Der Mordclub von Shaftesbury – Eine Tote bleibt selten allein (eBook)
320 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3041-6 (ISBN)
Willkommen in Shaftesbury.
Penelope St. James zieht aus London in den kleinen Ort Shaftesbury, um dort eine Partnervermittlungsagentur zu eröffnen. Der Anfang ist schwierig, denn Handyempfang gibt es nur auf dem Friedhof, und ihr neuer Nachbar Sam ist ausgerechnet Tierarzt - mit Tieren kann Penelope nun wirklich nichts anfangen. Als sie mitansehen muss, wie eine Frau überfahren wird, ist sie misstrauisch, denn sie glaubt nicht an einen Unfall. Zusammen mit Sam und den Dorfbewohnern stößt sie auf ein düsteres Geheimnis - das weitere Opfer fordern wird, wenn Penelope nicht schnell den Mörder findet ...
Oh, so very British: ein charmanter Krimi voller England-Flair mit einer Ermittlerin, die alle Herzen schneller schlagen lässt.
Emily Winston ist das Pseudonym von Angela Lautenschläger. Sie arbeitet seit Jahren als Nachlasspflegerin und erlebt in ihrem Berufsalltag mehr spannende Fälle, als sie in Büchern verarbeiten kann. Ihre Freizeit widmet sie voll und ganz dem Krimilesen, dem Schreiben und dem Reisen. Besonders die britische Lebensart und der englische Humor haben es ihr angetan. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in Hamburg.
Mittwoch
Penelope St. James hasste alles, was ein Fell oder Gefieder trug. Sie liebte Designerkleidung, nannte eine Handtaschensammlung von Louis Vuitton ihr Eigen und war schnell gelangweilt von Gesprächen über das Wetter, das politische Tagesgeschehen und die jüngste Rosenzüchtung. Sie brauchte die Luft im Innern einer Boutique zum Atmen und den Krach von Londons Straßen, um sich lebendig zu fühlen. Und sie war ehrgeizig. Sehr ehrgeizig. Nur aus diesem einzigen Grund befand sie sich jetzt hier. In einer Tausend-Seelen-Gemeinde im Nirgendwo. In Shaftesbury.
Penelope lehnte die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. Auf der Herfahrt hatte sie eine alte Dame nach dem Weg zu ihrem neuen Zuhause gefragt. Die alte Dame hatte mit ihrem Stock irgendwohin gedeutet und gesagt: »Hinter dem Dorfanger links.« Penelope hatte erst mal auf ihrem Smartphone nachsehen müssen, was ein verdammter Anger war. Aber natürlich hatte sie kein Netz gehabt und schließlich noch einen Bauern auf seinem Trecker und eine Gruppe kickender Jungs fragen müssen. Inzwischen wusste sie, dass »Anger« das Synonym für das »Ende der Welt« war – wenn nicht gar für das »Ende des Lebens« –, auch wenn das Wörterbuch meinte, es handele sich um einen grasbewachsenen Dorfplatz.
Sie trank einen Schluck Kaffee. Seit geschlagenen fünf Minuten sah sie schon aus dem Fenster und hatte keine Menschenseele gesehen. Nur eine Katze war langsam über den Anger geschlendert.
