Ich und du - Schule zu und digital im Nu (eBook)
487 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9364-8 (ISBN)
Ada M. Hipp, Jg. 1968, lebt mit ihrer Familie in Berlin. Seit 1992 ist sie im Berliner Schuldienst tätig. Ihr Hauptfach ist Englisch. Zunächst unterrichtete sie an einer Realschule im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Seit 2004 lehrt sie an einer Schule gleichen Bildungsziels in Berlin-Neukölln. 2019 begann sie, kleinere Episoden und Artikel über den Schulalltag zu schreiben und veröffentlicht(e) diese im wöchentlich schulintern erscheinenden Newsletter.
Ada M. Hipp, Jg. 1968, lebt mit ihrer Familie in Berlin. Seit 1992 ist sie im Berliner Schuldienst tätig. Ihr Hauptfach ist Englisch. Zunächst unterrichtete sie an einer Realschule im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Seit 2004 lehrt sie an einer Schule gleichen Bildungsziels in Berlin-Neukölln. 2019 begann sie, kleinere Episoden und Artikel über den Schulalltag zu schreiben und veröffentlicht(e) diese im wöchentlich schulintern erscheinenden Newsletter.
November / Dezember 2019 – Irgendwas ist immer
Es gab da mal eine Zeit, in der die Menschen erkennbar waren, durch Straßen und Alleen flanierten, in Parks umherwandelten und das Leben einfach so genossen als gäbe es kein Morgen. Eine Zeit vor CORONA, eine Zeit ohne Maske, ohne Abstand, ohne ständige Desinfizierung, also, eine Zeit ohne AHA-L, obwohl, gelüftet wurde schon doch auch mal. Diese Zeit, gar nicht so lange her, hieß LEBEN. Wir schrieben das Jahr 2019.
„Im kalten Monat November war’s, die Tage wurden trüber, der Wind riss von den Bäumen das Laub, da ward…“ (Aus: Heinrich Heine – Deutschland, ein Wintermärchen, Caputh 1) mein Gefährt (mal wieder) hinüber, irgendwas ist immer.
Es begab sich an einem eben dieser Tage, es kann auch bereits Dezember gewesen sein, dass ich beschwingt und frohen Sinnes mit einer Freundin nach einer kleinen Feierlichkeit in der Innenstadt, umgeben von vorweihnachtlichem Glanze und selbigen Düften, mein geliebtes Gefährt bestieg, um nach Hause zu eilen. Zuvor noch ein schnelles Huschen über den romantisch gestalteten Weihnachtsmarkt, die Leute lachten vergnügt und standen dicht aneinander gedrängt unter Heizpilzen an warmen Imbissbuden und Glühweinständen. Ohne Maske, niemand nahm Anstoß daran oder holte gar das Ordnungsamt und schlug Alarm. Da saßen wir dann dort drinnen im Gefährt, noch berauscht von Erlebtem und Erlabtem, die Gespräche beseelt und vergnügt, als da plötzlich aus dem Nichts wir eines Geräusches bewusstwurden, welches so gar nicht unserer weihnachtlich angehauchten Fröhlichkeit entsprach und sich vernahm, als wären wir auf dem Felde hoch oben auf dem Traktor unterwegs. Irgendwas ist immer.
Zudem blinkte im Cockpit die gelbe Motorlampe auf, die es partout nicht lassen wollte und sich von ihrem Leuchten und Blinken einfach nicht abbringen ließ, bis sie dann friedvoll und entspannt in dauerhaftes Leuchten überging. Die Gespräche, nun nicht mehr allzu fröhlich, zunehmend gar verstummend, versiegten nun ganz. Wir lauschten ängstlich dem ach so geliebten Gefährt und hofften dennoch pochenden Herzens, uns dahingehend vielleicht geirrt und im Grunde doch weder was gehört noch bemerkt zu haben. Sowas soll’s ja geben, gerade zur Weihnachtszeit bildet man sich schon mal so manches ein, auch, dass man gerade das Christkind oder Knecht Ruprecht gesehen habe. Jede rote Ampel wurde nun zum Martyrium, hieß es doch, dass im Stand der Motor erst so richtig tuckerte. Laut, unaufhörlich und uns Insassen derartig durchschüttelnd, als wären wir auf bereits erwähntem Traktor. Von Angst getrieben, rasenden Herzens und von Schweißausbrüchen geplagt, die Freundin vor deren Türe abgegeben, zuckelte ich, nunmehr allein nach Hause in der Hoffnung, das Geräusch würde dahin verschwinden, wo es herkam, ins Nichts. Ich würde es vor dem Hause abstellen und über Nacht löse sich das Problem von selbst, aus dem Nichts gekommen, ins Nichts verschwunden. Erstmal eine Nacht drüber schlafen und dann ist alles wieder gut, sagt man doch so und warum soll das nicht auch für einen guten Freund gelten, mein Auto.
