Der frühe Vogel (eBook)
236 Seiten
Piper Verlag
978-3-377-90000-5 (ISBN)
Manuela Sanne wuchs in Höxter an der Weser auf. Sie lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Dort arbeitete sie 30 Jahre als Buchhändlerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Nach Kinderbüchern und Liebesromanen (Viola Sanden) verbindet sie nun als Autorin humorvoller Nordsee-Krimis drei große Leidenschaften: Schreiben, Katzen - und die Nordseeküste als liebstes Urlaubsziel.
Manuela Sanne wuchs in Höxter an der Weser auf. Sie lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Dort arbeitete sie 30 Jahre als Buchhändlerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Nach Kinderbuch-Veröffentlichungen und Liebesromanen (unter dem Pseudonym Viola Sanden) verbindet sie nun als Autorin der humorvollen Nordsee-Krimis um Hobbyermittlerin Rosa Fink drei große Leidenschaften: Schreiben, Katzen – und die Nordseeküste als liebstes Urlaubsziel.
2
Stolperfalle
So ungemütlich hatte Polizeikommissar Florian Drossel sich seinen Start in die Woche nicht vorgestellt. Schlimm genug, dass es bei Dienstantritt um sieben Uhr im Wachraum saukalt war, weil die Heizung streikte. Zudem musste sich just an diesem Morgen ein Todesfall ereignen, noch vor dem Frühstück. Mit Bedauern dachte er an das Schinkenbrötchen, von dem er nur einmal abgebissen hatte, und an die dampfend heiße, starke Ostfriesenmischung zum Aufwärmen. Nun würde das Brötchen zäh und der Inhalt des großen Henkelbechers zu Eistee werden. Schade drum. Mit einem letzten Seufzer hakte Florian das entgangene Frühstück ab. Er war im Streifendienst und somit Kummer gewohnt. Man gehörte immer zu den Ersten, die am Ort des Geschehens eintrafen, und musste des Amtes walten – auch auf nüchternen Magen. Erschwerend kam heute hinzu, dass er mit dem unerfahrenen Küken Valentina Sprenger unterwegs war. Tina, wie seine neue Kollegin genannt werden wollte, war Anfang zwanzig und Kommissaranwärterin, was wiederum bedeutete, dass er als der um fast zehn Jahre ältere Vorgesetzte endlich einmal die Verantwortung trug.
Florian wollte keinen Fehler machen. Er strebte einen Wechsel zur Kripo an, da kam eine Tote nicht ungelegen. Im Gegenteil, er betrachtete sie als Chance. Selten genug durfte er beweisen, was er konnte. Jetzt oblagen ihm so wichtige Aufgaben wie den Unfallort abzusperren und den Leichnam zu sichern. Tina hatte er angewiesen, die Personalien der umstehenden Personen festzustellen. Nur für den Fall, dass Ermittlungen notwendig wären – was er aus einem bestimmten Grund für nicht ausgeschlossen hielt. Der Grund hieß Fink. Rosa Fink. Sein Blick schweifte zu der Frau, die wie festgewachsen mitsamt ihrem Damenrad vor dem Absperrband verharrte. Eine rundliche Mittvierzigerin mit sommersprossiger heller Haut und wachen blauen Augen. Ihre rotblonden Locken lugten vom Wind zerzaust unter dem Helm hervor. Mit beiden Händen hielt Rosa den Lenker umklammert und starrte angestrengt in Richtung Mülltonne. Florian wusste, dass sie ein wenig kurzsichtig war, aber auf eine Sehhilfe verzichtete. Wahrscheinlich konnte sie kaum etwas erkennen. Daran hätten aber weder eine Brille noch Kontaktlinsen viel geändert, da die Müllbehälter praktischerweise einen natürlichen Sichtschutz bildeten.
