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Sturz in die Tiefe (eBook)

Kriminalroman. Ein Fall für die Navajo-Police (11)
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31169-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sturz in die Tiefe -  Tony Hillerman
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Auf einem Felsvorsprung unter dem schneebedeckten Gipfel des Ship Rock entdecken Kletterer ein Skelett. Ein Unfalltoter, dem Jim Chee zwischen Papierkram und mysteriösen Viehdiebstählen zunächst keine Beachtung schenkt. Doch der frisch pensionierte Joe Leaphorn erinnert sich: Vor elf Jahren verschwand der Extremkletterer Hal Breedlove, Erbe einer reichen Rancherfamilie, in der Gegend spurlos. Den heiligen Geflügelten Berg zu erklimmen, ist für die Navajo ein Sakrileg, aber auch Weiße würden niemals allein im Ship-Rock-Massiv klettern. Warum hat niemand den Unfall gemeldet? Suchen Leaphorn und Chee noch eine zweite Leiche - oder einen Mörder?

Tony Hillerman (1925-2008) besuchte acht Jahre lang ein Mädchen-Internat für Native Americans, kämpfte im Zweiten Weltkrieg, studierte danach Journalismus und war anschließend als Journalist und Dozent an der University of New Mexico tätig. Für seine Romane um die Navajo-Cops Joe Leaphorn und Jim Chee wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Edgar Allan Poe Award, dem Grandmaster Award, dem Grand Prix de Littérature Policière, dem Special Friend of the Diné Award und dem Agatha Award. Hillermans Romane wurden in siebzehn Sprachen übersetzt.

Tony Hillerman (1925–2008) besuchte acht Jahre lang ein Mädchen-Internat für Native Americans, kämpfte im Zweiten Weltkrieg, studierte danach Journalismus und war anschließend als Journalist und Dozent an der University of New Mexico tätig. Für seine Romane um die Navajo-Cops Joe Leaphorn und Jim Chee wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Edgar Allan Poe Award, dem Grandmaster Award, dem Grand Prix de Littérature Policière, dem Special Friend of the Diné Award und dem Agatha Award. Hillermans Romane wurden in siebzehn Sprachen übersetzt.

3


Als Chee seinen Wohnwagen am Morgen verlassen hatte, war es darin empfindlich kühl gewesen. Jetzt war es eisig; das bisschen Wärme, das die Aluminiumhaut im November über Tag speicherte, schluckte die Kälte weg, die gegen Abend am San Juan aufkam. Also doch lieber frischer Kaffee. Chee zündete den Propangasofen an und setzte Kaffeewasser auf.

Joe Leaphorn saß steif und kerzengerade auf der Bank hinter dem Tisch. Er legte seinen Hut auf die Resopalplatte und fuhr sich durch sein altmodisch kurzes, immer mehr ergrauendes Haar. Dann setzte er den Hut wieder auf, schien sich unbehaglich zu fühlen und nahm ihn erneut ab. Chee fand den Hut so wettergegerbt wie dessen Besitzer.

»Es ist mir unangenehm, so hereinzuplatzen«, sagte Leaphorn und hielt inne. »Übrigens Glückwunsch zur Beförderung.«

»Danke«, sagte Chee, löste den Blick von der Kanne, durch deren Filter jetzt Kaffee tropfte, und zögerte. Dann aber gab er sich einen Ruck. Anfangs hatte er es nicht glauben wollen, aber warum nicht mal nachfragen?

»Sie sollen mich für den Posten empfohlen haben.«

Falls Leaphorn das gehört hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Er betrachtete gedankenverloren seine gefalteten Hände und ließ die Daumen kreisen.

»Die bringt Ihnen viel Arbeit und Ärger«, sagte er. »Und dass sie sich auszahlt, kann man auch nicht gerade behaupten.«

Chee nahm zwei Becher aus dem Schrank, stellte den mit dem Aufdruck Farmington Times vor Leaphorn auf den Tisch und suchte nach der Zuckerdose.

»Wie gefällt es Ihnen im Ruhestand?«, erkundigte er sich. Es war ein diskreter Versuch, Leaphorn dazu zu bringen, ihm den Anlass für seinen Besuch zu erklären. Reine Höflichkeit war es kaum. Ganz bestimmt nicht. Leaphorn war immer der Boss und Chee immer sein Laufbursche gewesen. Irgendwie hatte der Besuch mit dienstlichen Belangen zu tun; es gab sicher etwas, das er erledigt haben wollte, und zwar durch Chee.

