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Mord zur Teestunde (eBook)

Kate Shackleton ermittelt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
400 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-3712-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord zur Teestunde - Frances Brody
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Kate Shakleton ist mehr als überrascht, als eines Morgens eine unbekannte Frau vor ihrer Tür steht. Es ist niemand anderes als ihre Schwester Mary Jane, von deren Existenz sie bis dato gar nichts wusste. Und damit nicht genug! Mary Janes Ehemann Ethan ist verschwunden, und sie fürchtet, dass er einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Daher bittet sie die Amateurdetektivin um Hilfe. Bei ihren Nachforschungen wird Kate schnell klar, dass Ethan als Gewerkschaftsaktivist für reichlich böses Blut gesorgt hat. Und nicht nur das: Offenbar gibt es viele, die ihm den Tod wünschen. Natürlich setzt Kate wieder alles daran, den Fall aufzuklären ...



<p>Frances Brody ist das Pseudonym einer preisgekrönten britischen Autorin von Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Nach einem längeren Aufenthalt in den USA kehrte sie nach England zurück, wo sie an verschiedenen Universitäten Englische Literatur, Geschichte und Kreatives Schreiben unterrichtet. Heute lebt sie wieder in Yorkshire.</p>

Eins


Der Eisenbahnwagen ruckelte, sodass ich nach vorn fiel. Blitze zuckten herab, als der Waggon umkippte. Mit einem stummen Aufschrei tastete ich nach einem Halt. Das Kreischen der Bremsen weckte mich jäh. Ich öffnete die Augen und stellte fest, dass ich im Bett lag und die Reise von King’s Cross nach Leeds seit Stunden hinter mir und heil überstanden hatte.

Was mich geweckt hatte, war ein hartnäckiges, lautes Klopfen an meiner Haustür. Da mein Schlafzimmer sich im hinteren Teil des Hauses befindet, mit Blick zum Wald, musste derjenige, der mich aus dem süßen Schlummer gerissen hatte, den Klopfer betätigen, als wollte er mir mitteilen, dass das Haus brannte.

Die Uhr auf meinem Nachttisch sagte mir, dass es vier Uhr am Morgen war. Sookie hatte sich meinen Morgenmantel zu einem Kissen zusammengeknautscht und nahm es nicht gut auf, dass ich ihn unter ihr fortzog. Eine unangenehme Störung für eine Katze von solch zartem Gemüt.

Unten an der Treppe stieß ich mir den Zeh an meinem Reisekoffer, den der Taxifahrer am vergangenen Abend dort abgestellt hatte. Ich schaltete das Licht ein.

Dann schloss ich die Tür auf, öffnete und spähte hinaus in die Dunkelheit, wobei ich mit irgendeinem Unglücksboten rechnete.

Im Schatten des Eingangs stand eine Frau in einem Cape mit aufgezogener Kapuze. »Mrs. Shackleton?« Sie klang etwas atemlos, als wäre sie nervös oder schnell gegangen.

Was für eine Wahnsinnige lief mitten in der Nacht im strömenden Regen durch die Straßen?

»Ja, ich bin Mrs. Shackleton.«

»Ich muss mit Ihnen reden.«

Da ich nicht sogleich die Tür weiter öffnete, ergänzte sie: »Mein Ehemann ist verschwunden.«

Ich empfand eine bleierne Müdigkeit. »Dann gehen Sie am besten zur Polizei.«

Dort wären Detectives im Nachtdienst.

Mit einem Schnauben, das teils Lachen, teils Stöhnen war, tat sie meinen Vorschlag ab, bevor sie erwiderte: »Die Polizei? Das habe ich versucht. Die Polizei ist so überflüssig wie ein Kropf.«

Sie schien sich der Zeit nicht gewahr zu sein, denn sie entschuldigte sich nicht für die nächtliche Störung. Der Nordwind blies durch die Straße und peitschte den Regen waagerecht vor sich her.

Da ich mir dachte, dass jemand, der Böses im Schilde führte, kaum laut genug an die Tür hämmern würde, um halb Headingley zu wecken, löste ich die Türkette. Im Lichtschein aus der Diele stellte ich fest, dass sie bleich wie der Mond war.

Ohne auf eine Einladung zu warten, trat sie ein und tropfte Regenwasser auf die Fußmatte im Flur.

Ich schloss die Tür hinter ihr. »Geben Sie mir Ihr Cape.«

Sie hakte es auf und schüttelte das dunkel karierte Kleidungsstück aus, was eine Wasserlache auf dem polierten Holzboden zur Folge hatte.