Penelope schloss für einen Augenblick die Augen. Vielleicht war es falsch gewesen herzukommen. Nicht vielleicht, bestimmt! Was zum Teufel sollte sie hier? Wie sollte sie hier jemals erfolgreich sein? Sie stellte sich Jeremy vor, der jetzt in seinem Büro in London saß und sich ins Fäustchen lachte, weil sie ihm auf den Leim gegangen war. »Was?«, würde er lachend fragen, wenn sie wutentbrannt in sein Büro stürmte. »Das war ein Witz, Penny! Ich hätte nie gedacht, dass du darauf hereinfällst und dich in diesem Kaff einmotten lässt.« Und dann würde er wieder ernst werden und sagen: »Aber eines ist dir doch wohl klar: Wenn du dich so leicht hinters Licht führen lässt, bist du als mein Kompagnon nicht geeignet.« Und das war es, was sie wollte: Partnerin des »Golden Sunshine und Luxury Club« werden, der exklusivsten Partnervermittlungsagentur Englands. Der Ansammlung von Luxus, Geld und Macht, von Earls, Unternehmensbossen und gut aussehenden Menschen. Der Crème de la Crème. Als sie Jeremy nach seinen Plänen gefragt hatte, hatte er nur milde gelächelt und gesagt: »Penny, Schätzchen, London ist abgegrast. Wir tauschen die Leute hier doch nur noch durch. Jeder war schon mal mit jedem verheiratet. Nein, wir müssen raus aufs Land. Dort leben die Reichen und Gebildeten einsam und allein in ihren riesigen Herrenhäusern und warten darauf, dass wir ihnen eine schöne Frau vermitteln.« Sie hatte entgegnet, dass in Shaftesbury nur eine Handvoll Menschen lebe. »Eine Handvoll, aber mit den höchsten Einkünften und den größten Vermögen«, war Jeremys Antwort gewesen. »Wir müssen raus aufs Land, zurück zur Natur, direkt zu den Menschen. Die Zeiten, in denen sich alles nur noch im Netz abspielt, sind vorbei. Die Leute begreifen allmählich, dass sie einander brauchen, dass eine Berührung, ein Blick viel wichtiger sind als mindestens drei Balken auf dem Smartphone.
Penelope schnaubte. Von drei Balken konnte man hier nur träumen. Auf dem Friedhof neben der Kirche kriegte man mit viel Glück einen Balken, allerdings auch nur, wenn man das Handy hoch über den Kopf hielt. Aber wie zum Teufel sollte sie so in ein Handy sprechen?
Seufzend wandte sie sich vom Fenster ab und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die Agentur hatte dieses Cottage von einer Erbengemeinschaft gemietet. Eine alte Dame hatte hier das Zeitliche gesegnet, und genau so sah es auch aus. Vermutlich war ihr Tod jahrelang unentdeckt geblieben, und sie war zu Asche zerfallen, die sich als Staub auf das Mobiliar, den Kaminsims und die Bücher gelegt hatte. Penelope schüttelte sich bei dem Gedanken. Auf der Herfahrt war sie durch die sogenannte Main Road gekommen und hatte dort aus dem Augenwinkel einen Kramladen gesehen. Die hatten hoffentlich Putzmittel und einen anständigen Wischmopp. Zuerst musste sie sich aber der Einrichtung der Agentur widmen. Penelope schlüpfte in ihr dunkelblaues Kostüm, die blauen Pumps und verließ eine halbe Stunde später das Haus.
Mit ihrem Mini umrundete sie den Dorfanger, bog nach rechts ab, ließ die Kirche links liegen und landete in der Shaftesbury Lane. Hier einen Parkplatz zu finden, war nicht besonders schwer. Ganze drei Wagen parkten am Straßenrand. Ein grüner Landrover, ein roter Sportwagen und ein schwarzer Porsche Cayenne. Kein Trecker, kein zerbeulter Kleinwagen. Vielleicht hatte Jeremy recht, und hier lebten ausschließlich reiche Leute. Auf alle Fälle würde sie das als Erstes überprüfen, ehe sie sich die Mühe machte, den ehemaligen Zeitungsladen von Mrs Middlecroft in eine Partneragentur zu verwandeln.
Die Agenturräume befanden sich in einem roten Backsteingebäude, das Schaufenster war mit blauschwarz gestrichenen Säulen eingefasst. Nachdem sie ausgestiegen war, betrachtete sie die Fassade und stellte sich das beleuchtete Schild vor, das sie bestellt hatte. In goldenen Lettern würde dort Golden Sunshine und Luxury Club stehen.
