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Abaddon (eBook)

Der Schritt zum Abgrund | Wenn Putin und Trump sich die Welt aufteilen, ist der Dritte Weltkrieg nicht weit entfernt. Thriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
462 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7517-4865-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Abaddon - Hans-Ulrich Jörges, Axel Vormbäumen
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Was geschieht, wenn zwei skrupellose Politiker zu Verbündeten werden?

Die Welt im Jahr 2025: Donald Trump ist erneut amerikanischer Präsident und schließt mit Wladimir Putin einen geheimen Pakt: Auf einem Gipfel in Kairo tritt Trump Europa an den russischen Präsidenten ab, holt seine außerhalb Amerikas stationierten Truppen heim und verlässt die NATO. Putin lässt dem Amerikaner dafür freie Hand bei seinem Kampf gegen China.

Den Kontakt zwischen Putin und Trump halten hinter den Kulissen zwei persönliche Abgesandte der Präsidenten, die ein besonderes Vertrauensverhältnis aufbauen: Matt Sandler und Anatoli Rykow. Sie schwanken zwischen Loyalität und Widerstand, denn immer stärker erweist sich der Pakt von Kairo als ein verhängnisvolles Bündnis des Bösen. Gelingt es den beiden, die Welt vor einem Inferno zu bewahren, oder sind sie selbst nur Figuren in einem Spiel, bei dem die Spieler bereit sind, bis zum Äußersten zu gehen?

Ein Thriller, der an die Abgründe unbegrenzter Macht führt. Und darüber hinaus.




<p><strong>Hans-Ulrich Jörges</strong>, 1951 in Bad Salzungen geboren, wurde bekannt durch fast tausend Kolumnen im <i><b>STERN</b></i> und zahlreiche Auftritte in TV-Talkshows. Die <i><b>FINANCIAL TIMES</b></i> zählte ihn zu den einflussreichsten Kommentatoren der Welt. </p> <p><strong>Axel Vormbäumen</strong>, geboren 1960 in Aschaffenburg, arbeitete als Journalist für die <i><b>FRANKFURTER RUNDSCHAU</b></i>, den <i><b>TAGESSPIEGEL</b></i> und den <i><b>STERN</b></i>. Für seine Reportagen erhielt er unter anderem den Egon-Erwin-Kisch-Preis</p> <p><br></p>

»Sandler.«

»Einen Moment, Sir.«

Der Wachmann sah nicht einmal auf. Matt Sandler überlegte kurz, ob es sich lohnen würde, jetzt sofort die Augen zu schließen. Was genau verstand der Typ unter einem Moment? Fünf Sekunden, zehn Sekunden. Eine Zeitspanne, die zu ertragen war. Oder – eine gefühlte Ewigkeit, ein Ärgernis, jene sich aus Behäbigkeit speisende sinnlose Warterei, nach der es hier gerade aussah. Der Typ hinter der Sicherheitsscheibe, die auch schon mal bessere, also eindeutig klarere Zeiten gesehen haben musste, machte auf den ersten Blick nicht den Eindruck, dass er in seiner unerschütterlichen Gleichgültigkeit zu etwas zu bewegen war, das er, Sandler, gerne als Grundschnelligkeit bezeichnete.

Matt seufzte. Dann schloss er die Augen.

Vor ein paar Jahren noch hätte er sich in dieser Situation eine Zigarette angezündet. Oder rumgebrüllt. Wahrscheinlich beides. Aber das Rauchen war ihm verleidet worden in diesem absurden Regelwerk einer auf ihre Unsterblichkeit hinarbeitenden Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die in ihrem ganzen Gesundheitsvorsorgefaschismus lange schon jeden Anflug von Humor und Lebensgenuss über Bord geworfen hatte. Rauchen war verboten, wo man es verboten hatte. Und geächtet, wo es erlaubt war. Man hatte die Räume für Menschen wie ihn, Freigeister, systematisch eng gemacht. Matt erinnerte sich, wie er mal mit der Kippe im Mund an einem Spielplatz vorbeigelaufen war und eine vielleicht sieben Jahre alte Göre mit dem Finger auf ihn gezeigt hatte – »Iiih, Mum, guck mal.«

Irgendwann hatte er es aufgegeben. In seinen letzten Tagen als Raucher hatte er sich hauptsächlich im zugigen Hinterhof einer Sechzigerjahre-Mietskaserne im Chicagoer Süden aufgehalten, allein mit sich und einer Packung »Gauloises Blondes«, mit der er glaubte, gegen die zunehmende Verbohrtheit seiner Umgebung anrauchen zu müssen, sich dabei insgeheim auf die Ideale der europäischen Aufklärung berufend – jede »Gauloises« ein kleiner Voltaire –, was er, spätestens nachdem er den letzten Zug getan hatte, allerdings selbst als übertriebenen Symbolismus empfand. Das war nun auch schon wieder sieben Jahre her.

