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Rauhnächte - Sie werden dich jagen (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491530-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rauhnächte - Sie werden dich jagen -  Ulrike Gerold,  Wolfram Hänel
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Du musst rennen. Du musst schneller sein als sie. Schneller und schlauer. Hochspannend und dramatisch: Der neue Standalone-Thriller des Autorenduos Ulrike Gerold und Wolfram Hänel. Junge Frauen verschwinden. In diesen magischen Nächten zwischen den Jahren. Nach zwölf Tagen kehren sie zurück, verwirrt und verstört. Zwei von ihnen haben es nicht mehr ausgehalten, sie gingen freiwillig in den Tod. Andere sind aus dem Tal weggezogen und nie wieder zurückgekehrt. Die wenigen, die geblieben sind, sprechen nicht darüber. Als Lisa an Weihnachten zu ihren Großeltern ins Tal fährt, sucht sie Antworten. Was geschah damals mit ihr? Auch dieses Jahr ist wieder ein Mädchen verschwunden. Warum spricht niemand darüber? Ein verstörender Thriller für die beste Lesezeit des Jahres.  »Hochspannend und dramatisch. «  Fränkische Nachrichten

Ulrike Gerold und Wolfram Hänel waren lange am Theater, bevor sie zu schreiben begannen. Inzwischen haben sie über 150 Romane, Erzählungen und Bilderbücher veröffentlicht, die in insgesamt 30 Sprachen übersetzt wurden. Bei den S. Fischer Verlagen erschienen zuletzt die Thriller »Rauhnächte« und »Fastenzeit«. Beide Autoren leben und arbeiten zusammen in Hannover und Berlin und sind Mitglieder im PEN Berlin.

Ulrike Gerold und Wolfram Hänel waren lange am Theater, bevor sie zu schreiben begannen. Inzwischen haben sie über 150 Romane, Erzählungen und Bilderbücher veröffentlicht, die in insgesamt 30 Sprachen übersetzt wurden. Bei den S. Fischer Verlagen erschienen zuletzt die Thriller »Rauhnächte« und »Fastenzeit«. Beide Autoren leben und arbeiten zusammen in Hannover und Berlin und sind Mitglieder im PEN Berlin.

sehr spannend

[...] in seiner Anlage könnte der spannungsgetriebene Roman [...] als Drehbuch für eine Streaming-Serie dienen.

Hochspannend und dramatisch[...]

Was mysteriös und mythisch beginnt, wird zu einer sehr heutigen Geschichte, die bei aller Spannung souverän mit gesellschaftspolitischen Untertönen gespickt ist.

1. KAPITEL, 25. DEZEMBER


Zurück zu den Wurzeln

Wenn die Nächte so kalt sind, dass die Tränen gefrieren

Es war jetzt bald sechs Jahre her, seit sie das letzte Mal im Dorf war. Zur Beerdigung ihrer Mutter. Und sie war damals nur gekommen, um es den Großeltern nicht noch schwerer zu machen. Es war von vornherein klar gewesen, dass sie nicht länger bleiben würde als einen halben Tag und eine Nacht, schon am nächsten Morgen war sie wieder gefahren.

 

Die unsägliche Trauer der beiden Alten war fast körperlich spürbar, daran erinnerte sie sich noch, wie ein Geruch, der immer stärker wurde, je näher man ihnen kam. Und je länger sie zusammen an dem schweren Zirbenholztisch in der Essstube saßen, die Großmutter mit starrem Blick und den Händen untätig im Schoß, der Großvater mit dem halbvollen Glas Haselnussschnaps vor sich, von dem er nach dem ersten Schluck nichts mehr trank.

Sie hatten dort gesessen, bis die Kerze so weit niedergebrannt war, dass sich ein Strom von heißem Wachs über die Tischplatte ergoss. Bis der Großvater aufstand und wortlos die Hand nach seiner Frau ausstreckte, mit krummen Schultern und den Blick auf den Fußboden gerichtet.

»Schlaf gut, mein Kind«, hatte die Großmutter ihr zugeflüstert. »Fürchte dich nicht!«

Ein dumpfer Schmerz, der das Haus nie wieder verlassen würde. Doch der Schmerz war nicht neu. Für keinen von ihnen, für Lisa am allerwenigsten.

Fürchte dich nicht!

Seither hatte sich Lisa mehr als nur einmal gefragt, ob die Worte der alten Frau nicht ganz anders gemeint gewesen waren, als sie klangen. Nicht als Trost, sondern als Warnung. Vielleicht hätte ihre Mutter diese Frage beantworten können. Aber die hatte es vorgezogen, einen ganz anderen Weg zu gehen. Auch wenn ihr geliebter Herrgott damit sicherlich nicht einverstanden war. Aber vielleicht hatte sie ihn diesmal ausnahmsweise nicht um seinen Rat gebeten.

