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Trügerisches Lavandou (eBook)

Spiegel-Bestseller
Ein Provence-Krimi | Die Bestseller-Reihe aus Südfrankreich | Der spannende Urlaubskrimi für Fans der Provence

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
528 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2960-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Trügerisches Lavandou -  Remy Eyssen
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Vor dem azurblauen Mittelmeer muss sich Leon Ritter dem Schlimmsten stellen Gerichtsmediziner Leon Ritter und seine Partnerin Isabelle Morell freuen sich auf die letzten Wochen des Sommers in Le Lavandou. Doch die Sonnentage werden überschattet, als eine Frau in heller Aufregung bei der Polizei auftaucht, um ihre beiden Kinder vermisst zu melden. Zunächst wird die Gegend durchkämmt in der Hoffnung, die beiden könnten weggelaufen sein. Doch schnell wird klar: Lucas und Louisa wurden entführt. Die Eltern, die mit ihrer Firma in finanziellen Schwierigkeiten stecken, müssen das Lösegeld auftreiben - und die Ermittler wissen, dass sie nur eine Chance haben, das Leben der Kinder zu retten ... *** Der beliebteste Gerichtsmediziner der Welt: Leon Ritter ermittelt mit Hirn und Methode - und einem Glas Rosé in der Hand. 

Remy Eyssen, geboren 1955 in Frankfurt am Main, arbeitete als Redakteur u.a. bei der Münchner Abendzeitung. Anfang der Neunzigerjahre entstanden seine ersten Drehbücher. Bis heute folgten zahlreiche TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Mit seiner Krimireihe um den Gerichtsmediziner Leon Ritter begeistert er seine Leserinnen und Leser immer wieder aufs Neue und landet regelmäßig auf der Bestsellerliste.

Remy Eyssen, geboren 1955 in Frankfurt am Main, arbeitete als Redakteur u.a. bei der Münchner Abendzeitung. Anfang der Neunzigerjahre entstanden seine ersten Drehbücher. Bis heute folgten zahlreiche TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Mit seiner Krimireihe um den Gerichtsmediziner Leon Ritter begeistert er seine Leserinnen und Leser immer wieder aufs Neue und landet regelmäßig auf der Bestsellerliste.

2. Kapitel


Leon hatte sein Peugeot-Cabriolet auf dem Mitarbeiterparkplatz im Schatten einer Pinie geparkt. Er ging um das Gebäude herum und betrat die Klinik durch den gläsernen Haupteingang, als könnte er auf diese Weise noch etwas Sonnenlicht und Wärme mit in seine voll klimatisierten Katakomben nehmen, wie er seinen Arbeitsplatz gelegentlich nannte.

Als Leon zum Empfang kam, wurde er von einer fröhlich lächelnden, etwas molligen Frau aufgehalten, deren Namensschildchen an der gestreiften Bluse sie als Schwester Monique auswies.

Die Schwester galt unter ihren Kollegen als pingelig und streng, nur bei Leon, »ihrem« Docteur, machte sie eine Ausnahme, was nicht nur daran lag, dass Leon ihr gelegentlich ein Pain au Chocolat aus der Bäckerei Loup in Lavandou mitbrachte. Schwester Monique bewunderte Leon. Seine entspannte Art, die dazu führte, dass ihn nichts aus der Ruhe brachte und dass er sich von niemandem etwas vorschreiben ließ. Nicht einmal von Dr. Hugo Bayet, dem Klinikleiter. Ginge es nach Schwester Mo­nique, dann säße Leon nicht im Keller, sondern im Chefarztbüro im ersten Stock mit Blick auf den dunkelblauen Golf de Giens.

»Bonjour, Docteur«, rief sie von ihrer Empfangstheke aus und hielt einen Zettel in der Hand hoch, um Leon zu bedeuten, dass er herüberkommen solle.

»Schwester Monique«, begrüßte Leon sie freundlich. »Wie immer die Erste. Ohne Sie könnten wir die Klinik dichtmachen.«

»Ach, Docteur …« Die Schwester kicherte wie ein kleines Mädchen. Dann sah sie ihren Lieblingsdoktor an. »Die Staatsanwaltschaft hat angerufen.« Immer noch lächelnd reichte sie Leon den Zettel.

»Worum geht es denn?«, fragte Leon.

