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Unter Druck (eBook)

Der zweite Fall für Polizeitaucherin Svea Roth

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491483-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unter Druck -  Marc Jansen
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Fünf Fässer, tief in der Elbe versenkt. Und darin fünf Leichen - Der zweite Fall für Polizeitaucherin Svea Roth beginnt mit einer grausamen Entdeckung Bei einem Tauchgang in der Elbe entdeckt Polizeitaucherin Svea Roth fünf Fässer. Nach der Bergung finden die Beamten in jeder der Tonnen eine Leiche. Unter ihnen ist auch eine junge Frau, die Tochter von Reinhold Ziegler, alleinerziehender Vater und Mitglied in Sveas Tauchclub. Sie war Programmiererin, hatte jedoch in der letzten Zeit kaum noch Kontakt zu ihrer Familie. Warum mussten sie und die anderen Opfer auf so grausame Weise sterben? Svea Roth ist fest entschlossen, die Wahrheit herauszufinden - und gerät dabei selbst in tödliche Gefahr. Der zweite Fall für Polizeitaucherin Svea Roth und ihren Kollegen Jan Brixn

Marc Jansen ist das Pseudonym des Schriftstellers und Drehbuchautors Derek Meister. Er wurde 1973 hoch im Norden Deutschlands geboren und studierte Film- und Fernsehdramaturgie. Die Nordsee zog ihn schon als Kind magisch an, und noch heute findet er seine Inspirationen auf langen Wanderungen am Strand. Marc Jansen schreibt seine Krimis gerne bei Seewind oder im Strandkorb an der Elbe. 

Marc Jansen ist das Pseudonym des Schriftstellers und Drehbuchautors Derek Meister. Er wurde 1973 hoch im Norden Deutschlands geboren und studierte Film- und Fernsehdramaturgie. Die Nordsee zog ihn schon als Kind magisch an, und noch heute findet er seine Inspirationen auf langen Wanderungen am Strand. Marc Jansen schreibt seine Krimis gerne bei Seewind oder im Strandkorb an der Elbe.

2


»Ich versteh dich einfach nicht, Lizeth. Ernsthaft.« Svea Roth zog den Kühlschrank auf und holte ein Kühlpack heraus. Sie reichte es ihrer Schwester, die rauchend vor einem großen Käsekuchen am winzigen Küchentisch saß.

»Ich habe extra Mandeln draufgemacht«, wollte Lizeth vom Thema ablenken. »Die magst du doch so.«

Brummend schüttelte Svea den Kopf, nahm ein Brotmesser und setzte sich. Es ging auf dreiundzwanzig Uhr zu, und normalerweise hätte sie die späte Stunde für einen kleinen Schmaus nicht gestört – vor allem, wenn der Kuchen von ihrer Schwester kam –, doch Lizeths Blessuren verdarben ihr den Appetit. »Scheiß auf Mandeln, Lizeth. Wie lange willst du das noch hinnehmen? Hm?«

Widerwillig presste Lizeth das Beutelchen auf ihre zerschundene Stirn. »So schlimm war es nich’, Svea. Echt.«

»Nicht schlimm? Du kommst her und weinst? Und das ist nicht schlimm?«

»Jetzt hör ma’ auf. Ich …«

»Ich bin Polizistin. Wie soll ich da aufhören? Das Arschloch gehört in den Knast.« Svea spürte die Wut wie eine Springflut in sich hochbranden.

Eigentlich sollte ich dich rauswerfen, sofort rauswerfen! Oder am besten diesen Mistkerl anrufen. Ihm sagen, was als Nächstes passiert, wenn er dir noch mal wehtut.

Rauswerfen, weil du einfach zu dämlich bist und dich weiter schlagen lässt, oder … oder umarmen, weil du meine Schwester bist.

Ja, am liebsten hätte sie ihre Schwester so lange gedrückt, bis ihnen beiden – wie so oft – die Tränen kämen. Oder sie gepackt und augenblicklich aus dem Hausboot geworfen, einfach genommen und für immer aus ihrem Leben geschmissen.

Die Mischung aus Wut und Fürsorge machte Svea ganz kribbelig.

»Svea! Ben ist immer noch mein Mann. Außerdem … Er … Also, du kennst ihn doch. Er meint es nicht so …«

Svea schnitt den Kuchen an. »Ach, wie meint er es denn? Er meint es genau so, Lizeth … Er behandelt dich wie Müll. Das weißt du doch selbst. Und du nimmst ihn in Schutz.« Sie klatschte ihr ein Stück vom Kuchen auf den Teller, verzichtete aber selbst auf eines. Sie würde es nicht runterbringen. »Tut’s noch sehr weh?«

Lizeth schüttelte den Kopf, aß den Käsekuchen mit Mandelkruste, während sie unbeirrt weiter rauchte.

