Irish Disaster (eBook)
222 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-5596-7 (ISBN)
Oliver J. Petry wurde 1965 in Saarbrücken geboren und ist seiner saarländischen Heimat bis heute treu geblieben. Der Kfz-Prüfingenieur und Sachverständige betreibt im Nordsaarland eine kleine Prüfstelle. Seine Kurzgeschichten und Romane sind von seiner Liebe zur Technik, Musik, Natur, Tieren und Kunst geprägt.
»Kapitel 2: Calandra«
Zuhause angekommen, wollte Jean erst mal seinen Terrier füttern. Lucy ahnte das, daher wich sie nicht von seiner Seite. Katharina war in der Schule und Elena schlief wahrscheinlich. Wie immer stand ihr schwarzer Golf GTI, schlecht geparkt, unten auf der Straße. Er nahm sich gerade den Dosenöffner aus der Küchenschublade, da schrillte die Türklingel. Widerwillig schaute der schlanke Mann aus dem Fenster. Unten stand Henry mit seinem Fila Brasileiro vor der Tür.
Jean ging zur Gegensprechanlage und sprach in das Mikrophon. Dabei versuchte er halbwegs leise zu reden, um Elena nicht unnötig aufzuwecken.
»Hola! Wer stört?«
Jean grinste innerlich, denn er wusste, was jetzt kam.
»Hey, Pendejo! Ouvrez la porte, Cabron! Drück endlich auf den verfickten Türöffner oder komm runter. Beeil Dich, mein Hund hat noch nichts gefressen.«
Jean musste lachen.
»Henry, du nerviger schwarzer Teufel! Meinen Hund hältst du gerade vom Fressen ab.«
»Was für einen Hund meinst du? Doch hoffentlich nicht diese kleine Trethupe, die auf den Namen Lucy hört.«
»Jetzt aber keine Beleidigungen!« Jean lachte, und auch über die Gegensprechanlage hörte man Henry lauthals grölen.
»Ich, beziehungsweise wir, kommen runter! Außerdem schuldest du mir noch ein Frühstück, Cabron.«
Vor der Tür umarmten sich die beiden Männer freundschaftlich, und genauso freundschaftlich begrüßten sich auch ihre beiden Hunde. Lucy freute sich, ihre Spielkameradin wiederzusehen, während sie wie verrückt um den fünfundsechzig Kilogramm schweren Vierbeiner herumrannte. Calandra wedelte zwar mit dem Schwanz, blieb aber tiefenentspannt wie fast immer. Selbst bei der überschwänglichen Begrüßung ihrer Hundefreundin.
Die Fila Brasileiro-Hündin konnte aber auch ganz anders!
Calandra war ungefähr sieben Jahre alt und eine typische Vertreterin ihrer Rasse. Sie konnte sehr liebevoll und vorsichtig mit Menschen umgehen. Aber nur, wenn sie die Leute gut kannte und vor allem in ihr großes Herz geschlossen hatte. Bei Fremden war sie sehr reserviert und äußerst wachsam. Ein Unbekannter hätte den Molosser nie anfassen dürfen, ohne dass für ihn die Gefahr bestanden hätte, schwer gebissen zu werden. Aber Kindern und Alten gegenüber war die Hundedame ausgesprochen tolerant. Fila Brasileiro wurden früher in Südamerika zur Jaguar-Jagd eingesetzt. Zudem wurde mit ihnen nach entflohenen Sklaven gesucht. Henry Batiste machte sich darüber des Öfteren seine eigenen Gedanken. Immerhin bestand doch die Möglichkeit, dass ein Vorfahre von Calandra auf eine Fährte seiner Ahnen angesetzt worden war.
»Du hast wirklich eine lebhafte Fantasie, Henry!«, entgegnete Jean, wenn sein bester Freund wieder einmal über seinen Hund philosophierte.
