Der Konzern (eBook)
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46711-4 (ISBN)
Prof. Dr. Veit Etzold ist Autor von dreizehn SPIEGEL-Bestsellern. Sein erstes Buch schrieb er im Jahr 2008 mit Prof. Michael Tsokos, dem ehemaligen Chef der Berliner Rechtsmedizin, über spektakuläre Todesfälle in der Forensik. Bevor er zu schreiben anfing, war Etzold Banker, Strategieberater und Programmdirektor in der Management-Ausbildung. Heute arbeitet er als Thriller-Autor und Keynote Speaker. Passend zu seinen Thrillern ist er mit der Rechtsmedizinerin Saskia Etzold (geb. Guddat) verheiratet. Veit Etzold lebt mit seiner Frau in Berlin und Bremen.
Prof. Dr. Veit Etzold ist Autor von dreizehn SPIEGEL-Bestsellern. Sein erstes Buch schrieb er im Jahr 2008 mit Prof. Michael Tsokos, dem ehemaligen Chef der Berliner Rechtsmedizin, über spektakuläre Todesfälle in der Forensik. Bevor er zu schreiben anfing, war Etzold Banker, Strategieberater und Programmdirektor in der Management-Ausbildung. Heute arbeitet er als Thriller-Autor und Keynote Speaker. Passend zu seinen Thrillern ist er mit der Rechtsmedizinerin Saskia Etzold (geb. Guddat) verheiratet. Veit Etzold lebt mit seiner Frau in Berlin und Bremen.
Kapitel 2
Landeskriminalamt, Tempelhofer Damm, Berlin
Laura hatte in der Nacht schlecht geschlafen und war viel früher aufgewacht als sonst. Nur der schwache Schein des Morgengrauens war durch die halb geschlossenen Vorhänge gedrungen. Laura hatte noch eine Zeit lang im Bett gelegen und gegrübelt, warum sie so lange vor dem Weckerklingeln aufgewacht war. Normalerweise schlief sie gut.
Sie hatte dann aufrecht im Bett gesessen und ihren Kopf in ihre Hände gestützt. Die Ereignisse der vergangenen Nacht waren wie Schatten durch ihren Geist getanzt, doch sie waren viel zu schnell vor ihrem inneren Auge vorbeigezuckt, als dass sie sie hätte greifen können. Sie hatte irgendetwas geträumt, aber sie wusste nicht mehr, was. Nur an eine Stimme, die von fern kam, und an einen riesigen Wasserfall erinnerte sie sich. Was sollte das bedeuten?
Das Bett neben ihr war leer gewesen. Im ersten Moment kam ihr das ganz normal vor. Denn ihr Mann stand als Handwerker normalerweise über eine Stunde vor ihr auf. Nur dass er im Moment gar nicht zu Hause war und deshalb auch nicht auf seiner Seite des Bettes schlafen konnte.
Im Spiegel hatte sie in ihre geröteten Augen geschaut und sich gefragt, warum sie nicht schlafen konnte. Die Zeiten waren noch immer turbulent, hatte sie gedacht, ihr Mann saß in Untersuchungshaft, aber diese Unruhe, die jetzt in ihr wütete, war etwas Neues. Was war passiert?, hatte sie gedacht. Sie erinnerte sich nur bruchstückhaft. Ein lautes Geräusch … Schritte … und dann … Dunkelheit.
Sie hatte instinktiv eine Hand auf ihren Bauch gelegt. Ein Gefühl der Beklemmung hatte sie überkommen. Der Schlafmangel, hatte sie instinktiv zu sich selbst gesagt. Sie hatte das Badezimmerfenster geöffnet, um frische Luft zu atmen. Sie hatte den Garten draußen betrachtet, die frühherbstliche Natur und im Kontrast dazu ihr blasses Spiegelbild. Und sie hatte gemerkt, wie stark ihr Blick von einer unerklärlichen Müdigkeit gezeichnet war.
Jetzt stand sie mit ihrem Anwalt, Niels Frehse, genannt Freispruch Frehse, vor dem Eingang des LKA am Tempelhofer Damm. Gegenüber befand sich der frühere Flughafen Tempelhof, der mittlerweile ein riesiges Museum für was auch immer war, während sich das dahinterliegende Tempelhofer Feld zu einer Mischung aus Liegewiese, Drogenumschlagplatz und ungenutzter Fläche entwickelt hatte. Eine riesige Freifläche mitten in der Stadt, die sich Berlin trotz eklatanter Wohnungsnot nach wie vor leistete.
