Schweigende Boote (eBook)
360 Seiten
Verlag edition krimi
978-3-949961-04-5 (ISBN)
Peter Pachel wurde 1957 in Siegburg geboren und wuchs im Rheinland auf. Nach einer Lehre zum Chemielaboranten hat er an der Fachhochschule Köln Umwelttechnik studiert. Seit 30 Jahren arbeitet er in einem internationalen Unternehmen und ist im Sales Support & Sales Development tätig. Der Autor reiste 1981 zum ersten Mal auf die griechischen Inseln. In Naoussa auf Paros fand er schnell Freunde und Familienanschluss bei Flora & Dimitri, die er bis heute mindestens einmal im Jahr besucht. Dort hat er über die Jahre viele Menschen aus aller Welt kennengelernt, die ähnlich wie er alle dem idyllischen Ort erlegen sind - »Infected by the Paroan Virus« nennen sie das Verlangen, immer wieder auf die ägäische Insel zu kommen.
Peter Pachel wurde 1957 in Siegburg geboren und wuchs im Rheinland auf. Nach einer Lehre zum Chemielaboranten hat er an der Fachhochschule Köln Umwelttechnik studiert. Seit 30 Jahren arbeitet er in einem internationalen Unternehmen und ist im Sales Support & Sales Development tätig. Der Autor reiste 1981 zum ersten Mal auf die griechischen Inseln. In Naoussa auf Paros fand er schnell Freunde und Familienanschluss bei Flora & Dimitri, die er bis heute mindestens einmal im Jahr besucht. Dort hat er über die Jahre viele Menschen aus aller Welt kennengelernt, die ähnlich wie er alle dem idyllischen Ort erlegen sind - »Infected by the Paroan Virus« nennen sie das Verlangen, immer wieder auf die ägäische Insel zu kommen.
Dimitris Somaris
Paros, Südliche Ägäis, vier Wochen vorher
Dimitris Somaris hatte mehrere Tage seinen neuesten Coup gefeiert, was in diesen Zeiten nur ganz wenigen Inselbewohnern vorbehalten war. Die Stimmung auf der beliebten Kykladeninsel hatte sich in wenigen Wochen merklich eingetrübt, seit Ende Februar auch in Griechenland ein erster Fall von Covid-19 offiziell erfasst worden war. Eine Frau aus Thessaloniki wurde am 26. Februar erstmals positiv auf das Virus getestet, nach einem Aufenthalt in Norditalien. Die Reaktion der Regierung kam postwendend und schon einen Tag später wurden alle Karnevalsfeiern im gesamten Land vorsorglich abgesagt. Ein erstes Zeichen der sich anbahnenden Katastrophe. Aber Thessaloniki war weit weg und viele Bewohner der Insel erlagen zu diesem Zeitpunkt noch der Illusion, dass ihnen schon nichts passieren könne. Ein fataler Irrtum, wie sich schnell herausstellen sollte, denn schon am 10. März veranlasste die Regierung die Schließung aller Bildungseinrichtungen. Das war dann auch für die Landbevölkerung ein harter Eingriff in den Alltag. Einen Tag zuvor war zudem ein erster Fall auf Lesbos aufgetaucht. In nur wenigen Wochen war nichts mehr wie es war und spätestens als Ende März strenge Ausgangsbeschränkungen beschlossen wurden, zeichneten sich die Auswirkungen von Corona immer deutlicher ab.
Ein böses Erwachen vor allem für Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Tourismus bestritten. Die ansonsten in dieser Jahreszeit so positiv empfundene Aufbruchstimmung war plötzlich dahin und eine große Lähmung erfasste die Bevölkerung. Der große Frühjahrsputz kam jäh zum Stillstand und als klar war, dass selbst ihr geliebtes Osterfest den Corona-Schutzmaßnahmen zum Opfer fallen würde, wurde die ganze Tragweite für alle drastisch spürbar.
Eine Tatsache, die Dimitris Somaris kalt ließ, denn Familie war noch nie seine Passion gewesen. Und nach der Trennung von seiner Frau pflegte er kaum noch Kontakt zu seinen Verwandten. Kinder hatte er keine und seine Ex war nach der Scheidung zurück nach Amerika gegangen. Das war bei den meisten griechischen Familien völlig anders, schließlich war das Paskafest zu Ostern die größte Festlichkeit der Griechen. Nur die Ankündigung hoher Geldstrafen, bei Nichteinhaltung der Regeln, hielt die Menschen davon ab, sich über die beschlossenen Maßnahmen hinwegzusetzen. Keine rosigen Zeiten für Normalbürger. Für Dimitris Somaris stellte sich die Situation trotz dieser einschneidenden Ereignisse jedoch etwas anders dar. Er gehörte zu den wenigen Menschen, die der neuen Bedrohung durchaus auch etwas Positives abgewinnen konnten. Peinlichst darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen, spielte er verschiedene Szenarien der möglichen Entwicklung durch. Dabei kam er zu dem Schluss, dass sich bestimmt noch weitere lukrative Geschäfte für sich und seinen Geschäftspartner im fernen Deutschland durch die Krise anbahnten.
