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Kräheninsel (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
536 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-30349-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kräheninsel - Samuel Bjørk
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Der neue Thriller von SPIEGEL-Bestsellerautor Samuel Bjørk.
Auf einer norwegischen Insel verschwindet ein Junge spurlos. Drei Jahre später steht sein Name im Blut eines Mädchens ...
Mia Krüger hat der Osloer Polizei den Rücken gekehrt und sich auf die kleine Insel Hitra zurückgezogen. Zu sehr haben sie die letzten Fälle aufgerieben. Doch auch auf der beschaulichen Fischerinsel lässt das Verbrechen Mia nicht los, und sie bittet ihren befreundeten Kollegen Holger Munch um Mithilfe: Drei Jahre nachdem der achtjährige Jonathan Holmen spurlos verschwand, erschüttern erneut rätselhafte Ereignisse die Inselgemeinschaft. Erst hängen am Altar der Kirche drei tote Krähen. Dann wird in einem alten Boot die grausam zugerichtete Leiche eines Mädchens gefunden - und in der Blutlache steht ein Name geschrieben: Jonathan ...

Hinter dem Pseudonym Samuel Bjørk steht der norwegische Autor, Dramatiker und Singer-Songwriter Frode Sander Øien. Er veröffentlichte zwei hochgelobte Romane sowie sechs Musikalben, bevor er seinen ersten Thriller »Engelskalt« schrieb, den Auftakt zu seiner international erfolgreichen Bestsellerreihe um den Kommissar Holger Munch und seine Kollegin Mia Krüger.

• 6 •


Hannah Holmen schaute sich ein letztes Mal um, ehe sie nach der Klinke fasste. Psychologe Fabian Stengel. Als sie das erste Mal hier gewesen war, hatte sie sich geschämt, und sie schämte sich noch immer ein bisschen. Nicht, weil sie es so schlimm fand herzukommen, sondern wegen des vielen Geredes hier draußen. Auf Hitra. Es war einfach so ein kleiner Ort, mit neugierigen Menschen. Und wenn hier in den letzten Jahren über jemanden geredet worden war, dann ja wohl über ihre Familie.

Hannah Holmen, große Schwester.

Jonathan Holmen, kleiner Bruder.

Drei Jahre war es her, und es hatte überall wehgetan. Sie hatte fast ihr Kleid nicht anziehen können. Ihre Füße hatten die Pedale am Fahrrad nur mit Mühe durchtreten können, als wäre ihr Körper hundert Kilo schwer.

Sie war zu früh gewesen, fast eine ganze Stunde, hatte auf einer Bank im Schatten hinter dem Kulturhaus gesessen, in der Hoffnung, dass niemand sie entdecken würde.

Elf Jahre.

So alt wäre er jetzt.

Hannah ging die Treppe hoch und setzte sich in einen der hellen Sessel. Das Wartezimmer war leer. Darauf legte er Wert, dieser Fabian Stengel, ihm war klar, wo er als Psychologe arbeitete und wer hier draußen auf der kleinen Insel wohnte. Niemand hatte Lust, die Nachbarn oder die Mutter von Leuten aus der Klasse im Wartezimmer zu treffen, deshalb ließ er zwischen den Terminen immer ausreichend Zeit.

Einmal … Ja, also, das war Klatsch, und Hannah mochte eigentlich keinen Klatsch, aber es war doch zu geil, um es für sich zu behalten. Einmal, als sie auf ihren Termin wartete, stand eine Tasche auf dem Boden, eine sehr exklusive. Und sie hatte nur gedacht: Hä? Wer hier draußen hat denn eine Birkin Bag von Hermès? Diese Taschen sind doch schweineteuer! Und in diesem Moment war die Tür aufgegangen, und wer hatte sich dort herausgeschlichen?

Cynthia Prytz.

Danach hatten sie herzlich darüber gelacht, zu Hause bei Sylvia, dem einzigen Ort, wo es zurzeit auszuhalten war. Jessicas Mutter war ja verrückt, es war kein Wunder, dass Jessica so geworden war, wie sie eben war. Und zu Hause bei Hannah selbst war es so still, dass sie fast nicht atmen konnte.

»Cynthia Prytz? Echt??« Jessica hatte noch lauter gelacht als sonst, und Sylvia hatte so große Augen gemacht, dass es aussah, als ob sie ihr gleich aus dem Kopf kullern würden.

