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Commissario Tasso treibt den Winter aus (eBook)

Kriminalroman

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eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
317 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4806-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Commissario Tasso treibt den Winter aus -  Gianna Milani
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Klappernde Schnappviecher, köstlicher Traminer und eine Leiche beim Faschingsumzug

Februar 1963: Etwas widerwillig besucht Aurelio Tasso den Egetmann-Umzug in Tramin, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben wird. Vor allem die hölzernen Schnappviecher flößen Tasso Respekt ein. Dann wird mitten in der Menge ein junger Mann umgebracht. Niemand will etwas gesehen haben. Die Möglichkeit, es könne ein Unglück gewesen sein, ist schnell vom Tisch, Beschuldigungen werden ausgesprochen. Sogar ein Schnappviech wird verdächtigt. Mit Hilfe von Mara Oberhöller versucht Tasso tapfer, die vielen verschiedenen Fäden zu entwirren, aber er muss erst einige Knoten lösen, bevor er den Mörder findet.



Gianna Milani ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich seit vielen Jahren für Südtirol und seine wechselvolle Geschichte interessiert. Dabei haben es ihr besonders die sagenhaften Dolomiten angetan. Ein Haus in Norditalien wäre ihr Traum, bis dahin schreibt sie Bücher über ihre Lieblingsregionen.

Gianna Milani ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich seit vielen Jahren für Südtirol und seine wechselvolle Geschichte interessiert. Dabei haben es ihr besonders die sagenhaften Dolomiten angetan. Ein Haus in Norditalien wäre ihr Traum, bis dahin schreibt sie Bücher über ihre Lieblingsregionen.

1. Kapitel, in welchem Tasso sich wie in einem Alptraum fühlt


Aurelio Tasso hob den Kopf und blickte in ein riesiges Maul. Zähne, teils schwarz, stachen vor dem blutroten Schlund hervor. Das Maul schloss sich. Die Kiefer krachten aufeinander.

SCHNAPP!

Schon ging das Riesenmaul wieder auf.

SCHNAPP!

Vor Schreck sprang Tasso einen Satz zurück. Eine Wolke schlechten Atems stieg ihm in die Nase.

»Pass doch auf, wo du hintrampelst!«

Er bekam einen rüden Stoß in den Rücken und konnte sich gerade noch auf den Beinen halten. Ein Mann mit schrecklichem Mundgeruch rannte an ihm vorbei. Übermütiges Lachen erklang ringsumher. Zum Glück war das Schnappviech inzwischen weitergewandert und versuchte, ein etwa sechsjähriges Mädchen zu erschrecken, das vor Vergnügen jauchzte.

Tasso spürte eine schwere Hand auf der Schulter.

»Schau mal da: Die Kleine schlägt sich sehr viel wackerer als du. Na, Commissario, wer beschützt hier wen?« Johann Vierweger streckte einen Arm aus und zeigte auf das Mädchen, das dem Schnappviech eine Fratze zog, während dessen Maul eifrig auf und zu klapperte. »Gebt acht, ihr Leut’, die gefährlichen Schnappviecher geh’n um!« Vierweger senkte die Stimme zu einem dramatischen Grollen.

»Sei nicht albern. Ich hab mich nur erschreckt.« Tasso zupfte die Ärmel seines Anzugs zurecht und strich über die Hemdmanschette. Ein altes Hemd, ein kaputter Anzug, selbstredend.

Vierweger musterte ihn. »War das nicht dein bester Dreiteiler? Was ist damit passiert?«

»Den habe ich mir im Dezember erst ruiniert, während einer Ermittlung.« Die Details verschwieg Tasso lieber. Sein ehemaliger Ispettore musste nichts davon erfahren, wie er hinter seiner eifrigen Praktikantin Mara Oberhöller über einen Hang am Misurina-See geklettert war.

»Nun, für einen Egetmann-Umzug ist er im perfekten Zustand. Aurelio, der Lumpenpolizist.«

Und wie um Vierwegers Worte zu bestätigen, sprangen zwei alte Weiber – oder waren es als alte Weiber verkleidete junge Männer? – auf Tasso zu und schmierten ihm johlend Ruß ins Gesicht.

Vierweger lachte schallend. Er reckte sich, schaffte es jedoch trotz seiner beachtlichen Größe nicht, außer Reichweite zu kommen. Schon zierten drei schwarze Streifen seine Wangen. Die »Weiber« waren längst wieder fort.

