Kalter Sog: Ostsee (eBook)
360 Seiten
Piper Verlag
978-3-377-90028-9 (ISBN)
Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold
Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold
Kapitel 1
Zingst
Die Meiningenbrücke kam in Sicht, endlich! Sie selbst konnte nicht mehr befahren werden. Und ein Neubau ließ auf sich warten. Eine Behelfsbrücke verband die Halbinsel Fischland Darß mit dem Festland. Viermal am Tag hob sich ein Teil der Fahrbahn und ließ Segelboote und Schiffe passieren. Dann hieß es warten. Gerade aber war sie unten. Das bedeutete freie Fahrt in Richtung Sommerurlaub. Ann boxte Marie liebevoll in den Oberarm.
»Ja! Ich kann das Meer schon riechen! Und das Eis! Und die Cocktails …«
»Und die sonnengebräunte Haut der süßen Beachboys.« Marie lachte ausgelassen.
»Die überlass ich dir. Die nächste rechts«, wies Ann ihre Mitbewohnerin an. »Wir schmeißen nur schnell die Sachen ins Zimmer und dann nichts wie ran an den Strand!«
Sie verließen die Jordanstraße, durchquerten den kleinen Kreisverkehr und folgten dem Hägerende, bis der Deich in Sicht kam.
»Wenn du dort drüben durch das kleine Wäldchen gehst, kommst du direkt zum Sportstrand. Da ist immer was los. Ah, und hier – die Surfschule.«
Ein paar Hundert Meter weiter tauchte das ersehnte Schild auf: Pension Dünenzauber.
Hedda war nicht da. Also checkten die beiden Frauen ein, rafften Badetücher und Sonnencreme zusammen, schlüpften in Bikini und strandtaugliche Sachen und zogen los.
Das Wetter war herrlich. Siebenundzwanzig Grad, blauer Himmel und dann: Das erste Mal seit Monaten Ostseesand unter den Füßen! Ann streifte die Flip-Flops ab und eilte durch den schmalen Streifen Wald die Düne empor. Auf dem Kamm blieb sie wie verzaubert stehen.
Marie hielt schnaufend neben ihr.
Was für ein Anblick! Ein leichter Lufthauch spielte mit den langen Blättern des Dünengrases. Dahinter feiner weißer Strand so weit das Auge reichte. Die Ostsee glitzerte verheißungsvoll in der Sommersonne und strahlte mit dem Blau des Himmels um die Wette. Ann liebte diesen Moment des Ankommens, des ersten Blicks auf ihre Baltic Sea.
Marie schob sich ein paar rote Locken aus dem Gesicht und betrachtete die vielen bunten Sonnenschirme und Badetücher. »Wow. Hier geht was ab. Los, stürzen wir uns ins Getümmel!« Dann rannte sie los.
Rostock
Es war lange her.
Er stand am Hafen. Dort, wo der Journalist gestanden haben musste. Sein Blick ruhte auf den Pollern des leeren Kais. Die Ärmel seiner Jacke und seine Hosenbeine flatterten im Wind, ähnlich hektisch wie sein erregtes Herz. Er fröstelte. Die Sommersonne vermochte seinen ausgemergelten Körper nicht zu wärmen. Es war das europäische Klima – er war es einfach nicht mehr gewohnt.
Das Schlottern störte ihn nicht. Er wusste, wofür er das tat. Der Lohn würde unermesslich sein.
Ganz langsam ging er in die Hocke, streckte die knochigen langgliedrigen Finger aus und strich fast zärtlich über den rauen Asphalt. Erneut durchfuhr ihn ein heftiges, diesmal lustvolles Zittern. Je langsamer es gehen, je länger es dauern würde, desto tiefer wäre seine Befriedigung. Der Anfang war gemacht, allein das zählte.
Lächelnd erhob er sich. Er war wieder da!
Zingst
»Du hast einen Sonnenbrand!« Marie kicherte albern und zeigte auf Anns Nasenrücken.
»Und du einen im Tee!« Ann grinste.
»Möglich ist das. Die Cocktails vom Zuckerhut sind aber auch zu lecker!«
»Wir hätten was essen sollen.«
Die Pension kam in Sicht.
»Wir duschen, tauschen Klamotten und suchen uns ein kleines feines Restaurant.« Marie gähnte herzhaft. »Ganz wichtig: Du musst unbedingt verhindern, dass ich mich hinlege. Alkohol macht mich immer so was von müde.«
»Zuallererst muss ich Hedda Hallo sagen. Schließlich hat sie uns eingeladen.« Ann ging auf den kleinen Empfangstresen und die dahinterstehende, freundlich blickende junge Frau zu. »Hallo. Ob Sie mir sagen könnten, wo ich Hedda, äh, Frau Rohde finden kann?«
Bevor die Angesprochene antworten konnte, trat eine etwa sechzigjährige, braungebrannte Frau aus dem Hinterzimmer und rief begeistert: »Nun guck sich einer diese junge, hübsche Dame an! Johanna Arnold! Mir kommt es vor, als wär’s gestern gewesen. Da warst du so!« Die Pensionswirtin hielt die Hand in Höhe ihres Knies. »Darf ich?« Sie breitete die Arme aus und drückte Ann herzlich an sich. »An euch Kindern sieht man, wie die Zeit vergeht.« Sanft schob sie Ann von sich weg und studierte ihr Gesicht. »Mein Gott, du wirst deiner Mutter immer ähnlicher.«
Den Kommentar hätte sie sich gern schenken dürfen, murmelte Eigil, Anns innere Stimme.
