Eorin die Magierin 14: Die magische Waffe (eBook)
150 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-6505-6 (ISBN)
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Bericht Eorin:
Was dachte er sich nur? Dass ich mich auch weiterhin seinen Anweisungen unterwarf? Also wirklich, manchmal war Darras ausgesprochen einfältig. Gerade er musste doch wissen, dass man mit der Macht des Schwertes endlich alle äußeren Zwänge abstreifen konnte. Ich hatte nun wirklich lange genug darauf gewartet, endlich meine Kräfte so auszuleben, wie es mir zustand. Hatte ich es wirklich lange vor mir selbst geleugnet wie ein scheues, ängstliches Jaledu? Nein, wie dumm war ich gewesen. Ich, Eorin von Delkagon, war die stärkste Macht auf der Welt. In Verbindung mit dem Schwert würde selbst ein Verbund der ganzen Gemeinschaft nicht genügend Kraft haben, um mich zu kontrollieren.
Etwas verwirrt hielt ich plötzlich inne. Woher kamen nur diese Gedanken? War ich nicht immer froh darüber gewesen, dass Darras in meiner Nähe war, um gerade meine außergewöhnlichen Kräfte in die richtigen Bahnen zu lenken?
Aber nein, mit diesen Manipulationen war jetzt endlich Schluss. Ich besaß die Macht! Und ich gedachte sie anzuwenden, so wie es mir gefiel. Ganz sicher würde ich nicht zulassen, dass jemand aus der Gemeinschaft sich in meiner Nähe aufhielt.
Noch während ich die Versetzung durch die Absolute Bewegung vollzog, wusste ich nicht so recht, wohin. Nun, erst einmal fort aus der Umgebung von Darras und den anderen.
In einem kleinen Wald kam ich zu mir, im Hintergrund meiner Gedanken spürte ich die wohltuenden Impulse des Schwertes. Ich verfügte jederzeit über jede Kraft, die ich, für was auch immer, gebrauchen musste oder wollte. Durstig trank ich aus einer kleinen Quelle und suchte ein paar Beeren. Doch es war die falsche Jahreszeit, außer ein paar ungenießbaren Pilzen wuchs hier nichts. Aber ich hatte Hunger. Oh, bei allen Göttern, lebenden und toten, ich war wirklich dumm. Wozu besaß ich denn alle Macht der Welt, wenn ich es nicht einmal zustande brachte, mir etwas Essbares zu erschaffen? Ein einziges Wort genügte, und vor mir erschien ein köstlicher Salat, frisches Brot dampfte auf einem Teller, und ein großer Becher mit Würzwein verbreitete seinen köstlichen Duft.
Während ich aß, überlegte ich, wohin ich mich wenden sollte, um mit der Ausübung meiner Macht zu beginnen. Eine Idee formte sich in meinem Kopf, und ich lachte leise auf. Ja, das würde mir Spaß machen, ich sah förmlich das entgeisterte Gesicht von Darras vor mir, wenn er von diesem Geniestreich erfuhr. Er würde davon erfahren – notfalls wollte ich selbst dafür sorgen. Doch bevor ich meinen Plan in die Tat umsetzte, schlief ich noch etwas. Vielleicht war das nicht so gut, denn unruhige Träume quälen mich. Konnte das Schwert nicht auch für ungestörten Schlaf sorgen? Aber nun gut, das würde ich bestimmt noch in den Griff bekommen.
Als ich erwachte, war es kurz vor Mitternacht, wie ich am Stand der Sterne feststellte. Eigentlich genau die richtige Zeit. Wenn am nächsten Morgen alle erwachten, war der Machtwechsel vollzogen.
Es war jetzt so leicht, die Absolute Bewegung zu benutzen – wie hatte ich nur jemals Angst davor haben können? Mit einem einzigen Gedanken versetzte ich mich nach Ravens. Lorvin, der hier regierende Landlord, hatte mich damals gedemütigt, gequält, mich fast getötet. Damals hatte ich ihm verziehen, und er war mit einer verhältnismäßig geringen Strafe davongekommen. Das gedachte ich jetzt zu ändern.
Mitten im Schlafraum von Lorvin tauchte ich auf. Eine Kerze flackerte ein wenig durch den Luftzug, den mein Erscheinen hervorgerufen hatte. In der trüben Beleuchtung sah ich den Landlord in einem breiten weichen Bett, neben ihm ein Mädchen. Nun, Lorvin verstand zu leben, sie war ausgesprochen hübsch. Aber im Moment störte sie.
Ich trat ans Bett, beugte mich etwas vor und berührte sie leicht an der Schulter. Sie drehte sich um und hob im Halbschlaf die Decke an, weil sie glaubte, dass Lorvin etwas von ihr wollte. Ich grinste, dann zog ich sie an den Haaren zu mir heran. Augenblicklich war sie wach. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie wollte gerade schreien, aber daran vermochte ich sie noch zu hindern.
„Deine Dienste werden hier nicht mehr gebraucht“, erklärte ich ihr leise. Dann drückte ich ihr die Kleider in die Hand, die vor ihr auf dem Boden gelegen hatten, und machte eine unmissverständliche Bewegung zur Tür. Völlig verschreckt huschte sie davon.
Jetzt war es an der Zeit, dass Lorvin als erster meine Macht zu spüren bekam.
Ich setzte mich auf einen Stuhl, ließ einige weitere Kerzen aufflammen und rief laut ein Wort der Macht. Durch das Geräusch wurde Lorvin wach. Verwirrt und schlaftrunken schaute er unter der Bettdecke hervor und war nicht wenig überrascht, mich in seinem Schlafzimmer vorzufinden.
