Der Commissario und die Dottoressa - Nacht über Elba (eBook)
368 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60405-5 (ISBN)
Matteo De Luca ist das gemeinsame Pseudonym des erfolgreichen deutschen Autorenpaars Hilde Artmeier und Wolfgang Burger. Die beiden sind nicht nur ein Ehepaar, sondern arbeiten auch seit vielen Jahren beim Bücherschreiben eng zusammen. Bevor sie sich ganz dem Schreiben widmeten, war Wolfgang Burger mehrere Jahrzehnte als Wissenschaftler in leitenden Funktionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT tätig, Hilde Artmeier studierte Biologie an der Universität Regensburg und arbeitete lange in der Pharmaindustrie und als selbstständige Übersetzerin. Das Autorenpaar lebt und schreibt in Regensburg und Karlsruhe und hegt nach zahlreichen Reisen ins Land, wo die Zitronen blühen, eine große Liebe zu Italien - insbesondere der Toskana und Elba - sowie zur italienischen Küche und Lebensart.
Matteo De Luca ist das gemeinsame Pseudonym des erfolgreichen deutschen Autorenpaars Hilde Artmeier und Wolfgang Burger. Die beiden sind nicht nur ein Ehepaar, sondern arbeiten auch seit vielen Jahren beim Bücherschreiben eng zusammen. Bevor sie sich ganz dem Schreiben widmeten, war Wolfgang Burger mehrere Jahrzehnte als Wissenschaftler in leitenden Funktionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT tätig, Hilde Artmeier studierte Biologie an der Universität Regensburg und arbeitete lange in der Pharmaindustrie und als selbstständige Übersetzerin. Das Autorenpaar lebt und schreibt in Regensburg und Karlsruhe und hegt nach zahlreichen Reisen ins Land, wo die Zitronen blühen, eine große Liebe zu Italien – insbesondere der Toskana und Elba – sowie zur italienischen Küche und Lebensart.
1
Che miseria! Das war doch nicht zum Aushalten!
Der Presslufthammer zwei Wände weiter dröhnte und ratterte in einer Lautstärke, dass Fiorina Luccarelli am liebsten schreiend die Flucht ergriffen hätte.
»Bitte entschuldigen Sie, aber ich habe kein Wort verstanden«, sagte sie zu ihrer Klientin, als der Lärm endlich nachließ. »Könnten Sie das Letzte bitte noch mal wiederholen, Signora?«
Lucia Santoro, die der ständig wiederkehrende Krach nicht weiter zu stören schien, nickte zögernd. Ihr in die Ferne gerichteter Blick fokussierte sich wieder auf Fiorina Luccarellis Gesicht.
»Während Stefano gestern Abend auf mich eingeredet hat, hatte ich immer wieder denselben Gedanken«, sagte sie leise und knetete dabei unentwegt ihre filigranen Hände. »Was wäre, wenn ich jetzt das Handy auf den Küchentisch lege, hinaus auf den Balkon gehe und einfach hinunterspringe?«
Fiorina Luccarelli versuchte, sich ihren Schrecken über die Selbstmordfantasien ihrer Klientin nicht anmerken zu lassen.
»Und … warum haben Sie es nicht getan?«, fragte sie.
Hatte sie sich in der Einschätzung Lucia Santoros getäuscht? War sie doch suizidgefährdet?
»Weil Stefano das nicht wert wäre.« Lucia Santoro lächelte spitzbübisch. »Außerdem traue ich mich bei meiner Höhenangst ja kaum auf den Balkon.«
Schwungvoll strich sie sich eine ihrer hennaroten Korkenzieherlocken aus dem herzförmigen Gesicht. Die sprühende Energie, die Fiorina schon bei ihrer ersten Begegnung fasziniert hatte, war plötzlich wieder da. Dennoch wirkte ihre Klientin, die sie bei sich längst beim Vornamen nannte, angespannt. Irgendetwas hatte sie offenbar noch auf dem Herzen.