»Danke.« Ihre Lippen waren blass, doch zwei unnatürlich rote Flecken leuchteten auf ihren Wangen. Vielleicht litt sie unter Schwindsucht. Der Puls an ihrem Hals pochte. »Meinen Schirm habe ich im Zug vergessen. Ich hatte den Milchzug genommen und bin vom Bahnhof Headingley aus gerannt.«

Ich hängte ihr Cape über die Treppenspindel, wobei ich mir wieder den Zeh am Koffer anstieß. »Kommen Sie lieber mit durch, Mrs. …«

»Armstrong. Mary Jane Armstrong.«

Das Esszimmer diente mir zugleich als Arbeitszimmer, allerdings war hier drinnen kein Feuer mehr angezündet worden, seit ich nach London gereist war. Deshalb führte ich sie in die Küche. »Kommen Sie bitte mit. Das Feuer wird aus sein, aber es ist wärmer hier.« Sie folgte mir. In der Küche reichte ich ihr ein Handtuch. »Trocknen Sie sich ein bisschen ab.« Sie bewegte sich wie jemand, der aus dem Meer gewatet war und in Kürze zu Neptun zurückkehren würde.

»Es macht mir nichts, nass zu sein.« Dennoch rubbelte sie sich das Haar trocken. Ihr Kapuzencape hatte wenig Schutz gegen die Sintflut draußen geboten.

Sie musste Mitte bis Ende dreißig sein, war ungefähr einen Meter fünfundsechzig groß, mollig und hübsch mit klarer, heller Haut und dickem, haselnussbraunem Haar, das mit Schildpattkämmen und Nadeln aufgesteckt war. Es sah aus, als wäre sie bei Reiseantritt ordentlich frisiert gewesen, doch nun hatten sich einige Locken aus den Kämmen gelöst. Einzelne dickere Strähnen hingen ihr über die Schultern, wo Haarnadeln herausgefallen waren. Sie trug einen wadenlangen grünen Rock und eine weiße Bluse sowie ein Medaillon um den Hals. Ihre Schuhe waren so gründlich poliert, dass der Regen schlicht vom Leder abperlte.

Ich zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und gab ihr einen Moment, sich zu erholen, während ich ins Esszimmer ging.

Wer war sie, und was führte sie um diese nachtschlafende Zeit her? Etwas an ihr kam mir seltsam bekannt vor.

Ich nahm die Brandy-Karaffe vom Sideboard, zusammen mit einem Kognakschwenker. Am Küchentisch schenkte ich Kognak in ein Glas. »Hier, trinken Sie das. Sie sehen aus, als könnten Sie es gebrauchen, und danach erzählen Sie mir, was Sie zu mir führt.«

Sie umfing das Glas mit beiden Händen und blickte in die bernsteinfarbene Flüssigkeit, als handelte es sich um eine Kristallkugel, die ihr die Zukunft klar abbilden würde. Dann sah sie mich an. Ihre Augen waren vom selben Haselnussbraun wie ihr Haar. Die Intensität ihres Blickes gab mir das Gefühl, sie würde in meinen Augen sehen, was sie in dem Kognakschwenker nicht finden konnte.

Wieso meinte ich, sie zu kennen?

Der Ausdruck war gleich wieder verschwunden, denn sie runzelte die Stirn, schnupperte an dem Kognak und schüttete ihn in einem Schluck herunter. Prompt hustete sie und begann zu würgen, während sie mühsam stockend herausbrachte: »Oh, ich dachte, es ist Ginger Ale. Was ist das? Es brennt in meinem Hals!«

»Brandy. Es ist Brandy.«

»Das hätten Sie mir sagen müssen. Ich nehme noch einen und trinke ihn langsamer.«

Ich hob die Karaffe an und schenkte ihr einen Fingerbreit ein. »Nippen Sie nur immer mal wieder daran. Ganz langsam.« Nach meiner Rückkehr aus London war ich ein bisschen müde gewesen, doch diese Müdigkeit verflog jetzt. Und ich sagte aufmunternd: »Erzählen Sie mir, warum Sie hergekommen sind.«

Sie umklammerte das Glas so fest, dass ich fürchtete, es könnte zerspringen. »Wie gesagt, mein Mann ist verschwunden.« Mrs. Armstrong klang matt und müde. »Ich weiß nicht, ob er noch am Leben ist oder tot. Ich dachte an Sie, weil … nun, ich habe gehört, dass Sie Leute finden.« Sie nahm noch einen Schluck Brandy, dann verlor sie anscheinend das Interesse und schob den Kognakschwenker von sich.