Dem hatte er gestern noch ganz euphorisiert von seinem letzten Erfolg berichtet. Ein Fehler, wie sich im Nachhinein herausgestellt hatte. Robert Wagner hatte aufmerksam zugehört und war immer unruhiger geworden. Jetzt witterte auch er das ganz große Geschäft. Das gipfelte darin, dass er ab sofort täglich einen Lagebericht von dem Griechen verlangte. Eine engere Abstimmung aller weiteren Aktivitäten könne nur von Vorteil sein und nur so sei die Ausarbeitung einer angepassten Strategie möglich, waren seine Worte. Somaris hatte ihn reden lassen. Er saß eindeutig am längeren Hebel und gab die Regeln vor. Außerdem war die Geschäftsverbindung zu Robert Wagner nicht seine einzige Einnahmequelle. Gleich zwei Erfolge galt es in diesen Tagen zu feiern, wobei die Übernahme eines angesagten Cafés eher durch einen Zufall zustande gekommen war. Das verdankte er seinem guten Netzwerk auf der Insel. Das Gerücht hielt sich schon lange und durch Corona wurde es schnell zur Gewissheit. Der Pächter eines im Herzen von Naoussa liegenden Cafés namens Platanos hatte sich im vergangenen Jahr völlig überschuldet mit dem Umbau des Lokals und alle Karten auf eine gutgehende Saison 2020 gesetzt. Mit einer Berechnungsgrundlage aus den letzten beiden sehr erfolgreichen Jahren hatte er auch seine Bank überzeugen können und einen großzügigen Kredit erhalten. Jetzt, nachdem es ein Sommergeschäft 2020 nicht geben würde, hatten sie ihm die Pistole auf die Brust gesetzt.
Über einen guten Bekannten war Somaris über die Nöte des Mannes informiert worden und der geschäftige Grieche aus Parikia hatte dem verzweifelten Betreiber postwendend ein Angebot gemacht. Nach dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, hatte er ihm die Übernahme des Cafés sowie der gesamten Einrichtung angeboten, zu Konditionen, die weit unter dem Verkehrswert der Lokalität lagen. Somaris hätte nie damit gerechnet, dass der Wirt so schnell darauf eingehen würde, aber seine Bank hatte dem verzweifelten Gastronomen dringend dazu geraten. Die Überschreibung war bereits veranlasst worden, nun wartete er nur noch auf die Dokumente, die der ehemalige Besitzer ihm zusammen mit den Schlüsseln des Objektes aushändigen sollte. Seit diesem Deal führte Somaris eine Liste weiterer Restaurants und Ladenlokale mit sich, die sich in einer vergleichbar prekären Lage befanden. Ganz besonders Geschäfte, die Ende 2019 den Besitzer gewechselt und viele Investitionen getätigt hatten, waren in seinem Fokus. Die Dorftrommeln funktionierten, gerade wenn es um die heißumkämpften Lokalitäten ging, mit denen man während der Hochsaison enorm viel Geld verdienen konnte. So versprach die ganze Krise doch noch etwas Gutes zu bewirken, zumindest für Dimitris Somaris.
Er war bekannt für sein gutes Näschen, wenn es um gewinnträchtige Geschäfte ging. Viele sahen in ihm einen skrupellosen, windigen Halsabschneider, der ohne Rücksicht auf Verluste die Situation in Not geratener Menschen ausnutzte.
