Schwarz ist der Wald (eBook)
224 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70350-1 (ISBN)
CLAUDIA BARDELANG wurde 1964 in der Schweiz geboren, wuchs aber in Emmendingen im Breisgau auf. Die Lithographin und Malerin stellte viele Jahre in Deutschland und Italien aus, bevor sie ihre Liebe zum Schreiben entdeckte. Nach einem späten Studium arbeitet sie heute als Lehrerin. Claudia Bardelang hat eine erwachsene Tochter und lebt mit ihrem Partner in Freiburg im Breisgau. Derzeit schreibt sie an Johann Briamontes zweitem Fall.
CLAUDIA BARDELANG wurde 1964 in der Schweiz geboren, wuchs aber in Emmendingen im Breisgau auf. Die Lithographin und Malerin stellte viele Jahre in Deutschland und Italien aus, bevor sie ihre Liebe zum Schreiben entdeckte. Nach einem späten Studium arbeitet sie heute als Lehrerin. Claudia Bardelang hat eine erwachsene Tochter und lebt mit ihrem Partner in Freiburg im Breisgau. Derzeit schreibt sie an Johann Briamontes zweitem Fall.
12
Es war noch Frühstückszeit. Briamonte, dem sein Hund nicht von der Seite wich, warf einen Blick in den Speiseraum, aber das italienische Pärchen war nicht da. Herbert Mayer saß alleine in der Gaststube am Stammtisch, mit einer Tasse Kaffee und der Zeitung. »Guten Morgen, Herr Mayer. Darf ich?« Briamonte zog einen Stuhl heran und setzte sich, ohne eine Antwort abzuwarten.
Sein Gegenüber ließ die Zeitung sinken. »Was wollen Sie? Ich hab Ihnen gestern schon alles gesagt, was ich weiß!«
Schwarzwälder Charme vom Feinsten. Briamonte verzog keine Miene. »Herr Mayer, wissen Sie zufällig, wer von den vier Pächtern des oberen Reviers am Freitagabend am Krunkelbach auf der Jagd war?«
»Warum interessiert Sie das?«
Briamonte sah ihn schweigend an. Sein Gegenüber hielt dem Blick stand, unfreundlich und renitent. Dann gab er nach.
»Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?«
»Weil Sie sich mit vier anderen Jägern die Parzelle teilen, Mitglied der Chatgruppe sind und zwangsläufig mitkriegen, wenn sich jemand meldet …«
Irrte er sich, oder war der Alte gerade erleichtert?
»Am Freitag hat niemand gejagt.«
»Ich möchte den Chatverlauf sehen. Bitte!«
Der Alte tat, als hätte er nicht gehört, und winkte der Mitarbeiterin hinter der Theke: »Einen Kaffee für Sie?«
»Nein, danke. Nur den Chatverlauf.« Der Mann ging ihm entschieden auf die Nerven: »Herr Mayer, das hier ist eine Befragung in einer Mordermittlung, aber ich lade Sie herzlich gerne zu einem offiziellen Verhör auf die Polizeidirektion in Waldshut vor, wenn Ihnen das lieber ist.«
Endlich zog der Hotelier sein Telefon hervor und öffnete den Verlauf der Gruppe. Nichts. Kein Eintrag, nichts gelöscht. Wieso dann das Theater? Briamonte bemerkte den zufriedenen Gesichtsausdruck seines Gegenübers. Er lehnte sich vor und fixierte ihn scharf: »Scheint, als wäre niemand dort gewesen. Merkwürdig, denn wir haben eine verendete Wildsau gefunden. Angeschossen. Vorgestern. Was sagen Sie dazu, Herr Mayer? Keine Nachsuche. Das ist nicht anständig, finden Sie nicht? Gegen alles, wofür das Waidmannshandwerk steht. Können Sie sich vorstellen, wer so etwas tut?« Briamonte verschärfte seinen Ton: »Übrigens, das bedeutet nicht viel, wenn Sie sich nicht im Chat abgesprochen haben. Apropos, wo waren Sie denn am Freitagabend, Herr Mayer?« Er beobachtete, wie der zufriedene Gesichtsausdruck verschwand.
»Ich?«, echote der Alte, als ob er nicht genau verstanden hätte.