Die Nacht gut überstanden, nicht mehr an die Widrigkeiten des Vorabends denkend, bestieg ich frohen Mutes und neuer Energie mein geliebtes Gefährt, schaltete den Motor an und fuhr los. Siehe da, kein Tuckern mehr, keine gelb-blinkende Motorleuchte, alles GUT! Der Wagen fährt – 20m … 40m … 60m … 100m – und da war sie wieder, die Motorleuchte! Gelb! Frech blinkte sie mir ins Gesicht, grüßte mich aufgeregt und mit geradezu unverschämt anmutender Fröhlichkeit. Bis sie dann, dem Vorabend gleich, entspannt und mit sich selbst zufrieden, nonstop leuchtete, der Motor wieder Traktor spielte, es war doch gestern so schön. Irgendwas ist immer.
Also entschied ich mich denn schweren Herzens, das Autohaus aufzusuchen und mein immer noch geliebtes Gefährt ebendort einzustellen. Man werde es sich ansehen, sagte man mir, die Motorgeräusche identifizieren und ich solle mich gedulden, denn wir, mein Auto und ich, wären ja nun nicht die einzigen. So galt es aber auch, den diversen Anverwandten, Bekannten, Freunden und Kollegen nunmehr einzugestehen, dass man sie nun doch nicht mehr, wie vorher großartig angekündigt und versprochen, irgendwohin mitnähme, hinbrächte oder abholte. Am nächsten Arbeitstag wurde ich von meinem lieben Ehegatten zur Schule chauffiert und nach getaner Arbeit von einer netten Kollegin zu einer Bushaltestelle mitgenommen, von der ich dann tatsächlich die öffentlichen Verkehrsmittel nutzend, entspannt und froh gesinnt nach einer Stunde zwar, aber immerhin, zu Hause ankam. So brauchte ich insgesamt nur an Stelle von 45 Minuten einundeinhalb Stunden von Haustür zu Haustür. Im Dunkeln gegangen, im Dunkeln gekommen. Irgendwas ist immer.
Für den nächsten Tag ein Taxi zur Arbeit bestellt, denn es galt in jedem Falle, pünktlich und wie immer entspannt ebendort anzukommen. Es war schließlich Tag 1 der Schulinspektion, Lehrerschaft, Schülerschaft, Elternschaft, sie alle werden beobachtet, begutachtet und anderweitig geachtet und an einem solchen Tage möchte man weder abgehetzt noch gestresst oder gar verspätet zum Dienst erscheinen. Die entspannte Anreise erwies sich bereits unmittelbar nach Betreten des Taxis als pure Illusion, da dieser Fahrer ein wohl sehr einsamer Mitbürger zu sein schien und sogleich, kaum dass ich saß, damit begann, mir seine gesamte Lebensgeschichte darzulegen, einschließlich seiner Meinung über die Verkehrslage im Bezirk, den Bürgermeister in eben diesem, zukünftig geplante Bauvorhaben des Bezirks bis hin zur STASI. Eigentlich freute ich mich auf mein Buch, das ich extra mit mir führte, und wollte lesen. Irgendwas ist immer.
Nun, die Arbeit ward verrichtet, ging es wieder mit den Öffentlichen zurück ins traute Heim, welches ich dann auch nach zweieinhalb Stunden durchgefroren, aber heil und glücklich, erreichte. Gegen Abend bestellte ich mir wiederholt ein Taxi für den nächsten Morgen in der Gewissheit, dass nicht alle Berliner Taxifahrer einsam seien und ich diesmal wohl tatsächlich entspannt und erquickt in der Schule ankäme. Die Nacht verlief ruhig und ohne Zwischenfälle, nicht mal die Wildschweine bei uns draußen verloren sich und rumorten in unseren Mülltonnen. Ich schlief seelenruhig, bis der Wecker mich mit seinem unsäglich lauten Klingeln aus dem Schlaf riss. Nach Erwachen und den diversen morgendlichen Riten, noch unter der Dusche stehend, das wohlig warme Wasser an mir herabprasselnd, traf mich der Schlag. Du hast doch deine Tasche extra in der Schule gelassen, damit du das schwere Ding nicht in den Öffentlichen auch noch nach Hause schleppen musst! Lediglich die doofe Brille und eine müde Fahrkarte für den Weg nach Hause hatte ich mir eingepackt! ALLES andere war in der Schule geblieben, einschließlich Bargeld und ec-Karte! Das darf doch nicht wahr sein und der Ehegatte wieder mal über Nacht unterwegs und nicht als Chauffeur verfügbar. Irgendwas ist immer.