Und das Brüllen war einem gepflegten Sarkasmus gewichen.

Matt überlegte. Er war schnell genug gewesen, um seine Übung starten zu können. Er hatte vor langer Zeit mal in einer Wochenendkolumne der »New York Times« gelesen, dass gelegentliches Schließen der Augen langfristig die Konzentrations- und Aufnahmefähigkeit schärfe, wenn man es denn schaffte, in einer bis dato unbekannten Umgebung mindestens zwölf Merkmale aus seinem direkten Umfeld zu memorieren. Das aber konnte natürlich nur funktionieren, wenn man sich zuvor nicht selbst beschummelte.

Matt konzentrierte sich, hatte die Augen geschlossen, also los denn: Der Typ hinter der Scheibe war Anfang, höchstens Mitte fünfzig, er hatte, obwohl das sicher im Dienst nicht erlaubt war, den obersten Knopf seines beigen Hemdes hinter einer dunkelbraunen Krawatte gelockert. Vier. An der Rückwand seiner Kabine war eine etwa DIN A3 große Aufnahme von Donald Trump, die aus der Frühzeit von dessen erster Präsidentschaft stammen musste; Trump stand auf den Stufen der »Air Force One«, seine rechte Hand erhoben, wahrscheinlich zum Abschiedsgruß bei irgendeiner Auslandsreise. Sieben. Neben dem Wachmann lag ein mittelgroßer …

»Sir, bleiben Sie bitte hinter der Linie.«

Matt öffnete die Augen. Schnell genug, um festzustellen, dass er offenkundig ein wenig aus der Form war – tatsächlich, die Linie, die sich da unter seinem linken Schuh auftat, hatte er übersehen. Schlimmer aber war: Das Hemd des Wachmanns war weiß, nicht beige. Und Trump winkte auch nicht, seine Rechte hielt sich am Handlauf der Gangway fest.

Matt beschloss, die Sache zu beschleunigen. »Sandler, mit A.« Seine Stimme war nun schon etwas lauter. Er spürte, wie langsam Wut in ihm hochkroch. Zwei Dinge konnte er auf den Tod nicht ausstehen. Das eine waren offene Badezimmertüren. Das andere kam weit häufiger vor. Es war jene Form von autoritärem Gehabe, das besonders im niederen Dienstleistungssektor gern grundlos ausgelebt wurde – beim Security-Check an Flughäfen beispielsweise oder eben hier im Foyer des »Meyer-Buildings« in Washington, D. C., in das seit einer knappen Woche das »Transition-Team« der künftigen Regierung Donald Trump eingezogen war. Ein etwas in die Jahre gekommener Funktionsbau, zwölf Fußminuten vom Weißen Haus entfernt.

Matt zog nun auch den rechten Fuß über die Linie. »Hören Sie zu, ich sag das nur einmal, das könnte für Sie wichtig sein im Hinblick auf Ihre weitere Zukunft in diesem Job: Der Laden hier will was von mir, nicht umgekehrt. Entweder Sie kommen jetzt, gerne mit meiner tätigen Mithilfe, in die Gänge. Oder Sie können Ihrem Chef ausrichten, dass ich keinen Sinn darin sehen konnte, zu viel von meiner kostbaren Zeit mit mediokren Figuren in trostlosem Ambiente zu verbringen.« Kunstpause. »Nein, streichen Sie Ambiente, sagen Sie meinetwegen: Umgebung.« Matt fand seinen Auftritt gelungen.

»Sir, bitte bestätigen Sie: Matthew Gordon Sandler, geboren am dreizehnten Februar neunzehnhundertfünfundachtzig in Bloomington, Illinois …«

»… morgens um halb vier«, ergänzte Matt selbstzufrieden und fügte hinzu: »In einer arschkalten Nacht.«