Ihn selbst störte das wenig und er hob stets die Vorteile der Betroffenen hervor, die es ohne seinen Einsatz noch wesentlich schlimmer erwischt hätte. Diese Strategie verfolgte er auch sehr erfolgreich mit seinem Haupt-Business, auf das er durch einen Gast aufmerksam geworden war. Damals betrieb er eine eigene Taverne, war aber schon länger auf der Suche nach einem zweiten Standbein. Robert Wagner kam da gerade zur rechten Zeit mit seiner Idee, und ihre Zusammenarbeit war schnell besiegelt. Die beiden Männer kannten sich flüchtig, wenn der Deutsche aus einem kleinen Dorf in Süddeutschland auf Paros Urlaub machte und in Somaris’ Taverne war. Dort hatte er dem Wirt auch erstmals von seiner Geschäftsidee erzählt, nach einer gemeinsamen Karaffe Souma. Somaris war von Anfang an begeistert gewesen von dem Gedanken, hatte sich aber auch darüber geärgert, dass ein Fremder diesen genialen Einfall vorbrachte.
Angetan von der sorgfältigen Vorbereitung des Deutschen, und einem guten Gefühl für die außergewöhnliche Idee, hatte er ihm am nächsten Tag einen Vorschlag gemacht.
Ohne die Hilfe eines Partners vor Ort wäre er auf verlorenem Posten, hatte er Wagner eindeutig zu verstehen gegeben und sich als Juniorpartner angeboten. Dieses Geschäft wäre mit sehr vielen Emotionen verbunden und verlange größtes Einfühlungsvermögen, hatte Somaris schwadroniert. Voraussetzungen, die einem Nichtgriechen ganz einfach fehlten. Wagner hatte es nach einigen Erläuterungen verstanden und damit die Geburtsstunde ihres gemeinsamen Geschäftsmodells eingeläutet.
Die Idee, alte Fischerboote aufzukaufen und sie nach Deutschland und andere Länder in Europa zu verschicken, war in der Tat ein heikles Thema, was seit dem Beginn der Achtzigerjahre die Gemüter auf den Inseln erregte. Geboren war der Plan bei Robert Wagner, als er bei einem seiner Aufenthalte auf den Kykladen von der bestehenden EU-Maßnahme erfahren hatte. Den Beamten in Brüssel waren die zahlreichen traditionellen Fischerboote – die Kaikia – schon lange ein Dorn im Auge und sie hatten damit begonnen, die Verschrottung der Boote zu subventionieren. Ihr Plan, damit die Überfischung der Ägäis aufzuhalten, fand nicht überall Anklang, zumal ein Kaiki für die Griechen viel mehr war als nur ein schnödes Fischerboot. Es war ihr zweites Zuhause und gleichzeitig ihre Arbeitsstätte, mit der der Lebensunterhalt ganzer Familien gesichert wurde. Dabei waren die traditionell gebauten Boote aus Holz der ganze Stolz des Familienoberhauptes, die an die Kinder weitergegeben wurden, und das seit Generationen. Schon lange kämpften die kleinen Familienbetriebe ums Überleben, und das nicht nur wegen der schwindenden Fischbestände in der Ägäis. Auch die zunehmend wachsende Flotte der Großtrawler mit ihren riesigen Fangnetzen machte ihnen das Leben schwer. Eine traurige Entwicklung, die kaum aufzuhalten war. Da kam die Verschrottungsprämie der EU wie ein Brandbeschleuniger erschwerend hinzu. Um ihr karges Einkommen etwas aufzubessern, boten sich die Fischer in den Sommermonaten oft als Zubringer von Touristen zu entlegenen Stränden an, aber das konnte den Verlust ihrer eigentlichen Passion nicht ersetzen. Die Urlaubssaison war kurz und das linderte die Not nicht wirklich. Schweren Herzens waren in den vergangenen Jahren viele Fischer auf das Angebot der EU eingegangen, meist wenn die Nachkommen nicht mehr bereit waren, unter den widrigen Umständen ihrer Eltern zu arbeiten und ihre Heimatinseln verließen. Diese traurige Entwicklung setzte sich viele Jahre fort und die einheimischen Fischer fühlten sich der Situation hilflos ausgeliefert. Robert Wagner zusammen mit Dimitris Somaris kannten die Nöte der Betroffenen ganz genau und führten ein Register, in denen auf den einzelnen Inseln potenzielle...
Erscheint lt. Verlag | 26.5.2023 |
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Reihe/Serie | Ägäis-Krimis | Ägäis-Krimis |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Ägäis • Amorgos • Aquakulturen • Fische • Fischerboote • Geheimnisse • Griechenland • Griechisch • Griechische Küche • Insel • Kaiki • Krimi • Küstenstadt • Kykladen • Mord • Paros • Serifos • Tauchen • Tourismus • Überfischung. • Urlaub • Wirtschaftskrise |
ISBN-10 | 3-949961-04-6 / 3949961046 |
ISBN-13 | 978-3-949961-04-5 / 9783949961045 |
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