Obwohl Florian durchaus Sympathie für die nette Chefin seiner Herzensfrau hegte, wollte er sie schnell loswerden. Ihre Anwesenheit irritierte ihn, denn es handelte sich bereits um die zweite Tote, bei deren Fund sie zugegen war. Die erste war nicht so frisch gewesen wie Heidrun Paulsen, ihr Ableben lag eine Weile zurück. Kollegen hatten ihre sterblichen Überreste vor anderthalb Jahren exhumiert – im Beisein von Rosa Fink nach einem entsprechenden Hinweis ihres geschiedenen Mannes. Nur ein paar Monate später waren die inzwischen wieder verheirateten Eheleute Fink mit einem Mafia-Fall an ihn herangetreten, bei dem die Polizei unbedingt außen vor bleiben sollte. Dank seiner ebenso diskreten wie kreativen Mitwirkung hatte Schlimmeres verhindert werden können. Und nun kreuzte Rosa Fink hier auf – mit Grünkohl für eine Leiche. Womöglich ein schlechtes Omen.
»Was ist denn passiert?«, versuchte Rosa in Erfahrung zu bringen.
Er tat so, als hätte er die Frage überhört – es half nichts.
»Ist sie unglücklich gestürzt? Und wirklich tot?«
»Sieht so aus. Ja, sie ist tot.« Florian bereute seine Mitteilsamkeit noch in derselben Sekunde. Abwehrend verschränkte er die Arme vor der Brust und stellte klar: »Rosa, ich darf dir keine Auskunft geben. Das weißt du doch, schließlich war dein Mann lange genug bei der Polizei. Ich muss dich bitten, unsere Arbeit nicht zu behindern. Wir sehen uns. Schöne Grüße an Sebi!«
Rosa ignorierte den Wink mit dem Zaunpfahl. »Wie furchtbar. Weiß Joline schon Bescheid?«, fragte sie.
Die einzige Joline, die Florian kannte, war das Punkmädchen aus Oldenburg mit der schlumpfblauen Igelfrisur, das bei der Kohlfeier im Pensionsrestaurant bedient hatte. »Joline?«, wiederholte er. »Eure Aushilfe?«
Rosa bestätigte seine Annahme durch ein Nicken. »Ja, richtig. Heidrun Paulsen ist … war ihre Großtante«, erklärte sie. »Die beiden standen sich sehr nah. Du musst sie benachrichtigen. Ich habe ihre Nummer im Handy gespeichert, einen Moment.«
Während Rosa in ihrer Jackentasche kramte, hob Florian die Polizeimütze ein Stück an, um sich darunter ausgiebig zu kratzen. Doch der Juckreiz ließ nicht nach. Aus Erfahrung wusste er, was das bedeutete: Seine Kopfhaut juckte, weil ihn die Situation stresste. Nun war auch noch die nette Joline involviert, der er während der Feier den Spitznamen Schlumpfine verpasst hatte. Hastig gab er Tina ein Zeichen und informierte Rosa: »Meine Kollegin nimmt die Kontaktdaten auf. Es gibt genug anderes, um das ich mich kümmern muss.«
Tina eilte prompt herbei, hatte seine Geste aber offensichtlich als Hilferuf missverstanden. Die zierliche Anwärterin baute sich vor der wesentlich stabileren Rosa auf und blaffte: »Brauchen Sie einen Platzverweis? Ist hiermit erteilt.«
Verblüfft registrierte Florian, über welch gewaltiges Stimmpotenzial das Küken verfügte. Warum zur Hölle geriet er immer wieder an dermaßen forsche Kolleginnen? Nicht mehr lange, und auch Valentina Sprenger würde ihn unterbuttern. Wie früher die Venske und aktuell die Langhof … genau genommen wie alle Polizistinnen, mit denen er beruflich zu tun hatte. Mit den männlichen Kollegen kam er gut klar. Die störten sich nicht an seinem Comedy-Kanal ERDROSSELT, aber sobald Frauen in Uniform von seinem Hobby mit den YouTube-Videos erfuhren, nahmen sie ihn nicht mehr ernst. Die humorlose Venske hatte wegen der lustigen Polizeifilmchen seine Versetzung vorangetrieben. Polizeioberkommissarin Karen Langhof, seine neue Vorgesetzte in Varel, sah das Ganze entspannter, sprang jedoch nicht weniger respektlos mit ihm um als die Venske.