»Es geht um den Fall Lagarde. Sie brauchen das Gutachten noch heute«, sie zögerte kurz, als würde es ihr nicht zustehen, Kommentare abzugeben. »Sie wissen doch, wie die bei der Staatsanwaltschaft in Toulon sind.«

»Ich weiß. Wenn es nach denen ginge, müssten wir hier auch noch übernachten«, sagte Leon. »Na dann …«

Leon ging zur Treppe, die ins Souterrain führte und somit direkt in die Rechtsmedizinische Abteilung. Die Rechtsmedizin befand sich zwar in der Klinik Saint-Sulpice, aber die Abteilung arbeitete unabhängig. Ihre Auftraggeberin war vor allem die Staatsanwaltschaft, die auf rechtsmedizinische Gutachten in Strafprozessen angewiesen war. Dabei ging es neben Mord auch um andere Gewalttaten wie zum Beispiel Körperverletzung oder sexuellen Missbrauch. Gelegentlich wurde die Rechtsmedizinische Abteilung auch von Versicherungen um ihre Einschätzung gebeten, zum Beispiel um den Schweregrad von Verletzungen oder Erkrankungen eines Versicherungsnehmers wissenschaftlich zu beurteilen.

Die Klimaanlage im Autopsiesaal summte leise, und Leon spürte den kühlen Lufthauch, der durch den lindgrün gekachelten Raum zog. Leon hatte Jeans, Hemd und Leinensakko gegen ein hellblaues kurzärmeliges OP-Hemd und Hose getauscht. Flüchtig sah er zum Lüftungsschacht an der Decke hinauf. Als er hier angefangen hatte, hatte er sich immer wieder wegen der viel zu niedrig eingestellten Klimaanlage erkältet. Es hatte ihn zähe Auseinandersetzungen mit dem Hausmeister gekostet, aber schließlich hatten sie sich auf eine erträgliche Temperatur von einundzwanzig Grad Celsius geeinigt. Ein Kompromiss, der sogar von Leons Assistenten Olivier Rybaud akzeptiert wurde.

Rybaud hatte die erste Obduktion dieses Tages bereits vorbereitet. Die Tote auf dem Sektionstisch war mit einem Tuch abgedeckt. Auf einem Rollwagen lagen die wichtigsten Instrumente bereit, und auf dem flachen Touchscreen des Computers konnten alle relevanten Daten abgelesen werden. Leon tippte auf den Bildschirm. Jetzt tauchte eine Nummer auf und ein Name: Josette Hourriez.

Leon betrachtete die tote Frau, deren Körper mit einem hellgrünen Tuch bedeckt war, einen Moment lang. Am oberen Ende des Obduktionstisches war eine Strähne dünner grauer Haare zu sehen, die unter dem Tuch hervorgequollen war. Die Frau musste deutlich über siebzig sein, schätzte Leon und gab seinem Assistenten mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass er anfangen konnte. Wie ein Zauberer zog Rybaud mit einer schnellen Bewegung das Tuch zur Seite, und da lag sie. Die Haut wächsern, die Augen geschlossen. Der Körper ausgezehrt.

»Sie wiegt keine fünfzig Kilo mehr«, sagte Rybaud, der Leons Gedanken erriet.

»Bekannte Krankheiten?«

»Nach dem Tod ihres Mannes ist sie ins Altenheim gezogen«, antwortete der Assistent, als müsste jeder wissen, was das bedeutete.

Leon wunderte sich schon lange nicht mehr, dass sein Assistent Dinge wusste, die nicht in den Polizeiprotokollen standen.

»Sie kannten die Frau?«

»Sie nicht, aber ihren Mann«, sagte Rybaud. »Jean Hourriez. Der war ewig Versicherungsvertreter bei Assurance Provençal.«

»Hat sich denn sonst niemand um die alte Dame gekümmert?«, wunderte sich Leon. »Jemand aus der Familie?«

»Eine hat sich gekümmert …«, sagte Rybaud vieldeutig und mit einer Geste zu dem aufgeklappten Laptop auf dem Rolltisch. »Steht alles im Polizeibericht.«

Mit gespielter Strenge musterte Leon den anderen Mann. »Wie lautet die erste Regel bei einer Autopsie?«

»Ich weiß, ich weiß«, sagte Rybaud. »Man soll nichts drauf geben, was die Flics sagen. Aber die sind ja nicht alle blöd.«

»Ganz im Gegenteil«, erwiderte Leon. »Auch zu viel Fantasie kann zu falschen Theorien führen.«

Leon hatte am Tag zuvor den kurzen Bericht über den Mord im Altenheim im Var-Matin gelesen. Demnach hatte die achtundzwanzigjährige Enkelin nach und nach das Konto ihrer bettlägerigen Großmutter geplündert. Irgendwann hatte die betagte Dame den Betrug durch einen Zufall bemerkt und ihre Enkelin zur Rede gestellt. Wenige Tage später hatte die junge Frau ihre Großmutter im Heim mit einem Kissen erstickt. Jedenfalls stand es so im Polizeibericht.

