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Dunkle Stunden -  Michael Connelly

Dunkle Stunden (eBook)

Ein Fall für Renée Ballard und Harry Bosch
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
432 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70435-5 (ISBN)
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An Silvester ist in Hollywood die Hölle los: Beim traditionellen Bleiregen schießen um Mitternacht Hunderte Feiernde in den Himmel. Dabei spielt es keine Rolle, dass alles, was hoch geht, auch wieder runtermuss. Wenige Minuten spa?ter werden Renée Ballard, Detective der Nachtschicht beim LAPD, und eine ihrer wenig engagierten Kolleginnen, die sonst tagüber arbeitet, zu einem Tatort gerufen: Der Besitzer einer Autowerkstatt wurde inmitten einer überfüllten Straßenparty angeschossen und stirbt noch im Krankenwagen. Schnell steht fest: Diese tödliche Kugel ist nicht vomHimmel gefallen. Noch ein Fall beschäftigt Ballard: Die Midnight Men, eine Bande von Sexualstraftätern, haben in den vergangenen fünf Wochen zwei Frauen vergewaltigt - und nicht eine Spur hinterlassen. Hinzu kommt,dass die Pandemie und die jüngsten ProtesteBallards Arbeit von Grund auf verändert haben.Niemand glaubt mehr daran, dass die PolizeiGutes bewirkt - nicht mal sie selbst, befürchtetBallard, wenn sie sich die Moral im Kollegiumso ansieht. Fest entschlossen, beide Fälle aufzuklären, wendet sie sich an den einzigen Detective, auf den sie zählen kann: Harry Bosch.

Michael Connellyist mit über 80 Millionen verkauften Büchern in 40 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene?e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller.

Michael Connellyist mit über 80 Millionen verkauften Büchern in 40 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Renée Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller.

2


Es war wie eine Tüte Popcorn in der Mikrowelle. Vereinzeltes Knallen, als der Countdown fürs neue Jahr ablief, und dann das durchgehende Krachen, bei dem es unmöglich war, die einzelnen Schüsse zu unterscheiden. Eine Symphonie aus Schüssen. Geschlagene fünf Minuten lang ertönte eine ununterbrochene Salve, als die Feiernden in jahrzehntealter Tradition ihre Schusswaffen in den Himmel abfeuerten.

Dabei spielte es keine Rolle, dass alles, was hochging, auch wieder runterkommen musste. In der Stadt der Engel begann jedes Jahr mit einem Risiko.

In das Gewehrfeuer mischten sich natürlich die legalen Feuerwerkskörper und Kracher, und gemeinsam erzeugten sie ein Geräusch, das typisch war für die Stadt und genauso zum Jahreswechsel gehörte wie das Austauschen des Kalenders. Beim Appell war die Zahl der Einsätze in Zusammenhang mit dem Bleihagel auf durchschnittlich achtzehn geschätzt worden. Betroffen waren hauptsächlich Windschutzscheiben, aber ein Jahr zuvor hatte Ballard ausrücken müssen, weil eine Kugel durch ein Oberlicht schlug und auf der Schulter einer Stripperin landete, die direkt darunter auf der Bühne tanzte. Die herabfallende Kugel fügte ihr nicht einmal eine Schramme zu. Aber ein Stück der zerbrochenen Oberlichtverglasung verpasste einem direkt an der Bühne sitzenden Gast einen neuen Scheitel. Er verzichtete jedoch auf eine Anzeige, damit nicht herauskam, dass er sich nicht da aufhielt, wo er seiner Familie gesagt hatte.

Aber egal wie viele Einsätze es wurden, um die meisten würden sich Streifenpolizisten kümmern, soweit nicht die Anwesenheit eines Detective erforderlich war. Ballard und Moore warteten vor allem auf eine ganz bestimmte Durchsage. Die Midnight Men. Zu ihrem Leidwesen waren sie manchmal darauf angewiesen, dass Straftäter erneut zuschlugen und dabei vielleicht einen Fehler machten oder ein neues Beweisstück hinterließen, um ihnen auf die Spur zu kommen.