»Sir, bestätigen Sie bitte …«

»Das habe ich doch gerade. Ich habe es bestätigt, indem ich es präzisiert habe.«

Der Cola-Automat im Flur des ersten Stocks funktionierte nicht, was nun auch schon egal war. Matt ließ sich zurückfallen in einen jener unvorteilhaft gegossenen Schalensitze, die ein misanthroper Designer irgendwann einmal, der Farbe nach wahrscheinlich in den Achtzigern, entworfen haben musste, um das Warten in Behörden todsicher zur Hölle zu machen. Matt war das nicht mehr gewohnt. Unerfreuliche Ausflüge in derartige oder ähnliche Gefilde ließ er normalerweise von Sue erledigen, einer etwas korpulent geratenen Mittvierzigerin aus dem Assistententeam von »Fosters & Company«, einem auf Osteuropa und Russland spezialisierten Thinktank, der draußen am Takoma Park seinen Sitz hatte. Matt war da nun seit auch schon wieder mehr als sechs Jahren angestellt. Sechs Jahre! Zuständig zunächst für die Ukraine und Belarus, bis Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine eine Umschichtung in der Denkfabrik notwendig gemacht hatte. Niemand interessierte sich mehr für den Weißrussen Lukaschenko. Plötzlich wollten alle wissen, was der richtige Russe, Putin, im Schilde führte. Es war seine, Matt Sandlers, Chance. Seit März 2022 war praktisch keine Woche vergangen, in der er nicht mindestens dreimal in den Networks war. Zwischenzeitlich konnte er sich schon selbst nicht mehr hören. Sogar »Fox News« war auf ihn aufmerksam geworden. Weiß der Henker, warum genau? Matt vermutete, dass es mit seiner standhaften Weigerung zu tun hatte, Putin als durchgeknallten Endzeitler zu sehen, unwillig und unfähig zur Kommunikation mit dem Rest der Welt.

Er war ein TV-Gesicht geworden. Phasenweise hatten sich die Anfragen der Sender derart gehäuft, dass Matt seine Assistentin Sue bitten musste, ihn zu verleugnen, was diese mit einer Form von stiller Genugtuung tat. Sue hatte ihm vom ersten Tag an bei »Fosters« schöne Augen gemacht, was Matt bis zu jenem Grad beruflicher Erleichterung für sich auszunutzen wusste, der beiden irgendwann einmal Enttäuschungen und Peinlichkeiten ersparen würde.

Matt dachte nach. Für eine weitere Augen-zu-Übung war die Szenerie hier im Flur des »Meyer-Buildings« zu unergiebig, in dessen höheren Etagen er nun einen Haufen karrieregeiler Republikaner vermutete, allesamt mittelmäßig genug, die Welt in den kommenden vier Jahren nach ihren bescheidenen Maßstäben formen zu wollen. Sollte er den Designer der Schalensitze googeln? Oder diese dämliche Hilfskraft anschnauzen, die nun auf der Suche nach einem Clip war, mit dem sein Hausausweis ordnungsgemäß am Revers seines Jacketts befestigt werden konnte? Nein: musste. Es hatte mit der Anmeldeprozedur deshalb so lange gedauert, weil Matts exakter Status im Computer nicht zu finden war. Weder MTT (Member Transition Team) noch GTT (Guest Transition Team). Hinter seinem Namen war offenbar ein schnödes X verzeichnet worden – und keiner der herumwuselnden Subalternen aus den unteren Stockwerken konnte etwas damit anfangen.

Matt Sandler streckte die Beine aus, gerade so gut, wie der Schalensitz das zuließ. Genau heute in hundert Tagen würde er vierzig. Wenn man so wollte, dann begann da seine ganz persönliche zweite Halbzeit. Zwar lag die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer in den USA gerade mal bei knapp über siebenundsiebzig Jahren. Aber erstens hatte Corona kräftig in die Statistik reingehauen. Und zweitens wurden auch Schwarze und Latinos mitgezählt. Die erwischte es im Schnitt drei Jahre früher. Matt aber war weiß. Ziemlich weiß. Auch wenn die Bräune, die er sich bei seinen gelegentlichen Surftrips zu den »Outer Banks« holte, ihm das Aussehen eines Südeuropäers verlieh. Ein paar Jahre noch, und er würde sich gegen den Topos des »alten weißen Mannes« wehren müssen.

Wahrscheinlich auch deshalb hatte Matt sich vorgenommen, offen zu sein, als ihn vor zwei Tagen, am Samstag, mehrere Nachrichten erreichten, was er mit wohlwollendem, gleichwohl amüsiertem Interesse wahrgenommen hatte. Denn den zwei wortgleichen Messages an seine private sowie dienstliche Mailadresse war morgens um kurz nach neun auch noch ein Einschreiben gefolgt. Matt hatte gerade unter der Dusche gestanden und mit nassen Haaren den Empfang quittiert. Auch später noch hatte das...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 3. Weltkrieg • Axel Vormbäumen • Bedrohung • China • Dekomkratie • Donald Trump • Dritter Weltkrieg:Politthriller • Dystopie • Europa • Hans-Ulrich Jörges • Kairo • Kampf • Krieg • Macht • Moskau • NATO • Politik • Polit-Thriller • Präsident • Republikaner • Russland • Spannung • Thriller • USA • Vereinigte Staaten von Amerika • Washington • Weißes Haus • White House • Wladimir Putin
ISBN-10 3-7517-4865-2 / 3751748652
ISBN-13 978-3-7517-4865-0 / 9783751748650
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