»Äußerlich ja, das sagen viele.« Hedda, so fand Ann, war alt geworden. Die Haare weißlich-grau, Gesicht, Hals und Arme übersäht von Falten. Und auch wenn ihr Lachen unbefangen wirkte, in ihren Augen lag etwas Ernsthaftes. »Unglaublich, dass du uns bei dir wohnen lässt. Vielen Dank! Wir würden dir aber gern was dafür geben …«
»Papperlapapp! Dein Vater hat mir erzählt, du stehst kurz vor deiner Masterarbeit. Da ist es gut, wenn man vorher noch mal so richtig durchatmen kann! Und wo geht das besser als hier bei uns in Zingst?«
Ann lächelte dankbar. »Wirklich sehr lieb von dir. Aber in der Hochsaison brauchst du doch sicher jedes Zimmer …«
»Na, noch haben in den meisten Bundesländer die Sommerferien nicht mal angefangen. Der große Ansturm kommt erst noch. Also keine Angst. Wir werden wegen euch nicht am Hungertuch nagen! Apropos Hunger. Wie sieht’s aus, habt ihr schon was gegessen, du und …?«
»Oh, entschuldige! Das hier«, Ann zog Marie nach vorn, »ist meine Paderborner Mitbewohnerin Marie.«
»Freut mich sehr. Sie haben es wirklich toll hier.« Anns Freundin streckte Hedda die Hand entgegen.
Kurzerhand nahm die Pensionswirtin auch sie in den Arm. »Fühlt euch wie zu Hause! Also, wie sieht’s nun aus mit Essen?«
Eine Stunde später saßen die drei an Heddas privatem Küchentisch. Nicht ganz das, was die Urlauberinnen sich vorgestellt hatten. Absagen, da waren sich beide einig, wäre unhöflich gewesen und stand nicht zur Debatte.
»Isst Peter nicht mit?« Ann sah Hedda dabei zu, wie sie Reis, Fisch und Salat verteilte.
»Der hat heute Abend seine Männerrunde. Aber er freut sich, dich wiederzusehen. Weißwein?«
Marie und Ann nickten.
Die Gastgeberin ließ sich seufzend auf den Stuhl fallen. »So, nun erzähl doch mal, was macht meine alte Heimat? Hast du schon Pläne für die Zeit nach dem Studium? Und wer ist eigentlich dieser Marc?« Sie zwinkerte spitzbübisch.
Also erzählte Ann, wie es um Heddas alte Nachbarschaft in Neustadt in Holstein bestellt war, was ihre Eltern so trieben, wie das Journalistik-Studium bislang gelaufen war und dass sie gern für wissenschaftliche Sparten publizieren würde. »Die Welt von morgen. Zukunftstechniken im Bereich Wirtschaft und Umwelt, das reizt mich sehr.«
»Du bist wie gemacht dafür. Du schaffst das, da bin ich mir sicher. Und dein Freund Marc, ist der auch Journalist?«
Ann schüttelte den Kopf. »BKA Wiesbaden. Noch in der Ausbildung.«
Hedda hob erstaunt die Augenbrauen. »BKA. Spannend! Wohl kein Zufall, oder? Ich hab von deinen … Verwicklungen im Fall des toten Pastors gehört. Und dann noch die Sache mit dem Forschungsschiff.«
»Ann kann super kombinieren. Der macht so schnell keiner was vor«, meinte Marie mit vor Begeisterung leuchtenden Augen. »Wäre sie nicht gewesen, wäre die Wahrheit nie ans Licht gekommen!«
Ann atmete tief durch. Zeit für einen Themenwechsel. »Meine Beziehung zu Marc hat ja nichts damit zu tun, dass er beim Bundeskriminalamt ist. Wie geht’s denn eigentlich Dominik? Lebt er noch auf dem Darß?« Bildete sie sich das ein oder lag plötzlich ein Schatten über Heddas Gesicht?
»Ja. Er ist verheiratet. Sie haben eine vierjährige Tochter – Sofie.«
»Wow! Und was macht er beruflich?«
»Er arbeitet bei einer hiesigen Bootsbau- und Verleihfirma. Macht Schreinerarbeiten und so.«
»Hört sich an, als hätte er das Passende gefunden.«
Heddas Lächeln wirkte gequält. »Ja. Es war nicht einfach. Du...
Erscheint lt. Verlag | 27.7.2023 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Journalistin Arnold |
Ein Fall für Journalistin Arnold | Ein Fall für Journalistin Arnold |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Bücher für den Strand • Bücher für den Urlaub • Crime • Darß • Deutsche Krimis • Geheimnis der Vergangenheit • insel-krimi • Journalismus • Journalistin ermittelt • krimi norddeutschland • Krimi Top 10 • Küstenkrimi • Laienermittler • Ostfriesen-Krimi • Ostsee • Ostsee-Krimi • Ostsee Roman • Regionalkrimi • spannende Bücher • spannende Romane • Strandkrimi • Studentin • Studierende • Urlaubskrimi • weibliche Ermittlerin |
ISBN-10 | 3-377-90028-4 / 3377900284 |
ISBN-13 | 978-3-377-90028-9 / 9783377900289 |
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