»Ja, Sie.«
»Nicht auf der Jagd jedenfalls, falls Sie darauf anspielen, Ich war hier. Freitagabend ist immer viel zu tun.«
»Kann das jemand bezeugen?«
»Äh, ja, natürlich. Meine Frau und meine Tochter.«
»Aha«, erwiderte Briamonte und drehte sich um, als er den Blick seines Gegenübers zur Küchentür bemerkte. Da war sie ja. Die Tochter. Briamonte ließ von dem alten Mann ab. Er würde schon erfahren, wer am Freitagabend auf dem Hochsitz am Tatort war und die Wildsau angeschossen hatte. Er wandte sich an die Junior-Wirtin, die einen Blick mit ihrem Vater gewechselt hatte: »Kann ich Sie einen Augenblick sprechen? Am besten irgendwo, wo wir ungestört sind.«
Sie führte ihn in den hinteren Teil des Gastraumes, wo er gestern schon gesessen hatte, und stellte fest, dass sie müde aussah.
»Danke, dass Sie sich kurz Zeit nehmen. Wie geht es Ihnen?«
»Ganz gut.«
»Sagen Sie, Ihre Mutter und Sie schienen mir außergewöhnlich stark betroffen vom Tod Ihres Mitarbeiters. Wieso?«
Sie sah auf ihre verschränkten Hände.
»Er hat ein halbes Jahr hier gearbeitet und war sicherlich ein sehr sympathischer junger Mann, aber Ihre Reaktion auf seinen Tod lassen mich eher an eine persönliche Verbindung denken«, fuhr Briamonte fort, und sie wurde rot. »Sie haben doch noch zwei jüngere Schwestern, soweit ich mich erinnere.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Sie erkennen mich nicht, stimmt’s?«
Jetzt sah sie ihm direkt ins Gesicht und errötete noch stärker. »Nein. Tut mir leid.«
»Macht nichts.« Briamonte winkte ab. »Ihre jüngeren Schwestern, wie alt sind sie jetzt?«, kam er wieder auf das Thema zurück.
»Einunddreißig und dreiundzwanzig«, antwortete sie widerstrebend.
»Hatten Ihre jüngste Schwester und der Tote ein Verhältnis?« Ein Schuss ins Blaue, aber ihr Gesicht sprach Bände. »Also hatten sie«, stellte er zufrieden fest. »Kann ich sie sprechen?«
»Nein!«
Die Antwort fiel so heftig aus, dass Briamonte die Augenbrauen hob.
»Ihr geht’s nicht gut. Das können Sie sich denken.«
»Das verstehe ich vollkommen, aber ich werde sie sprechen müssen. Irgendjemand hat ihren Freund ermordet, und sie hat sicher ein Interesse daran, dass der Mörder gefasst wird.« Leider klingelte in dem Augenblick Briamontes Telefon, weshalb ihm der beunruhigte Blick der Junior-Wirtin entging. Er drückte das Gespräch weg und sah wieder hoch: »Nun?«
»Vielleicht heute Nachmittag?«, schlug sie vor: »Dann kann ich sie darauf vorbereiten.«
Briamonte sah sie prüfend an. »Was sagte denn Ihr Vater zu der Liebschaft?«
Sie zögerte unmerklich. »Der freute sich. Ja. Wirklich! Ein künftiger Schwiegersohn als günstige Arbeitskraft …« Ihr Lachen war bemüht. Es war offensichtlich, dass sie ihn anlog. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass der Alte fuchsteufelswild war über das Verhältnis seiner Tochter mit einem Italiener, aber hätte das ausgereicht, um ihn umzubringen? Widerspenstig genug gebärdete er sich ja, aber wenn er nicht ganz dumm war, wusste er, dass man ihm so einen Mord im Handumdrehen nachweisen konnte. Seltsam.
