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Bamberger Beichte (eBook)

Franken Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
240 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-117-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bamberger Beichte -  Harry Luck
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Intrigen, Mord und Missgunst im beschaulichen Bamberg. Im Bamberger Karmelitenkloster stirbt ein Ordensbruder unter mysteriösen Umständen. Kommissar Horst Müller und seine Kollegin Paulina Kowalska finden heraus, dass der Tote an heimlich durchgeführten Exorzismen beteiligt war und eine falsche Identität angenommen hatte. Wurde dem Ordensmann sein Doppelleben zum Verhängnis? Immer mehr Details kommen ans Licht, und die Ermittler sehen sich wahrhaft teuflischen Abgründen und kommunalpolitischen Intrigen gegenüber ...

Harry Luck, 1972 in Remscheid geboren, arbeitete nach einem Studium der Politikwissenschaften in München als Korrespondent und Redakteur für verschiedene Medien und leitete das Landesbüro einer Nachrichtenagentur. Seit 2012 ist er für Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum Bamberg verantwortlich. www.harryluck.de

Harry Luck, 1972 in Remscheid geboren, arbeitete nach einem Studium der Politikwissenschaften in München als Korrespondent und Redakteur für verschiedene Medien und leitete das Landesbüro einer Nachrichtenagentur. Seit 2012 ist er für Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum Bamberg verantwortlich. www.harryluck.de

EINS

Die Verfolgungsjagd dauerte jetzt schon über eine Stunde. Bislang ohne jede Aussicht, den Flüchtigen zu stellen. Oder war es eine Flüchtige? Oder eine Flüchtende? Ich ging davon aus, dass es sich um ein männliches Wesen handelte, auch wenn das graue Haar keine Rückschlüsse auf das Geschlecht zuließ. Der Schaden, den der Eindringling in meiner Wohnung angerichtet hatte, war vor allem ideeller Natur. Die Pappschachteln, in denen sich die neunzehn DVD-Boxen mit allen zweihunderteinundachtzig »Derrick«-Folgen befanden, waren wohl irreparabel zerstört. Ich war fest entschlossen, den Täter zu stellen. Tot oder lebendig! In der Hand hielt ich einen schweren Gummihammer, mit dem ich bereit gewesen wäre, notfalls zuzuschlagen. Lieber wäre mir natürlich gewesen, das Monster wäre in eine der zahlreichen Fallen getappt, die ich im gesamten Zimmer verteilt hatte.

Eine Maus in der Wohnung mitten in der Stadt, das hatte ich in den fast zwanzig Jahren, die ich in Bamberg lebte, noch nicht erlebt. Sicherheitshalber hatte ich im Sicherungskasten den Strom abgeschaltet für den Fall, dass die Maus das hinter dem Schrank verlegte Kabel für die Beleuchtung der Spirituosenbar annagen und einen Kurzschluss auslösen würde. Ich hörte die Maus rascheln und knabbern hinter dem Schrank, in dem ich meinen geliebten Eierlikör aufbewahrte und der fest mit der Wand verschraubt war. Deshalb ließ er sich nicht einfach vorschieben.

Bei einer polizeilichen Maßnahme hätte ich gewusst, was zu tun wäre. Ringfahndung einleiten, Verstärkung anfordern, notfalls ein Spezialeinsatzkommando. Finaler Rettungsschuss nicht ausgeschlossen, mit Wirkungstreffer im Vitalbereich. Aber in den eigenen vier Wänden war ich völlig hilflos. Ich hatte als Kriminalkommissar schon zahllose Verbrecher hinter Schloss und Riegel gebracht, aber noch nie eine Maus gefangen.

In diesem Moment läutete es an der Haustür. Das musste Andrea sein, meine Tochter. Es war seit Jahren eine schöne Tradition geworden, dass sie mich am Wochenende kurz besuchte und einen selbst gebackenen Kuchen mitbrachte, von dem wir gemeinsam ein Stück aßen. Ich schloss die Wohnzimmertür, damit die Maus nicht in die Küche oder Speisekammer entfliehen konnte, und drückte den Türsummer. Dann öffnete ich die Wohnungstür im ersten Stock.

Die junge Dame, die wenig später mit vorwurfsvollem Gesicht vor mir stand, hätte vom Alter her zwar meine Tochter sein können, es war jedoch Paulina Kowalska, meine Kollegin, mit der ich schon seit vielen Jahren im Kommissariat 1 der Bamberger Kriminalpolizeiinspektion zusammenarbeitete.

