Ein langes Wochenende (eBook)
416 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-29598-1 (ISBN)
von SPIEGEL-Bestsellerautorin Gilly Macmillan
Drei Frauen treffen in einem abgelegenen Ferienhaus ein, tief in der Moorlandschaft von Northumbria an der schottischen Grenze. Es ist der erste Abend ihres langen Wochenendes, am nächsten Morgen erwarten sie ihre Ehemänner. Doch auf dem Küchentisch von Dark Fell Barn finden sie einen Brief, in dem jemand behauptet, einen ihrer Ehemänner umgebracht zu haben. Die drei Frauen glauben zuerst an einen perfiden Scherz. Doch sie haben weder Handyempfang noch Internet - und ein Sturm zieht auf. Die Frauen sind von der Außenwelt abgeschnitten. Als jede von ihnen versucht herauszufinden, was passiert ist - ob überhaupt etwas passiert ist -, werden ihre Freundschaften auf eine harte Probe gestellt. Die Situation droht zu eskalieren ...
Packend, perfide, atmosphärisch: Lesen Sie auch »Die Nanny«, »Die Vertraute« und »Die Witwe«.
Gilly Macmillan wuchs in Swindon, Wiltshire, auf und lebte in ihrer Jugend einige Jahre im Norden Kaliforniens. Sie arbeitete beim Burlington Magazine, für die Hayward Gallery und als Dozentin für Fotografie. Heute widmet sie sich ganz dem Schreiben. Gilly Macmillans Romane sind allesamt Bestseller und erfreuen sich nicht nur in Großbritannien großer Beliebtheit. Auch bei uns hat die SPIEGEL-Bestsellerautorin eine riesige Fangemeinde. Sie lebt mit ihrer Familie in Bristol, England.
William Elliott fährt hinauf zum Tal, zu dem Farmhaus, in dem er aufgewachsen ist. Er trägt seine Polizeiuniform und hat seine Mütze neben sich auf dem Beifahrersitz.
Es war eine furchtbare Nacht hier oben.
Das Gewitter hat erst vor einer Stunde aufgehört, kurz vor Tagesanbruch. In seinem Gefolge staut sich drückende Luft, als wolle sie sich das Unheil ansehen, das über Nacht angerichtet wurde, voller Ehrfurcht und aufmerksam, nicht zu sehr dort zu drücken, wo es bereits wehtun könnte: an Baumstämmen, die frische Wunden von abgebrochenen Ästen tragen, an ausgerissenen Wurzeln, die erstmals Tageslicht sehen.
William fährt durch Nebelwände und stellt sie sich wie kühlende Salbe auf der Landschaft vor, eine sanfte Behandlung, während die Natur entscheidet, wie sie sich am besten erholt.
Ein Stück vor ihm fliegt eine Schleiereule vom Waldrand auf und schlägt beeindruckend kräftig mit den Flügeln. Der Vogel biegt die Schwingen, dass es beinahe wie eine Umarmung aussieht, und die weiße Unterseite reflektiert das milchig gelbe Sonnenlicht, das am aschgrauen Horizont erscheint. Einen Moment lang verharrt die Eule vollkommen still, bevor sie mit ausgestreckten Krallen nach unten stürzt, eine Maus aus dem Feld greift und sie davonträgt.
Der Anblick ist sagenhaft. Williams Vater hätte er gebannt.
Maggie Elliott hört Williams Wagen, als er sich dem Farmhaus nähert. Sie geht nach draußen, froh über eine kurze Pause von der jungen Frau, Emily, die so verzweifelt ist.
Sie hatte einen offiziellen Anruf bei der Polizei gemacht, aber letzte Nacht war es unmöglich, dass jemand herauf zum Farmhaus kam und mit Emily sprach. Der Brief war keine konkrete Drohung, solange es keinen Beweis gab, dass Emilys Mann verletzt war oder vermisst wurde. Und das Unwetter war so heftig, dass es keinen Höflichkeitsbesuch zuließ. Es könne bis zum Morgen warten, hieß es. Dann würde man der Sache gegebenenfalls nachgehen. Maggie schien das vernünftig, Emily nicht.
