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Zwei Fremde (eBook)

Einer will dir helfen. Der andere dich töten. Aber du weißt nicht, wer. Thriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
285 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4243-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwei Fremde -  Martin Griffin
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Die Chancen stehen 50:50 - wirst du dich richtig entscheiden?

Das Hotel in den Highlands, in dem Remie Yorke als Managerin arbeitet, wird ausgerechnet am letzten Tag der Saison von einem frühen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten. Kein Telefon mehr, kein Internet. Zum Glück verfügt das Hotel wenigstens über ein Notstromaggregat. Dann stehen mitten im Sturm nacheinander zwei Fremde vor der Tür. Jeder der beiden behauptet von sich, ein Polizist zu sein, der einen geflohenen Mörder sucht und Remie und die Gäste schützen will. Remie weiß genau: Einer der beiden ist wirklich Polizist. Der andere aber ist ein brutaler Mörder. Doch wer von den beiden lügt, und wer sagt die Wahrheit? Remie hat eine Fifty-fifty-Chance, sich richtig zu entscheiden - oder zu sterben ...



Bevor Martin Griffin Schriftsteller wurde, war er stellvertretender Schulleiter und ein dem Untergang geweihter Sänger, der einmal sogar die britische Rockband THE FALL auf ihrer Tour begleiten sollte - einen Gig, den er absagen musste, weil er nur zwei gute Songs geschrieben hatte. Griffin lebt mit seiner Frau und Tochter in Manchester. ZWEI FREMDE ist sein Debüt

Bevor Martin Griffin Schriftsteller wurde, war er stellvertretender Schulleiter und ein dem Untergang geweihter Sänger, der einmal sogar die britische Rockband THE FALL auf ihrer Tour begleiten sollte - einen Gig, den er absagen musste, weil er nur zwei gute Songs geschrieben hatte. Griffin lebt mit seiner Frau und Tochter in Manchester. ZWEI FREMDE ist sein Debüt

1


Da die Nacht ein Wendepunkt meines Lebens werden sollte, goss ich mir Wein in einen Plastikbecher und nahm mir einen Moment Zeit, um den Sturm zu beobachten.

Es war Viertel vor sieben. Vor achtundzwanzig Tagen hatte ich die Anzeige aufgegeben, und gleich würde meine letzte Nachtschicht beginnen. An die Balustrade meines verschneiten Balkons gelehnt, träumte ich vom nächsten Morgen; wie ich meine Habseligkeiten in den Nissan lud, nach Aberdeen fuhr und ihn bei seinem eBay-Käufer ablieferte. Nach dem Verkauf und mit dem Bargeld in der Tasche würde ich mich zu meinem 11-Uhr-Flug zum Flughafen begeben. Nach anderthalb Stunden Landung in Heathrow, umsteigen nach Madrid und morgen Abend von dort nach Santiago de Chile. Morgen Abend.

Die abenteuerliche Chance auf diese Befreiung, eine Flucht, die ich mir fünfzehn Jahre lang erträumt hatte, machte mich schwindlig. Ich trank den Wein. So zu denken, kam mir fast irrsinnig vor. Meine letzte Nacht im Mackinnon. Das war die Gelegenheit, meinem alten Ich Lebewohl zu sagen, als neuer Mensch ins Ausland zu entkommen. Mag sein, dass ich anderes, was man mit Anfang dreißig erreicht zu haben hofft, nicht abhaken konnte – ich hatte keine Karriere mehr vor mir, keinen festen Wohnsitz, keine Kinder und ab dem nächsten Morgen auch keinen Job –, doch meine letzte Schicht empfand ich als den Anfang von etwas Neuem. Das im Haus untergebrachte Personal hatte Dachgeschosszimmer mit Balkon, aber meine Kollegen waren bereits in Urlaub, sodass ich im dritten Stock die Einzige war. Eingedenk meines bisherigen Lebens fand ich es in gewisser Weise angemessen, diese besondere Gelegenheit allein zu feiern, eine Frau in Winterjacke und Beanie, die gegen das Schneetreiben die Arme um sich legte.

