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Der Schatz der Sierra Madre (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61357-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Schatz der Sierra Madre -  B. Traven
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Die beiden Amerikaner Fred C. Dobbs und Bob Curtin sind mittellos an der mexikanischen Ostküste gestrandet. Mit ihren letzten Peseten kaufen sie sich eine Goldgräberausrüstung und machen sich mit dem alten Howard auf in die Sierra Madre, um dort Glück und Gold zu finden. ?Der Schatz der Sierra Madre? wurde 1947 mit Humphrey Bogart verfilmt.

B. Traven (1882-1969), war bis 1915 unter dem Pseudonym Ret Marut als Schauspieler und Regisseur in Norddeutschland tätig. Es folgte der Umzug nach München, wo er 1917 die radikal-anarchistische Zeitschrift ?Der Ziegelbrenner? gründete und sich an der bayerischen Räteregierung beteiligte, die 1919 gestürzt wurde. Es gibt heute Hinweise, dass er der uneheliche Sohn des AEG-Gru¨nders Emil Rathenau und damit der Halbbruder von Walther Rathenau war, der 1922 als deutscher Außenminister ermordet wurde. Nach seiner Flucht nach Mexiko 1924 schrieb er unter dem Namen B. Traven 12 Bücher (darunter sein wohl bekanntester Roman ?Das Totenschiff?) und zahlreiche Erzählungen, die in Deutschland Bestseller waren und in mehr als 40 Sprachen veröffentlicht und weltweit über 30 Millionen Mal verkauft wurden. Viele davon wurden verfilmt, so ?Der Schatz der Sierra Madre? (Hollywood 1948), ?Das Totenschiff? (Deutschland 1959) und ?Macario? (Mexiko 1960). 1951 wurde er mexikanischer Staatsbürger, heiratete 1957 Rosa Elena Luján, seine Übersetzerin und Agentin, und starb am 26. März 1969 in Mexiko-Stadt.

Es traf sich so, dass Dobbs in seinem Schlafraum einen Mann fand, der einem andern Schlafkameraden erzählte, dass er nach Tuxpam gehen wolle, aber keinen Weggenossen hätte. Kaum hatte Dobbs das gehört, als er auch gleich sagte: »Mensch, ich gehe mit nach Tuxpam.«

»Sind Sie Driller?«, fragte der Mann vom Bett aus. »Nein, Pumpmann.« – »Gut«, sagte der Mann darauf, »warum nicht, wir können ganz gut zusammen gehen.«

Am nächsten Morgen machten sich die beiden auf, die zahlreichen Ölfelder auf der Strecke nach Tuxpam nach Arbeit abzusuchen. Sie frühstückten erst ihr Glas Kaffee und ihre beiden Brötchen in einem Kaffeestand, und dann zogen sie beide ab.

So direkt kann man ja nun nicht nach Tuxpam gehen. Da gibt es keine Bahn. Nur Flugzeuge. Und da kostet eine Fahrt fünfzig Pesos. Aber da fahren viele Lastautos hinunter zu den Feldern. Das eine oder andre nimmt einen vielleicht mit. Den ganzen Weg zu laufen, ist nicht so einfach. Es sind mehr als hundert Meilen, und immer in glühender Tropensonne und wenig Schatten.

»Das ist das allerwenigste«, sagte Barber, »wenn wir nur erst rüber sind über den Fluss.«

Das Übersetzen über den Fluss kostete fünfundzwanzig Centavos, und diese fünfundzwanzig Centavos wollten sie nicht ausgeben. »Ja, da bleibt uns nichts weiter übrig«, sagte Barber, »da müssen wir auf die Huasteca-Frachtfähren warten. Die nehmen uns umsonst mit hinüber. Das kann aber bis um elf Uhr dauern, ehe wieder eine kommt, die fahren ja nicht nach der Zeit, sondern nach der Fracht, die sie haben.«

»Dann setzen wir uns nur hier in Geduld auf die Mauer«, erwiderte Dobbs. Er hatte sich von dem Überschuss des Frühstücksgeldes ein Päckchen mit vierzehn Zigaretten gekauft für zehn Centavos. Er hatte Glück. In dem Päckchen war ein Bon für fünfzig Centavos, den er gleich beim Zigarettenhändler gegen Bargeld eintauschte. Nun besaß er die große Summe von einem Peso und zehn Centavos in barer Münze.

Barber hatte auch etwa einen Peso und fünfzig Centavos als Reisekapital. Sie hätten das Fährgeld ja bezahlen können; aber da sie reichlich Zeit hatten und nichts versäumten, so konnten sie auch ganz gut auf die Frachtfähre warten und das Geld sparen.