Kurze Zeit später schlenderten sie durch ein nahegelegenes Gewerbegebiet. Calandra und Lucy trotteten einträchtig nebeneinanderher, während sich die beiden Männer lebhaft unterhielten.
»Lass uns da vorne mal ins Schaufenster kucken!«
Henry grinste seinen Kameraden an.
»Welches Schaufenster?«, fragte Sarre.
»Da vorne, Jean! Das BMW-Autohaus. Dort steht der neue 5er Touring. Was hältst du von der Kiste?«
»Brauch ich nicht! Mir reicht mein verbeulter Jeep!«, antwortete der Sachverständige. Lucy zog mittlerweile an der Leine, als ob sie sich den Wagen, als Erste anschauen wollte. Jean ermahnte sie deshalb, währenddessen Henry, wie immer, seinen Senf dazugab.
»Hast du Dein Monster nicht unter Kontrolle?« Jean ignorierte den Spruch schmunzelnd. Als sie vor dem Showroom des Autohändlers standen, fachsimpelten die beiden Freunde über die Unterschiede zum Vorgängermodell. Über Styling, Optik, Leistungsdaten und natürlich auch über den Preis.
»Ein wirklich schöner Wagen, aber ich würde so viel Geld nicht ausgeben wollen. Selbst wenn ich es hätte! Im Übrigen fahre ich meinen alten Jeep ausgesprochen gern.
Allerdings bin ich ehrlich und trauere meinem Landcruiser noch nach. Aber was mit dem Toyota passiert ist, das weißt du ja, Henry!«
Henry lächelte und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
»Im Gegensatz zu dir, hab` ich zwar die Kohle. Aber mir reicht mein alter Kombi auch. Den kann Calandra weiter zerkratzen, ohne dass es mir wehtut.«
»Stimmt!«, bemerkte Sarre.
»Aber Elena, gefällt dieses Auto«, entgegnete Henry grinsend. »Deshalb habe ich dich eigentlich hierher manövriert. Sie möchte den Kombi eventuell kaufen.«
»Wieso das denn? Sie hat doch den Golf GTI. Was will sie denn verfickt nochmal mit einem Kombi?«
Jean sah Henry fragend an, während der leise flüsterte:
»Tja, mein Freund. Lebenspläne ändern sich, das weißt du ja selbst. Vielleicht hat der Kombi einfach mehr Platz als der Golf. Vor allem für die beiden Kindersitze!«
Sarre schluckte, und Lucy schaute ihr Herrchen fragend an. Auch Calandra roch plötzlich noch etwas anderes als die schlechte Luft des Gewerbegebietes. Die große Hündin sah verdutzt zu den Männern. Jean wiederum brauchte ein paar Sekunden, um die Worte seines besten Freundes zu verkraften. Er merkte aber selbst, dass ihm durch diese Nachricht der kalte Schweiß ausbrach. Seine Freundin konnte doch nicht wirklich schwanger sein. Schließlich war sie doch schon …?!
Jetzt grölte sein schwarzer Freund und Jean wurde in seiner Unsicherheit noch weiter bestärkt.
»Hey, mon ami, was bist du denn urplötzlich so leichenblass? Okay, ne Kalkleiste warst du ja immer schon!«
Henry lachte wieder und ja, er lachte seinen Freund nicht an, sondern aus.
»Wieso weiß ich darüber nichts? Warum hat mir Elena nicht erzählt, dass wir ein Kind bekommen? Verfickt nochmal!«
Henry schaute seinen bleichen Kameraden an. Langsam tat er ihm leid. Jean Sarre war immer noch konfus, während sich sämtliche Rädchen seines Denkapparates gegenläufig drehten. Na ja, immerhin verbrachte Lena mehr Zeit mit Henry als mit ihm. Durch ihre häufigen Nachtschichten in Henrys Nightclubs und Bars redeten seine Freundin und sein Freund ja tagtäglich miteinander. Aber hätte sie es ihm nicht als Erstes erzählen können. Warum schickte sie mit dieser wichtigen Nachricht seinen besten Freund vor?