Der Wein war dasselbe billige Zeug wie in den Minibarflaschen, doch da ich zum letzten Mal über das Hotelgelände schaute, schmeckte er ganz passabel. Im Sommer bot mein Quartier eine schöne Aussicht, aber Anfang Februar war das anders. Der zugefrorene Loch Alder hatte die Farbe von Lakeland-Schiefer, eine stille Präsenz zwischen unseren zwei Bergen: dem Bray Crag am fernen Ufer, schneebedeckt und zerklüftet, und dem Farigaig hinter dem Hotel auf dieser Seeseite, heute Abend nur eine Silhouette auf Transparentpapier, obwohl seine steilen, bewaldeten Hänge bis an den Hotelzaun reichten. In den letzten achtzehn Monaten war das Panorama mit dem See, den Bergen und dem fernen Gefängnis mein Leben gewesen. HMP Porterfell war größtenteils von den Kiefernpflanzungen an den Ausläufern des Farigaigs verdeckt, aber die Scheinwerfer des Gefängnishofes waren im Schneetreiben als helle Punkte mit einem Halo zu sehen, und der nördliche Wachturm war zu erkennen. Ich hob meinen Becher zu einem stillen Toast auf Cameron und genoss die Wärme des Alkohols.

Ich schaute noch dort hinüber, als die Sirene zu heulen begann.

Der Klang war mir vertraut. Wenn es im Porterfell zu einem Gewaltausbruch kam, was häufig passierte, da es überfüllt und veraltet war, merkte das die Umgebung an dem Sirenengeheul und den schweifenden Lichtkegeln der Suchscheinwerfer. Er rief Erinnerungen wach. Ich musste meinen Becher hinstellen und meinen Puls mit langen, tiefen Atemzügen runterbringen. Vor einem Jahr war mein Bruder dort bei einem Aufruhr unter den Häftlingen getötet worden. Derselbe Sirenenlärm hatte den Beginn angezeigt. Damals flackerte Feuer an Ziegelmauern, der Wind trug das Geschrei herüber, und der Motorenlärm der Sicherheitsfahrzeuge, die über die Bergstraße fuhren, war immer wieder zu hören. Zuerst wusste ich nicht, dass Cameron tot war. Die nächsten Angehörigen wurden erst spät informiert. Bei einer Prügelei zwischen fünfundfünfzig Insassen ist es anscheinend unmöglich zu ermitteln, durch welchen davon ein Häftling umgekommen ist, und weil eine vorsätzliche Tötung schwer zu beweisen war, wurde Camerons Hinscheiden als Unglücksfall zu den Akten gelegt. Folglich war mein Bruder nun tot, der Verursacher ungestraft und ich hier gestrandet, eine dreiunddreißigjährige Frau, die nachts in einem Hotel im Hochland arbeitete und das Gebäude betrachtete, in dem er eingepfercht gewesen war.

Beim Gejammer der Sirene betrachtete ich die fernen Gebäude. Durch den Schnee über dem See konnte ich das unregelmäßige Flackern von Lampen erkennen. Das Gefängnistor war geöffnet worden. Drei Fahrzeuge verließen den Komplex; jeweils ein Pkw vor und hinter einem Kastenwagen, der nach einem Hochsicherheitstransport aussah. Das mochte die Störung erklären. Wenn ein Häftling weggebracht wurde, brach wegen der Überbelegung unweigerlich Gewalt aus. Der Sirenenlärm schwoll weiter an und ab, und ich sah den Konvoi nach links in unsere Richtung abbiegen und die Bergstraße entlangkommen. Ich dachte an die Fahrer und an meine zweistündige Fahrt am nächsten Tag. Im Gegensatz zu ihnen würde ich den Vorteil von Tageslicht haben, aber es hatte in der letzten Woche viel geschneit, und die Minusgrade hatten die Schneewehen in Eisskulpturen verwandelt. Der Wind hatte gedreht, Polarluft von Sibirien löste rote Wetterwarnungen aus, und Sturm Ezra war aufgezogen und hatte neuen Schnee mitgebracht. In solch einer Nacht Auto zu fahren konnte nur ein Akt der Verzweiflung sein.

Doch bis zum Morgen würde es aufklaren. Ganz bestimmt. In zwölf Stunden wäre alles vorbei. Um sieben Uhr würde mein Kollege Mitchell von der Tagschicht seinen Fiat 500 beim Eingang parken und in seinen Schnürschuhen und der Hotellivree über den Vorplatz traben. Bei der fünfzehn Minuten dauernden Übergabe würde ich ihn zum letzten Mal auf den neuesten Stand bringen, dann mein Gepäck in den Kofferraum legen und abfahren.

