Mörderisches Rendezvous (eBook)
320 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3531-2 (ISBN)
Mord im Bozner Unterland.
Tiberio Tanner möchte am liebsten nur seinen Wein genießen, aber dann hat er einen neuen Fall, der ihn in Anspruch nimmt. Ein Winzer wird des Mordes verdächtigt. Während Georg Rottenmann nur kurz das Apartment verlässt, um Zigaretten zu holen, wird seine Geliebte Elena ermordet. Könnte Rottenmanns Frau ein Motiv haben? Oder die vielen anderen Liebhaber Elenas? Tanner hat das Gefühl, in ein Wespennest gestochen zu haben. Dann verschwindet ein Mädchen, und seine Intuition sagt ihm, dass beide Fälle zusammengehören ...
Ein atmosphärischer Krimi mit jeder Menge Lokalkolorit und einem unvergleichlichen Helden.
Max Oban, geboren in Oberösterreich, studierte in Wien und Karlsruhe. Er schlug eine Karriere als Manager ein, arbeitete für einen internationalen Konzern in Deutschland, den USA und Teheran, bevor er sich seiner Tätigkeit als Schriftsteller widmete. Max Oban hat zwei Söhne, er lebt in Salzburg und in der Wachau. Mit dem Privatdetektiv Tiberio Tanner sind bisher zwei Kriminalromane im Aufbau Taschenbuch erschienen: »Blutroter Wein« sowie »Tödlicher Herbst«.
Eins
Tanner blinzelte einige Male, dann öffnete er die Augen und starrte zur Decke. Er war tatsächlich eingeschlafen. Von wegen nur ein Viertelstündchen! Der Blick auf die Uhr versetzte ihn in Panik. Fast zweieinhalb Stunden hatte er auf der Couch gelegen. In einer Stunde würde Paula da sein. Und er hatte sie bei sich zum Abendessen eingeladen. Er rannte ins Bad, frisierte sich, steckte das Hemd in die Hose und wusch sich das Gesicht. Einige Augenblicke stand er in der Tür und betrachtete missbilligend das unaufgeräumte Wohnzimmer. Das Sonnenlicht, das in das Wohnzimmer flutete, ließ die tanzenden Staubkörnchen in der Luft flimmern. Das sah nicht gut aus. Er erinnerte sich an seine Mutter, die so etwas nicht gutgeheißen hätte. »Staubfreiheit ist die erste Stufe zur Hygiene«, hatte sie immer gesagt.
Guten Freunden, dachte Tanner, ist es egal, ob die Wohnung stubenrein ist. Sie wollen, dass das Essen bereitsteht und Wein im Kühlschrank ist. Er eilte in die Küche und sah das Plakat, das Paula an die Kühlschranktür geklebt hatte: Was immer dein Problem ist, du wirst die Lösung hier drin nicht finden. Er öffnete den Kühlschrank und schlug sich bestürzt mit der flachen Hand auf die Stirn. An die kulinarischen Südtiroler Spezialitäten, die sich Paula zum Abendessen wünschte, hatte er gedacht und die Kühlregale beim Feinkost Egger am Obstplatz halb leer gekauft: Speckknödel, Käseknödel, Spinatknödel, Rohnenknödel und Leberknödel. Dazu nicht zu kleine Portionen vom Kürbisstrudel, Pilzstrudel und Krautstrudel. Nur auf den Wein hatte er vergessen. Ein Abendessen mit Paula ohne Wein war undenkbar. Zur Sicherheit lief er noch in den Keller, aber auch dort war nicht eine Flasche zu finden. Sein Weinvorrat musste sich während der letzten Tage in geradezu mysteriöser Weise in nichts aufgelöst haben. Wo bekam