„Herrin, ich – ich verstehe nicht. Ist etwas geschehen, dass du hier bist? Kann ich dir behilflich sein?“
Ich schaute in verächtlich an. „Das kannst du in der Tat, Lorvin“, beschied ich ihm. „Es ist an der Zeit, dass du endlich deine Schuld bei mir bezahlst.“
„Ich – ich verstehe dich nicht“, murmelte er noch einmal und warf unruhige Blicke umher. Offensichtlich suchte er seine Kleidung. Warum fühlten sich die meisten Menschen ohne Kleidung so unwohl? Nun, ich würde dafür sorgen, dass er diese Probleme nicht mehr hatte.
„Die Zeiten sind vorbei, in denen ich als Priesterin der Gemeinschaft für jede Dummheit Verständnis aufgebracht habe. Jetzt ist es endlich soweit, dass ich den Platz einnehme, der mir schon lange zusteht. Ich dachte mir, hier bei dir fange ich damit an, meinen Machtbereich aufzubauen.“
Der Landlord wechselte mehrmals die Farbe. „Selbstverständlich steht dir alles zu Verfügung, was du benötigst, Herrin“, stammelte er, ohne wirklich zu verstehen, was ich von ihm wollte.
„Das habe ich auch nicht anders erwartet, Lorvin. Ab morgen gehört Ravens mir. Aber du, edler Landlord, wirst mir ebenfalls gehören. Ich möchte dir einen kleinen Einblick geben in das, was du mir damals angetan hast. Aus diesem Grunde wirst du mir dienen.“
„Natürlich, Herrin.“
Ich genoss das Flackern der Angst in seinen Augen und das Zittern der gepflegten Hände. Lorvin war, anders als Thomkar zum Beispiel, nur selten daran beteiligt, wenn es Arbeit zu tun gab. Er war zwar keiner von denen, die das Land bluten ließen, doch man konnte auch nicht gerade behaupten, dass es allen Teilen seines Volkes gut ging. Nun, das würde ich jetzt ändern. Ab sofort würde es allen nur so gut gehen, wie Lorvin es zuließ, indem er mir diente – auf eine ganz besondere Art.
„Du bist also bereit, alles zu tun, um mich zufrieden zu stellen?“, erkundigte ich mich freundlich. Hoffnung schimmerte für einen Moment auf, eine Hoffnung, die ich jäh und brutal zerstören wollte.
Er nickte. „Alles, was du nur willst, steht zu deiner Verfügung, Herrin.“
„Ja, das sagtest du schon. Dann will ich doch mal damit beginnen, es mir gemütlich zu machen. Du, Lorvin, wirst von jetzt an mein Schoßhund – oder wie immer man das nennen will – sein.“ Ich lachte laut auf, als er den verrückten und natürlich erfolglosen Versuch unternahm, vor mir und meinen Kräften zu fliehen. Ich sprach ein Wort aus und wob ihn dann in einen magischen Kreisel. Der Körper schrumpfte, aus den Gliedmaßen bildeten sich Läufe und Pfoten, zotteliges Fell wuchs aus der glatten Haut, der Kopf verformte sich, bis eine lange Schnauze erschien; Schlappohren bedeckten den halben Kopf, und riesige traurige Augen schauten mich panisch an.
„Sitz“, befahl ich, und der Köter kuschte und hockte sich mit einem gequälten Fiepen in die Ecke. Nun wollte ich darangehen, ganz Ravens unter meine Macht zu bringen.
Doch da war jemand, der mich störte. Eigentlich hatte ich mich schon gewundert, dass er mich nicht früher eingepeilt hatte.
„Was tust du da?“, spürte ich Darras in meinen Gedanken. Er wirkte entsetzt und verstört. Warum eigentlich? Hatte er während seiner Zeit nicht auch ungewöhnliche Dinge vollbracht?
„Etwas, das ich schon längst hätte tun sollen“, gab ich amüsiert zurück.
„Aber du bist nicht mehr du selbst.“
„Mehr als je zuvor.“
„Willst du jetzt in meine alten Fehler verfallen? Weißt du nicht mehr, was ich alles falsch gemacht habe? Lass dir helfen.“
„Ich kann deine Fehler vermeiden, schließlich habe ich sie damals beseitigen müssen. Und nun lass mich in Ruhe.“ Abrupt unterbrach ich den Kontakt, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass er vermutlich einen fürchterlichen Rückschlag erlitt. Dann spannte ich ein Magiefeld über die gesamte Stadt, und jeder Untertan wusste im gleichen Augenblick, dass sich die Machtverhältnisse in Ravens grundlegend geändert hatten.
*
Seit zwei Monaten hatte ich meine Macht hier in Ravens gefestigt. Mehrmals hatten Darras und Francis versucht Kontakt mit mir aufzunehmen. Sie hatten es sogar auf sich genommen, mein Magiefeld anzugreifen, um meine Verbindung zum Schwert zu unterbrechen. Aber ich besaß genug Kraft, um diese lächerlichen Versuche im Keim zu ersticken. Die Gemeinschaft würde ich zerstören, sobald ich es geschafft hatte, meinen Herrschaftsbereich noch etwas weiter auszudehnen. Dann würde ich endlich ausreichend Kraft besitzen, um es notfalls sogar mit dem Hellen Tempel aufzunehmen.
Jeder Begabte, der sich...
Erscheint lt. Verlag | 9.10.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7389-6505-X / 373896505X |
ISBN-13 | 978-3-7389-6505-6 / 9783738965056 |
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