»Na ja«, antwortete Leaphorn, »als Pensionär hat man erheblich weniger Ärger am Hals. Man muss sich nicht mehr mit allen möglichen Problemen herumschlagen und …« Er zuckte die Achseln und gluckste in sich hinein.

Chee lachte mit, was sich aber ein bisschen gezwungen anhörte. An den neuen, veränderten Leaphorn musste er sich erst gewöhnen. An einen Leaphorn, der herkam, weil er etwas auf dem Herzen hatte, dann aber nicht damit herausrückte – das war nicht der Lieutenant, wie er ihn mit einer Mischung aus Staunen, Irritation und Bewunderung in Erinnerung hatte. Er fühlte sich ziemlich unwohl dabei, ihn wie einen Bittsteller in seinem Wohnwagen sitzen zu sehen, und beschloss, das zu beenden.

»Als Sie mir erzählten, Sie würden sich pensionieren lassen, sagten Sie zu mir, wenn ich mal Rat oder Hilfe brauche, soll ich ohne Scheu zu Ihnen kommen. Ich frage Sie deshalb, was Sie alles über die Viehdiebstähle wissen.«

Leaphorn überlegte und ließ die Daumen weiter kreisen. »Na ja«, sagte er, »es hat immer den einen oder anderen Diebstahl gegeben. Und Ihr Boss und seine Familie sind seit drei Generationen Rinderzüchter. Für Viehdiebe dürfte er also nicht viel übrighaben.« Er blickte nicht länger auf seine Daumen, sondern sah Chee an. »Gibt es in letzter Zeit mehr Ärger damit als sonst? Irgendwas im großen Stil?«

»Richtig groß nicht. Die Conroy-Ranch hat letzten Monat acht Färsen verloren, das war der übelste Fall. Dazu in den letzten zwei Monaten sechs, sieben weitere Anzeigen. Meist fehlen ein, zwei Tiere, manche sind wahrscheinlich nur davongelaufen. Aber Captain Largo sagt, es ist schlimmer als sonst.«

»Schlimm genug, um Largo zu beunruhigen«, meinte Leaphorn. »Seine Familie hat ausgedehnte Weiderechte im gesamten Checkerboard.«

Chee grinste.

Leaphorn lachte wieder in sich hinein. »Das wissen Sie sicher alles schon.«

»Stimmt.« Chee schenkte Kaffee ein.

Leaphorn nahm einen Schluck.

»Ich glaube nicht, dass ich Ihnen einen guten Tipp geben kann, wie man Viehdiebe fängt. Ich weiß darüber nichts, was Ihnen nicht schon Captain Largo erzählt hat«, sagte Leaphorn. »Wir haben jetzt die Navajo Rangers, und da Vieh für das Wohl des Stammes wichtig ist und sie den Auftrag haben, alles zu schützen, was im Interesse des Stammes geschützt werden muss, sind Viehdiebstähle eigentlich ihre Angelegenheit. Das Problem ist nur, dass die Rangers eine recht kleine Gruppe sind. Sie haben alle Hände voll zu tun mit Wilddieben und Randalierern in den Parks und Burschen, die Holz stehlen oder Ölleitungen anzapfen – da kommt einiges zusammen. Die Rangers kommen kaum noch nach, deshalb muss man mit allen zusammenarbeiten, die sonst noch zuständig sind, mit den Veterinären vom New Mexico Cattle Sanitary Board, den Brandzeicheninspektoren aus Arizona und den Jungs aus Colorado. Und die Augen nach fremden Lastwagen und Pferdeanhängern offen halten.« Leaphorn sah Chee achselzuckend an. »Nicht gerade viel, was Sie tun können. Ich hatte nie viel Glück damit, Viehdiebe zu erwischen. Und die paar, die ich geschnappt habe, haben sie mangels Beweisen laufen lassen.«

Chee nickte. »Ich hatte mir schon gedacht, dass sich die Zeit, die ich da investiere, nicht auszahlt.«

»Bestimmt unternehmen Sie schon alles, was ich gerade vorgeschlagen habe.« Leaphorn rührte Zucker in den Kaffee, nahm wieder einen Schluck und sah Chee über den Rand seiner Tasse an. »Und dann fängt natürlich bald die Zeit der Zeremonien an. Sie wissen ja, wie das läuft. Jemand braucht einen Gesang. Dann muss die Familie sämtliche Verwandten und Freunde durchfüttern, die kommen und helfen, dass der Segen auch anschlägt. Ein Haufen hungriger Leute, und wenn es eine Zeremonie in voller Länge ist, hat man sie womöglich eine ganze Woche da. Und Sie wissen ja, was man in New Mexico sagt: Niemand isst seine eigene Kuh.«