 

Als Lisa das Schild an der Abzweigung von der Landesstraße passierte, schaltete sie zurück und trat das Gaspedal durch. Immer noch kannte sie jede Kurve, die jetzt vor ihr lag, auswendig. Sie wusste genau, wann sie Gas geben oder gerade noch rechtzeitig bremsen musste, um die enge und steile Straße zum Pass hinauf in weniger als zehn Minuten zu bewältigen. Der Toni hatte es mit ihr geübt, immer wieder und wieder. Acht Minuten, fünfundvierzig Sekunden war Tonis Rekord gewesen. Im selben Jahr, in dem … sich alles verändert hatte. Acht Minuten, fünfundvierzig Sekunden. Aber niemand fuhr so gewagt wie Toni. Niemand, der nicht riskieren wollte, auf die gleiche Weise zu enden wie der Viehauser Sepp, Tonis bester Freund. Damals, lange her.

Das schraffierte Schild, das vor der Spitzkehre warnte, war neu, eine Leitplanke sicherte den Abgrund, nur das Kreuz erinnerte noch an das Unglück in jener Nacht, die den Sepp das Leben gekostet hatte. Wenn Lisa es eben im Vorbeifahren richtig gesehen hatte, war das Kreuz geborsten, und es stand auch kein ewiges Licht mehr unter dem verwitterten Dach. Es wollte Lisa wie ein schlechtes Omen erscheinen, als würde sich niemand mehr an den Sepp erinnern.

Auf der linken Straßenseite hingen meterlange Eiszapfen in den Spalten und Vorsprüngen der schroffen Felswand, das alte Holzgeländer der Brücke über die Klamm war durch einen Drahtgitterzaun ersetzt. Ein neues, geschnitztes Schild wies den Weg zum »Jungfernsprung«. Soweit Lisa es erkennen konnte, war der Fußsteig jetzt mit Halteseilen versehen, damit keine verzweifelte Jungfrau in die Tiefe stürzen würde, bevor sie nicht selber den endgültigen Schritt über die Felskante machte. Keine verzweifelte Jungfrau und auch keine, die es eben nicht mehr war.

So viel Tod, so viel Elend, dachte Lisa, während sie nach dem alten Schuhkarton auf dem Beifahrersitz griff und sich auf gut Glück eine CD herauszog. Ausgerechnet die Beatles! Aber Hauptsache, sie konnte den Text mitsingen, um alle unwillkommenen Gedanken zu verdrängen. Und »Let it Be« war vielleicht nicht die schlechteste Wahl: »When I find myself in times of trouble, Mother Mary comes to me, speaking words of wisdom, let it be, let it be …«

Lisa drehte die Lautstärke so hoch, dass der Motor nicht mehr zu hören war. Umso mehr schrak sie bei dem gellenden Ton einer Hupe zusammen, hundertfach warfen die Felswände das Echo zurück. Als Lisa in den Außenspiegel blickte, hing der schwarze Mercedes-Van bereits dicht an ihrer Stoßstange und setzte zum Überholen an.

Es war das letzte gerade Stück vor der Passhöhe, kaum mehr als knapp hundert Meter, und es war unmöglich, die nächste Kurve einzusehen, in der jederzeit ein entgegenkommendes Auto auftauchen konnte, auch der Linienbus oder ein Holztransporter, der fast die gesamte Breite der Fahrbahn benötigte. Obwohl es Lisa reizte, noch einmal zu beschleunigen, zwang sie sich, den Fuß vom Gas zu nehmen und so weit wie möglich nach rechts auszuweichen. In Sekunden schoss der Van an ihr vorbei – gerade dass sie noch die neongelbe Beschriftung des einzigen Taxi-Betriebs in Oberalmdorf erkannte, wahrscheinlich war es der Carlo selber, der hinterm Steuer saß.

Erst als sie sich fragte, wieso er nach seinem riskanten Manöver nicht wenigstens die Warnblinkanlage als kurzen Gruß einschaltete, wurde ihr klar, dass er ihren Volvo für ein Touristenauto gehalten hatte. Zur Beerdigung ihrer Mutter war Lisa noch mit dem klapprigen Golf unterwegs gewesen, und der Volvo hatte ein Münchner Kennzeichen, der Carlo oder wer auch immer konnte sie gar nicht erkannt haben. Sie war inkognito unterwegs.

