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Fräulein Gold: 3in1-Bundle (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
1120 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-02070-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fräulein Gold: 3in1-Bundle -  Anne Stern
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Die ersten drei Bände der erfolgreichen 'Fräulein Gold'-Reihe von Spiegel-Bestsellerautorin Anne Stern erstmals in einem Band. Enthalten sind die Bücher: Band 1 'Fräulein Gold. Licht und Schatten' Band 2 'Fräulein Gold. Scheunenkinder' Band 3 'Fräulein Gold. Der Himmel über der Stadt' Farbenprächtig, packend und bewegend: Anne Stern hat mit der Berliner Hebamme Hulda Gold eine unvergessliche Figur geschaffen: Hulda ist Hebamme, Spürnase, Seelentrösterin. Eine unerschrockene Frau, die niemand so schnell vergisst. Sie kämpft um das Wohlergehen der Frauen und wird in rätselhafte Todesfälle verstrickt. Ihre Fangemeinde ist groß. Jeder Band war ein Spiegel-Bestseller. Wer die Romane um Fräulein Gold noch nicht kennt und spannende Unterhaltung mit Liebe, Leid und Spannung sucht, kann nun mit den ersten drei Bänden die Erfolgsreihe für sich entdecken. «Tolle Frau plus Krimi plus Zeitgeist der Zwanziger - das ergibt einen spannenden Mix. Wer Volker Kutscher und Babylon Berlin liebt, mag diesen Roman ganz sicher auch.» Freundin «Atmosphärisch dichter Krimi mit selbstbewusster Hauptfigur. Starker Auftakt der Saga.» Hörzu «Fesselnd und mit viel politischem Hintergrund und Berliner Lokalkolorit.» Saarländischer Rundfunk SR 3 «Spannende Unterhaltung und bestens recherchierte historische Atmosphäre. Sehr lesenswert.» Ruhr Nachrichten

Anne Stern ist promovierte Germanistin und Historikerin und lebt in Berlin. Ihre Reihe um die Berliner Hebamme «Fräulein Gold» ist ein großer Erfolg, jeder Band ein Spiegel-Bestseller.

Anne Stern wurde in Berlin geboren, wo sie auch heute mit ihrer Familie lebt. Sie ist promovierte Germanistin und Schriftstellerin. Alle Bände der historischen «Fräulein Gold»-Reihe waren Spiegel-Bestseller.

1.


Samstag, 27. Mai 1922

Hulda Gold war kein Mädchen wie die anderen, dachte Bert und schaute ihr aus seinem Kiosk, einem kleinen Pavillon, entgegen. Wie sie über den Winterfeldtplatz kam, nicht schlendernd, sondern rauschend, das machte Eindruck auf jeden, der sie sah. Eine schmale, hohe Gestalt, fast zu groß, weshalb sie die Schultern wohl eine Spur krümmte, mit knielangem Rock, grauer Bluse und der roten Filzkappe auf dem Bubikopf. So bahnte sie sich ihren Weg durch die Buden und Stände, schlug einen Haken um einen ausladenden Blumentopf am Marktstand von Erika Grünmeier und hielt direkt auf sein Fenster zu.

Bert rückte seine seidene Fliege zurecht und schmunzelte über sich selbst. Ein junges Ding wie Hulda beeindruckte ihn derart? Er könnte ihr Vater sein, beinahe ihr Großvater. Aber waren nicht alle hier am Platz ein bisschen verliebt in sie?

«Guten Morgen, Fräulein Hulda», begrüßte er sie, und in seiner Stimme schwang eine Spur Ehrfurcht mit. Er machte einen kleinen Diener. Sie sah müde aus, fand er, um ihre hellen, graublauen Augen lagen Schatten. Und wie immer sah das linke Auge eine Spur an ihm vorbei, als könne Hulda sich nicht entscheiden, wohin sie wirklich gucken wollte.

«Morgen, Bert», sagte sie atemlos. «Was macht die Kunst?»

«Ich kann nicht klagen.» Er deutete auf die Auslage, wo sich stapelweise Zeitungen und Magazine türmten, auf die Drahtständer, wo sie mit Klammern hingen und die Buchstaben und Schlagzeilen miteinander wetteiferten, zuerst gelesen zu werden. «Die Leute wollen jeden Tag die Neuigkeiten über Greta Schröders Scheidung lesen, über die Brotpreise und wann die Erdbeeren dieses Jahr reif sind, und zwar vor allen anderen. Als würden Zeitungen sauer wie Milch, wenn man sie liegen lässt. Seit sechs Uhr früh rennt mir halb Schöneberg die Bude ein.»

Er blickte sich um. «Für den Augenblick scheinen aber alle versorgt. Keine hungrigen Mäuler mit Buchstaben aus Druckerschwärze zu stopfen.»