Der Gutachter grübelte noch, als Henry ihn sanft aus seinen Überlegungen weckte.
»Erde an Jean! Erde an Jean! Komm schon. Jetzt sei mir nicht böse. Es war doch nur ein „Joke“. Elena hat mir gegenüber nur erwähnt, dass ihr das Auto gefällt. Mehr ist da nicht, Amigo!«
»Connard stupide, blödes Arschloch!« Wie oft wohl, hatten sich die beiden ehemaligen Legionärskameraden früher schon so betitelt?
Jetzt musste Sarre auch lachen. Diese humoristische Einlage hätte sich Henry, heute Morgen wirklich sparen können. Und das auch noch vor dem Frühstück.
Am liebsten hätte Jean seinem ehemaligen Waffenbruder jetzt in den Allerwertesten getreten. Henry hatte wirklich Glück, dass Calandra eine solche Aktion auch missverstehen konnte. Sie liebte Jean natürlich auch, aber ihr Herrchen war für sie allemal das Lebewesen, um das sich alles drehte.
»So wie sich die Erde um die Sonne dreht«, dachte der Sachverständige, bevor sie vor dem kleinen Straßencafé haltmachten.
»Hast du gestern Abend ferngesehen?«, fragte Henry.
»No...Nein, musste noch eine Schadenkalkulation fertigmachen. Warum?«
»Ach, nichts Besonderes. Es ging um einen australischen Rugbystar, der im Nachtclub eines Freundes ums Leben kam. Traurige Geschichte. Viel zu früh gestorben, der arme Kerl.«
»Wie genau, ist der Mann denn zu Tode gekommen?«, fragte Jean.
»Ich habe es nicht richtig mitgekriegt, Amigo. Calandra hatte es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht. Und du weißt ja, wenn sie schnarcht, dann schnarcht sie extrem laut.
Das erinnert mich dann immer an das Schnarchen eines volltrunkenen Leichtmatrosen.« Darauf lachten beide Männer. Als ob die Fila Brasileiro-Hündin wusste, dass es bei dem Gespräch auch um sie ging, bellte sie kurz.
Calandra schaute die beiden Männer nacheinander interessiert an, um dann zu gähnen. Dabei gab sie einen Laut von sich, den man durchaus als „Mama“ interpretieren konnte.
Die Männer grölten.
»Jetzt muss sie nur noch „Papa“ sagen können, oder was meinst du, Jean?«
»Durchgeknallter N…!«
Henry hob langsam, aber demonstrativ den Zeigefinger.
»Hey Cabron, keine rassistischen Beleidigungen!
Du Kalkleiste.«
Als Antwort darauf zeigte ihm Sarre, demonstrativ seinen ausgestreckten Mittelfinger.
Jetzt mussten beide wieder lauthals lachen und nachdem sie sich mit Milchkaffee und...
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2023 |
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Reihe/Serie | Der andere Judas | Der andere Judas |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | action • Action - Mystery, Thriller & Spannung • Antiheld • atmosphärische Spannung • badass • Belletristik - Religion • Blutig / Bloody • blutiger Thriller IRA • Buch Religion & Glaube • Crimes & Criminals • Das Böse in uns, Das Böse in ihr, Das Böse in ihm, Das Böse in dir • Dunkle Abgründe • Hochspannung • Irland • Judas • Krimi Hardboiled Antiheld • Kriminalroman dunkles Geheimnis • Krimis über internationales Verbrechen • Liebe & Romantic • Mystery • Regionale Thriller Irland • Spionage & Politik • Thriller • Thriller Militär • Thriller Reihe Fremdenlegion • Thriller über Entführungen & Vermisste • Thriller über Religion • Thriller über Selbstjustiz • Thriller über Terrorismus • undercover |
ISBN-10 | 3-7583-5596-6 / 3758355966 |
ISBN-13 | 978-3-7583-5596-7 / 9783758355967 |
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