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Zorn - Ausgelöscht (eBook)

Thriller | »Ein neuer ?Zorn? ist ein absolutes Highlight im Bücherjahr.« literaturmarkt.info
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491555-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zorn - Ausgelöscht -  Stephan Ludwig
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Hauptkommissar Claudius Zorn und der dicke Schröder blicken in menschliche Abgründe - der zwölfte Band der Kult-Thriller-Serie von Bestsellerautor Stephan Ludwig Jakob Fender kommt zu sich und kann sich an nichts erinnern. Nicht mal an seinen eigenen Namen. Jemand hat ihn mit einem Baseballschläger fast zu Tode geprügelt - versuchter Mord. Zur Tat gibt es kaum Anhaltspunkte, nur dass der Täter noch eine weitere Waffe verwendet hat, die Fender beinahe die Finger der rechten Hand abgetrennt hätte. Ohne Zeugen bleibt den Hauptkommissaren Zorn und Schröder allein die Hoffnung, dass Fenders Erinnerung an die Tatnacht irgendwann zurückkehrt. Kurz darauf fordert ein weiterer Fall die volle Aufmerksamkeit der beiden Kommissare: Von einer Brücke hängt ein Toter, auch hier liegt eindeutig ein Gewaltverbrechen vor. Mit einer ungewöhnlichen Tatwaffe.  Schröder zieht sofort den richtigen Schluss: Jakob Fender sollte mit der gleichen Waffe getötet werden. Doch wo ist der Zusammenhang? Kannten sich Fender und der Tote? Und wird es weitere Morde geben? »Ein Thriller, der lebendig wird durch die köstlichen Dialoge der verschrobenen Ermittler.« 3sat Kulturzeit

Stephan Ludwig arbeitete als Theatertechniker, Musiker und Rundfunkproduzent. Er hat drei Töchter, einen Sohn und keine Katze. Zum Schreiben kam er durch eine zufällige Verkettung ungeplanter Umstände. Er lebt und raucht in Halle.

Stephan Ludwig arbeitete als Theatertechniker, Musiker und Rundfunkproduzent. Er hat drei Töchter, einen Sohn und keine Katze. Zum Schreiben kam er durch eine zufällige Verkettung ungeplanter Umstände. Er lebt und raucht in Halle.

Das Erscheinen eines neuen ›Zorns‹ stellt ein absolutes Highlight im Bücherjahr dar [...].

Die Dialoge sind erneut das, was man als ganz besonderes Lesevergnügen bezeichnen kann.

Eins


»Ach komm, Edgar«, sagte Zorn. »Wir vertragen uns wieder, okay?«

Sein Sohn hockte mit zusammengepressten Lippen auf dem Beifahrersitz. Seit sie die Wohnung verlassen hatten, schwieg er hartnäckig. Es war ein schöner, spätsommerlicher Morgen, doch im Hause Zorn herrschte trübe Stimmung.

»Wir hatten ’ne Abmachung. An die muss man sich auch halten.«

Edgar starrte stumm aus dem Seitenfenster.

Der Start in den Tag war holprig gewesen. Sie hatten verschlafen, und während Frieda hektisch unter die Dusche rannte, hatte Zorn den Frühstückstisch gedeckt, die Aufbackbrötchen in den Ofen getan und festgestellt, dass der Kaffee alle war. Also hatte er Pfefferminztee gekocht und war auf den Balkon gegangen, um seine Morgenzigarette zu rauchen. Kaum hatte er diese angezündet, war Frieda mit klatschnassen Haaren erschienen um zu erklären, dass der bekloppte Mistföhn kaputt, Edgar noch immer im Bett und ihre Korallenohrringe verschwunden seien. Nachdem Zorn seinen übermüdeten Sprössling endlich ins Bad bugsiert hatte, wehten ihm dichte Rauchwolken aus der Küche entgegen. Während er fluchend das Fenster aufriss, tauchte Frieda hinter ihm auf, deutete auf den qualmenden Backofen und teilte mit spitzer Stimme mit, auf das Frühstück (Briketts und lauwarmer Tee, lecker!) verzichten zu müssen, sie habe um acht einen Termin im Landgericht. Erst als sie aus der Wohnung gestürmt war (ohne Ohrringe, dafür mit nassen Haaren), hatte Zorn die auffällige Stille im Bad registriert: Anstatt sich die Zähne zu putzen, saß Edgar seelenruhig auf dem Klo und spielte auf seiner neuen Nintendo Animal Crossing. Zorn gelang es, ruhig zu bleiben, doch seine Bitte, die Konsole beiseite zu legen, wurde ignoriert. Auf die zweite – deutlich lautere – Aufforderung entgegnete Edgar, sein Inselimage aufpolieren zu müssen. Als Zorn seinen Sohn an die Abmachung erinnerte (eine Stunde am Tag, nach den Hausaufgaben), konterte dieser, das mit dem Image sei nicht seine, sondern Ögis Idee gewesen, der habe nämlich gesagt, Edgar müsse einen Fisch angeln, bei Eugen gegen einen Spaten eintauschen und einen Baum pflanzen. Die Sache mit dem Fisch sei bereits geschafft, der Rest (Spaten und Baum) im Handumdrehen (versprochen, Papa!) erledigt.