Zum Glück hatte Laura sich seit einiger Zeit vorgenommen, keine lokalen Nachrichten mehr über Berlin zu lesen, weil sie sich darüber sowieso immer nur ärgerte, ohne irgendetwas daran ändern zu können. Mediendiät oder News Detox nannte sie das, denn die meisten Nachrichten, die aus der Hauptstadt kamen, waren, wie fast alle anderen Nachrichten auch, ohnehin negativ und führten nur dazu, dass sie sich aufregte und sofort Mordfantasien gegenüber bestimmten Politikern entwickelte. Vor dem Hintergrund der letzten Nacht war es sicher eine gute Idee gewesen, dass sie nicht noch irgendwelche Horrornachrichten gesehen hatte. Sie hatte in irgendeinem Mindset-Kurs von dieser Mediendiät gelesen und musste zugeben, dass es ihr seitdem sehr viel besser ging.
Sie hatte ihren Social-Media-Konsum auf ihrem Smartphone und überhaupt auch ihren Internetkonsum stark gedrosselt. Hermann, der Coach der BWG, hatte in einem Seminar einmal eine Furcht einflößende Rechnung aufgemacht. »Rechnet einmal durch«, hatte er gesagt, »wie viele Stunden ihr pro Tag mit Medien, Facebook oder Fernsehen verwendet.« Bei den meisten waren es bestimmt drei Stunden pro Tag, und zwar dreihundertfünfundsechzig oder dreihundertsechsundsechzig Tage im Jahr, da die meisten am Wochenende oder im Urlaub keinesfalls weniger Medien, sondern eher noch mehr konsumierten. Pro Jahr waren das locker tausend Stunden. »Ein Arbeitstag hat acht Stunden«, hatte Hermann gesagt. »Jetzt teilt mal tausend Stunden durch acht.« Das waren dann sage und schreibe hundertfünfundzwanzig Tage! »Ihr habt«, hatte Hermann gesagt, »hundertfünfundzwanzig zusätzliche Arbeitstage, in denen ihr all das machen könnt, was ihr immer schon machen wolltet. Also kommt nicht mehr mit der Ausrede, ihr hättet nicht genug Zeit, um eure Ziele zu erreichen und eure Träume umzusetzen.« Die meisten in dem Seminar hatten schockiert und betreten dreingeschaut, würden aber wahrscheinlich nichts daran ändern. Das war halt das Problem der meisten Menschen: Sie waren Wissensgiganten, aber Umsetzungsdilettanten. Denn eigentlich wussten alle sehr gut, was zu tun war. Wie hatte es Jesus gesagt: Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun, dachte Laura. Umgekehrt konnte man auch sagen: Herr, vergib ihnen, denn sie tun nicht, was sie wissen.
Wozu Laura aber bisher keinen Abstand hatte gewinnen können, das waren SMS und andere Nachrichten. Sie war noch immer so konditioniert, dass sie wie ein pawlowscher Hund auf das Handy schaute, sobald es piepte und vibrierte, und sie musste auf Teufel komm raus in jede Nachricht schauen. Das war kein Wunder, denn die Gehirnareale, die bei einer SMS aktiviert wurden, waren die gleichen wie damals in der Steinzeit, wenn vor der Höhle der Säbelzahntiger brüllte.
Meistens waren es irgendwelche irrelevanten Grüße oder Wünsche von irgendwelchen Freunden, Bilder von Pflanzen, Kindern, Besäufnissen, überflüssige Silvesternachrichten oder auch bescheuerte Videos und Kurzfilme von Katzen und Hunden von irgendwelchen Bekannten oder Kollegen aus der Bank.
Sie dachte wieder an den Traum.
Die Stimme, der Wasserfall.
Doch diesmal war es etwas anderes.
Komischerweise kamen jetzt, mit etwas Abstand, die Bilder aus ihrem Traum zurück. Sie konnte den Traum immer deutlicher sehen. Manche beauftragten Coaches, um ihr Leben besser zu verstehen, weil die meisten Menschen, was ihr eigenes Leben anging, betriebsblind waren. Gab es so etwas wie Traumblindheit?
Die Bilder wurden noch klarer: Eine düstere und neblige Traumlandschaft erstreckt sich vor ihr. Alte, verfallene Gebäude ragen wie Schatten in den Himmel. Die Luft ist mit einer geheimnisvollen Stille erfüllt.
Sie ist in ein altes, zerschlissenes Kleid gehüllt. Sie schreitet zögernd durch die verlassenen Straßen, deren Pflastersteine von Moos überwuchert sind. Eine unerklärliche Melancholie liegt in der Luft. Und dann das Rauschen des Wasserfalls, obwohl nirgends ein Wasserfall zu sehen ist. Wo sollte, in diesen Straßen, auch ein Wasserfall sein, der ein solches Getöse verursachen könnte?
Im Hintergrund hört sie entferntes Lachen und Flüstern, als ob die Geräusche aus einer anderen Zeit kämen.
