellungen und einem ungeschönten Bild dessen, was aus der heutigen Gesellschaft geworden ist.« Yrsa Sigurðardóttir
Schweden in naher Zukunft. Die Polarisierung der Gesellschaft hat neue, beispiellose Ebenen erreicht. Zum Schutz der Privilegierten wurden Mauern errichtet, um die Bewegungen der Menschen in der sogenannten Sonderzone, einer Art No-Go-Area, einzuschränken. Es ist Wahljahr und obgleich Gefahr droht, beschließt die Innenministerin eine politische Kundgebung in Järva, einer dieser Zonen abzuhalten. Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen gerät sie in einen Hinterhalt und wird entführt. Daraufhin setzt die machtlose Polizei auf einen unorthodoxen Plan: Sie wollen Emir, einen verurteilten Verbrecher, der sich derzeit im Gefängnis befindet, undercover hinter die Mauern von Järva schicken, um die Innenministerin zu retten.

Jens Lapidus (geboren 1974) hat eine der erstaunlichsten Karrieren Schwedens inne. Er war nicht nur einer der angesehensten Strafverteidiger des Landes, sondern ist auch einer der erfolgreichsten Autoren. Durch seine anwaltliche Tätigkeit verfügt er über mannigfaltige Kontakte zu Schwerverbrechern und genuine Einblicke in die schwedische Unterwelt, die Normalsterblichen normalerweise verwehrt bleiben. Die Authentizität, Schnelligkeit und Direktheit seiner Romane suchen ihresgleichen. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt, vielfach preisgekrönt und mehrfach verfilmt.

9


Kleine Hautschuppen fielen auf den Boden, als sich Novas Partner an der Wange kratzte.

»So, jetzt sind wir alle beisammen«, sagte er. »Und ich muss fragen: Wozu die Eile?«

Jonas war sofort zu ihr in die Villa gekommen, was an sich schon cool war. Aber ihre Nachricht war auch unmissverständlich gewesen: Hier geht es um die größte Krise meines Lebens, und zwar ausnahmsweise mal wirklich.

In ihr brannten die Gedanken wie Kajal, der aus Versehen ins Auge geraten ist. Sie hatte überlegt, den verdammten Bullen anzuzeigen oder ihre Familie um Hilfe zu bitten, aber dann würde er sie wegen der Tabletten drankriegen, und das kam nicht infrage. Schon gar nicht, wenn sie an ihre Familie dachte.

»Ich habe einen Anruf vom Finanzamt bekommen«, sagte sie.

»Oh.«

Hedvig machte sich Notizen, obwohl niemand sie darum gebeten hatte.

»Anscheinend wollen sie mir eine Zusatzsteuer aufbrummen.«

»Und da haben sie extra angerufen, um dir das mitzuteilen? Sie haben dir keine E-Mail geschickt oder es in der App gepostet?«, fragte Jonas.

Nova seufzte. »Nein. Sie haben angerufen. Ich habe selbst mit dem zuständigen Beamten gesprochen.«

»Verdammt«, stöhnte Jonas. »Ich hasse das Finanzamt. Die sind das Allerletzte. Wie viel verlangen sie?«

»Zwei Millionen Kronen.«

Er verstummte.

Hedvigs Gesicht wurde kreidebleich.

»Wann können wir das bezahlen?«, fragte Nova nach ein paar Sekunden.

Jonas legte den Kopf schief. Auch er sah blass aus. »So viel kannst du nicht bezahlen.«

»Ich muss aber. Es muss doch nach der Preisverleihung gestern mit den Follower-Zahlen nach oben gegangen sein?«

»Leider hat sich da nicht viel getan.« Jonas betonte jede einzelne Silbe und klang dabei wie ein Idiot.

Das konnte doch nicht wahr sein – hatte der Shoken-Preis ihr nicht einmal ein paar mehr Follower eingebracht? Oder wenigstens neue Sponsoren, neue Werbeaufträge – warum sonst hatten sie dafür bezahlt?

Hedvig blickte auf den Tisch.