»Horst!«, sagte sie in dem gleichermaßen verzweifelten wie verärgerten Tonfall, mit dem man sein Kind mit einer mit Filzstift bemalten Raufasertapete konfrontierte.

»Unverhoffter Besuch am Sonntagmorgen!«, tat ich erfreut, ihre offensichtliche Missstimmung ignorierend. »Ich hatte eigentlich mit Andrea gerechnet.«

»Ich versuche seit einer Stunde, Sie anzurufen. Ihr Handy ist aus, und auf dem Festnetz ist die Leitung tot. Haben Sie vergessen, dass wir Bereitschaft haben?«

Das hatte ich nicht vergessen, ich hatte jedoch nicht bedacht, dass das Ausschalten des Stroms auch Auswirkung auf den Telefonanschluss hatte. Und das Handy lag im Schlafzimmer, zu dem ich die Tür während der Mausjagd verschlossen hatte, um ein Eindringen des Tiers zu verhindern. Es war allerdings sehr selten, dass das K1 am Wochenende wegen eines Verbrechens gegen das Leben, so lautete offiziell unsere Zuständigkeit, gerufen wurde. Daher fragte ich Paulina: »Was ist denn passiert, was nicht der KDD erledigen und bis Montag warten kann?«

»Es gibt einen Toten am Knöcklein.«

Die Adresse sagte mir etwas. Ich überlegte kurz. »Dort ist das Theresianum.« Das war das Spätberufenengymnasium, wo man auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur machen konnte, um dann bestenfalls Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden. Das jedenfalls war zu meiner Jugendzeit die von vielen wahrgenommene Hauptfunktion der katholischen Schule, die nach dem Krieg von den Karmeliten gegründet wurde und seit 2018 von der Caritas geführt wurde.

»Knapp daneben«, bemerkte Paulina. »Im Karmelitenkloster wurde eine Leiche gefunden.«

»Großer Gott!«, rief ich aus.

***

Während wir die Treppe hinuntergingen, schrieb ich Andrea eine WhatsApp-Nachricht mit den Worten: »Muss leider weg, Einsatz!«

Paulina hatte den Dienstwagen im Halteverbot auf der anderen Straßenseite geparkt. Die Polizeikelle in der Windschutzscheibe verhinderte, dass die Kollegen vom Parkraumüberwachungsdienst, die ihr Hauptquartier nur einen Steinwurf entfernt in der Hornthalstraße hatten, übereifrig unseren Einsatz behinderten.

Auf der Fahrt erzählte sie mir in knappen Worten, was bisher bekannt war.

»Der Anruf aus dem Kloster kam um zehn Uhr fünfzig. Der Chef des Karmelitenklosters hat nach der Messe seinen Bruder tot aufgefunden.«

»Seinen Bruder?« Ich ahnte das Missverständnis.

»Sein Bruder Martin sei tot, ja. Die herbeigerufene Notärztin hielt die Todesursache für abklärungsbedürftig.«

»Dieser Bruder Martin muss nicht sein leiblicher Bruder gewesen sein. Ich nehme an, er war ein Klosterbruder. Also ein Mitglied des Ordens, das nicht Priester ist. Lateinisch Frater. Im Gegensatz zum Pater, also Vater, der geweihter Priester ist. Aber das werden wir gleich erfahren.«

»Danke, Mister Brockhaus. Ich versuch’s mir zu merken«, sagte Paulina und lenkte den Wagen den Unteren Kaulberg hinauf. Immer wenn ich an der Oberen Pfarre vorbeifuhr, erinnerte ich mich daran, dass hier an einem leeren Grab die Ermittlungen in einem Fall ihren Ausgang nahmen, die uns in das dunkelste Kapitel der Stadt führten, die Hexenverfolgung. Dann bog sie am Karmelitenplatz rechts ab, fuhr links und parkte hinter dem Einsatzwagen des KDD und den Streifenfahrzeugen.

Paulina stieg aus und ging auf ein gelb gestrichenes Wohnhaus zu. »Da müssen wir hin.«

»Nicht ins Kloster?«, fragte ich.

»Das Kloster ist nicht mehr das Kloster. Die Brüder haben ihr Kloster verkauft und wohnen jetzt nebenan. Das Horst-Müller-Lexikon scheint nicht auf dem neuesten Stand zu sein. Update erforderlich?«

»Jetzt, wo Sie es sagen … Ich las davon in der Zeitung, ja. Luxuswohnungen sollen im Kloster entstehen.«

Das frisch gestrichene einstöckige Haus sah wie vieles aus, aber nicht wie ein Kloster. Den Eingang fanden wir an der von dem Sträßlein abgewandten Seite. Die Haustür stand offen. Wir schritten ebenerdig durch ein Treppenhaus, in dem es nach Putzmittel mit Zitruskraft roch. Der KDD-Kollege Isernhagen kam uns mit seinem Silberkoffer entgegen.