Sie setzt ihren Weg fort und erreicht einen alten Park, in dem die Äste der Bäume sich krakenhaft in den Himmel strecken. Der Mond wirft unheimliche Schatten auf den Boden. War es nicht eben Tag gewesen? Ist jetzt Nacht? Aber im Traum fragt man nicht nach Logik.
Sie dachte plötzlich an den Satz aus dem Film Matrix, den Timo mehrfach rezitiert hatte: Wenn du einen Traum hast, der dir vollkommen real erscheint, und du wachst aus diesem Traum nicht mehr auf – woher weißt du dann, ob es ein Traum ist oder Realität?
Plötzlich taucht eine dunkle Silhouette in der Ferne auf. Ein Mensch mit einem Umhang, der sein Gesicht verbarg. Laura spürt eine unerklärliche Furcht, doch sie kann sich nicht abwenden.
Wer bist du?, fragt sie.
Die Silhouette kommt näher, und die Gestalt enthüllt langsam ihr Gesicht. Es ist …
Mehr kam nicht.
Ein seltsamer Traum. Und dann noch die seltsame SMS von der Bank. Der Tag, der noch gar nicht allzu alt war, war auch so schon furchtbar genug gewesen. Sie hatte ein langes Gespräch mit Frehse geführt. Timo war noch immer in der Untersuchungshaft, und der Staatsanwalt war nicht bestrebt, ihn frühzeitig zu entlassen. Seiner Ansicht nach sprachen einfach zu viele Beweise gegen ihn, und aufgrund der Tatsache, dass Laura derzeit beruflich viel unterwegs war, befürchtete man, dass Timo mit Laura zusammen fliehen konnte. Das konnte doch wirklich nicht wahr sein, dachte Laura, dass ihr der Bankjob schon wieder einen Strich durch die Rechnung machte und ihr Mann anstatt bei ihr zu Hause in einer Zelle in der Untersuchungshaft am LKA am Tempelhofer Damm versauerte.
»Wir kriegen ihn schon raus«, hatte Frehse auf sie eingeredet, »aber eben nicht heute und vielleicht nicht morgen, aber wir kriegen das auf alle Fälle hin. Ich werde die Typen schon weichkochen.« Laura bewunderte Frehses Optimismus, aber das war schließlich auch sein Job. »Und dann«, hatte Frehse gesagt, »werden wir die verklagen, das wird richtig teuer für die.«
»Wir werden die verklagen?«, hatte Laura gefragt.
»Ja, natürlich«, hatte Frehse geantwortet, »die wissen doch genau, dass Timo Jacobs die Straftat nicht begangen hat, für die er in U-Haft sitzt. Da werden wir uns noch schön Entschädigungszahlungen holen für die Zeit, die er in U-Haft gesessen hat. So etwas machen die mit uns nicht noch einmal!«
Laura war in diesem Moment wieder heilfroh gewesen, dass sie einen üblen Kettenhund von Anwalt hatte, der zwar knapp tausend Euro pro Stunde wollte, aber dafür auch nicht irgendein gutmenschenartiger Pflichtverteidiger war, der vom Staatsanwalt schon im ersten Plädoyer abgebügelt wurde, sondern einer, der gewinnen wollte. Und der, hoffentlich...
Erscheint lt. Verlag | 1.10.2023 |
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Reihe/Serie | Die Laura-Jacobs-Reihe | Die Laura-Jacobs-Reihe |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Altersversorgung • Bad Banks • Bank • Bankangestellte • Bankerin • Berlin • Berlin Thriller • Bilanzmanipulation • Clara Vidalis • Deutscher Thriller • Die Filiale • Die Zentrale • Ehe • Ehekrise • Einschüchterung • Emanzipation • Ferienbuch • Fernbeziehung • Filialleiterin • Finanzbetrug • Finanzskandal • Geldwäsche • Geschenk für Männer • Großstadt • Intrige • Krimi deutsche Autoren • Krimi-Reihe • Laura Jakobs • Manipulation • Männerdomäne • Mord • Mordfall • Pendeln • Polit-Thriller • Psychothriller • Rente • SPIEGEL-Bestseller • Starke Frau • Thriller Action • Thriller Berlin • Thriller deutsche Autoren • Thriller Deutschland • Thriller-Fan • Thriller Neuerscheinungen 2023 • thriller reihe • Thriller Verschwörung • Thriller Wirtschaft • Undercover-Ermittlerin • Urlaubslektüre • Veit Etzold • Veit Etzold Laura Jacobs Reihe • Verschwörung • weibliche Ermittlerin • weibliche Heldin |
ISBN-10 | 3-426-46711-9 / 3426467119 |
ISBN-13 | 978-3-426-46711-4 / 9783426467114 |
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