Hier an der Fähre war ein reger Verkehr. Dutzende von großen und kleinen Motorbooten warteten auf Fahrgäste. Spezialboote, die über der Taxe fuhren, brachten die Kapitäne und die Manager der Ölkompanien hinüber, die es zu eilig hatten, um auf die Taxenboote zu warten, die immer erst ihre vier oder sechs Fahrgäste voll haben wollten, ehe sie losratterten. Und da hier immer Aufenthalt war und besonders die Arbeiter, die drüben arbeiteten und hier wohnten, in den Morgen- und in den Nachmittagsstunden hier zu Hunderten und oft zu Tausenden schwärmten, ging es an der Fähre zu wie auf einem Jahrmarkt. Da waren Tische, wo es Mittagessen gab, oder Kaffee oder geröstete Bananen oder Früchte oder Enchiladas oder heiße Tamales oder Zigaretten oder Süßigkeiten. Alles lebte von der Fähre und durch die Fähre. Autos und Straßenbahnen brachten die Fahrgäste aus dem Stadtinnern in ununterbrochener Folge. Das ging den ganzen Tag und die ganze Nacht ohne Aufhören. Drüben waren die Hände, hier auf dieser Seite, in der Stadt, war das Hirn, waren die Zentralbüros, die Banken. Drüben auf der andern Seite des Flusses war die Arbeit, hier war die Erholung, die Rast, das Vergnügen. Drüben war der Reichtum, das Gold des Landes, das Öl. Drüben war es wertlos. Hier erst, auf dieser Seite, in der Stadt, in den steilen Bürohäusern, in den Banken, in den Konferenzräumen, in der All America Cable Service bekam das Öl, das drüben völlig wertlos war, seinen Wert. Denn Öl wie Gold sind wertlos an sich, ihr Wert wird erst durch viele andre Handlungen und Vorgänge bestimmt.

An dieser Fähre wanderten Milliarden an Dollars vorüber. Nicht in Banknoten, nicht in gemünztem Golde, ja nicht einmal in Schecks. Diese Milliarden wanderten hier vorüber in kurzen Notizen, die jene Leute, die meist, aber nicht immer in Spezialbooten außer Taxe fuhren, in ihren kleinen Taschenbüchern, manchmal nur auf einem Stückchen Papier trugen. Reichtümer und Werte in unserm Jahrhundert lassen sich in Notizen ausdrücken und in Notizen herum‌tragen.

Um halb elf kam dann endlich die Frachtfähre, angefüllt mit Fässern, Kisten und Säcken. Dutzende von indianischen Männern und Frauen kamen herüber, schwer bepackt mit Körben, in denen sie Feldfrüchte zur Stadt brachten oder Matten, Taschen aus Bast, Hühner, Fische, Eier, Käse, Blumen oder kleine Ziegen.

Barber und Dobbs stiegen ein, aber es dauerte doch noch eine Stunde, ehe die Fähre wieder hinüberfuhr. Die Fahrt war lang, ging den Fluss weit hinunter, ehe die Anlegestelle erreicht wurde. Weit den Fluss hinauf lag ein Tankschiff neben dem andern, um das Öl aufzunehmen und über den Ozean zu ‌tragen.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses war der Verkehr ebenso rege, und es war ein ebensolcher Jahrmarktsverkehr wie auf der Stadtseite. Nicht nur den Fluss hinauf, sondern noch viel weiter den Fluss hinunter, bald bis zur Mündung, lagen die großen Tankschiffe.

Weiter zurück vom Ufer, auf den Höhen, lagen die Riesentanks, vollgefüllt mit dem wertvollen Öl. Zahlreiche Rohre führten das Öl aus den Tanks hinunter zum Flussufer. Hier wurde es durch Metalldrahtschläuche in die gewaltigen Tanks der Schiffe gepumpt. Wenn das Öl einkam oder das Schiff vollgefüllt war, hisste es die rote Gefahrenflagge. Denn das Rohöl gaste, und eine unvorsichtige Behandlung mit offenem Feuer konnte das Schiff ausbrennen bis auf das Wasser.

Scharen von Händlern mit Früchten, Papageien, Tigerkatzen, Tiger- und Löwenfellen, Affen, Büffelhörnern, mit kleinen Palästen und Kathedralen, aus Muscheln kunstvoll gebaut, trieben sich hier herum und boten den Seeleuten ihre Waren an. Wenn sie kein Geld kriegen konnten, nahmen sie auch andre Dinge, Anzüge, Regenmäntel, Lederkoffer oder was sie sonst an wertvollen Sachen eintauschen konnten.