Zorn gestand seinem Sohn noch zwei Minuten zu (keine Sekunde länger!), rauchte die Zigarette auf dem Balkon zu Ende und fand Edgar danach unverändert auf der Toilette hockend vor. Diesmal ließ er sich auf keine Diskussion ein, selbst Edgars bewährter Hundeblick (BIIIITTE, PAPA!) und sämtliches Betteln (Ich hab nur zwei Sterne! Ich brauche drei, sonst kommt K. K. Slider NIEMALS auf meine Insel!) fruchteten nichts, die Nintendo verschwand im Wäschekorb mit der Drohung, dass sie dort für den Rest der Woche auch bleiben werde, wenn ihr Besitzer seinen kleinen Hintern nicht SOFORT vom Klo bewege.

Edgar hatte mürrisch gehorcht, sich kurz über seine eingeschlafenen Beine beschwert und seinen tyrannischen Vater danach mit Missachtung gestraft.

»Hast du dein Frühstück eingepackt?«

Zorn bremste an einer Ampel. Wiederholte die Frage.

»Wenn du’s nicht eingepackt hast«, brummte Edgar, »ist’s auch nicht im Rucksack.«

Zorn zählte innerlich bis drei. Dann teilte er seinem Sohn mit, dass er das Schulbrot wie immer geschmiert, in die gelbe Minions-Büchse getan und auf den Küchentisch gelegt habe. Das Einpacken sei nicht seine, sondern Edgars Aufgabe.

Edgar murmelte etwas.

»Ich hab dich nicht verstanden«, sagte Zorn.

»Die Minions sind total out.«

»Dann besorgen wir dir ’ne neue Brot …«

»Ich hasse Salami.«

»Seit wann? Ich dachte …«

»Das Auto hasse ich auch.«

»Echt? Also ich«, log Zorn grinsend, »find’s total cool!«

Vor einem Monat hatte der alte Volvo nach knapp anderthalb Jahrzehnten treuen Dienstes endgültig den Geist aufgegeben. Obwohl Frieda drohte, die klapprige Rostlaube nie wieder zu besteigen, hatte Zorn die gebrochene Vorderachse reparieren lassen wollen, doch als auch Malina – Edgars Mutter – erklärte, Zorn könne ihren gemeinsamen Sohn gern auf dem Rücken oder in einer Schubkarre transportieren, nicht aber in diesem lebensgefährlichen Vehikel, musste sich Zorn zähneknirschend geschlagen gegeben. Nach einer zermürbenden Suche im Internet hatte er Frieda die Auswahl überlassen – mit Ausnahme der Marke, wenigstens die sollte gleich bleiben. Da saß er nun, in einem schneeweißen Volvo V60 mit weißer Lederausstattung, getönten Scheiben, Sportfelgen, personalisierter Innenbeleuchtung und allerlei Schnickschnack, von dem er nur einen Bruchteil begriff. Damit nicht genug, denn Frieda hatte sich auch um die Zulassung gekümmert. Dass auf dem neuen Kennzeichen ein C und ein Z prangten, war entgegen ihrer heuchlerischen Behauptung alles andere als Zufall, sondern eine weitere Demütigung. Nur armselige Idioten kurvten mit ihren Initialen auf dem Nummernschild durch die Gegend und die Tatsache, dass Claudius Zorn – wie Frieda sehr genau wusste – seinen Vornamen abgrundtief hasste, verdoppelte die Schmach. Immerhin, wenn die Kiste einmal fuhr, war sie dank Automatikgetriebe mit einer Hand relativ einfach zu steuern.

»Grün«, knurrte Edgar.

»Was?«

»Die Ampel.«

»Ach so. Ich … Scheiße.«

»Sagt man nicht.«

Zorn stierte verwirrt auf die Armaturen. »Der Motor ist aus.«

»Du musst Gas geben.«

»Aber ich …«

Hinter ihnen plärrte eine Hupe.

»Einfach nur«, Edgar verdrehte die Augen, »Gas geben.«

Das tat Zorn. Der Volvo schoss vor, Zorns Hinterkopf wurde in die Kopfstütze gepresst. Edgar warf ihm einen genervten Blick zu.

»An der Ampel geht der Motor immer aus.«

Sie fuhren über die Hochstraße. Zorn leckte den Schweiß von der Oberlippe und konzentrierte sich auf den dichten Verkehr.