Jonas seufzte. »Kaum jemand scheint sich noch für den Preis zu interessieren, das Interesse daran ist im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesunken, und da waren es auch schon zwanzig Prozent weniger als im Jahr davor. Kurz gesagt: nein. Du hattest davor nicht die Mittel, um eine solche Steuerschuld zu begleichen, und hast sie auch jetzt nicht. Du musst Widerspruch einlegen.«

Nova hatte wirklich versucht, einen Überblick über ihre Finanzen zu behalten, aber Jonas hatte das stets erfolgreich verhindert. Eine weitere seiner Methoden, um die Kontrolle über sie zu behalten, wie sie sehr wohl wusste.

»Aber wir bringen ja bald das Parfüm auf den Markt. Und morgen ist der Dreh für Zoroast. Kann ich mir da nicht ein wenig Geld leihen?«

»Von wem denn?«

Nova wusste keine Antwort auf diese Frage. Sie wusste nur: Sie hatte in den letzten Jahren alles für Novalife gegeben. Da sollte sie doch wohl kreditwürdig sein.

Jonas starrte sie an. »Der Mietwagen, die Kleider, das Make-up, die Maniküre, das Reisebüro, die Shoken-Analysten, die PR-Leute. Manche Schulden sind seit sieben Monaten nicht bezahlt. Nichts ist mehr, wie es war. Die Leute wollen sich ihre Erlebnisse direkt in ihre Amygdala knallen, ihren Frontallappen und ihr ventrales Tegmentum oder wie auch immer das heißt. Also nein, du hast kein Geld, mit dem du die Steuer bezahlen kannst. Du musst Widerspruch einlegen – egal, was das Finanzamt sagt.«

Sie überlegte, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte – dass sie von einem verrückten Polizisten erpresst wurde. Sie hatte sich sogar einen Namen für ihn ausgedacht: Guzmán – schließlich benahm er sich wie ein Drogenboss.

»Meine liebe Nova, du hast kein Geld. Wie deutlich muss ich es noch ausdrücken?«

»Mein lieber Jonas, du kannst aufhören, mich so von oben herab zu behandeln. Ich habe vor, diese verdammte Steuer zu bezahlen, und dann werden wir schon sehen, was passiert.«

Sie schaute sich auf der Suche nach Zustimmung um. Hedvig betrachtete das edle Grau an der Wand mit einem bisher ungekannten Interesse. Kein Wunder, Nova hatte ihr gerade unterschwellig damit gedroht, sie um ihren Job zu bringen.

Verdammte Luschen.

10


Die dicken gestreiften Vorhänge des Verhörraums waren zugezogen, obwohl sich dahinter keine Fenster befanden. Die Stühle hatten weiche Sitzflächen und Lehnen, und auf dem Tisch stand eine Vase mit Plastikblumen. An der Wand hing sogar eine gerahmte Luftaufnahme von Stockholm.

Dieser Raum sah nicht wie die anderen aus, er stammte wohl noch aus der Zeit, bevor sich die Privatisierung wie ein Virus ausgebreitet hatte.

Sie hatten ihn durch Flure und über Aufgänge gezerrt, in Aufzüge gesteckt und ihn schließlich hier in den Keller gebracht.

Emir wusste nicht, wo er war und warum.

Die Tür öffnete sich, und sein Anwalt Payam Nikbin kam herein. »Hallo, mein Freund.«

Emir streckte die Hände aus, die Handschellen klirrten.

»Ich glaube, du hast nicht alle Tassen im Schrank«, sagte der Anwalt.

»Die buchten mich sowieso lebenslänglich ein. Ich hatte nichts zu verlieren.«

Nikbin grinste.

»Wenn sie mich verhören wollen, müssen sie mir die Fesseln abnehmen«, sagte Emir.

»Weißt du, als ich vor zwanzig Jahren als Anwalt anfing, wurden noch kaum Handschellen angelegt«, sagte Nikbin. »Heutzutage verpassen sie dem kleinsten Ladendieb Fußfesseln, zumindest wenn er aus einer Sonderzone kommt. Die Zeit ist aus den Fugen geraten, sage ich, aber AC/DC hört auch niemand mehr, vielleicht hängt das irgendwie zusammen, und ich schnalle es nur nicht. Der Untergang des Hard Rock und der brutale Aufstieg des Polizeistaats.«

Emir verstand den Humor seines Anwalts nicht immer.

