Killer, Knochen, klare Kante: 6 Krimis (eBook)
600 Seiten
Alfredbooks (Verlag)
978-3-7452-3313-1 (ISBN)
VERSCHWÖRUNG DER KILLER
von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 104 Taschenbuchseiten.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch
© by Author
© dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
postmaster@alfredbekker.de
1
"Dieser Mann muss sterben!"
Das Schwarzweiß-Photo lag auf dem rustikalen Holztisch, und für ein paar Sekunden sagte keiner der Anwesenden ein Wort. Fünf Männer standen um den Tisch herum. Jener, der zuletzt gesprochen hatte, war ein großer, hagerer Mann, dessen Haare wahrscheinlich irgendwann einmal flammend rot gewesen waren.
Jetzt waren sie bis auf ein paar Strähnen völlig ergraut. Seine intelligenten Augen blitzten, als er einen nach dem anderen musterte. Nicht die geringste Einzelheit schien ihm dabei entgehen zu können.
"Ich habe den Mann schon einmal gesehen", brach einer der Männer das Schweigen. "In der Zeitung..." Der Grauhaarige nickte.
"Das kann gut sein. Er ist Richter. Sein Name ist William Doherty."
"Den Namen habe ich schon gehört. Soll ein harter Hund sein."
"Auch harte Hunde werden begraben!"
"Hast du schon einen Plan, Seamus?"
Der Grauhaarige nickte. "Ihr könnt mit den Vorbereitungen beginnen." Die Ahnung eines Lächelns flog über sein Gesicht. "Ihr wisst, wie groß die Ohren sind, die die andere Seite hat! Also passt auf. Bevor es richtig losgeht, müssen wir noch auf Anweisungen von oben warten..." Nach einer kurzen Pause fragte jemand: "Was ist mit dem Neuen?"
Seamus zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Dieser McDowell?"
"Ja. Ich habe es so arrangiert, dass er heute nicht dabei ist. Genau wie du gesagt hast."
"Was soll mit ihm sein, Patrick?"
"Wird er an der Operation teilnehmen?" Seamus verengte die Augen ein wenig und rieb sich dann die hervorspringende Nase. Er schien nachzudenken und sich nicht ganz sicher zu sein, was das Richtige war. Dann blickte er auf und erklärte: "Hör zu, Patrick! Du kannst McDowell sagen, dass eine Operation bevorsteht und dass er - vielleicht dabei mitmachen darf. Aber nicht mehr!" Patrick nickte.
"Okay... Aber ich sage dir, der Kerl ist in Ordnung. Noch ein bisschen grün hinter den Ohren und mit einer Menge Flausen im Kopf, aber ansonsten in Ordnung! Und dumm ist er auch nicht."
Seamus zuckte mit den Schultern.
"Mag sein, dass du recht hast. Trotzdem! - Ich möchte nicht irgendein unnötiges Risiko eingehen! Also tu, was ich sage."
"In Ordnung."
"Er soll auf keinen Fall Einzelheiten wissen. Weder um wen es geht, noch sonst irgendetwas." Seamus wandte sich von Patrick ab und blickte von einem der Männer zum anderen, gerade so, als versuchte er ihnen durch die Gesichter hindurch ins Gehirn zu blicken.
Keiner von ihnen hätte es je gewagt, die Autorität von Seamus anzuzweifeln. Sie wussten, dass sein Wort zählte. "In einer Woche bin ich wieder hier", erklärte er dann. "Und dann werdet ihr Genaueres erfahren."
Damit war das Treffen zu Ende.
Patrick nahm das Schwarzweiß-Photo vom Tisch und sah es sich noch einmal an, bevor er es an Seamus zurückgab.
"Der Hund hat eine Kugel in den Kopf wirklich verdient, nicht wahr?"
Um Seamus' Mundwinkel war jetzt ein harter Zug. Ein Gesichtsmuskel zuckte leicht.
"Er hat mehr als das verdient, Patrick!", gab der Grauhaarige hart zurück. "Glaub mir!" Patrick hatte noch nie an irgendetwas gezweifelt, das aus Seamus' Mund gekommen war. Nie. All die Jahre nicht.
2
Bount Reiniger, der bekannte New Yorker Privatdetektiv, stand am Fenster und blickte hinaus in den strahlend blauen Himmel über dem Central Park. Seine Hände steckten in den Hosentaschen. Er hob die breiten, muskulösen Schultern und atmete tief durch, bevor er sich dann wieder zu dem Mann herumdrehte, der in seinem Büro Platz genommen hatte.
Der Mann hatte deutliches Übergewicht und sein dreiteiliger Anzug war sicher eine teure Sonderanfertigung. Sein Haar war blond, hatte aber einen kräftigen Rotstich. Und wenn man sich dazu seinen Namen ansah, dann war klar, dass er irische Vorfahren haben musste.
Er hieß Rory Keogh und hatte in der Immobilienbranche mehr Geld gemacht, als er je in seinem Leben noch würde ausgeben können. Viele Probleme ließen sich mit Geld glatt bügeln, aber die Sache, die Rory Keogh im Augenblick auf der Seele lag, gehörte nicht dazu. Geld allein würde da nichts bewegen.
