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Die Frau des Inspektors (eBook)

Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
334 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-2844-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frau des Inspektors -  Ann Granger
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Frühjahr, 1871. Lizzie Ross beschließt, ihre Tante Parry auf einen Erholungsurlaub an die Südküste Englands in den New Forest Nationalpark zu begleiten. Ein Dinner im Haus des reichen Großgrundbesitzers Sir Henry Meager endet allerdings mit dessen reichlich unerwarteten Tod. Schon bei Lizzies letztem Besuch im New Forest kam es zu einem brutalen Mord. Kein Wunder, dass die abergläubischen Ortsansässigen in ihr ein böses Omen sehen und ihr mehr als misstrauisch begegnen. Lizzie stellt rasch fest, dass Sir Henry eine ganze Reihe erbitterter Feinde hatte, von denen mehr als einer ihm den Tod wünschte. Damit ist der Urlaub vorbei, und Lizzie muss wieder einmal ermitteln!



<p><strong>Ann Granger</strong> war früher im diplomatischen Dienst tätig. Sie hat zwei Söhne und lebt heute in der Nähe von Oxford. Bestsellerruhm erlangte sie mit der Mitchell-und-Markby-Reihe, die mit der Jessica-Campbell-Reihe fortgesetzt wird, sowie der siebenbändigen Fran-Varady-Reihe. Zudem schreibt sie an der Lizzie-Martin-und-Benjamin-Ross-Serie, die im viktorianischen England spielt.</p>

Ann Granger war früher im diplomatischen Dienst tätig. Sie hat zwei Söhne und lebt heute in der Nähe von Oxford. Bestsellerruhm erlangte sie mit der Mitchell-und-Markby-Reihe, die mit der Jessica-Campbell-Reihe fortgesetzt wird, sowie der siebenbändigen Fran-Varady-Reihe. Zudem schreibt sie an der Lizzie-Martin-und-Benjamin-Ross-Serie, die im viktorianischen England spielt.

KAPITEL EINS


Mir bleibt nur noch sehr wenig Zeit, und ich brauche Dr. Wilson nicht, um mir das zu sagen. Aber ich werde alle unerledigten Dinge regeln, bevor ich sterbe. Es ist doch jedermanns Pflicht, oder nicht, seine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen? Ich werde mich um alles kümmern.

Elizabeth Martin Ross


Die auf der Straße verstreuten grau-weißen Federn markierten den Schauplatz des Mordes.

Als ich heute Morgen die Vorhänge am Schlafzimmerfenster öffnete, sah ich unten eine junge Taube, die über den Bürgersteig watschelte. Sie begann, über die Straße zu tippeln. Dann, inmitten des Londoner Ziegel- und Steinwaldes, vor dem Hintergrund des Lärms der großen Lokomotiven in der nahe gelegenen Waterloo Station, stürzte ein Wanderfalke aus dem rauchverhangenen Himmel, er packte die Taube und trug sie davon. Es geschah so schnell, dass ich es kaum glauben konnte, zumal die morgendliche Brise vom Fluss die Beweise bereits davonwehte.

Manchmal ereignet sich ein Mord auf diese Weise, schnell und gnadenlos, die Gunst des Augenblickes nutzend. Der Mörder kann aber auch ein vorsichtiges Raubtier sein, beobachtend und wartend. In jedem Fall ist die Beute, ob Mensch oder Tier, dem Untergang geweiht. Ich versuche immer noch, die Ereignisse von vor ein paar Wochen zu verdrängen, als Tante Parry und ich unseren unglückseligen Besuch an der Südküste machten. Aber ich werde es nie vergessen: weder den Schrecken des ersten Verbrechens noch die Grausigkeit des letzten.

*

Der Frühling ist immer willkommen, und in diesem Jahr, 1871, war er es besonders. Der vergangene Winter hatte eine nebelverhangene Welt gesehen. Die Londoner hatten festgesessen und waren von der stinkenden Luft erstickt worden. Aber jetzt war der Schnee verschwunden, die Nebel wurden weniger und weniger dicht, die Husten- und Niesanfälle waren eine verblassende Erinnerung, und an den Bäumen und Sträuchern in den Parks waren grüne Triebe erschienen. Bei Scotland Yard, so erzählte mir mein Mann Ben, herrschte eine heitere Atmosphäre. Nun ja, zumindest im Vergleich dazu, wie es in den letzten Monaten gewesen war.

»Es wird nicht von Dauer sein«, fügte er hinzu. »Du wirst schon sehen.« Er wandte sich an sein Abbild im Rasierspiegel; ich war mir nicht ganz sicher, ob er es zu mir sagte oder es sich selbst vor Augen führte.