er jetzt auf die Schnelle einige Flaschen Wein her? Gudrun, dachte er, die Wirtin des Altenburgerhofs, muss mir helfen. Er ließ alles stehen und liegen und lief mit wehenden Haaren aus dem Haus, wo ihn Stille und der winterliche Geruch nach Frische und Kälte empfing. Tanner mochte den Winter und die Reinheit des Schnees, der hier oben wie ein sauberer, weißer Teppich über der Landschaft lag. Die hohen Winterschuhe hatte er vergessen anzuziehen, er verfluchte den Ausflug zum Gasthaus, das Gott sei Dank nur einen Steinwurf von seinem Haus entfernt lag. Nach einigen Metern war seine Hose durchnässt, und die Halbschuhe waren mit Schnee gefüllt. Der Weg auf dem tief verschneiten Gehsteig war glatt und eisig und hätte seine ganze Aufmerksamkeit verdient. Er sah ins Tal hinunter, wo sich nach Osten der Blick auf das weite Land des Überetsch öffnete, das im Westen von der Mendelwand geschützt war. Einige hundert Meter unterhalb lag der fast zur Gänze zugefrorene Kalterer See, umringt von ausgedehnten Weingärten, die die weißen Hänge hinaufkletterten. Am oberen Ende des Sees konnte er die Häuser des Ortes St. Josef ausmachen, hingestreut wie kleine Legosteine. Mit raschen Schritten pflügte er durch den Schnee Richtung Gasthaus, als er mit seinen Schuhen zwischen zwei Steinen feststeckte, die er, abgelenkt von der Aussicht ins Tal, unter dem Schnee nicht bemerkt hatte. Der Länge nach fiel er hin, so schnell, dass er keine Chance mehr hatte, den Sturz mit seinen Händen abzufangen. Nachdem er seine Brille gefunden und sich mühsam hochgestützt hatte, drehte er sich nach allen Seiten um, ob ihn auch keiner beobachtete.
Gudrun, die Wirtin, wartete bereits in der Gaststube auf ihn. »Wenn es etwas ganz Besonderes sein soll«, sagte sie und lächelte ihn wissend an.
Sie wittert ein Geschäft, dachte Tanner.
»Ich habe noch zwei ganz besondere Flaschen von der Kellerei Kaltern, einen Weißburgunder mit dem Namen Kunst-Stück, eine limitierte Auflage der Winzergenossenschaft aus dem Jahr 2014. Bekommt man im Handel nicht mehr.«
»Weißburgunder. Limitierte Auflage«, wiederholte er. »Nehme ich.«
Auf dem Weg zurück machte sich Tanner Vorwürfe, nicht vorher nach dem Preis der limitierten Spezialität gefragt zu haben.
Als er mit fliegenden Haaren und den beiden Flaschen unter den Armen zu seinem Haus lief, bog Paula in ihrem Fiat Spider um die Ecke.
Sie schälte sich aus dem Sportwagen und zog den Rock nach unten. »Du wirkst verwirrt«, sagte sie. »Bin ich zu früh gekommen?«
»Du kommst immer zur richtigen Zeit.« Er deutete auf ein stacheliges Gewächs, das sie in der Hand hielt. »Was ist das?«
»Das ist ein Greisenhaupt. Cephalocereus senilis. Stammt aus Mexiko.« Sie hielt ihm den kleinen Blumenstock hin. »Ein Geschenk für dich.«
»Seniles Greisenhaupt«, sagte er und schüttelte abwertend den Kopf. »Ist das eine Anspielung?«
»Nein. Eine Pflanze für dein Büro. Übrigens habe ich Hunger. Was hast du für deine Liebste vorbereitet?«
Eine halbe Stunde später teilten sie die Knödel und Strudel gerecht untereinander auf.