Hulda nickte und lächelte flüchtig. Sie wirkte abgelenkt, fand Bert, und er spürte einen Hauch Unwillen. Ihre hellen Augen mit dem Silberblick suchten den Platz ab, streiften die Weißdornbüsche mit den kleinen hellen Blüten ringsum, bevor Hulda zerstreut nach einer Zeitung griff und den Blick über die Überschriften gleiten ließ. Wochenlang waren die Blätter vom deutsch-sowjetischen Vertrag beherrscht gewesen, den Reichsaußenminister Rathenau und der russische Volkskommissar Tschitscherin im italienischen Rapallo ausgehandelt hatten. Die Linken hatten das Abkommen mit den Sowjets gefeiert, die Rechten wütend dagegen getobt. Das war im April gewesen, inzwischen hatte sich der Frühling in Berlin ausgebreitet, ließ den Flieder blühen und neigte sich bereits wieder dem Ende zu. Der Sommer stand vor der Tür.

1922 war bisher ein relativ ruhiges Jahr gewesen, dachte Bert und schloss kurz die Augen, weil ein Sonnenstrahl sich unter die Markise des Kiosks verirrte. Doch er hatte in seinem langen Leben genug mitgemacht, um zu spüren, dass es unter der Oberfläche der jungen Republik brodelte. Der Schein trog, nichts war vergeben und vergessen. All die Toten im Großen Krieg, dachte er und strich sich über den prächtigen Schnauzbart. Das jahrelange Leid. Die politischen Morde, die seit Kriegsende in Deutschland an der Tagesordnung schienen. Dann ein paar Monate scheinbarer Ruhe und darauf folgend, wie eine notwendige Antwort auf eine nicht gestellte Frage, der Militärputsch vor zwei Jahren, als die Brigade Ehrhardt das Regierungsviertel besetzt hatte.

Bert betrachtete Hulda, ihre gerunzelten Brauen unter der Kappe, die leicht geöffneten Lippen, als sie die Schlagzeilen verschlang. Ob sie sich an den Putsch erinnerte? Gerade einmal ein Jahr alt war die Demokratie gewesen, ein unschuldiges Kind noch, dem schon wieder Gewalt angetan wurde. Erneut hatte es Tote gegeben und viele Verletzte, die Putschisten hatten ein Blutbad angerichtet. Doch die Berliner wussten sich zu wehren, hatten auch hier in Schöneberg gestreikt und den Verkehr auf der Hauptstraße zum Erliegen gebracht, bis die Nationalisten wie Ratten aus dem Schöneberger Rathaus gelaufen kamen. Fürs Erste war wieder wackliger Frieden eingekehrt. Doch unter der Oberfläche regte sich die Wut der Bevölkerung auf den Knebelvertrag, nach dem Deutschland alleiniger Verlierer des Krieges war und Unsummen an Reparationszahlungen leisten musste. Viele nannten den Versailler Vertrag einen Schandfrieden. Seit einiger Zeit ballten sich erneut unsichtbare Kräfte zusammen, um schon bald gegen den Ehrverlust, ja die Demokratie selbst loszuschlagen. Was würde als Nächstes auf sie zukommen?

Hulda sah auf. «Keine Schreckensnachrichten», stellte sie fest, als könne sie Gedanken lesen.

«Alles ruhig», brummte Bert. Weshalb also plagte er sich mit Ängsten und Hirngespinsten herum, wenn die Sonne über den Dächern von Schöneberg lachte und die Pfingstrosen drüben bei Grünmeiers so herrlich mit den Levkojen um die Wette leuchteten? Hinter der farbigen Pracht ragte majestätisch der hohe Turm der Matthiaskirche über den Platz, ein nimmermüder Wächter.

«Hat das Fräulein an diesem schönen Tag frei?»

«Ja, keine Besuche heute. Und bisher kam auch niemand angerannt, um mich zu einer Frau in den Wehen zu holen. Was für ein Glück. Die letzte Nacht war viel zu kurz.» Hulda gähnte und vergaß, sich die Hand vor den Mund zu halten. «Das Fruchtwasser bei einer Frau drüben in der Kurfürstenstraße brach gestern Nachmittag, und ich war erst in der Morgendämmerung wieder zu Hause.»

«Alle wohlauf, hoffe ich?»

«Ja, ein gesunder Junge. Ihr vierter im Übrigen, sie wird kaum eine Schonfrist bekommen. Der Mann arbeitet als Dreher im Schichtdienst und hat jetzt sechs Mäuler zu stopfen.»