»Guten Tag, auf Wiedertschüss«, sagte er im Vorbeigehen und schaute auf seine Armbanduhr. »Jetzt übernehmt ihr mal schön. Wenn’s Fragen gibt, der Kollege Böhnlein ist noch da und räumt zusammen.«

»Warum so eilig?«, fragte ich den Mann, der beim Kriminaldauerdienst, den wir aufgrund der Anfangsbuchstaben der Nachnamen der Kollegen intern mit FBI abkürzten, das I bildete. »Gibt’s keinen Bericht?«

»Macht alles der Böhnlein. Ich muss echt los. Meine Ex wartet mit dem Kind zur Übergabe, wissen Sie?«

Ich wusste, wovon er sprach. Meine Scheidung lag schon über fünfzehn Jahre zurück, und die beiden Kinder waren längst aus dem Haus, sodass es keiner Absprachen für Papa-Wochenenden und Wechselmodelle für Betreuungszeiten mehr bedurfte. Isernhagen schien noch nicht so weit zu sein. Ich wusste von einem anderen Kollegen, der kinderlos war, bei dem aber die Wochenendbetreuung des ehemals gemeinsamen Hundes sowie die Kostenübernahme für Futter und Tierarzt zwei Seiten im Scheidungsvertrag füllten.

»Ist Ihre Ex-Frau nicht auch bei der Polizei?«, fragte ich.

»Ja, ebendrum. Ihre Schicht beginnt in einer halben Stunde. Und ich möchte es nicht noch einmal erleben, dass sie die Kleine mit im Streifenwagen spazieren fahren muss, weil ich sie nicht rechtzeitig abholen konnte.«

»Schon gut«, sagte ich. »Machen Sie, dass Sie loskommen.«

»Bis Denver!«, sagte Isernhagen.

»Bis Spätersburg«, antwortete Paulina und verdrehte die Augen.

»Heirate oder heirate nicht. Du wirst es bereuen«, zitierte ich einen weisen Philosophensatz und fügte ungefragt den Urheber hinzu: »Sokrates.«

»Heirate keinen Mann, der sich nach dem ersten Date mit ›Bye, bye, Butterfly‹ oder ›Bis Baltrum‹ verabschiedet«, sagte meine Kollegin und nannte ebenfalls die Quelle: »Paulina Kowalska.«

»Herr Kommissar Müller, kommen Sie!«, hörte ich Böhnleins Stimme. Er stand in seinem weißen Overall in einem Büroraum mit zwei Schreibtischen und einer Schrankwand, wie ich sie auch in meinem Wohnzimmer hatte, nur dass sich hier ausschließlich Aktenordner in den Regalen befanden. »Kollegin Kowalska, schön, Sie zu sehen«, begrüßte er auch Paulina.

»Wie halten Sie es mit Ihrem Kollegen eigentlich aus?«, sagte Paulina.

»Könnte ich Sie auch fragen«, antwortete Böhnlein und warf mir einen lachenden Blick zu. »Das berufliche Schicksal hat es mit uns beiden nicht gut gemeint. Vielleicht sollen wir uns mal zusammentun. Rein dienstlich natürlich.« Er warf ihr einen frivolen Blick zu.

Ich wollte gerade eine empörte Replik loslassen, als uns ein leises Räuspern unterbrach.

»Wenn die Herrschaften dann zu Ende gescherzt hätten …« Auf dem vorderen Schreibtischstuhl saß ein schlanker schwarzhaariger Mann in einem dunkelbraunen Gewand mit einer runden Metallbrille. Er war ein wenig älter als ich, vermutlich Ende fünfzig, und hatte ein auffällig glatt rasiertes Gesicht. Einige...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2023
Reihe/Serie Horst Müller und Paulina Kowalska
Horst Müller und Paulina Kowalska
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bamberg • Bamberger Lokalpolitik • Bamberg Krimi • Franken Krimi • Intrigen • Krimi mit Humor • Kriminalroman • Lokalkrimi • Mord • Polizeikrimi
ISBN-10 3-98707-117-6 / 3987071176
ISBN-13 978-3-98707-117-1 / 9783987071171
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