Seit Jahren redete sie auf Lizeth ein – doch es blieb immer beim Alten. Ein paar Monate ging es gut, dann fing ihr Mann wieder an, sie zu schlagen. Dieser Scheißkerl. Nur ihrer kleinen Schwester zuliebe erstattete sie keine Anzeige …

Zuliebe … Meiner Schwester zuliebe erstatte ich keine Anzeige?

Sekunde! Bei dem Widerspruch musste sie beinahe schreien.

Du zeigst ihn nicht an, weil Lizeth es nicht will.

Eigentlich hätte sie Ben am liebsten sofort eingebuchtet oder zumindest ein Verfahren gegen ihn eröffnet, aber das konnte sie ihrer jüngeren Schwester nicht antun. Erstens hatte sie ohne Lizeth nichts gegen ihn in der Hand, und zweitens, was viel schlimmer war: Wenn sie Lizeth vor diesem Idioten beschützte, gingen sie beide wahrscheinlich getrennte Wege. Und das wollte Svea auf keinen Fall riskieren. Lizeth war alles, was ihr an Familie noch geblieben war.

Gemeinsam waren sie in Kolumbien aufgewachsen. Sie verband eine Kindheit im Paradies, der weiße Strand unweit von Santa Marta, die romantische Tauchschule, die türkisblaue Karibik – bevor das Paradies brutal zerstört und ihre Mutter umgebracht worden war. Dann der Start in einem fremden Land, in einer kühlen Großstadt im verhangenen Norden Deutschlands, in Hamburg, der Stadt, in die sie mit ihrem Vater heimkehrten – oder wie es die zwölfjährige Svea noch lange empfinden sollte: ausgewandert waren.

Das Paradies, die Hölle und der Neuanfang. All das hatte die beiden Schwestern über Jahre zusammengeschweißt. Umso trauriger war es für Svea, mit anzusehen, dass Lizeth ihr Leben immer weniger im Griff hatte. Im Gegensatz zu ihr hatte Lizeth die Schule geschmissen, ziemlich viele falsche Freunde kennengelernt und noch falschere Männer. Und schließlich ihre große Liebe … Und diese Liebe auch noch geheiratet.

Lizeth hatte immer Kinder haben wollen, aber keine bekommen können. Ihr Mann verdiente als Einkäufer bei einer mittelständischen Firma ganz gut, während sie sich aufopfernd um das Häuschen am Stadtrand kümmerte und für die halbe Siedlung backte. Lizeth war eine echte Könnerin, was Kuchen und Torten anbelangte, das musste Svea zugeben. Sie nahm an, dass ihre Schwester sich in diese Spießbürgeridylle zurückgezogen hatte, weil sie fürchtete, wieder ziellos durchs Leben zu streunen. Doch dieses Dasein im Einfamilienhaus, mit einem Mann, der viel zu oft seine Aggression nicht unter Kontrolle hatte, kam Svea schlimmer als ein Gefängnis vor.

Lizeth aß ihren Kuchen. Eine nachdenkliche Stille legte sich zwischen die beiden, eine Stille, die Zähne hatte. Endlich nahm sich Svea auch ein Stück, während die Ruhe wie ein verwundetes Tier zwischen ihnen lag und sie musterte: nicht sicher, ob sie angreifen oder einfach sterben sollte.

Sveas strich sich eine Strähne ihrer roten Haare aus dem Gesicht. Ihr Blick fiel durchs Bullauge ihrer winzigen Küche, die sie in den leuchtenden Farben Kolumbiens gestrichen hatte. Der Eilbekkanal floss draußen unberührt der Nacht entgegen. Nur das Klappern des Bestecks und das Knarzen des Hausboots, wenn es an den Reifen scheuerte, die es vor der Mole schützten, waren zu hören.

Irgendwie hat Ben uns beide in der Hand. Lizeth und mich. Lizeth unmittelbar durch seine Gewalt, dachte Svea, und mich, weil ich es mir nicht mit meiner Schwester verscherzen will.

Sie versuchte, nicht mehr auf Lizeth sauer zu sein, und spürte dem phantastischen Geschmack des Käsekuchens nach. Es half nicht.