Bert nickte. So bunt und fröhlich es hier auf dem Marktplatz zuging, so schwer und dunkel war der Alltag der kleinen Leute in den Schöneberger Mietskasernen. Ihm war bei dem Gedanken daran unheimlich zumute, dass auch er einst aus dieser Armut gekommen war, aus diesem Mief nach feuchter Wäsche und Außentoiletten, nach ungewaschenen Körpern und Angst vor der nächsten unbezahlbaren Gasrechnung. Rasch strich er über seine bestickte Weste, fasste wie nach einem Talisman an die goldene Uhrenkette, die aus der Brusttasche hing, und atmete tief durch. Sein Blick ging prüfend zu Hulda. Hatte sie etwas bemerkt? Er dachte nicht gern an diese lang zurückliegende Vergangenheit und sprach niemals davon.

Seine Sorge war unbegründet. Huldas Augen wanderten schon wieder von ihm fort über den Platz, streiften vermutlich die üppige Käseauswahl von Bauer Peters, die bis zum Kiosk hinüber duftete, und fuhren über den Leierkastenmann hinweg. Die schmachtende Melodie des bekannten und für Berts Geschmack zu oft gespielten Liedes erfüllte die Luft. Das war in Schöneberg, im Monat Mai … Doch Hulda schien nicht zuzuhören. Stattdessen spähte sie mit zusammengekniffenen Augen zum Café Winter hinüber, wo der Sohn der Besitzer gerade die Stühle auf dem Gehsteig zurechtrückte. Der Duft nach Bohnenkaffee wehte zu ihnen. Bert lächelte wissend, als er ihren Blick bemerkte. Das also war der Grund für Fräulein Huldas Zerstreuung.

«Wie geht es unserem lieben Felix?»

Hulda fuhr eine Winzigkeit zusammen. Sie sah ihn an und lachte unsicher. «Woher soll ich das wissen?»

«Fräulein Hulda», sagte Bert in freundlich tadelndem Ton. «Wie lange kennen wir uns jetzt? Bin ich nicht Ihr guter Freund? Mir müssen Sie kein Theater vorspielen. Sie wären ohnehin eine schlechte Schauspielerin, Ihre Augen verraten Sie immer.»

Huldas Wangen leuchteten rosa. Sie scharrte mit der Stiefelspitze auf den Steinen. «Wie soll es ihm schon gehen? Gut, denke ich. Der Laden brummt, die Gäste stehen Schlange, die Kasse klingelt.»

«Ich meinte, wie es seinem Herzen geht.»

«Das kann ich nicht beurteilen, Bert. Damit habe ich schon länger nichts mehr zu tun.»

Bert gluckste. «Das sieht sein Herz sicher anders. Aber keine Sorge, ich will Sie nicht länger quälen. Ich habe schon verstanden und werde, wenn mich denn einer fragen sollte, offiziell folgende Version der Geschichte verbreiten: Fräulein Hulda, die fliegende Hebamme vom Winterfeldtplatz, hat mit dem Herzen vom Herrn Winter junior nichts zu schaffen.»

«Danke, sehr freundlich», antwortete Hulda mit einem spitzen Unterton.

Bert fuhr leise fort: «Wie aber, wenn ich mir diese letzte Frage trotzdem erlauben darf, ist es um das Herz des Fräuleins bestellt?»

«Es tut seinen Dienst.» Hulda hielt ihm eine zusammengerollte Ausgabe des Berliner Tageblatts an die Brust wie eine Waffe. «Was schulde ich Ihnen?»

Seufzend nahm Bert das klimpernde Geld entgegen und sah Hulda kopfschüttelnd nach, als sie hoch erhobenen Hauptes von seinem Zeitungskiosk wegtrat und hinüber zur Bäckerei Wiese lief, wo sie wahrscheinlich, wie meistens, eine Schrippe und einen Schusterjungen kaufte. Das Klappern ihrer Absätze auf dem Pflaster klang vorwurfsvoll, und er fragte sich, ob er mit seiner Neckerei zu weit gegangen war. Doch die junge Frau gab ihm seit Jahren Rätsel auf. Er kannte Hulda, seit sie hier als Mädchen in rutschenden Strümpfen über den Platz gelaufen war, mit dieser Mischung aus Stolz und Verletzlichkeit im Gesicht, die er noch heute darin sah. Er hatte der Kleinen hin und wieder ein paar Drops zugesteckt oder etwas Lakritze, obwohl er in ihrer Miene einen Hunger bemerkt hatte, den Süßigkeiten nicht stillen konnten. Später hatte er zugesehen, wie sich der Sohn der Winters in Hulda verliebt hatte, und für einige Jahre waren alle hier am Platz davon ausgegangen, dass der braunäugige, sanfte Junge die...

Erscheint lt. Verlag 17.10.2023
Reihe/Serie Die Hebamme von Berlin
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
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ISBN-10 3-644-02070-1 / 3644020701
ISBN-13 978-3-644-02070-2 / 9783644020702
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