Midnight Men war der Name, den Ballard einem Duo von Sextätern gegeben hatte, die in den vergangenen fünf Wochen zwei Frauen vergewaltigt hatten. Zu beiden Überfällen war es an Feiertagen gekommen – an Thanksgiving und Heiligabend. Der Zusammenhang zwischen den zwei Vergewaltigungen war nicht über DNA, sondern über den Modus Operandi hergestellt worden. Die Midnight Men achteten nämlich sehr genau darauf, keine DNA zurückzulassen. Jeder Überfall erfolgte kurz nach Mitternacht und dauerte ganze vier Stunden, in denen die Täter ihr Opfer abwechselnd in dessen Bett vergewaltigten und ihm zum Abschluss mit dem Messer, das sie ihm die ganze Zeit an den Hals gehalten hatten, eine dicke Haarsträhne abschnitten. Dazu kamen noch andere Demütigungen, aufgrund derer sich neben dem Umstand, dass Vergewaltigungen durch zwei Täter sehr selten waren, eine Verbindung zwischen den Taten herstellen ließ.

Als Nachtschicht-Detective war Ballard in beiden Fällen zunächst die zuständige Ermittlerin gewesen, hatte sie dann aber an die Tagschicht-Detectives der Einheit Sexualdelikte der Hollywood Division abgegeben, der neben zwei männlichen Ermittlern auch Lisa Moore angehörte. Da Ballard in der Schicht, in der es zu den Vergewaltigungen gekommen war, Dienst gehabt hatte, wurde sie der Einheit formlos zugeteilt.

Noch vor wenigen Jahren hätte ein Zweierteam von Serienvergewaltigern die ganze Aufmerksamkeit der Einheit Sexualdelikte, die als Teil der renommierten Robbery-Homicide Division im Police Administration Building Downtown stationiert war, auf sich gelenkt. Aber infolge der seitens der Stadt verhängten Budgetkürzungen war die Einheit aufgelöst worden, und seitdem waren für Sexualdelikte die Ermittler des jeweiligen Polizeireviers zuständig. Das war ein gutes Beispiel dafür, wie Gruppen, die sich für eine Reduzierung der Polizeiausgaben starkmachten, ihr Ziel auf Umwegen erreichten. Der Antrag auf Budgetkürzungen war zwar von der Stadt abgeschmettert worden, aber die Polizei hatte im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Proteste, zu denen es nach dem Tod von George Floyd durch die Polizei von Minneapolis gekommen war, ihre finanziellen Mittel so stark strapaziert, dass ihr nach einem wochenlangen taktischen Alarm und den damit verbundenen Kosten das Geld ausging, was wiederum dazu führte, dass kein Personal mehr eingestellt wurde, Einheiten aufgelöst und viele neue Projekte abgeblasen wurden. In der Praxis resultierte das in einer drastischen Unterfinanzierung der Polizei in etlichen Schlüsselbereichen.

Lisa Moore war ein Paradebeispiel dafür, wie das alles zu einer Verschlechterung des Dienstes an der Allgemeinheit führte. Statt die Midnight-Men-Ermittlungen einer Spezialeinheit zu übertragen, die über entsprechende Ressourcen und Detectives mit spezieller Ausbildung und Erfahrung mit Serienstraftaten verfügte, war damit die überlastete und unterbesetzte Einheit Sexualdelikte der Hollywood Division betraut worden, die in einem flächenmäßig riesigen und dicht bevölkerten Gebiet für alle Vergewaltigungen und versuchten Vergewaltigungen, für sexuelle Übergriffe, Grabschereien und Pädophilie-Anschuldigungen zuständig war. Und Moore teilte die Einstellung, die bei der Polizei seit den Protesten viele hatten. Ihr ging es in erster Linie darum, nur noch möglichst wenig bis zu ihrer Pensionierung zu tun, wie weit diese auch noch vor ihr liegen mochte. Sie betrachtete den Midnight-Men-Fall als Zeitfresser, der den Rahmen ihrer von acht bis vier dauernden Dienstzeit sprengte, während der sie in der ersten Hälfte ihres Arbeitstags brav ihren Schreibkram erledigte und danach nur in sehr begrenztem Umfang Ermittlungsaufgaben nachging, für die sie die Station nur verließ, wenn sie sich nicht telefonisch oder am Computer erledigen ließen. Sie hatte es als Beleidigung und lästiges Ärgernis betrachtet, Ballard an Silvester für die Nachtschicht zugeteilt zu werden. Ballard dagegen hatte es als Chance gesehen, die zwei Sextäter bei ihrer Jagd nach wehrlosen Frauen zu erwischen.

»Hast du was wegen der Impfung gehört?«, fragte Moore.

Ballard schüttelte den Kopf.