Tasso schüttelte den Kopf. »Was soll ich daran gut finden? Oder amüsant? Es ist lächerlich.«

»Es ist Fasching! Fasnacht, carnevale, nenn es, wie du willst. Und jetzt komm und lass uns einen guten Platz sichern, sonst verpassen wir noch alles.« Energisch stapfte Tassos ehemaliger Kollege voran, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als zu folgen, wenn er nicht am Auto warten wollte. Zwischen Gruppen grölender junger Männer, die Weinflaschen kreisen ließen, Eltern mit kleinen Kindern an der Hand und weiteren unzähligen Verkleideten schlenderten sie in Richtung Rathaus.

Zwei Schnappviecher näherten sich von hinten. Respektvoll trat Tasso zur Seite und ließ sie passieren. Natürlich wusste er, dass diese Gestalten nichts anderes waren als riesige Holzköpfe mit klappernden Mäulern. Sie wurden von Männern getragen, die sich in grobes Leinen oder Säcke gehüllt hatten und die Köpfe mit Stangen über sich hielten, sodass sie eine imposante Höhe von ungefähr drei Metern erreichten.

»Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, Aurelio. Das ist eine Feier, entspann dich. Du bist nicht im Dienst.«

»Ich kann diesen Traditionen einfach nichts abgewinnen.« Und hätte Vierweger nicht so beharrlich auf ihn eingeredet, er müsse auf andere Gedanken kommen, so stünde er jetzt auch nicht hier in Tramin. Einen solchen Umzug mit alpenländischer Folklore hätte er niemals freiwillig besucht. Dazu erinnerte er sich nur zu gut an den Fasching in seiner Kindheit. Zu dieser Zeit war seine Mutter einige Male von Rom nach Bozen gereist, um ihre Schwester Hedwig Vernatscher zu besuchen. Den kleinen Aurelio hatte sie mitgenommen. Vermutlich hatte sie gedacht, dieses bunte Spektakel würde ihm gefallen. In Wahrheit war es ihm zu laut gewesen, zu hektisch. Schon als Kind hatte er sich in Menschenmengen nicht sonderlich wohlgefühlt. Inzwischen hielt er es zwar ganz gut aus, aber als angenehm empfand er es nicht.

Noch schlimmer war der Krampuslauf gewesen, den er als Achtjähriger erlebt hatte. Der Lärm und die grausigen Masken hatten ihm zugesetzt. Und schon damals hatten die Erwachsenen ihn ausgelacht.

Tasso wusste nicht einmal mehr, in welchem Ort das gewesen war, ob überhaupt in Südtirol oder möglicherweise in Österreich oder Bayern. Aber nein, es musste Südtirol gewesen sein. In den Dreißigern waren die Läufe vielerorts vom faschistischen Regime verboten worden. Das hatte die Menschen natürlich nicht davon abgehalten, sich diese Masken aufzusetzen und zu feiern. Im Gegenteil, in manchen Dörfern wurde es geradezu als eine Pflicht angesehen, sich dagegen aufzulehnen. Genau das klang ganz nach Tante Hedwig, die vermutlich damals die Idee gehabt hatte, dem Lauf beizuwohnen. Ob sie auch heute hier in Tramin war?

SCHNAPP!

Tasso zuckte zusammen. Das nächste Schnappviech überholte sie und verschwand in der Gasse neben dem Rathaus. Zum Glück hatte Vierweger das nicht mitbekommen, da sein pensionierter Kollege einen Schritt vor ihm ging. Diese Schnappviecher waren den Krampussen eindeutig zu ähnlich.

Tief durchatmen, sagte Tasso sich und zündete sich eine Zigarette an. Er würde auch das hier überstehen. So ein Faschingsumzug war ja nichts Gefährliches.

Sie erreichten den Platz am Rathaus des kleinen Ortes, auf dem sich schon eine beachtliche Menge versammelt hatte. Vierweger zog Tasso zu der Häuserreihe gegenüber der Rathaustreppe. »Komm, stellen wir uns an die Wand vom Goldenen Löwen. Da ist nicht so ein Gewühl, und wir können das Protokoll verfolgen.«

»Was für ein Protokoll?«

»Hast du vorhin die Männer in Frack gesehen? Das sind die Ratsherren. Einer von denen wird sich dort vorn am Brunnen auf eine Leiter stellen und das Protokoll verlesen.« Er deutete nach links.