»Tja«, meinte Chee. »Als ich die Polizeiberichte der letzten Jahre durchgesehen habe, ist mir aufgefallen, dass die Zahl der kleinen Viehdiebstähle, bei denen es nur um ein oder zwei Tiere geht, zunimmt, sobald die Zeit der schweren Unwetter vorbei ist und die Gesänge anfangen.«

»Ich habe dann immer ein bisschen herumgeschnüffelt. Hier und da findet man schnell ein frisch abgezogenes Kuhfell mit dem falschen Brandzeichen. Aber es bringt ja nicht viel, jemanden wegen so was festzunehmen. Ich habe dann ein, zwei Takte mit den Leuten geredet, damit ihnen klar ist, dass wir ihnen auf die Schliche gekommen sind. Und dann habe ich dem Viehzüchter Bescheid gesagt. Wenn er Navajo war, dachte er prompt, er hätte wissen müssen, dass die Leute etwas Unterstützung brauchen; und dass es besser gewesen wäre, er hätte etwas für sie geschlachtet und ihnen so die Mühe erspart, sich Fleisch zusammenzustehlen.«

Leaphorn brach ab. Da er Chee nichts Neues erzählte, waren seine Worte Zeitverschwendung.

»Das sind gute Ideen«, sagte Chee und wusste, dass Leaphorn darauf nicht hereinfiel. »Gibt es etwas, das ich für Sie tun kann?«

»Nichts Wichtiges. Nur so eine alte Geschichte, die mir seit Jahren im Kopf herumgeht. Eigentlich bin ich nur neugierig.«

Chee nahm einen Schluck Kaffee, fand ihn köstlich und ließ Leaphorn Zeit, die richtigen Worte für sein Anliegen zu finden.

»In diesem Herbst sind es elf Jahre«, fing Leaphorn an. »Ich war damals zu unserer Dienststelle nach Chinle abkommandiert. Wir hatten da den Fall eines jungen Mannes namens Harold Breedlove, der aus der Lodge im Canyon de Chelly verschwunden war. Er und seine Frau hatten dort ihren fünften Hochzeitstag gefeiert. Und seinen Geburtstag. Seine Frau hat uns erzählt, er habe einen Anruf bekommen und ihr gesagt, er müsse sich geschäftlich mit jemandem treffen, sei aber bald zurück. Dann fuhr er mit dem gemeinsamen Auto los, zurück kam er jedoch nicht. Am nächsten Morgen rief sie bei der Arizona Highway Patrol an, und die verständigten uns.«

Leaphorn machte eine kurze Pause. So viel Wirbel um eine Geschichte, hinter der nur ein kleiner Urlaub von der eigenen Frau zu stecken schien, bedurfte einer Erklärung, das war ihm klar. »Die Breedloves sind eine große Rancherfamilie. Ihnen gehört die Lazy-B-Ranch oben in Colorado mit Weiderechten in New Mexico und Arizona, jeder Menge Bergbaubeteiligungen und so weiter. Der Familienchef hat mal für den Kongress kandidiert. Na, wir haben eine Beschreibung des Wagens rausgegeben. Es war ein neuer grüner Land Rover. So einer fällt hier draußen auf. Und ungefähr eine Woche später hat ein Officer ihn entdeckt. Er stand in einem Arroyo neben der Straße, die von der 191 zum Gemeindehaus in Sweetwater führt.«

»Jetzt erinnere ich mich an den Fall«, sagte Chee. »Aber nur schwach. Ich war damals neu und habe weit weg in Crownpoint gearbeitet.« Und ich hatte absolut nichts mit dem Breedlove-Fall zu tun, dachte Chee. Was mochte Leaphorn also von ihm wollen?

»Keinerlei Hinweise auf Gewalt an dem Land Rover, richtig?«, fragte er. »Kein Blut, keine Waffe, keine Nachricht, nichts.«

»Nicht mal Reifenspuren«, bestätigte Leaphorn. »Dafür hat eine Woche Wind gesorgt.«

»Und wenn ich mich recht entsinne, wurde nichts aus dem Wagen gestohlen. Ich glaube, jemand erzählte damals, sogar die teure Musikanlage sei noch drin gewesen – und der Reservereifen und alles.«

...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Übersetzer Klaus Fröba
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Indigene Völker • Kriminalroman • Navajo • Nordamerika • Spannung • USA
ISBN-10 3-293-31169-5 / 3293311695
ISBN-13 978-3-293-31169-5 / 9783293311695
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