»Außerdem will ich nicht wieder weglaufen«, fügte Lucia hinzu. »Ich will das Problem mit Stefano endlich angehen. Ich muss endlich begreifen, warum ich mich immer wieder auf ihn einlasse, obwohl ich doch weiß, dass er mir nicht guttut.«
Fiorina atmete auf. Die Tätigkeit einer Psychotherapeutin glich oft einer Gratwanderung. Sie musste einschätzen, ob die Selbstmordabsichten eines Klienten ernst gemeint waren, und in diesem Fall darauf bestehen, dass er sich in eine Klinik einweisen ließ.
»Erzählen Sie doch mal«, sagte sie, nun wieder halbwegs beruhigt, und schlug ein Bein übers andere. »Sind Sie in Ihrem Leben schon oft weggelaufen?«
Schon wieder ging es los mit dem Getöse. Dieses Mal verdrehte auch Lucia die hellbraunen Augen. Als obendrein das gekippte Fenster, das auf die Via del Carmine hinausging, zu klirren begann, machte sie mit den Händen eine gottergebene Geste. Dann legte sie die Arme auf die Lehnen des Polstersessels und wartete, bis der Lärm wieder abebbte. Ihre Finger trommelten einen unruhigen Rhythmus auf den zerschlissenen Stoffbezug.
Fiorina saß auf einem einfachen Holzstuhl. Ein Blick zur Wanduhr sagte ihr, dass es erst zwanzig nach zwei war. Sie hatten also noch eine gute halbe Stunde bis zum Ende der Therapiesitzung. Eigentlich hätten die Handwerker erst im Laufe des Nachmittags mit ihrer Arbeit beginnen sollen. Da sie am Morgen aber wieder einmal viel zu spät gekommen waren, wollten sie die versäumte Zeit offenbar ausgerechnet jetzt, während der Siesta, nachholen. Dennoch mochte Fiorina die Stunde nicht abbrechen. Heute war das erste Mal, dass Lucia sich ein wenig öffnete.
Kurz entschlossen, sprang Fiorina auf und ging nach nebenan, um die beiden über und über mit grauem Staub bepuderten Männer zu bitten, sich in der nächsten halben Stunde mit einer weniger lärmintensiven Arbeit zu beschäftigen.
»Oft bin ich vielleicht nicht weggelaufen, aber zum Beispiel dann, als ich Stefano verlassen habe. Ich habe mich ja nicht einmal von ihm verabschiedet«, antwortete Lucia, als Fiorina wieder auf ihrem Stuhl saß. »Sechs Wochen ist das jetzt her, und jeden Tag schäme ich mich vor mir selbst, weil ich so feige war.«
In der Gasse fuhr ein Auto vorbei. Viel zu schnell. Wildes Hupen folgte, ein Mann rief eine wüste Beschimpfung, zur Bekräftigung bellte ein Hund.
»Am Abend waren wir essen.« Lucia machte eine ihrer sparsamen Bewegungen, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie sich vermintem Gebiet näherte. »Stefano hatte mich eingeladen, in ein wunderschönes Ristorante außerhalb von Lucca. Ich wollte ihm sagen, dass alles zu Ende ist. Aber ich konnte es einfach nicht. Die ganze Zeit über habe ich kein Wort darüber verloren, dass ich ihn verlassen und zurück nach Elba gehen werde. Nicht einmal richtig verabschiedet habe ich mich von ihm. Einfach davongelaufen bin ich. Nach zwölf Jahren, einfach davongelaufen.«
Mit dem Ärmel ihrer flamingoroten Crêpe-de-Chine-Bluse, die wie das edle, einen Ton hellere Kostüm und die farbenprächtigen High Heels ein kleines Vermögen gekostet haben musste, wischte sie sich verstohlen über die Augen. Fiorina überlegte, in welcher ihrer noch nicht ausgepackten Kisten die Papiertaschentücher liegen mochten. Doch da zog ihre Klientin schon ein Päckchen aus ihrer Gucci-Handtasche und putzte sich geräuschvoll die Nase.
Erst am nächsten Tag auf der Fähre, erklärte Lucia weiter, habe sie ihren Ex-Liebhaber angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie endlich einen Schlussstrich gezogen habe, mit allen Konsequenzen.
Fiorina hörte nur mit halbem Ohr zu, da sie darüber nachdachte, was sie von Lucias Selbstmordgedanken halten sollte. Inzwischen wirkte diese jedoch wieder so gelöst, dass sie den Gedanken zur Seite schob.