»Beim Psychologen?«

Mit Handschuhen, Sonnenbrille und einem um den Kopf gebundenen Schal, als wäre sie ein Filmstar aus alten Zeiten; mit einem Räuspern hatte sie sich in ihrem teuren roten Marni-Mantel zum Ausgang geschlichen.

Hannah hatte sich nichts anmerken lassen, aber sie hatte sehen können, dass sich die Milliardärsgattin schämte.

Cynthia Prytz.

Die Frau von Henry Prytz.

Die Mutter von Alexander und Benjamin Prytz.

Die feinste Familie auf der Insel.

»Da siehst du’s«, hatte Jessica gesagt. »Geld ist keine Hilfe. Es macht dich nur unglücklich.«

Sie hatten genickt. Keine von ihren Familien hatte viel Geld, natürlich nicht, und deshalb war es fast ein gutes Gefühl, dass diese Leute zwar Ferrier-Uhren, Lamborghinis, einen Pool und einen eigenen Stall mit Warmblütern hatten, dass es aber trotzdem Dinge gab, über die mit dem Psychologen gesprochen werden musste.

Und da hatte Jessica es gesagt. Sie hatte die Stimme gesenkt und die anderen gebeten, näher zu kommen. Sie hatten dicht beieinander auf dem rosa Teppich gesessen.

Ich weiß was über sie. Flüsternd, mit Ernst in den Augen. Geheimnisse.

Sie waren natürlich ungeheuer neugierig geworden, aber Jessica hatte sich geweigert, mehr zu sagen, war sich nur mit dem Finger über die Lippen gefahren, wie bei einem Reißverschluss. Ich wage gar nicht, daran zu denken, was passiert, wenn es rauskommt, mehr sag ich nicht.

»Hannah?«

Plötzlich stand der Psychologe da. Er lächelte, und dann saß sie in seinem Sprechzimmer, und es war ein gutes Gefühl, denn sie fühlte sich hier sicherer, hinter der geschlossenen Tür.

Sie hatte beim ersten Mal gedacht, das hier sei, wie in eine andere Welt zu kommen. Ruhig. Geborgen. Es gab keinen Schreibtisch und auch keine Couch, auf der sie liegen musste. Davor hatte sie sich gefürchtet. Sie saßen einander gegenüber in beigen Ledersesseln. Der Teppich, auf dem die Sessel standen, war weiß und unglaublich weich. Ein Bücherregal lehnte an der einen Wand, nicht überfüllt, es enthielt nur ein Dutzend Bücher, nach Farben sortiert.

Sie fühlte sich hier drinnen unglaublich wohl. So wohl, dass sie fast ein schlechtes Gewissen hatte.

Ich wünschte, ich könnte für immer hierbleiben, müsste nie wieder nach Hause gehen.

In das tote Haus.

Zu dem toten Blick.

Zu Mama.

Die so lebendig gewesen war.

Die ihr großes Vorbild gewesen war.

Jetzt aber nur noch ein verschrumpeltes Gespenst.

Bewegungslos auf dem Wohnzimmersofa.

Nicht ein Laut.

Nirgendwo.

»Wie geht es dir, Hannah?«

Sie verdrängte die schmerzhaften Gedanken.

»Es geht gut«, sagte Hannah und zog die Beine unter sich auf den Sessel.

»Und deiner Mutter, wie geht es ihr?«

»Alles beim Alten.«

»Sie spricht noch immer nicht?«

Hannah schüttelte den Kopf.

»Heute ist ein besonderer Tag, nicht wahr? Möchtest du darüber reden?«

Sie überlegte, merkte, dass sie eigentlich keine Lust hatte.

Der 16. Juli. Drei Jahre seit dem Verschwinden.

Sie hatte gehofft, sie und ihre Mutter könnten zusammen hingehen.

Zu der Stelle, wo er zuletzt gesehen worden war.

Aber nein.

Sie war allein mit dem Rad hingefahren.

Wie voriges Jahr.

Hatte unterwegs Blumen gepflückt.

»Muss ich?«, fragte Hannah schließlich und hoffte, der Kloß im Hals, den sie auf der Herfahrt verspürt hatte, werde nicht in Form von Tränen herauskommen.