Ich kehrte in mein Zimmer zurück, schloss die Balkontür und wärmte mich am Elektrokamin auf, bevor ich den Mantel ablegte und mich für die Arbeit fertig machte. Ich zog ein Unterhemd unter der Bluse an, darüber meinen Hosenanzug, und bevor ich das Jackett zuknöpfte, entfernte ich mein Namensschild. Remie Yorke war in das goldfarbene Plastik eingeprägt, und darunter: Wie kann ich helfen? Die letzten zwei Gäste des Hotels kannten meinen Namen, sodass ich das Schild auf dem Nachttisch neben den wenigen Dingen liegen ließ, die ich noch nicht eingepackt hatte: den Rasen-Hockeyball, den Reiseführer für Chile und die Osterinsel, die Sammlung spanischer Redewendungen. Nachdem ich meine Tür zugeschlossen hatte, ging ich an den leeren Zimmern vorbei zu der alten Hintertreppe. Die Gefängnissirene war inzwischen verstummt. Auf dem Weg nach unten hörte ich nur, wie das alte Hotel in dem stürmischer wehenden Wind knackte.

Das Mackinnon ist ein großer viktorianischer Bau in einer Senke am Fuß des Farigaig mit Spitzdach, Turmfenstern, zwei Turmspitzen über gedrungenen Kaminen und hat sechzehn Gästezimmer. Die Gäste bewundern vor allem den Glockenturm mit dem Kegeldach, den architektonischen Garten und die Glyzinie über dem Eingang. Als ich vor achtzehn Monaten die Stelle des Nachtmanagers annahm, ging es mir nur um einen Arbeitsplatz, von dem ich mit dem Auto bequem zum Gefängnis fahren konnte. Dass ich diese Kuriosität am Seeufer fand, war ein Lichtblick zwischen lauter schlechten Neuigkeiten. Anfangs hegte ich die Hoffnung, mich sogar in den Ort zu verlieben, denn meine Wohnung in Leith hatte ich immer als Übergangslösung angesehen, und trotz meiner seltenen Besuche zu Hause hatte ich mich auf die Straße gesetzt gefühlt, als sich unsere Eltern trennten und ihr Haus in Northumberland verkauften. Folglich kamen mir jene ersten Monate im Mackinnon damals wirklich wie ein Neuanfang vor. Ich entspannte mich beinahe. Ein- oder zweimal wachte ich morgens sogar erfrischt auf. Dann kam es zu dem Gewaltausbruch im Gefängnis, bei dem Cameron den Tod fand. Danach war ich gezwungen, meine vorige Existenz ständiger erschöpfter Wachsamkeit wiederaufzunehmen. Doch diese Zeit war nun fast vorbei. In sechzehn Stunden würde ich im Flugzeug sitzen.

Unten checkte ich die Rezeption, dann ging ich den Hauptflur hinunter zur Bar. Die Standuhr hielt vor dem Wintergarten Wache. Von der Küche her roch es noch nach Wildbraten und Knoblauch, obwohl das Küchenpersonal den Nachmittag über alle Arbeitsflächen geputzt und wegen der Winterpause die Reste eingefroren hatte. Gegenüber der Küche, an der Seeseite des Hotels, lag die Bar. Als Nachtmanager hatte ich die Pflicht, sie bis zum Schluss zu unterhalten, eine Aufgabe, die ich genoss; ein loderndes Feuer, zum Trocknen aufgestapelte Scheite, einladende Ledersessel.

Meistens hatte ich die Bar für mich allein, da die einzigen Gäste im Februar Gefängnisangestellte waren, die auf dem Heimweg auf einen Schluck hereinkamen, und ich freute mich schon auf das Alleinsein. Ich sollte enttäuscht werden. Da saß jemand vor den Zapfhähnen. Jaival Parik – Jai –, einer der letzten zwei Gäste; Ende dreißig, Kaschmirpulli, Blazer. Er trug einen Dutt, eine dickrandige Brille und einen einzelnen AirPod im Ohr. Am Abend zuvor war er auch in die Bar gekommen, und wir hatten uns miteinander bekannt gemacht. Jai hatte mit dem Rücken zu der fast leeren Lounge gesessen. Die Augen auf sein Display geheftet, hatte er durch seinen Posteingang gescrollt und dabei langsam ein großes Glas Malbec getrunken. Beim Wein war er anspruchsvoll, wie sich dabei herausstellte; wir hatten uns kürzlich mit südamerikanischem Roten eingedeckt – ich kannte mich damit nicht aus, hatte ihm aber von Santiago erzählt, worauf er mir eine Tour durch die Weingüter empfahl. Wir hatten uns über die Wanderwege auf den Farigaig und übers Mountainbiking unterhalten. Und natürlich über das Thema, das jeden beschäftigte: Sturm...

Erscheint lt. Verlag 30.6.2023
Übersetzer Angela Koonen
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel The Second Stranger
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Highlands • Hotel • Mörder • Organisiertes Verbrechen • Polizei • Schneesturm • Schottland • Thriller
ISBN-10 3-7517-4243-3 / 3751742433
ISBN-13 978-3-7517-4243-6 / 9783751742436
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