»Weiß ich doch«, versicherte er. »Spart ’ne Menge Sprit.«

»Das Auto ist trotzdem scheiße.«

»Scheiße sagt man …«

»Wenn du das darfst, darf ich’s auch.«

Er ist sauer, überlegte Zorn. Und wenn er sauer ist, zieht er’s gnadenlos durch. Tja, das hat er von mir.

»Wir können’s uns ja beide abgewöhnen«, schlug er vor.

»Was?«

»Scheiße zu sagen.«

»Pff!«, machte Edgar.

Das, dachte Zorn mit einem gewissen Stolz, hat er auch von mir.

Sie überquerten den Fluss und bogen auf die Ausfahrt hinab zur Altstadt. Der Volvo tauchte in den Schatten der Hochstraße und kroch hinter einem Laster durch den morgendlichen Stau.

»Nun komm schon.« Zorn startete einen weiteren Versuch. »Vertragen wir uns, okay? Du kannst später weiterspielen. Jetzt bring ich dich erst mal zur Schule, und danach …«

»Schule«, Edgar blies eine blonde Haarsträhne aus der Stirn, »ist auch scheiße.«

Er versetzte dem blauen Schulrucksack, der vor ihm im Fußraum lag, einen Tritt.

Herrje, dachte Zorn seufzend. Jetzt ist er gerade erst in die zweite Klasse gekommen. Wenn er irgendwann in der Pubertät ist, kann ich mich frisch machen.

Der Verkehr quälte sich unter der Hochstraße voran, die monströsen Betonstelzen zogen wie in Zeitlupe vorbei.

Edgars Frust, das wusste Zorn, würde bald verfliegen. Eigentlich ging er gern in die Schule. Herr Naumann, sein neuer Klassenlehrer, war kaum älter als zwanzig, ein junger Mann mit wachen Augen, dem der Spaß am Unterricht deutlich wichtiger war als der Lehrplan. Edgar mochte ihn, ebenso wie er Naumanns Vorgängerin gemocht hatte. Dass Luna Krupp von einem Tag auf den anderen verschwunden war, hatte ihn schwer getroffen. Zorn hatte es nicht übers Herz gebracht, seinem Sohn die ganze Wahrheit zu sagen; der Prozess war zwar noch nicht abgeschlossen, doch es war klar, dass die junge Frau die nächsten Jahre im Gefängnis verbringen würde. Edgar hatte schon lange nicht mehr nach ihr gefragt, bald würde er sie vergessen. Darum beneidete Zorn seinen Sohn, ihm selbst war dieses Glück nicht vergönnt. Die Albträume (der verlassene Wasserturm, das Seil mit den Sprengsätzen) kehrten immer wieder zurück, auch in zwanzig Jahren noch würde er sich schweißgebadet im Bett wälzen und träumen, dass entweder er oder Schröder in tausend Stücke gesprengt wurden.

Der Stau löste sich auf, der Volvo glitt lautlos durch die Innenstadt.

»Na?« Zorn knuffte Edgar mit dem Ellbogen in die Seite. »Wieder Freunde?«

Der Junge rückte zum Fenster. »Du fährst zu schnell.«

»Wieso?«

»Du darfst nur fünfzig.«

»Weiß ich.«

»Du fährst sechsundfünfzig.«

»Ach.«

Zorn kniff die Augen hinter der Brille zusammen. Sein Blick wanderte über die bunten Displays: Tankanzeige, Klimaanlage, Drehzahlmesser, Uhr. Wo war der verdammte …

»Hier.« Der Gurt straffte sich, Edgar beugte sich vor, wies auf eine blinkende Zahl rechts unten auf der digitalen Karte des Navigationsgerätes.

»Alles klar.« Zorn drosselte das Tempo. »Soll ich Musik anmachen?«

»Nee.«

Edgars Blick sprach Bände: Kriegst du sowieso nicht hin.

Womit er richtiglag.

Sie erreichten die Schule, einen dreistöckigen Plattenbau aus DDR-Zeiten. Die Innenräume waren seit einigen Jahren saniert, jetzt hatte man begonnen, die triste Fassade für einen neuen Anstrich einzurüsten.

»Mama holt dich dann ab.« Zorn bremste am Bordstein. »Wir...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2022
Reihe/Serie Zorn
Zorn
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amnesie • Auftragskiller • Bücher Bestseller 2022 • Bücher für Männer • Buchgeschenk • Garotte • Halle • Kriminalroman • Krimi Neuerscheinungen 2022 Taschenbuch • Olaf Schubert • Olaf Schubert bewertet die Schöpfung • Pullunder • Schröder • Serienmord • Serienmörder • Spannung • Stephan Ludwig Neuerscheinung 2022 • Stephan Ludwig neues Buch 2022 • Thriller • thriller bestseller 2022 • Weihnachtsgeschenk 2022 • Zorn • Zorn Neuerscheinung 2022 • Zorn neues Buch 2022
ISBN-10 3-10-491555-5 / 3104915555
ISBN-13 978-3-10-491555-5 / 9783104915555
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