»Nein, nein, natürlich nicht. Du entscheidest. Das hier ist dein Raum. Wir können über alles Mögliche reden.«

Sie war anfangs skeptisch gewesen, wie gesagt. Der Psychologe. Sie hatte alles an ihm blöd gefunden. Den Namen. Wer hieß denn wohl Fabian Stengel? Das hörte sich doch an wie eine Figur aus einem Kinderbuch. Und wer zog sich so an? Hemd und Weste? Brille mit dickem schwarzem Rahmen. Leitete er etwa eine Galerie? Glaubte er, er wohne in New York? Das waren eigentlich nicht ihre Gedanken, aber so wurde draußen über ihn gesprochen, im Café im Einkaufszentrum oben beim Bowling. Ich-bezogen, überlegen, eingebildet, wofür hält der sich eigentlich?

Aber Fabian hatte sich als alles andere als ich-bezogen und überlegen entpuppt. Er war einfach lieb, wirklich. Hörte zu. Mit freundlichen Augen. Und er war ja alt, sicher über vierzig, aber etwas an ihm gab ihr trotzdem das Gefühl, dass sie auf irgendeine Weise zusammengehörten.

Es war ihr beim ersten Mal einfach so herausgerutscht, aus Versehen, sozusagen. Sie war in der Bibliothek gewesen und hatte sich dort ein Buch von Haruki Murakami ausgeliehen, Norwegian Wood. Sie hatte wach unter der Decke gelegen, bis sie fertig war, total erschlagen davon, wie schön dieses Buch war.

»Manchmal komme ich mir einfach so vor wie das Mädchen in Norwegian Wood«, das war ihr einfach so herausgerutscht.

Er hatte ein wenig überrascht gelächelt.

»Ach, du hast Murakami gelesen?« Neugierig beugte er sich in seinem Sessel vor. »Wie meinst du das? Auf welche Weise bist du ihr ähnlich, was meinst du?«

Sie hatte sich auf die Lippe gebissen, denn es war so ungewohnt gewesen, jemandem erzählen zu sollen, woran sie dachte.

»Na ja, sie ist so traurig. Und dann weiß sie eigentlich nicht so richtig, warum eigentlich.«

Bei ihrem nächsten Besuch hatte ein Buch auf der Armlehne gelegen.

»Für dich«, hatte er lächelnd gesagt.

»J. D. Salinger?«

»The Catcher in the Rye. Das handelt zwar von einem Jungen, aber auch davon, anders zu sein. Sich in der Welt, die uns zugeteilt worden ist, nicht zu Hause zu fühlen. Lies das, wenn du möchtest. Ich bin gespannt auf deine Meinung.«

Wie gut, dass jemand sie ernst nahm. Ein Erwachsener, dem sie etwas erzählen konnte.

Mit dem sie ihre geheimsten Gedanken teilen konnte.

»Wie gesagt«, fuhr Fabian fort, »wir können über diesen Tag als etwas ganz Besonderes reden, oder wir können ihn als normalen Tag behandeln. Willst du das, sollen wir über etwas anderes reden?«

Hannah nickte und fühlte sich bereits besser. Der Kloß war jetzt kleiner, fast schon verschwunden.

»Jetzt hast du das erste Jahr in der Oberstufe hinter dir, oder? Möchtest du darüber reden? Weißt du schon, wie es für dich weitergehen soll? Willst du denn die Schule hier fertig machen, oder denkst du noch immer an Trondheim?«

Eine eigene Bude. In der Stadt. Weit weg von allem hier.

Sie hatte in letzter Zeit oft wach gelegen, sich den Kopf zerbrochen, war aber zu dem Schluss gekommen, dass das nicht gehen würde.

Sie konnte sie nicht verlassen.

Mama.

Konnte es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, sie allein in dem toten Haus sitzen zu lassen.

»Ich weiß nicht so genau.«

»Okay. Was ist mit deinen Freundinnen? Bleiben die hier, oder denken sie vielleicht auch an andere akademische Möglichkeiten?«

Hannah musste jetzt ein wenig lächeln.

Jessica und Sylvia. Doch, sie waren enge Freundinnen, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine von denen akademisch genannt werden könnte. Sie wussten...

Erscheint lt. Verlag 21.2.2024
Reihe/Serie Holger Munch und Mia Krüger
Holger Munch und Mia Krüger
Übersetzer Gabriele Haefs
Sprache deutsch
Original-Titel Hitra
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • eBooks • Erstmals auf Deutsch • Hitra • kommissar munch • Mia Krüger • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • Norwegen • Serienmörder • Skandinavien Krimi • spannende Bücher • SPIEGEL-Bestsellerautor • Thriller
ISBN-10 3-641-30349-4 / 3641303494
ISBN-13 978-3-641-30349-5 / 9783641303495
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