Eine Minute später legte Svea entschlossen die Gabel beiseite. »Ich kann das wirklich nicht mehr. Ich kann nicht einfach mit dir hier Kuchen essen und dich gleich wieder zu ihm lassen! Pass auf, Lizeth. Wir machen einfach Folgendes.« Sie packte ihren Teller in die Spüle und nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. »Wenn er dich noch einmal verletzt, dann zeige ich den Arsch an. Ohne Wenn und Aber. Das ist mein Ernst. Hast du verstanden? Ich zeig Ben an. Hauptsache, du kommst weg von dem – egal, ob du dann noch mit mir sprichst! Und ich werde ihn, wenn du nachher gegangen bist, anrufen und ihm genau das sagen. Ich sag ihm das.«

»Spinnst du? Das kannst du nich’ bringen.«

»Klar bring ich das. Und das hab ich dir auch schon tausendmal gesagt.«

»Wehe! Wehe du machst das, Svea!« Drohend hob Lizeth ihre Gabel. In ihrer Stimme klang Angst mit. »Ben, der … der haut doch ab! Oder … oder schmeißt mich raus. Und dann …«

Svea wollte schon antworten, dass das doch das Beste für Lizeth wäre, biss sich aber auf die Lippe. Sie zwang sich, wieder ruhig zu werden, vernünftig zu wirken.

Du bist die große Schwester, sei ruhig und besonnen …

»Lizeth, er weiß genau, was er tut. Und ganz ehrlich, ich weiß nicht, warum du die ganzen Jahre noch bei ihm geblieben bist. Anfangs dachte ich wirklich, du hättest eine Superentscheidung getroffen, und du warst so glücklich. Die Hochzeit, das Haus … Ich meine … Schau dich doch bitte mal an, Lizeth. Du kommst einmal im Monat her, weil er dich missbraucht.«

Es war lange her, seitdem Svea so offen mit ihrer Schwester gesprochen hatte. Aber sie verstand wirklich nicht, wieso Lizeth so viel für diesen Idioten empfand, dass sie all diese Qualen ertrug. Ben konnte ein charmanter Kerl sein, aufgeschlossen und sprühend vor Ideen – und dann gab es wieder Wochen, in denen ein falsches Wort reichte.

Wieso ertrug sie das alles nur?

»Weil ich ihn liebe.«

»Was?«

Lizeth zog die Packung Zigaretten aus ihrer Jeans. »Du hast dich doch gerade gefragt, warum ich die ganzen Jahre bei ihm geblieben bin. Ich sag dir, wie es ist.« Nervös zog sie eine Zigarette heraus und stippte damit auf der Packung herum. »Weil … weil ich liebe ihn … Ich … Ich weiß auch nicht. Ohne Ben bin ich einfach verdammt einsam.« Sie zündete ihre Zigarette an und zog daran, als würde sie ihr Halt geben. »Ich bin so verflucht einsam. Svea. So allein. Verstehst du das?«

»Klar. Klar versteh ich das.«

»Nein. Ich meine nicht einfach alleine. Ich meine richtig einsam.« Sie nahm noch einen Zug. »Wenn die Einsamkeit so ein leeres Ding ist, so was Eisiges wie das hier.« Sie nickte zum Kühlpack. »Nur tausendmal kälter, und du erfrierst bei lebendigem Leib. Die Art von Einsamkeit mein ich.«

Die Einsamkeit, die sich wie tausend Meter Wasser auf deine Brust legt und dir den Atem raubt.

Svea schluckte. Ja, diese Einsamkeit kannte sie. Doch sie schwieg.

Seit dem Tod ihrer Tochter und der Trennung von Lars fühlte sie sich jeden verdammten Abend nach der Arbeit einsam. Zutiefst einsam. Isoliert von der Welt. Wie herausgeschnitten aus dem Leben der anderen.

Da halfen auch Chips und Fernsehen nichts. Und gute Bücher meistens auch nicht.

Manchmal saß sie stundenlang an Deck, sah sinnlos auf den Kanal und wünschte sich, sie hätte mehr Elan. Sie könnte wieder wie damals, als sie dreiundzwanzig, vierundzwanzig gewesen war, einfach in eine Disco gehen oder in eine Kneipe und jemanden kennenlernen.

Aber irgendwie war das nicht mehr so einfach wie früher.

»Ich meine, wenn ich mich so umsehe … Svea, du bist doch auch einsam. Und so einsam wie du, entschuldige, aber so einsam … also das will ich nicht werden. Da bin ich...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2024
Zusatzinfo s/w-Vignette
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte besondere Ermittlerin • Derek Meister • Elbe • Forensik • Hamburger Hafen • Jan Brixn • Knisternde Spannung • LKA-Ermittler • LKA Hamburg • Mafia/Unterwelt • Moderne Krimiliteratur • Notruf Hafenkante • Polizeiarbeit • Polizeitaucherin • Spurensicherung • Svea Roth • Tauchclub • wapo • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-10-491483-4 / 3104914834
ISBN-13 978-3-10-491483-1 / 9783104914831
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