Ein junger Mann kam vorüber, an der Leine führte er einen riesigen Hund. Das zottelige Tier blieb vor der Tür zur Agentur unvermittelt stehen, ließ sich nieder und machte einen riesigen Haufen. Penelope öffnete den Mund, um den Hundeführer aufzufordern, die Hinterlassenschaft zu beseitigen, aber ehe sie auch nur einen Ton sagen konnte, trat der Mann samt Hund durch die Tür zur Tierarztpraxis nebenan. Das war unglaublich! Neben der funktechnischen Abgeschiedenheit war ihr die direkte Nachbarschaft zu der Tierarztpraxis ohnehin ein Dorn im Auge. Eine Tierarztpraxis bedeutete Tiere und – wie sie vor einer Minute gesehen hatte – auch Hundehaufen. Auf keinen Fall würde sie diese Respektlosigkeit hinnehmen, damit sich solche Unsitten gar nicht erst manifestieren konnten.
Mit großen Schritten ging sie zur Praxis hinüber, an der ein Schild hing. Dr. Samuel Bower. Wütend riss sie die Tür auf und fand sich in einem gefliesten Vorraum wieder, in dem auf den Stühlen entlang der Wände die Hälfte der Einwohner von Shaftesbury saß. Auf dem Schoß und zu ihren Füßen jeweils ein Tier von gefühlt jeder Gattung. War das hier der Vorhof zur Arche Noah? Sie ließ den Blick über die Leute schweifen, aber der junge Mann mit dem Hund war nicht darunter. Penelope ging zum Empfangstresen hinüber.
»Entschuldigen Sie, ich bin Penelope St. James, Ihre neue Nachbarin«, erklärte sie der jungen blonden Frau. »Einer Ihrer Patienten hat eben vor meine Tür gekackt.«
»Einen Augenblick«, erwiderte die Frau, ohne von ihrem Bildschirm aufzusehen.
»Hören Sie, ich suche nur den jungen Mann, der hier eben hereingekommen ist. Wo finde ich ihn?«
»Moment, ich bin gleich für Sie da.«
Penelope atmete ein, um sich für einen längeren Vortrag zu wappnen. Hinter ihr öffnete sich die Tür, und eine kleine alte Lady trat neben Penelope an den Tresen.
Die Sprechstundenhilfe sah hoch. »Ah, Mrs Gladstone.« Sie sprang auf und beugte sich über den Tresen, um die alte Frau zu umarmen. »Es tut mir so leid. Wirklich. Geoffrey war so ein Lieber …«
»Danke, das ist nett, dass Sie das sagen«, erwiderte Mrs Gladstone.
Penelope räusperte sich. »Mir tut es auch leid um Ihren Mann.«
Mrs Gladstone löste sich aus der Umarmung und wandte sich Penelope zu. »Mein Mann? Der ist seit fünfzehn Jahren tot.«
»Ach so. Ich dachte, Geoffrey …«
»Geoffrey war Mrs Gladstones Main Coone Kater«, erklärte die Sprechstundenhilfe. »Ein wunderschönes Tier, das schon eine Menge Preise eingeheimst hat.«
Penelope nickte. Ein Kater. Natürlich. Hier war es offenbar völlig normal, dass man wegen eines toten Tieres aus dem Häuschen geriet.
»Verstehe«, sagte sie. »Um noch mal auf den jungen Mann zurückzukommen …«
»Das ist wirklich schlimm«, sagte die Sprechstundenhilfe zu Mrs Gladstone, ohne Penelope zu beachten.
»Ach, na ja, er war eben alt, aber er war das Einzige, was ich noch hatte....
Erscheint lt. Verlag | 6.12.2022 |
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Reihe/Serie | Penelope St. James ermittelt | Penelope St. James ermittelt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | 2022 • Britisch • Cosy Crime • Cozy Crime • Donnerstagsmordclub • England • England-Krimi • Großbritannien • Kriminalroman • Krimi Reihe • Mordclub • Nita Prose • Richard Osman • Shaftesbury • the Maid • weibliche Ermittlerin • Windsor-Komplott • Wohlfühlkrimi |
ISBN-10 | 3-8412-3041-5 / 3841230415 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3041-6 / 9783841230416 |
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