Für einen Moment wünschte sie sich, dass sie genau so auch die paar Tage bei den Großeltern verbringen könnte – inkognito. Ohne dass irgendjemand im Dorf wüsste, wer da zu Besuch gekommen war. Und vor allem ohne dass es der Toni erfahren würde! Doch es würde keine zwei Stunden dauern, bis alle Bescheid wüssten. So war das nun mal in Oberalmdorf. Und so war das vor allem, wenn man ihnen den Rücken gekehrt und deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass diese Entscheidung unwiderruflich war.

»Let it be, let it be«, summte sie die letzten Zeilen des Beatles-Songs leise mit, während sie die alte Mautstelle passierte. Wie immer wirkte die lange schon unbewohnte Wachhütte dunkel und abweisend, fast furchteinflößend. Mit dem Fuß auf der Bremse steuerte sie den Volvo durch die steilen Kehren nach unten ins Tal, so langsam, als wollte sie jede Minute auskosten, die sie noch für sich alleine hatte.

Der Straßenbelag glänzte verräterisch im Licht der Autoscheinwerfer, in der engen Kurve kurz vor der Abzweigung geriet der Volvo leicht ins Rutschen. Lisa fuhr jetzt noch vorsichtiger.

Als sie im Schritttempo von der Hauptstraße abbog, stand die alte Frau Pracht vor ihrem Haus mit den schwarz gebeizten Balken und den verwitterten Fensterläden. Niemand im Dorf konnte die Buchstaben über der Tür deuten, die dort wie hingekratzt ins Holz geschnitzt waren. Und die Pracht selber schwieg beharrlich auf alle Fragen. Als brächte es Unglück, das Geheimnis zu verraten. Wie schon früher hatte sie auch heute eine Katze auf der Schulter sitzen, eine schwarze Katze, nicht von ungefähr nannten die Leute sie hinter vorgehaltener Hand »die Hexe«. Lisa mochte die Hexe nicht, sie hatte sie noch nie gemocht.

Jetzt stutzte die Alte und beugte sich vor, um besser durch die Windschutzscheibe spähen zu können, Lisa hob kurz die Hand, aber sie bezweifelte, dass die Pracht sie erkannt hatte.

Ganz leise begann es wieder zu schneien, die Straßenlampe vorm Haus der Großeltern warf einen gelblichen Schein in die einsetzende Dämmerung. Lisa parkte neben dem alten Stall, durch das offene Tor konnte sie den Trecker erkennen, den der Großvater also immer noch benutzte, um sein Feuerholz aus dem Wald zu holen.

Die Tanne vorm Haus war mit einer bunten Lichterkette geschmückt. Zu bunt, fand Lisa. Sie vermisste den Herrnhuter Stern, der früher zu Weihnachten grundsätzlich unter dem Vordach der Eingangstür gehangen hatte.

Im Haus selbst war nur das Küchenfenster erleuchtet, für einen Augenblick meinte Lisa, den Schatten der Großmutter hinter der Gardine auszumachen, gleich darauf wurde das Licht gelöscht.

Fast rechnete sie jetzt damit, dass die beiden Alten aus der Tür traten, um sie zu empfangen. Sie hatte am Telefon angekündigt, dass sie kommen würde. Sogar die ungefähre Zeit hatte sie gesagt, »gegen fünf, halb sechs«. Die Uhr am Armaturenbrett zeigte zwanzig Minuten nach fünf. Aber im Haus rührte sich nichts.

Oben am Berg wischten die Scheinwerfer der Pistenraupen über den Schnee, das auf- und abschwellende Dröhnen der Dieselmotoren war bis ins Tal zu hören.

Lisa schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Nackenstütze. Noch war das Auto warm von der Fahrt. Sie hatte die ganze Zeit über die Heizung auf zweiundzwanzig Grad gestellt, einen Moment würde sich die Wärme halten. Noch hatte sie also ein paar Minuten Zeit.

Noch konnte sie auch einfach den Schlüssel umdrehen, den Motor starten und wieder fahren. Aber ihr war klar, dass sie das nicht tun würde. Sie brauchte endlich Antworten. Und sie wollte die...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2022
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Der Pass • Die beste Lesezeit des Jahres • fessselnde Spannung • Frauenjagd • geheimnisvolle rauhnächte • Großarl • Großarltal • HeiligeNächte • Hetzjagd • Holzmasken • Julia Jentsch • Klüpfel/Kobr • Krampus • magische Zeit • Mythen und Rituale • Nicholas Ofczarek • Rauhe Nächte • Rauhnacht • Raunacht • Raunächte • Rituale • Romy Hausmann • Salzburger Land • Serienvergewaltiger • Wilde Jagd
ISBN-10 3-10-491530-X / 310491530X
ISBN-13 978-3-10-491530-2 / 9783104915302
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