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Mit dem Schnee kommt der Tod (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Kein&Aber (Verlag)
978-3-0369-9639-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mit dem Schnee kommt der Tod - Nicola Upson
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Eine Legende des British Crime wird zur Hauptfigur

Auf der kleinen Insel St Michael's Mount verbringen Krimiautorin Josephine Tey und Detective Chief Inspector Archie Penrose in illustrer Runde und mit Marlene Dietrich als Ehrengast ihre Weihnachtstage. Die festliche Stimmung schlägt jedoch schnell um, nach zwei Morden scheint jede und jeder verdächtig - dass die Insel auch noch durch Schneesturm und Flut vom Festland abgeschnitten ist, macht die Angst der Gäste nicht kleiner.

Nicola Upson wurde 1970 in Suffolk, England, geboren und studierte Anglistik in Cambridge. Ihr Debüt Experte in Sachen Mord bildet den Auftakt der erfolgreichen, mehrbändigen Krimireihe. Bei deren Hauptfigur Josephine Tey handelt es sich um eine der bekanntesten Krimiautorinnen des Britischen Golden Age. Mit dem Schnee kommt der Tod war nominiert für den CWA Historical Dagger Prize (2021). Nicola Upson lebt in Cambridge und Cornwall.

1


Je älter Josephine wurde, desto überzeugter war sie davon, Weihnachten bereite einem nur dann Freude, wenn man dem Fest aus dem Weg ging. Jedes Jahr im Januar nahm sie sich vor, beim nächsten Mal alles anders zu machen – weniger Geschenke, Karten nur an Leute, die sie leiden konnte, Gerichte, die wenigstens einer im Haus essen würde –, doch kaum wurde es Dezember, trat der Erwartungsdruck alle Jahre wieder seine Schreckensherrschaft an. Neben dem Kamin stapelten sich Winterbücher, für die sie aus unerfindlichen Gründen Zeit zu finden geglaubt hatte, und warteten darauf, wieder ins Regal gestellt zu werden; unzählige Listen bedeckten den Beistelltisch im Flur und erinnerten sie unablässig daran, was vor ihrer Abreise noch alles erledigt werden musste. Die weihnachtsverrückten Deutschen waren ihr eine Erklärung schuldig, dachte sie, und nicht nur wegen des drohenden Kriegs. Sie griff nach ihren Handschuhen und verließ Crown Cottage.

Auf der Straße fiel es ihr leichter, die Weihnachtsstimmung zu genießen, da sie nicht dafür verantwortlich war. Die Gegend rund um Inverness war um diese Jahreszeit immer besonders schön, und das winterliche Wetter in den letzten Wochen hatte der Stadt einen zeitlosen Zauber verliehen, der sich bestens für eine Weihnachtskarte eignen würde. Sie nahm den längeren Weg, um die Stimmung zu genießen. Die frische Luft war belebend, und sie zog ihren Pelz enger um sich, während sie langsam den Hügel hinabging. Der Winter in Schottland kam ohne Vorwarnung; die Kälte schlug bitter entschlossen zu, entstellte die Landschaft und hinterließ kahle Ödnis. Südlich der Grenze gingen die Jahreszeiten langsam ineinander über, fast schon entschuldigend, doch sie konnte sich an keinen Dezember hier oben erinnern, der nicht mit Pauken und Trompeten eingetroffen wäre.

Bis Weihnachten waren es nur noch wenige Tage, und entsprechend war in den Geschäften in Queensgate einiges los. Dennoch herrschte eine entspannte Atmosphäre, also sah sie sich ein wenig um, bevor sie zur Post ging. Dort hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet, und innerlich verfluchte sie ihre Freundin in Suffolk, deren Weihnachtskarte sie als einzige vergessen hatte, bis am Morgen mit einer gewissen Süffisanz ein in Ipswich abgestempelter Umschlag bei ihr eintrudelte. Sie stellte sich an und befand sich kurz darauf zwischen der örtlichen Zeitungshändlerin und einem Mieter ihres Vaters aus der Castle Street, an dessen Namen sie sich nicht erinnern konnte. »Sind Sie über Weihnachten zu Hause?«, fragte die Zeitungshändlerin, nachdem sie sich erschöpfend über das Wetter ausgetauscht hatten.