Es war Lucias dritte Stunde in Fiorinas hoffentlich irgendwann einmal fertig renovierter Praxis für Psychotherapie mitten in der Altstadt von Portoferraio. Der Raum, in dem Fiorina und ihre Klientin sich gegenübersaßen, war ein wenig dunkel, dafür aber angenehm kühl. Später einmal sollte er als Arbeitszimmer dienen, war bislang aber nur provisorisch eingerichtet: ein Stuhl, ein alter Ohrensessel für die Klienten, jede Menge Umzugskisten. Der spätere Therapieraum hatte ein Fenster zum Hof und war wie der Rest der Erdgeschosswohnung ihres Elternhauses in der Via del Carmine immer noch eine einzige Baustelle, in der unentwegt gehämmert, gebohrt und geschimpft wurde.
»Und seither terrorisiert Stefano mich.« Unwillig hob Lucia die Rechte, spreizte die Finger mit den sorgfältig knallrot lackierten, langen Nägeln, und ihr Ton wurde aufgebracht: »Fünfmal hat er mich gestern Abend angerufen, fünfmal!«
Ihr perfekt geschminktes Gesicht verzerrte sich zu einer genervten Grimasse. Während sie die Arme vor der Brust verschränkte, klimperten die mit winzigen Juwelen besetzten Goldkettchen an den Handgelenken, und ihre Bernsteinaugen wurden groß und rund.
»Aber anstatt das Handy einfach läuten zu lassen oder auszuschalten, hebe ich jedes Mal schon beim ersten Klingeln ab«, gestand sie mit so kleinlauter Stimme, als wäre sie nicht schon über vierzig, sondern höchstens vierzehn. »Und wissen Sie, warum? Weil ich Stefano immer noch liebe. Und dabei weiß ich doch, dass es keinen Sinn hat, weil er seine Frau nie verlassen wird, seine Kinder, er …«
Erneut wurden sie unterbrochen, dieses Mal jedoch vom aufgeregten Trillern eines Handys. Hastig zog sie ihr teures Smartphone aus der Handtasche. Mit gerunzelter Stirn sagte sie: »Scusi, aber da muss ich rangehen«, sprang so hektisch auf, dass der schwere Sessel über den Terrazzo schrammte, und stolperte hinaus. Sekunden später sah Fiorina ihre Klientin, das Telefonino am Ohr, vor dem Fenster auf und ab gehen und heftig gestikulieren. Der Duft ihres herben Parfüms, das so gar nicht zu ihrer eleganten, durch und durch weiblichen Erscheinung passte, hing noch im Raum.
Fiorina nutzte die Pause, um rasch ein wenig Ordnung zu schaffen. Der am Vormittag gelieferte neue Schreibtisch aus geöltem Olivenholz quoll über vor ungeöffneter Post, unbezahlten Rechnungen, Werbung und noch nicht ausgepackten Büroutensilien. Sie riss Briefe auf, legte die Rechnungen auf einen Stapel, warf Werbung ungeöffnet in den ebenfalls nagelneuen Papierkorb aus Bambus. Um die großen Kartons, die sich hinter einem Paravent stapelten, würde sie sich später kümmern. Darin befanden sich Unmengen von Fachbüchern, Unterlagen aus ihrer Studienzeit, wissenschaftliche Zeitschriften und sonstiger Krimskrams. Nicht zu vergessen die Unterlagen für die im August anstehende Prüfung in Frankfurt. Erst, wenn sie die bestanden...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Berensen & Luccarelli |
Ein Fall für Berensen & Luccarelli | Ein Fall für Berensen & Luccarelli |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Alexander Gerlach • Anna di Santosa • Autorenduo • Deutsch-Italienisch • Elba • Ermittlerduo • Ermittlerpaar • Ermittlungskrimi • Ex-Kripobeamter • Hilde Artmeier • Hobbyermittler • Inselroman • Italien • ItalienKrimi • Kriminalroman • Küstenkrimi • Regio-Krimi • Toskana-Krimi • Urlaubskrimi • Wolfgang Burger |
ISBN-10 | 3-492-60405-6 / 3492604056 |
ISBN-13 | 978-3-492-60405-5 / 9783492604055 |
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