Wenn Leon eine Autopsie begann, war es ihm am liebsten, so wenig wie möglich über das Opfer zu wissen. Er wollte sich von den Eindrücken überraschen lassen und weitgehend unvoreingenommen an die Untersuchung gehen. Das war für ihn die sicherste Methode, nichts zu übersehen. Auch der kurze Artikel im Var-Matin hatte in seiner Fantasie bereits ein bestimmtes Bild erzeugt: eine schwächelnde alte Großmutter und ihre gierige Enkelin, die die alte Frau bestohlen hatte. Was lag da näher als ein Mord …?

»Schließlich war die Enkelin die einzige Besucherin im Raum!« Sein Assistent klang fast etwas gekränkt, doch er führte weiter aus. »Als der Pfleger ins Zimmer kam, hielt sie sogar noch das Kissen in der Hand, mit dem sie gerade ihre Großmutter erstickt hatte.«

»Das ist jetzt aber Spekulation«, unterbrach Leon seinen Mitarbeiter freundlich, aber bestimmt.

»Sie hat selbst gesagt, dass sie es getan hat.«

»Vielleicht war sie ja nur verwirrt«, sagte Leon. »Da geben Menschen leicht etwas zu, das sie nicht getan haben.«

»Die Flics haben sie jedenfalls in U-Haft genommen.« Für Rybaud war der Fall eindeutig.

»Die Polizei nimmt gerne jemand fest, wenn sie auf diese Weise schnell einen Fall abhaken kann«, meinte Leon. »Das haben wir doch schon zigmal erlebt.«

»Wenn die Situation aber so eindeutig ist?«, versuchte es Rybaud noch einmal.

»Fangen wir an«, überging Leon den Einwurf, als spräche er mit einem trotzigen Schüler.

Er schaltete das Aufzeichnungsgerät für den Untersuchungsbericht ein, das mit einem Gelenkarm an der Decke befestigt war und sich in alle Richtungen verstellen ließ. Rybaud zog den Rollwagen näher heran. Und Leon begann seinen Bericht. »Wir haben ein Opfer, weiblich. Alter …« Leon unterbrach sich und sah Rybaud an.

»81 Jahre«, ergänzte der Assistent sofort. »Gewicht 46 Kilo, Größe 167 Zentimeter.«

»Alter 81 Jahre«, übernahm Leon die Daten für das Protokoll, »Größe 167 Zentimeter und Gewicht 46 Kilogramm.«

Das war eine der großen Qualitäten seines Assistenten: Rybaud hatte ein phänomenales Gedächtnis und konnte sich auch noch nach Monaten an einzelne Patientendaten erinnern. Leon griff nach dem Handgelenk des Opfers, hob den Arm leicht an und ließ ihn wieder neben der Toten sinken.

»Die Totenstarre hat sich bereits wieder abgebaut.« Leon beugte sich über die Tote und hob sie an der Schulter ein paar Zentimeter an, sodass er das Schulterblatt betrachten konnte. »Leichenflecken haben sich deutlich abgesetzt, was auf einen Todeszeitpunkt vor mindestens drei, eher fünf Tagen hindeutet.«

Leon umrundete das Opfer auf dem Sektionstisch. Einmal blieb er kurz stehen und nickte, als hätte die tote Frau ihm etwas gesagt. Leon hatte eine ungewöhnliche Vorgehensweise bei seinen Obduktionen: Er »sprach« mit den Toten, wie er es nannte. Seiner Theorie nach konnte niemand die Todesumstände genauer beschreiben als das Opfer selbst. Davon war Leon überzeugt. Man musste nur in der Lage...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2023
Reihe/Serie Ein-Leon-Ritter-Krimi
Ein-Leon-Ritter-Krimi
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Boule • Commissaire • Côte d'Azur • Destination • Entführung • Ferien • Gemütlich • Gendarmerie • Gerichtsmedizin • Gerichtsmediziner • Krimi • Lavendel • Meer • Mittel • Mittelmeer • Mord • Provence • Rosé • Urlaub • Weißwein
ISBN-10 3-8437-2960-3 / 3843729603
ISBN-13 978-3-8437-2960-4 / 9783843729604
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