"Es wäre gut, wenn Sie mir langsam klipp und klar sagen würden, was ich für Sie tun soll, Mister Keogh", meinte Bount Reiniger, während er sich eine Zigarette nahm und in den Mund streckte. Er bot Keogh auch einer an, aber der wollte nicht. Bount nahm den ersten Zug, blies den Rauch aus und setzte dann hinzu: "Sie stellen mir eine Frage nach der anderen, aber mit Ihrer Sache kommen Sie nicht heraus! Ich frage mich, was das soll!"
Keogh machte eine hilflos wirkende Geste. Ein verkrampftes Lächeln ging über sein aufgeschwemmtes Gesicht.
"Entschuldigen Sie, Mister Reiniger. Es war keineswegs meine Absicht, Ihre Zeit zu verschwenden. Aber lassen Sie es sich ein Trost sein: Zeit ist für uns beide Geld, aber meine Zeit ist mindestens doppelt so teuer wie Ihre! Selbst, wenn Ihre Agentur so gut läuft, wie man hört!" Bount grinste.
"Man hört richtig. Trotzdem! Am besten, Sie sagen mir einfach, was Ihr Anliegen ist, und ich sage Ihnen dann, ob ich etwas für Sie tun kann!"
Er zuckte mit den Schultern. "Na gut", murmelte er. "Warum eigentlich nicht? Vielleicht können Sie das Schlimmste verhindern!" Er blickte Bount offen an. "Ich bin der Sohn eines armen, irischen Einwanderers, Mister Reiniger."
"Ihr Name lässt etwas in der Art vermuten."
"Als mein Vater hier kam, war er arm wie eine Kirchenmaus. Zwei Jahre später war er tot. Er arbeitete auf dem Bau. Ein Stahlträger hat ihn erschlagen. Ich war damals 15. Es war eine harte Zeit für meine Mutter, die jüngeren Geschwister - und für mich. Ich möchte, dass Sie das wissen, um besser verstehen zu können was geschehen ist. Ich sehe aus wie ein Amerikaner und so steht es auch in meinem Pass. Ich habe nicht einmal mehr einen Akzent, der mich verraten könnte - höchstens noch mein Name. Aber im Herzen bin ich immer Ire geblieben. Die Verbindungen sind nie abgebrochen."
Bount runzelte die Stirn.
"Ich verstehe", murmelte er, aber in Wahrheit begriff er noch immer nicht, worauf Keogh hinaus wollte.
"Wissen Sie, was die IRA ist?", fragte er.
"Die 'Irisch-republikanische Armee'? Eine Untergrundorganisation, die mit ihren Terroranschlägen zu erreichen versucht, dass die Briten sich aus Nordirland zurückziehen und die sechs Grafschaften an die Republik Irland im Süden angeschlossen werden."
"Sie drücken das sehr unfreundlich aus, Mister Reiniger. Aber egal! Es geht um meinen Sohn Jack. Er ist untergetaucht und ich habe den Verdacht, dass er nach Ulster gegangen ist, um sich dort der IRA anzuschließen." Rory Keogh schluckte und eine leichte Röte überzog jetzt sein Gesicht. "Sie können sich ja denken, was das bedeuten kann."
Bount hob die Augenbrauen.
"Was befürchten Sie denn?"
"Er könnte für lange Jahre hinter Gitter kommen. Er könnte womöglich sogar zum Mörder werden und sein Leben ruinieren! Außerdem ist er noch völlig grün hinter den Ohren."
"Wie alt ist er?"
"19. Er hat das College geschmissen." Er atmete gut hörbar aus. "Er hat eigentlich alles geschmissen. Ein richtiger Versager, obwohl ihm alles vorgekaut wurde. Er ist nicht so aufgewachsen wie ich! Ihm hat es an nichts gefehlt! Nur das Beste war mir gut genug für ihn, er hätte nur zugreifen müssen. Ich möchte, dass er einmal übernimmt, was ich aufgebaut habe, aber wenn ich daran denke, was geschieht, wenn ich eines Tages die Augen schließe, dann sehe ich schwarz."
"Und wie kommen Sie darauf, dass er nach Nordirland gegangen sein könnte?"
Keogh fixierte Bount mit seinem Blick, so als wollte er einen Moment lang abwägen, ob er es dem Privatdetektiv sagen sollte oder nicht.
"Wir haben uns darüber unterhalten", sagte er dann ziemlich kleinlaut. "Wir haben uns oft über das unterhalten, was heute in Belfast oder Derry geschieht. Über die Ungerechtigkeit, über den Bürgerkrieg. Und jetzt..." Er sprach nicht weiter und so vollendete Bount für ihn.
"Jetzt ist der Junge nach Belfast geflogen, um zu beweisen, dass er auch ein ganzer Kerl ist!" Keogh nickte.
"Ja, so ähnlich. Jedenfalls nehme ich das an."
"Ich hege keine großen Sympathien für die IRA", erklärte Bount Reiniger offen. "Unschuldige mit Autobomben in der Luft zu zerfetzen, das ist in meinen Augen alles andere als eine Heldentat!"
"Es geht um die Freiheit von den Briten!"
"Mir ist es gleichgültig, worum es dabei geht, Mister Keogh. Es bleibt in jedem Fall abscheulich."
"Jetzt geht es mir nur um Jack! Um sein Leben, Mister Reiniger! Um das Leben meines Sohnes!"
Bount...
Erscheint lt. Verlag | 14.9.2023 |
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Verlagsort | Lengerich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
ISBN-10 | 3-7452-3313-1 / 3745233131 |
ISBN-13 | 978-3-7452-3313-1 / 9783745233131 |
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