Wenn es einen Satz gegeben hätte, der ihr ein schlechteres Gewissen bereiten konnte, war er Josephine noch nicht untergekommen. »Dieses Jahr nicht«, erwiderte sie, wobei sie im letzten und im vorletzten Jahr die gleiche Antwort gegeben hätte. »Ich besuche jemanden in Cornwall.«

»Oh, da sind Sie aber eine Weile unterwegs. Sie machen keine halben Sachen, oder? Ist das zufällig der gleiche Jemand, mit dem Sie letztes Jahr in Amerika waren?«

»Nein. Ich kenne mehrere Leute.«

»Natürlich. Irgendwann müssen Sie die alle mal mit nach Hause bringen, damit wir sie kennenlernen können. Ihr Vater …«

»Bleibt hier, genau. Meine Schwestern kommen über die Feiertage zu Besuch.« Mit einem Blick auf die Uhr stellte Josephine überrascht fest, wie lange sie schon unterwegs war. »Moire sollte eigentlich sogar schon hier sein. Wir dachten, es wäre bestimmt nett, wenn wir vor meiner Abreise ein paar Tage zusammen verbringen würden.« Der Schalter wurde frei, was sie vor der Fortsetzung des Gesprächs rettete, und nachdem sie ihre Briefmarken gekauft hatte, machte sie sich auf den Heimweg. Das Auto ihres Schwagers stand in der Einfahrt, und Geschenke stapelten sich auf der Rückbank. Als sie die Haustür öffnete, erkannte sie den Flur kaum wieder. Anstatt ihr Gepäck auf ihr Zimmer zu bringen, hatte Moire bereits am Treppenabsatz alles ausgepackt, sehr zum Leidwesen der Haushaltshilfe. Der Boden war mit Kleidungsstücken, Schuhen und Kosmetikartikeln übersät. »Ging der Schlussverkauf dieses Jahr früher los?«, fragte Josephine trocken. »Ich komme mir vor wie im Erdgeschoss von Benzie’s.«

Moire stand lachend auf, um ihre große Schwester in den Arm zu nehmen. »Dein Sherry ist leer«, sagte sie zur Begrüßung. »Wir haben dir eine Flasche mitgebracht, aber ich hatte sie in einen von Donalds Pullovern gewickelt, damit sie nicht kaputtgeht, und jetzt weiß ich nicht mehr, in welcher Tasche sie ist.«

»Im Schrank unter der Treppe steht noch mehr. Heute Morgen kam eine Kiste, aber ich hatte noch keine Zeit, sie auszupacken.« Stirnrunzelnd musterte sie das Chaos. »Ich habe sie bloß versteckt, damit es hier ordentlich aussieht.«

»Ha! Hier ist er ja.« Moire schwenkte den Tío Pepe triumphierend durch die Luft und stopfte ihre verteilten Habseligkeiten willkürlich zurück in die Koffer. »Du hast wunderschön geschmückt«, sagte sie. »Ich wünschte, du wärst über Weihnachten hier. Da kommen wir mal nach Hause, und drei Tage später machst du dich aus dem Staub. Das könnte man ja fast persönlich nehmen. Es ist schon ewig her, dass wir mal wirklich Zeit miteinander hatten.«

Sie hatte recht, doch bevor Josephine etwas darauf erwidern konnte, steckte ihr Vater den Kopf zur Tür rein. »Ah, da bist du ja wieder. Schön. Chief Inspector Penrose hat angerufen, während du unterwegs warst.«

Josephine war leicht amüsiert – der Respekt ihres Vaters für Scotland Yard war derart ausgeprägt, dass er es nicht über sich brachte, Archies Vornamen auszusprechen, und das, obwohl sie schon seit über zwanzig Jahren mit ihm befreundet war. »Und was wollte er?«

»Es ging um Weihnachten. Er sagte, eine halbe Stunde sei er noch an seinem Schreibtisch, vielleicht erwischst du ihn ja.«

Die anderen ließen sie allein, und während sie darauf wartete, durchgestellt zu werden, beobachtete sie ihre Familie durch die Tür. Wie glücklich und lebhaft ihr Vater doch wirkte. Sie kamen zwar gut zurecht, obwohl das Haus viel zu groß für sie beide war, doch Crown Cottage war erst mit Moire und Donald wirklich zum Leben erwacht. Plötzlich tat es ihr leid, dass sie schon so bald abreisen musste. Ihr Vater wurde nicht jünger, und jetzt, da ein Krieg mit jedem Tag unausweichlicher schien und ihre mittlere Schwester mit einem Marineoffizier verheiratet war, gab es keine Garantie mehr für zukünftige gemeinsame Weihnachtsfeste. Moire hatte ihr keinen Vorwurf machen wollen – sie hatten einander schon immer nahegestanden, auch sie fand es schade, dass sie sich, abgesehen von gelegentlichen Mittagessen in London, wo Moire für die Gasgesellschaft arbeitete, oder kurzen Aufenthalten in Inverness kaum zu Gesicht bekamen.