Tasso brummte nur und beäugte misstrauisch die verkleideten Menschen um sich herum. Es kamen immer noch ständig Neuankömmlinge hinzu. Es wurde gerufen, gejohlt und mit Ratschen, Kuhglocken oder Topfdeckeln Lärm gemacht. Aus der Ferne erklang Blasmusik.

»Hier, trink.« Vierweger hielt ihm eine Taschenflasche unter die Nase.

Tasso nahm einen tiefen Schluck und spürte, wie sich der Schnaps seine Kehle hinunterbrannte. Es war verdammt kalt, immerhin lag kein Schnee mehr.

»Mal sehen, ob sie auch ein Wudele schlachten.«

»Ein was?«

»Na, die Schnappviecher, die heißen Wudele. Da vorne, der Mann im blauen Schurz und mit dem rot karierten Hemd ist ein Metzger.«

Tasso schaute in die angegebene Richtung. Ein kräftiger Mann mit rundem Gesicht und Hakennase stolzierte dort umher, als warte er auf etwas. In der Rechten hielt er ein mit roter Farbe verschmiertes riesiges Metzgerbeil.

»Das ist hoffentlich eine Attrappe.«

»Davon gehe ich aus.«

Das Spektakel nahm seinen Lauf. Phantasievoll dekorierte Wagen wurden von knatternden Traktoren an der Menge vorbeigezogen. Die Männer auf den Ladeflächen verteilten Wolken aus Sägespänen, Mehl und Ruß über das Publikum. Flaschen wurden herumgereicht, der Alkohol floss in Strömen, und außer Tasso schienen sich alle zu amüsieren. Besser gesagt, fast alle. Er entdeckte drei Leidensgenossen: Carabinieri in schwarzen Uniformen, die verstreut in der Menge standen und sich sichtlich unwohl fühlten. Alle drei wirkten so jung, dass Tasso sich im Stillen fragte, ob sie die Erlaubnis ihrer Eltern hatten, hier zu sein.

Vermutlich waren die Carabinieri außer ihm auch die Einzigen, die von diesem Hochzeitsprotokoll des Egetmann-Hansl, das kurz darauf verlesen wurde, kein Wort verstanden.

Die »Ratsherren«, fünf junge Männer in Fräcken – einer mit einem Regenschirm, dessen Sinn sich Tasso nicht erschloss – beendeten ihre Scharade und wurden mit tosendem Jubel und Geschrei verabschiedet.

Vierweger schlug Tasso auf die Schulter. »Gut, oder?«

»Verstehst du diesen Dialekt?«

»Aber sicher.« Vierweger musterte seine mürrische Miene. »Du nicht?«

»Das war doch kein Deutsch!«

Sie wurden von einem begeisterten Aufschrei unterbrochen. Rechter Hand tauchte rund ein Dutzend Schnappviecher auf der Straße auf. Mehrere Burschen hielten ein Seil gespannt und taten so, als versuchten sie, die monströsen Wesen damit in Zaum zu halten. Der »Metzger« stellte sich ihnen breitbeinig entgegen und schwang sein Beil über den Kopf. Ein Wudele brach aus der Herde aus, überrannte den Burschen, der das Seil hielt, und wurde von dem Metzger gestoppt, der ihm beherzt in den Weg trat. Mehrere Männer, auch Zuschauer, liefen hinzu und streckten das Unwesen auf dem Kopfsteinpflaster nieder. Ein Bottich mit rot gefärbtem Wasser wurde herangeschleppt und zusammen mit Sägespänen in die Menge gespritzt.

In Wellen drängten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer immer näher, feuerten den Metzger lauthals an.

Tasso flüchtete sich gegen die Hauswand des Goldenen Löwen und pflückte Sägespäne von seinen Lippen. »Widerlich. Und das ist ja Rotwein! Was für eine Verschwendung!«

»Ach komm, das ist sicher irgendein vergorener Fusel, Abfall. Das gute Zeug wird getrunken, keine Sorge.«

»Ich glaube, ich hatte jetzt genug...

Erscheint lt. Verlag 24.11.2023
Reihe/Serie Die Aurelio-Tasso-Krimis
Die Aurelio-Tasso-Krimis
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1960er • Aurelio Tasso • Bozen • Cortina d'Ampezzo • Entführung • Geheimnis • Krimis • Mara Oberhöller • Meran • Nostalgie • Sechziger Jahre • Südtirol • Urlaub • Verschwörung • Winterurlaub
ISBN-10 3-7517-4806-7 / 3751748067
ISBN-13 978-3-7517-4806-3 / 9783751748063
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