»Frau Mayer, wo war Ihr Vater am Freitagabend?«
»Äh, Freitagabend?«
Briamonte seufzte. »Sie haben mich genau verstanden.«
»Hier.«
»Sind Sie sicher?! Frau Mayer, ich werde den Eindruck nicht los, dass ich sowohl von Ihnen als auch von Ihrem Vater angelogen werde. Darf ich Sie daran erinnern, dass ich Kriminalbeamter bin und in einem Mordfall ermittle?«
Sie wurde erst blass, dann abweisend. Ganz der Vater. »Wo soll er schon gewesen sein? Höchstwahrscheinlich hier, wie immer! Ich kann mich nicht erinnern.«
»Aha.« Er ließ keinen Zweifel daran, dass er ihr nicht glaubte. »Noch etwas anderes: Hatte Ihre Schwester vor Gianrico Masiero schon einmal einen Freund? Oder Verehrer?«
»Nein. Nicht, dass ich wüsste.«
Briamonte erhob sich. »Richten Sie Ihrer Schwester bitte aus, dass ich sie heute Nachmittag sprechen möchte.«
Als er am Stammtisch vorbeikam, war der Alte weg. Dann rief er Schopferer an. »Lassen Sie sich am Montag früh beim Landratsamt eine Liste der Waffen aller registrierten Jäger geben … Ja … St. Blasien bis Feldberg. Besonders interessieren mich die Waffen eines gewissen Herbert Mayer, mit Ypsilon.« Dann fiel ihm noch etwas ein. »Und Schopferer: Suchen Sie mir doch bitte die Adressen und Telefonnummern von Werner Pfaff, Peter Kienzler und Hubert Thoma heraus, alle aus Menzenschwand. Danke!«
Als er das Hotel verließ, hörte er seinen Namen und drehte sich um. Der junge Italiener aus Mailand kam gerade die Treppe herunter.
»Buongiorno! Come sta? Wie geht es Ihnen? Sind Sie auf dem Sprung?«, begrüßte er ihn.
»Gut, danke, und nein, ich bin noch nicht sicher, was ich heute unternehmen soll.«
»Ist Ihre Frau …?«
»Im Museum, ja.«
An diesem Sonntagmorgen hatte Mantovani lange mit sich gerungen, ob er Fahrrad fahren sollte oder lieber wandern. Zu beidem hatte er keine Lust, obwohl das Wetter ideal war, aber alleine nach St. Blasien fahren oder nach Bernau ins Museum wollte er auch nicht. Am ehesten noch nach Freiburg, aber den Ausflug hätte er lieber mit seiner Frau an einem Wochentag gemacht, wenn neben den Restaurants auch die Geschäfte geöffnet waren.
»Wollen Sie mit mir Mittagessen?«, schlug Briamonte vor, dem der Magen knurrte. »Es ist zwar erst elf vorbei, aber wir bekommen sicher schon etwas.«
»Sehr gerne! Wo? Hier?«
Sie setzten sich auf die Hotelterrasse und bestellten erst einen Aperitif, dann ein Steak vom Hinterwälder Rind mit Pommes frites und plauderten dann über das milde Herbstwetter, die Schönheit des Schwarzwaldes im Herbst und über seinen Hund, der zufrieden in der Sonne lag.
»Kannten Sie eigentlich den jungen italienischen Kellner hier?«, fragte Briamonte dann, abrupt das Thema wechselnd, nachdem die Bedienung die Aperitifs gebracht hatte.
»Kannten? Wieso kannten?«
Briamonte wurde augenblicklich hellhörig. Dass jemandem der Tempusunterschied auf Anhieb auffiel, war ungewöhnlich. Er nahm Mantovani schärfer in den Blick, was diesem nicht entging.
Er hielt der Musterung jedoch gelassen stand und fragte: »Sie sagten kannten. Ist etwas mit ihm? Kennen Sie ihn? Meine Frau und ich haben uns in der Tat gewundert …«
»Worüber gewundert?« Briamonte klang schärfer, als er beabsichtigt hatte. Ein bisschen viele Italiener gerade, fand er. Merkwürdiger Zufall. Zufall? Wirklich?
»Uns fiel auf, dass er plötzlich nicht mehr da war und die jüngste Tochter des Hauses verweinte Augen hatte«, antwortete Mantovani jetzt und musterte seinerseits sein Gegenüber: »Wieso fragen Sie?«
Briamonte zog seinen Dienstausweis hervor und schob ihn Mantovani hinüber: »Ich bin Polizist.«
»Dann ist ihm etwas zugestoßen?«, konstatierte Mantovani und betrachtete erst den Ausweis, dann Briamonte mit noch mehr Interesse.
»Er ist ermordet worden.«
»Wirklich?! Das tut mir...
Erscheint lt. Verlag | 28.7.2022 |
---|---|
Reihe/Serie | Ein Fall für Briamonte | Ein Fall für Briamonte |
Verlagsort | Zürich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Heimat • Hotel • Jäger • Mord • Schwarzwald |
ISBN-10 | 3-311-70350-2 / 3311703502 |
ISBN-13 | 978-3-311-70350-1 / 9783311703501 |
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