»Das ist ein typisches Männeressen«, sagte sie. »Deftig und fett.«
Er zeigte auf ihren leer gegessenen Teller. »Aber offenbar schmeckt es dir. Südtiroler Tradition, hast du gesagt. Ecco!«
»Der Wein ist herrlich.« Paula drehte die Flasche und betrachtete das Etikett. »Weinbaugebiet Überetsch, limitierte Auflage … ich kann mich daran erinnern. Die Kellerei in Kaltern hat einen Künstler aus der Gegend beauftragt, das Etikett für die Flaschen zu entwerfen.«
»Die Trauben kommen von Lagen oberhalb vom Dorf Kaltern auf sechshundert Meter Höhe.«
»Woher weißt du das?«
»Gudrun vom Altenburger Hof hat es mir erzählt. Strahlend gelber Weißburgunder. Aromatische Frucht, mineralische Würze und pikante Säure.« Tanner hob sein Glas gegen die Lampe, die über dem Tisch hing, und lächelte dann zu ihr hin. »Erinnerst du dich noch an die grausamen Weine, die in der sechziger Jahren unter dem Namen Kalterer verkauft worden sind?«
»Für solche Erinnerungen bin ich zu jung, mein Schatz.« Ihr Lächeln war mehr ein Grinsen. »Während deiner Fiat-Zeit in Turin … welche Weine hast du eigentlich damals getrunken?«
»Gewächse aus dem Piemont. Nicht zu verachten übrigens. Barolo, Barbera und Barberesco. Damit habe ich mir damals die Zeit vertrieben.« Er trank sein Glas leer und stellte es zurück. »Aber ich mag das hier lieber … es lebe das Unterland.«
Paula deutete in Richtung Wohnzimmer. »Lass uns rübergehen. Auf der Couch ist es bequemer.«
Tanner nahm die zur Hälfte geleerte Flasche mit. Paula ließ sich auf die Couch fallen, zog die Beine unter sich und klopfte mit der Hand einladend neben sich auf das Sofa.
»Wie geht es eigentlich Maurizio? Hast du in letzter Zeit mit ihm geredet?«
»Maurizio ist alt geworden. Er hat abgebaut, seit er nicht mehr arbeitet.«
»Er ist kaum älter als du.«
»Kommst du jetzt wieder mit deinem senilen Greisenhaupt?«
»Wie lange ist das her? Seit er in Pension gegangen ist, meine ich.«
»Maurizio ist nicht in Pension gegangen«, sagte Tanner. »Er wurde gegangen. Vor einem Jahr ungefähr. Zwanzig Jahre lang war er Commissario Capo bei der Bozner Polizei, dann bekam er Streit mit dem Vizequestore, und der hat ihn kurzerhand pensioniert. Von heute auf morgen. Aber das weißt du ja alles.«
»Wie heißt noch mal sein Nachfolger, mit dem du auch schon Zerwürfnisse hattest?«
»Nero De Santis heißt der Mann. Maurizio nennt ihn ein Arschloch … und weiß Gott, er hat recht.«
»Du solltest dich um Maurizio kümmern.«
Tanner nickte. »Wir haben verabredet, uns demnächst zu treffen.«
Paula nickte und gähnte dabei.
»Bist du müde?«
»Es war anstrengend in der Apotheke. Kaum ist es Winter, werden die Menschen krank. Und alle gleichzeitig.«
»Umso mehr freue ich mich, dass du zu mir gekommen bist.«
Paula sah sich im Zimmer um. »Wann hast du dein Haus hier gekauft? Vor zwei Jahren?«
Er dachte nach. »Im Frühjahr werden es drei.«
Während der langen Zeit bei Fiat war er auf der ganzen Welt unterwegs gewesen. Jetzt fühlte er sich wieder in seiner alten Heimat wohl. Zu Hause bleiben statt unterwegs sein. Griaß di und pfiat di statt See you, Hello und...
Erscheint lt. Verlag | 17.4.2024 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Tiberio Tanner | Ein Fall für Tiberio Tanner |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Krimi • neuerscheinung 2024 • Österreich • Regionalkrimi • Südtirol • Tanner • Urlaubskrimi |
ISBN-10 | 3-8412-3531-X / 384123531X |
ISBN-13 | 978-3-8412-3531-2 / 9783841235312 |
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