Naja, erstmal nachsehen, ob das überhaupt stimmt, man weiß ja nie. Also raus aus der doch eben noch so angenehm warmen Dusche, tropfend nass ran an die Handtasche und nachgeschaut. Doch eigentlich bereits vorher schon irgendwie geahnt: wirklich kein Geld, keine ec-Karte, nicht mal ein Euro; nichts. Was bleibt, Krankmeldung, beim Nachbarn klingeln? Vielleicht doch mit dem Taxi zur Schule und auf dem Hinweg zum Geldautomaten …? Ach Mist, keine ec-Karte! Mit dem Taxi erst zur Schule, dann hoch in die 2. Etage ins Lehrerzimmer rennen und dann bezahlen? Äh, keine Lust, zu anstrengend, außerdem trifft man dann womöglich irgendwelche Figuren in Form von Kollegen oder gar Schülerinnen und Schülern oder den Hausmeister und der fragt dann auch noch, was denn sei und warum man bereits am frühen Morgen schon so abgehetzt und völlig unentspannt wirke, nee. Wohnt denn echt nicht ein einziger von denen in meiner Nähe? Ach ja, das wäre doch die Lösung. Äh, geht nicht, kann man um diese Zeit nicht machen, ist schließlich erst kurz nach fünf Uhr und sowas macht man einfach nicht so früh am Morgen. Eine WhatsApp schreiben? Wird vielleicht nicht gelesen oder zu spät, kann man sich also auch nicht drauf verlassen und dann hast du gar nichts! Etwa doch mit den Öffentlichen, auch hinwärts?!
Aber ganz ENTSPANNT, ist ja noch so viel ZEIT! Ist erst fünf Uhr früh! Taxi abgesagt, Täschchen gepackt, einschließlich der einen noch vorhandenen zerknitterter müden Fahrkarte – Gott sei Dank, wenigstens das – selbst für eine neue hätte ich kein Geld gehabt. Es sei denn, ich würde vorher noch schnell mal zu REWE Flaschen wegbringen wie früher als Kind, wenn man sein Taschengeld aufgebraucht, aber unbedingt Lust auf diese eine Tafel Schokolade hatte. Ach nee, das kann dann knapp werden und dann hetzt man doch und kommt völlig durchgeschwitzt in der Schule an. Noch habe ich ja Zeit, also gemütlich um 06.15 Uhr los – man, das ist aber wirklich verdammt früh – das schaffst du dicke und kannst dann sogar nochmal schnell runter zum Kopierer.
Zunächst wäre da die Tram, die fährt ja alle 10 Minuten, da bin ich ganz ENTSPANNT, sind ja nur noch 20 Meter bis zur Haltestelle. Ich glaub, die steht schon da. Mist, die fährt doch jetzt, wo ich schon fast da bin, nicht etwa los?! Doch, VERPASST!!! So ein Mist, 10 Minuten verschenkt, aber zum Glück bin ich ja frühzeitigst los, ich hab Zeit. Ah, da kommt ja schon die nächste, hoffentlich macht der die Türen schon auf und lässt mich rein, die haben sich ja da manchmal so, sonst erfriere ich noch. Ich bin schließlich Autofahrerin und die ziehen sich ja immer zu dünn an. Und tatsächlich, der Fahrer ist nett, lässt mich und andere arme Teufel rein und...
| Erscheint lt. Verlag | 6.6.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Briefe / Tagebücher |
| Schlagworte | Berichte • Brennpunkt • Erinnerungen • Homeschooling • Pädagogik • Pandemie • Schulschließung • Sekundarschule • Tagebuch |
| ISBN-10 | 3-7541-9364-3 / 3754193643 |
| ISBN-13 | 978-3-7541-9364-8 / 9783754193648 |
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