»Dir ist schon klar, dass wir in den Büros der Sicherheitspolizei sitzen, oder?«, sagte Nikbin. »Wir befinden uns im Kellergeschoss. Ich nenne diesen Ort gerne die Kuschelhöhle.«

»Machst du Witze? Bin ich hier, weil ich aus dem Krankenhaus abgehauen bin?«

»Nein, sondern weil sie bei der Säpo gut zu den Leuten sind und versuchen, eine nette Atmosphäre zu schaffen. Sie bieten ihnen Kaffee an und so weiter. Vielleicht sogar einen Butterkeks. Sie wissen, dass man durch Anschreien und Drohen nichts erreicht. Ich hatte mal einen Klienten, der extrascharfe Soße zu seinem Kebab aß. Einmal wurde er eines terroristischen Verbrechens verdächtigt und verhaftet. Weißt du, was die Säpo gemacht hat?«

Emir schüttelte den Kopf.

»Mitten im Verhör kamen sie mit dem Mittagessen, total zuvorkommend, könnte man meinen. Aber es war extrascharfe Soße auf dem Döner. So hat ihm die Säpo auf elegante Weise gezeigt, wo der Hammer hängt. Sie hatten ihn seit Jahren beobachtet.«

»Aber warum sollte die Säpo mich verhören wollen? Ich bin doch kein Terrorist.«

»Ich denke, das werden wir noch früh genug erfahren. Aber hier gelten die gleichen Regeln wie bei der normalen Polizei. Du musst keine Fragen beantworten, wenn du nicht willst. Der einzige Unterschied ist, dass sich die Person, die dich vernehmen wird, als Karin oder Anders vorstellt. So heißen sie immer, um ihre Anonymität zu wahren. Das ist die Geheimpolizei.«

Emir lehnte sich zurück. Und wartete.

Es war ihm egal, was für Polizisten das waren.

Sie durften sich nicht ansehen, sie durften nicht kichern, sie durften nichts sagen, sie durften nur auf den Stühlen sitzen, die die Wachen aufgestellt hatten, und an die Wand starren.

Der Raum sah genauso halbfertig aus wie der Rest des Einkaufszentrums, die Betonwände waren noch feucht. Auf dem schmutzigen Boden stapelten sich die Brote, die Chipstüten und die Süßigkeiten, die er und Isak gestohlen hatten. Auch Emirs Handy, das ihm seine Mutter letztes Jahr geschenkt hatte, lag dort. Die beiden Wachen standen vor ihnen, ihre Mienen starr wie Metall.

Der Größere hatte seltsame Tätowierungen auf den Armen, die aussahen wie Kinderzeichnungen, und trug Handschuhe mit Polsterung. »Leert noch einmal eure Taschen«, sagte er mit rauer Stimme.

Seine Kleidung war dunkelgrün und seine Militärstiefel schwarz.

»Wir haben nichts mehr«, sagte Emir.

»HALT DIE FRESSE«, rief der Wachmann und machte einen Schritt auf ihn zu. Emir dachte, er würde eine Ohrfeige bekommen, aber der Wachmann blieb stehen, als sein Gesicht nur wenige Zentimeter von Emirs entfernt war.

»Sie verstehen offensichtlich nicht, was wir sagen«, meinte der andere Wachmann, wobei er kaum die Lippen bewegte.

»Ja, du hast recht. Dann machen wir es anders. Steht auf.«

Die Schuhe hatten sie bereits ausziehen müssen. Der Boden unter ihren Füßen war kalt.

»Zieht eure Pullover aus.«

Emir war noch nie beim Ladendiebstahl erwischt worden, aber Isak hatte ihm erzählt, wie fies das Sicherheitspersonal sein konnte. Trotzdem verstand er nicht, warum sie ihre Pullover ausziehen sollten.

»Zieht auch die Hosen aus«, sagte der Wachmann.

Emir zog seine Jogginghose aus. Isak tat es ihm gleich. Es war sehr kalt hier.

»Zieht eure Unterhosen aus«, sagte der Wachmann.

»Kannst du vergessen«, sagte...

Erscheint lt. Verlag 10.7.2024
Übersetzer Max Stadler
Sprache deutsch
Original-Titel Paradis City
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • eBooks • Entführung • Gesellschaft • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Migration • Neuerscheinung • No-Go-Areas • Politik • Politthriller • Polizistin • Problemviertel • Schweden • schwedische innenministerin • Stockholm • Sträfling • Thriller
ISBN-10 3-641-28548-8 / 3641285488
ISBN-13 978-3-641-28548-7 / 9783641285487
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