»Wie heißt Ihr Mann?«

»Ethan. Ethan Armstrong.« Sie legte die Hände zusammen und strich mit den Fingerspitzen einer Hand über den Daumenballen der anderen, was der einzige Hinweis auf ihre Beunruhigung war und zugleich so vielsagend, dass ich sofort ein komisches Gefühl im Magen verspürte.

Dann neigte sie den Kopf zur Seite. »Ich würde Sie überall wiedererkennen.«

»Ach ja? Sind wir uns schon begegnet?«

Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Nein, das nicht direkt.«

Womöglich war sie doch eine Wahnsinnige. Meine Haushälterin wohnte im Anbau meines Hauses. Ich bräuchte bloß die Glocke zu läuten. Ein Alarmsignal zu geben.

Beruhige dich, sagte ich mir. Die Frau war verzweifelt. Sie wusste nicht, was sie redete. »Was meinen Sie?«

»Natürlich erinnern Sie sich nicht.«

Es gibt nichts Ärgerlicheres als Menschen, die simple Informationen nicht preisgeben wollen. Ich verfüge über ein gutes Gedächtnis für Gesichter, und etwas an ihr kam mir bekannt vor, dennoch konnte ich sie nicht einordnen. »War es während des Krieges?«

»Ja, so in der Art. Jedenfalls ist es lange her.« Sie winkte ab, als wäre unbedeutend, wann sich unsere Wege schon einmal gekreuzt hatten.

»Kommen Sie von weit her?«

»Aus Great Applewick.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht sagen, dass ich den Ort kenne.«

»Das tut niemand. Er ist sehr klein. In der Nähe von Guiseley.«

»Ah, ja.« Ich entsann mich meiner Fahrten nach Guiseley während des Krieges. Es war ein Dorf, nicht sonderlich groß, mit einer Hauptstraße und einem Gemeindesaal, der zum Hospital umfunktioniert worden war. »Das Hospital. Sind wir uns dort begegnet?«

Sie sah auf ihre Hände. »Könnte sein. Ja, das war es.«

Menschen verraten sich auf die unterschiedlichsten Weisen, wenn sie lügen. Sie wechselte das Thema. »Könnte ich ein Glas Wasser bekommen?«

Ich rückte meinen Stuhl nach hinten, doch sie war bereits auf den Beinen, an der Spüle, den Rücken zu mir, und drehte das Wasser auf, um es in ein Glas laufen zu lassen.

Welche Dreistigkeit diese Frau besaß, sich in mein Haus zu drängen, anzudeuten, mich zu kennen, und sich nun aufzuführen, als wäre sie hier zu Hause. Doch vielleicht war ihre Geschichte so furchtbar, dass sie sich langsam zu ihr vorarbeiten musste.

Sie hielt das Glas in beiden Händen und trank einen Schluck. »Ich wünschte, wir hätten fließendes Wasser in unserem Haus. Aber ich kann mich schon glücklich schätzen, einen Brunnen im Garten zu haben.«

Notiz für mich: Das Erste, was Mrs. Armstrong erwähnte, war ein Brunnen. Eine Klage über ihre Lebensumstände oder ein wichtiger Hinweis? Vielleicht hatte sie ihren Mann ermordet und in dem Brunnen versenkt. Wie lange würde dies hier dauern, fragte ich mich, und was sollte ich am Ende mit ihr anfangen? »Also, Mrs. Armstrong …«

»Mir ist unangenehm, dass Sie mich Mrs. Armstrong nennen. Ich bin Mary Jane.«

»Na...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2023
Reihe/Serie Kate-Shackleton-Krimis
Übersetzer Sabine Schilasky
Sprache deutsch
Original-Titel MURDER IN THE AFTERNOON
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • agatha raisin • Ann Granger • COSY • Cosy Crime • Cozy • Detektivin • England • Ermittlerin • Großbritannien • Hamish Macbeth • Kriminalroman • Krimis • Landhaus-Krimi • Miss Marple • Nachkriegszeit • Spannung • Yorkshire • Zwanzigerjahre
ISBN-10 3-7517-3712-X / 375173712X
ISBN-13 978-3-7517-3712-8 / 9783751737128
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