So oder so, er hatte mit ziemlicher Sicherheit recht. Nicht nur die ehrbaren Bürger schmiedeten Pläne für das bessere Wetter; alle Arten von Kriminellen in der Stadt taten es ihnen gleich. Für die Reichen würde bald die Gesellschaftssaison beginnen. Sie waren dabei, ihre Landhäuser zu verschließen, und die Dienerschaft war vorausgeschickt worden, um ihre Domizile in der Stadt aufzusperren. Gastgeberinnen legten Termine für Bälle und Feiern fest; Termine mit fashionablen Damen- und Herrenschneidern wurden vereinbart. Ich bin froh, dass ich die Saison nie mitmachen musste – mein Vater war nur ein Arzt in einer kleinen Bergbaugemeinde.

Zusammen mit dem restlichen Gepäck nahmen die Reichen ihre Schmuckkästchen nach London mit. Diebe sind wie Elstern, die von hellen, glänzenden Dingen angezogen werden. Für sie bedeutete die Londoner Saison leichte Beute. Einbrecher und Empfänger gestohlener Waren rieben sich wahrscheinlich schon in freudiger Erwartung die Hände. Wie die professionellen Glücksspieler und alle Arten von Hochstaplern sahen sie dem kommenden Zustrom der Begüterten mit der freudigen Erwartung von Schleppnetzfischern entgegen, die in der Ferne den silbrigen Schimmer von Fischschwärmen erspähten.

»In ein paar Wochen«, prophezeite Ben, während er sich die Reste der Rasierseife vom Kinn wischte, »werden wir vor Arbeit kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Nicht nur wir beim Yard, wohlgemerkt, sondern jeder Polizeibeamte in der Stadt!«

Meine frühere Arbeitgeberin, Mrs. Julia Parry, bei der ich bis zu meiner Heirat angestellt gewesen war, schmiedete ebenfalls Reisepläne, aber diese sahen vor, London zu verlassen. Sie war die Witwe meines verstorbenen Patenonkels, der ihr ein beträchtliches Vermögen hinterlassen hatte, das ihr eigener Geschäftssinn in der Folge noch vermehrt hatte. Nachdem sie den Winter abgeschottet in ihrem Londoner Haus verbracht hatte, verspürte sie nun den Drang zu reisen. Dabei gab es jedoch ein Problem. Der Krieg zwischen Preußen und Frankreich hatte gerade erst seine letzten verzweifelten Szenen aufgeführt, aber das Ende der Feindseligkeiten hatte keinen Frieden gebracht. Frankreich war immer noch in Aufruhr. Blut floss über das Kopfsteinpflaster von Paris, das einen Aufstand revolutionärer Elemente und ein rücksichtsloses Vorgehen der Obrigkeit zu dessen Unterdrückung erlebte.

Es versteht sich von selbst, dass Tante Parry die Ereignisse jenseits des Ärmelkanals mit ihren Tragödien und Gewalttätigkeiten ausschließlich von ihrer eigenen Warte aus betrachtete. Es war, als hielte sie einen Stanhope-Apparat vor ihr Auge und sähe den kontinentalen Schauplatz zwar en détail, aber en miniature, die Ereignisse reduziert auf die starren Grenzen ihrer eigenen Interessen.

»Dass ich ins Ausland reise, kommt nicht in Frage«, klagte sie. »Ich werde in England bleiben, aber eine Reise irgendwohin an die Küste machen, um Seeluft zu schnuppern.«

Die Unterhaltung fand in ihrem gemütlichen Zuhause am Dorset Square statt, wohin sie mich zum Tee eingeladen hatte.

»Sei auf der Hut!«, warnte mich Ben an jenem Morgen beim Frühstück, nachdem ich ihm die Mitteilung überreicht hatte, die mir die Lady mit der Bitte um mein Kommen geschickt hatte. »Sie will etwas!«

»Tante Parry ist eine reiche Frau, und es gibt nichts, was sie von mir wollen könnte, was sie nicht selbst leicht bekommen könnte«, erklärte ich.

Aber ich war unruhig. Ben hatte recht, wie ich schon bald herausfinden sollte. Das Zimmer am Dorset Square war überheizt. Die Fenster waren fest verschlossen, und der Mangel an Luft machte mich schläfrig. Ich hatte zu viele geröstete Rosinenbrötchen gegessen. Es war schwierig, eine intelligente Konversation zu führen, geschweige denn aufmerksam zu bleiben für das, was Mrs. Parry vorhatte. Daher wurde ich von ihrer nächsten Frage überrumpelt.