»Wahrscheinlich dasselbe wie du. Wie kriegen sie nächsten Monat – vielleicht.«

Jetzt schüttelte Moore den Kopf.

»Diese Arschlöcher«, schimpfte sie. »Wir stehen voll in der Schusslinie und sollten sie zeitgleich mit der Feuerwehr kriegen. Stattdessen stellen sie uns auf eine Stufe mit den Supermarktkassiererinnen.«

»Die Feuerwehr wird dem Gesundheitssystem zugeordnet«, sagte Ballard. »Wir nicht.«

»Schon klar, aber mich nervt das Prinzip dahinter. Unsere Gewerkschaft ist einfach Scheiße.«

»Es ist nicht die Schuld der Gewerkschaft. Es liegt am Gouverneur, am Gesundheitswesen, an allem Möglichen.«

»Scheißpolitiker …«

Ballard ging nicht weiter darauf ein. Es war eine Klage, die man bei Appellen und in Polizeiautos in der ganzen Stadt zu hören bekam. Wie viele bei der Polizei hatte Covid-19 auch Ballard erwischt. Sie hatte im November drei Wochen flachgelegen und hoffte jetzt einfach, genügend Antikörper zu haben, um sich bis zur Impfung kein zweites Mal anzustecken.

In der grüblerischen Stille, die darauf eintrat, hielt auf einer der zwei Fahrspuren Richtung Süden ein Streifenwagen neben Moores Fenster an.

»Kennst du die Typen?«, fragte Moore, als sie die Hand nach dem Fensteröffner ausstreckte.

»Leider ja«, sagte Ballard. »Setz deine Maske auf.«

Es waren Smallwood und Vitello, zwei testosterongesteuerte P2S, die sich für »zu gesund« hielten, um sich das Virus einzufangen, und die bei der Polizei geltende Maskenpflicht ignorierten.

Moore zog ihre Maske über die Nase und ließ das Fenster runter.

»Und? Wie geht’s, Mädels?«, fragte Smallwood mit einem breiten Grinsen.

Auch Ballard zog ihre Maske hoch. Sie war dunkelblau, mit dem Schriftzug LAPD in Silberprägung.

»Ihr behindert den Verkehr, Smallwood«, sagte Ballard.

Moore drehte den Kopf zu Ballard und flüsterte: »Echt jetzt? Small wood – wie kleines Stöckchen?«

Ballard nickte.

Vitello drückte auf den Knopf für den Lichtbalken auf dem Dach des Streifenwagens. Das blinkende Blaulicht fiel auf die Graffitis an den Betonwänden über den Zelten und Hütten auf beiden Seiten der Überführung. Alle möglichen Versionen von Fuck the Police und Fuck Trump waren von Trupps der Stadtverwaltung überstrichen worden, aber in dem harten blauen Licht kamen die Schriftzüge wieder durch.

»Besser so?«, fragte Vitello.

»Gleich dort drüben ist übrigens ein Typ, der einen Diebstahl anzeigen will«, sagte Ballard. »Nehmt doch seine Anzeige auf, wenn ihr schon hier seid.«

»Träum weiter«, sagte Smallwood.

»Hört sich eher nach was für einen Detective an«, fügte Vitello hinzu.

Die Unterhaltung, wenn man es so nennen wollte, wurde von einer Durchsage aus der Kommunikationszentrale unterbrochen, die in beiden Autos reinkam. Sie forderte eine William-6-Einheit an. »6« war die Bezeichnung für Hollywood, »William« für einen Detective.

»Du bist gefragt, Ballard«, sagte Smallwood.

Ballard zog das Funkgerät aus der Ladestation in der Mittelkonsole und antwortete: »6-William-26. Ich höre.«

Es ging um eine Schießerei mit Verletzten in der Gower Street.

»Der Gulch«, rief Vitello zu ihnen herüber. »Braucht ihr Unterstützung, Ladys?«

Die Hollywood Division war in sieben Zonen unterteilt, die sogenannten Basic Car Areas. Smallwood und Vitello waren für das Gebiet zuständig, zu dem auch die Hollywood...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2023
Reihe/Serie Ein Fall für Renée Ballard
Ein Fall für Renée Ballard
Übersetzer Sepp Leeb
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerika • detective • Harry Bosch • Krimi • L.A. • LAPD • Late Show • Los Angeles • Mord • Nachtschicht • Neujahr • Silvester • USA
ISBN-10 3-311-70435-5 / 3311704355
ISBN-13 978-3-311-70435-5 / 9783311704355
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