Rosa zeigte sich unbeeindruckt von Tinas Anraunzer und klärte das Missverständnis schnell. Nach einem Blick zur Toten, neben der immer noch einer der Notfallsanitäter kniete und erfolglos versuchte, den aufdringlichen Vogel wegzuscheuchen, überließ er die beiden Frauen sich selbst. Er ging zum Rettungswagen, um dort auf das Eintreffen des Arztes zu warten. Für Frau Paulsen kam jede Hilfe zu spät, aber ihr Tod musste ärztlicherseits offiziell festgestellt und ein Totenschein ausgestellt werden. Die Todesursache schien hier der Sturz zu sein, oder vielmehr der Aufprall des Hinterkopfes an der Bordsteinkante. Den Unfallhergang galt es noch zu klären. Möglicherweise war sie über die losen Schnürsenkel ihrer klobigen Boots gestolpert. Für die Stolperfallentheorie sprach einiges. Fremdverschulden konnte man wohl ausschließen. Aber egal, tat Florian das leise Bedauern darüber, dass hier keine anspruchsvolle Ermittlungsarbeit zu erwarten war, mit einem Achselzucken ab. Nach dem Wechsel zur Kripo würde er sich mit echten Kapitaldelikten beschäftigen. Mord und Totschlag machten auch vor einer beschaulichen Kleinstadt in Friesland nicht Halt.
Sebi nutzte das gute Wetter, um die Terrasse der Pension Zum Jadebusen auf Vordermann zu bringen. Nach dem langen Winterschlaf sollte sie zu Ostern in frühlingsfrischem Glanze erstrahlen. Beim Kärchern der robusten sandfarbenen Bodenfliesen hatte er den Tipp aus dem Baumarkt beherzigt und einen fugenschonenden Flächenaufsatz verwendet. Nun standen die Außentische und -stühle wieder an ihren Plätzen, ebenso die Kübel mit den winterharten Pflanzen. Rudi und Ruby waren vor dem lauten Hochdruckreiniger auf den Hof geflüchtet, wo sie auch jetzt noch verschreckt im Schutz der Hecke kauerten. Das Hoftor stand offen, aber die Katzen zeigten zum Glück keinerlei Interesse am Herumstreunen. Sie waren menschenbezogen wie Hunde, und wenn die beiden sich draußen aufhielten, blieben sie in ihrem Revier. Als dieses betrachteten sie neben dem Garten hinter dem Anbau, in dem Rosa und Sebi wohnten, die Terrasse und den Hof der Pension.
Rundum zufrieden mit seinem Werk befreite Sebi die große Sitzmuschel von ihrer Schutzhülle und ließ sich wohlig seufzend in die Polster sinken. Eine Pause hatte er sich verdient, bevor er mit den Blumenkästen weitermachte. Zum ersten Mal seit Beginn der Reinigungsaktion schaute er auf die Uhr und stellte erstaunt fest, dass über zwei Stunden vergangen waren. Rosa hätte längst...
Erscheint lt. Verlag | 29.6.2023 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Rosa Fink |
Ein Fall für Rosa Fink | Ein Fall für Rosa Fink |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Bücher für den Sommer • Bücher für den Strand • Bücher für den Urlaub • Cosy Krimi • Dangast • Detektivin • Foodsharing • Frauen ab 40 • Frauenkrimi • heiterer Krimi • Hobbydetektiv • Hobbyermittler • Humor Bücher • Jadebusen • Katzen-Krimi • Krimi mit Katzen • Kriminalroman • Krimis mit Humor • Krimödie • Küsten-Krimi • Laienermittler • Lebensmittel retten • Mamma Carlotta • Nordsee-Roman • Regio-Krimi • Regionale Krimis • Wattenmeer • weibliche Ermittlerin |
ISBN-10 | 3-377-90000-4 / 3377900004 |
ISBN-13 | 978-3-377-90000-5 / 9783377900005 |
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