»Dieser Polizeiinspektor, den Sie geheiratet haben, er wird von seinen Pflichten in Anspruch genommen, nehme ich an?«

Ich war ein wenig verstimmt, weil sie sich auf Ben immer mit seinem Beruf und nicht mit seinem Namen bezog. Aber ich stimmte ihr zu, dass Ben, wie immer, sehr beschäftigt war.

»Und Sie beschäftigen immer noch das Dienstmädchen, das Sie mir weggenommen haben, als Sie mein Haus verließen, um Ihren eigenen Haushalt zu gründen?«

Ich bejahte diese Frage. Sie redete, als hätte ich eine geschätzte Dienerin weggelockt, aber die Wahrheit war, dass Bessie ein einfaches Küchenmädchen am Dorset Square gewesen war. Tante Parry hatte kaum von ihrer Existenz gewusst.

Sie neigte sich nach vorne (ihr Korsett erlaubte ihr nicht, sich zu beugen) und fragte in vertraulichem Flüsterton: »Könnte er Sie einen Monat lang entbehren?«

»Mich entbehren!«, rief ich aus.

»Einen Monat lang«, wiederholte Tante Parry und hob ihre Stimme ein wenig, als ob ich taub wäre. »Sie beschäftigen ja immer noch das Dienstmädchen, und sie könnte sich doch solange um alle Belange des Haushalts kümmern?«

»Nein! Ich meine, keinen Monat lang …«

»Drei Wochen?«, feilschte meine Gastgeberin. Sie neigte den Kopf zur Seite, während sie auf meine Antwort wartete. Ihr Haar war kunstvoll frisiert, und nicht alles davon war ihr eigenes. Ihr Kleid war leuchtend kobaltblau mit elfenbeinfarbenen Spitzenbesätzen und gelben Satinbändern. Ich hatte das Gefühl, von einem großen exotischen Vogel beobachtet zu werden.

»Es wäre Ben gegenüber schwerlich fair …«

Sie seufzte und sagte verärgert: »Nun gut, Elizabeth, zwei Wochen! Obwohl das kaum ausreichend Zeit ist, wenn ich von der Seeluft profitieren soll.«

»Ach, Sie wollen, dass ich mit Ihnen an die Küste fahre!«, rief ich aus, als ich den Grund für ihre Anfrage erkannte.

»Nun, ja, Elizabeth. Ich habe eine kleine Auszeit am Meer geplant, wie ich vor wenigen Minuten schon sagte. Haben Sie nicht aufgepasst? Leider bin ich wieder ohne Begleitung.«

Ich hatte aufgehört zu zählen, wie viele Gesellschafterinnen sie seit meiner Zeit in dieser Funktion eingestellt und wieder entlassen hatte.

»Ach! Das tut mir leid«, sagte ich. Und es tat mir leid, außerordentlich leid, denn es hörte sich so an, als wollte sie mich als Ersatz engagieren. »Es wäre schwierig«, wandte ich ein. »Bessie ist zwar gut bei der Hausarbeit, aber einen Haushalt zu führen ist eine andere Sache. Sie ist eine mittelmäßige Köchin. Außerdem freut sich Ben, wenn er abends nach Hause kommt, auf ein wenig Gesellschaft, jemanden, mit dem er über seinen Tag reden kann –«

»Das tue ich auch!«, unterbrach sie mich. »Natürlich werde ich Nugent mitnehmen.« (Nugent war ihre leidgeprüfte Zofe.) »Aber sie kann keine Unterhaltung führen. Ich brauche eine Begleiterin, wenn auch nur für so kurze Zeit, und Nugent würde diese Rolle überhaupt nicht ausfüllen. Das Mädchen, Bessie, kann doch sicher einen kleinen Haushalt wie den Ihren führen, oder? Und es muss in der Gegend doch auch Pastetenläden geben.«

Ich holte tief Luft. »Wo gedenken Sie denn, Seeluft zu schnuppern, Tante Parry? In Brighton?«

»Gütiger Himmel, nein!«, rief sie aus und hob entsetzt die pummeligen Hände. »Dort ist es viel zu voll, und alle möglichen Leute fahren heutzutage dorthin....

Erscheint lt. Verlag 23.12.2022
Reihe/Serie Viktorianische Krimis
Übersetzer Axel Franken
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel The Truth Seeker's Wife
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • Anne Perry • Beaton • benjamin ross • Cosy Mystery • Detektivromen • England • Inspector Barnaby • Krimis • Landhauskrimi • lizzie martin • markby • Mitchell • New Forrest • Rätselkrimi • viktorianisch
ISBN-10 3-7517-2844-9 / 3751728449
ISBN-13 978-3-7517-2844-7 / 9783751728447
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