Die Raf‌finerien bliesen Wolken von Rauch und Gas aus. Das abgeblasene Gas setzte sich in den Lungen und Luftröhren fest, wo es wie dünne Nadeln stach. Dann hüstelten die Leute, und wenn der Wind diese Gase hinübertrieb in die große Stadt, dann fühlte sich die ganze Bevölkerung wie in einem Giftofen. Die Ungewohnten, die Neuankömmlinge, bekamen ein unsicheres, ängstliches Gefühl. Sie fassten sich immerwährend an die Kehle oder versuchten zu niesen oder zu schnauben und wussten meist nicht, was los war. Viele der Neuen hatten ein Empfinden, als müssten sie sterben, so giftig war das stechende Gefühl in der Kehle und in der Lunge.

Aber die Altgewohnten nahmen es leicht. Solange dieses stechende giftige Gas durch die Stadt schwelte, rann das Gold durch die Gassen, und das Leben sah rosig aus, von welcher Seite aus man es auch betrachtete.

Hier waren die Saloons, einer neben dem andern. Alle lebten sie von den Seeleuten. Die besten Kunden waren die amerikanischen Seeleute. Denn die bekamen in ihrer Heimat weder Bier noch Wein noch Branntwein. Die holten hier alles nach, was sie daheim versäumten, und tranken so viel Vorrat, dass sie es gut eine Weile in ihrem trocknen, stumpfen Lande wieder aushalten konnten. Sie waren an hohe Preise für geschmuggelten Branntwein gewöhnt. Und hier, wo die Preise normal waren, erschien es ihnen, als ob der Whisky und das Bier überhaupt nichts kosteten, als ob sie alles geschenkt erhielten. So wanderte ein Dollar nach dem andern in die Cantinas und in die Bars. Und wenige Häuser weiter waren die schönen Damen, die ihnen den Rest des Geldes abnahmen. Aber die Seeleute fühlten sich nie übervorteilt. Sie waren glücklich, und sie würden den, der ihnen durch Verbote und Gesetze das Trinken und die schönen Damen genommen hätte, mit tausend Flüchen belastet haben. Sie brauchten keinen Vormund. Und die Seemannsmission, die sich nur darum bekümmert, dass die Seeleute ein sauberes Bett bekommen und einen trocknen warmen Raum, wo sie Zeitungen lesen können, wird von den Seeleuten am höchsten geachtet. Wer Sehnsucht hat, in die Kirche zu gehen, findet immer eine Kirche; man braucht sie dem Seemann nicht an den Mittagstisch oder in den Schlafsaal zu ‌tragen und das wenige an Religion, was ihm die Schule gelassen hat, hier auch noch zu verekeln. Seeleute und Gefängnisgäste sind die beiden Volksklassen, die man als die wehrloseste Beute ansieht, die man mit Religion bis zum Überdruss des Erbrechens vollpacken darf. Aber Überfütterung hat noch nie gutgetan. Und weil sie nie guttut und das Gegenteil erzeugt von dem, was beabsichtigt ist, wird dem Verbrecher und wird dem Seemann immer noch mehr Religion aufgepackt.

Der Verbrecher im Gefängnis und der Seemann an Land, nachdem er sein ganzes Geld ausgegeben hat, bilden die beste Betgemeinde. Sie würden beide eine kräftige Kinovorführung vorziehen, aber die können sie nicht umsonst haben.

Barber sagte: »Es ist gerade Mittag, wir könnten eigentlich zu einem Tanker raufklettern. Vielleicht fällt ein Mittagessen ab.«

»Das ist nicht so übel«, erwiderte Dobbs. »Wir können nur wieder runtergepfeffert werden, das ist alles.«

Sie sahen zwei Männer mit nackten Armen bei einem Fruchthändler stehen. Barber ging gleich drauf‌los und sagte: »Von welchem seid ihr denn?«

»Von der Norman Bridge. Warum?«

»Habt ihr schon gegessen?«, fragte Barber.

»Nein, wir sind gerade auf dem Wege dazu.«

»Wie ist es denn mit einem Mittagessen für uns beide?«, fragte Barber.

»Kommt nur gleich mit rauf. Die sind alle...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2023
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Charakter • Gier • Gold • Goldgräber • Goldrausch • Klassiker • Mexiko • Misstrauen • Ostküste • Psychothriller • Reichtum • Roman • Verfilmung • Verfolgung
ISBN-10 3-257-61357-1 / 3257613571
ISBN-13 978-3-257-61357-5 / 9783257613575
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