»Josephine. Danke, dass du so schnell zurückrufst.« Archie unterbrach ihre Gedanken, bevor sie sich zu einem schlechten Gewissen ausweiten konnten, und sein warmer Ton erinnerte sie daran, wie sehr sie sich auf ihr Wiedersehen freute. »Der Plan für die Feiertage hat sich leider geändert.«

»Wieso? Ist dir auf der Arbeit etwas dazwischengekommen?«

»Nicht ganz. Was hältst du davon, Weihnachten auf einer Burg zu verbringen?«

Eigentlich hatten sie vorgehabt, auf dem Anwesen seiner Familie in Cornwall unterzukommen. »Das hängt davon ab, wie gut sie beheizt ist«, erwiderte sie. »Wo ist sie denn?«

»Auf St Michael’s Mount, also nur ein kleines Stück weiter. Hast du die Times von heute vorliegen?«

»Ja, ich glaube schon. Moment.« Sie legte den Hörer ab und holte die Zeitung aus dem Esszimmer, wo ihr Vater sie beim Frühstück gelesen hatte. »So, wonach soll ich suchen? Hast du wieder Schlagzeilen gemacht?«

Archie lachte, immer noch peinlich berührt von der Aufmerksamkeit, die ihm vor Kurzem beim Fall eines Mannes zuteilgeworden war, der seine Frau und drei Kinder brutal ermordet hatte. »Das reibst du mir sicher noch ewig unter die Nase, oder?«

»Gut möglich. Ich kenne sonst niemanden, der schon in der Wochenschau war.«

»Das liegt Gott sei Dank hinter mir. Und jetzt schau dir mal den Aufmacher auf Seite sechs an.«

Sie schlug die Seite auf und entdeckte einen Artikel namens »Findige Idee verhilft Flüchtlingshilfe zu Spendenflut«, und Archie wartete geduldig, während sie den Artikel las.

Auf eine Bekanntmachung dieser Zeitung am vergangenen Samstag folgte eine beispiellose Reaktion: Der Flüchtlingsfonds Lord Baldwins konnte den Spendenstand auf 155730 Pfund erhöhen. Hilaria St Aubyn hatte erklärt, sie werde ihren Familiensitz auf St Michael’s Mount in Cornwall über Weihnachten einer begrenzten Anzahl an Gästen öffnen, um Spenden für diesen so dringlichen Zweck zu sammeln. St Michael’s Mount, das vor der Küste nahe Penzance liegt und bei Ebbe über einen schmalen Dammweg zugänglich ist, wird von einer mittelalterlichen Kirche samt Burg dominiert, die von Geschichten und Legenden umrankt ist. Die einmalige Gelegenheit, das Weihnachtsfest in dieser Umgebung zu verbringen, stieß auf ein großzügiges Echo. Ein zukünftiger Gast – dessen Identität zunächst geheim bleiben soll – hat eine Spende in Höhe von zehntausend Pfund angekündigt. Der Fonds wurde vom ehemaligen Premierminister Baldwin ins Leben gerufen, um Tausende jüdische Kinder aus Nazideutschland in Herbergen und Privathaushalten unterzubringen. Miss St Aubyn, die für ihre Wohltätigkeitsarbeit bekannt ist, soll hocherfreut sein, dass ihr Vorhaben so erfolgreich war, und hat ihren Gästen ein unvergessliches Fest versprochen.

»Was für eine wundervolle...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2023
Reihe/Serie Josephine Tey und Archie Penrose ermitteln
Josephine Tey und Archie Penrose ermitteln
Sprache deutsch
Original-Titel The Dead of Winter
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte 20. Jahrhundert • 30er-Jahre • Archie Penrose • Cornwall • Großbritannien • historischer Krimi • Josephine Tey • Krimi • Krimifans • Locked-Room Krimi • Marlene Dietrich • Mord • Weihnachten • Weihnachtsfest • Weihnachts-Krimi • Whodunit-Krimi
ISBN-10 3-0369-9639-7 / 3036996397
ISBN-13 978-3-0369-9639-4 / 9783036996394
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