Da sie fürchtete, dass Emily noch hysterischer werden könnte, hatte Maggie ausnahmsweise ihren Sohn William um einen Gefallen gebeten. Und er hatte versprochen, so schnell wie möglich zu kommen.
Sie öffnet das Gatter. Die Scheinwerfer seines Wagens kämpfen sich durch den Nebel auf den Hof. Die Sicht ist sehr schlecht.
William und sie umarmen sich, als er aus dem Wagen steigt, und ihr schwillt das Herz an vor Erleichterung, einen anderen Erwachsenen bei sich zu haben, der ihr einiges von der Verantwortung abnehmen kann. John hatte gebadet und war ins Bett gegangen, während sie sich um Emily kümmerte.
»Ein Baconsandwich?«, fragt sie William.
»Da sage ich nicht Nein.«
Sie hat den Bacon schon neben dem Herd liegen. Vier Scheiben. Und ihre Pfanne steht bereit.
»Ei?«
»Nein danke.«
Er kniet sich hin, um die Hunde zu begrüßen, die ihm das Gesicht ablecken.
»Du wirst noch voller Hundehaare sein.«
»Das macht nichts.«
»Aber deine Uniform!«
»Mutter«, sagt er und hebt Annies Hinterpfoten hoch, sodass sie auf seinem Knie sitzt. Birdie legt sich hin und lehnt den Kopf auf sein Knie. Er streichelt beide.
Maggie schaut zu. »Du siehst gut aus.«
»Mutter, hör auf.«
Sie lächelt. »Danke, dass du gekommen bist, Schatz. Die junge Frau, Emily, schläft oben. Du hättest sehen sollen, in welcher Verfassung sie letzte Nacht war.«
William schiebt die Hunde von sich weg, steht auf und klopft sich die Hosenbeine ab, obwohl Maggies Miene ihm sagt, dass es nichts nützt, wenn er so die Haare loswerden will.
Er setzt sich an seinen üblichen Platz am Tisch, und Maggie stellt ihm einen Tee hin.
»Erzähl mir noch mal, was los war. Jetzt bin ich wach genug, um es richtig zu verstehen«, sagt er.
»Sie gehört zu den Gästen in der Scheune, und dein Dad hat sie letzte Nacht auf der Straße gefunden, mitten in dem Gewitter. Nur sie. Sie ist allein losgezogen. Unterwegs hat sie sich den Knöchel verstaucht, deshalb konnte sie nicht mehr weiter und war schon durchnässt und vollkommen durchgefroren. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wäre er nicht zufällig da draußen gewesen.«
William bemerkt die fremde Kleidung auf dem Wäscheständer vor dem Herd. Nichts, was für das Wetter letzte Nacht geeignet gewesen wäre.
»Was hat sie sich dabei gedacht? Habt ihr sie nicht gewarnt, dass sie nachts nicht rausgehen sollen?«
»Doch, natürlich! Aber sie wollte unbedingt ihren Mann anrufen.«
»Wegen dieses Briefes, den sie bekommen haben?« Er hat das Gefühl, noch nicht ganz zu verstehen, was los ist. Die Geschichte hatte sich so verrückt angehört, als seine Mutter sie ihm mitten in der Nacht am Telefon erzählte, dass er kaum mitgekommen war.
»Den Brief hat ein Motorradkurier hergebracht, zusammen mit einem Geschenk, und dein Dad und ich haben beides nach oben zur Scheune gebracht und für sie hingestellt. Es waren Anweisungen dabei, wie wir alles platzieren sollen. Ich habe gedacht, der Brief ist etwas Nettes, aber anscheinend war dem nicht so. Dein Dad hat übrigens geahnt, dass es nichts Gutes war. Jetzt wünsche ich mir, wir hätten die Sachen nie dort hingestellt.«
»Hat sie den Brief mitgebracht?«
»Nein.«
»Ist er oben in der Scheune?«
»Davon gehe ich aus.«
»Den sehe ich mir noch an.«
Der Bacon zischt in der Pfanne, und der Geruch füllt den Raum. Maggie stellt eine Flasche Ketchup vor William auf den Tisch. Während sie Brot schneidet und dick mit Butter bestreicht, beschreibt sie detailliert, wie der Brief gebracht wurde und welche Anweisungen John und sie erhalten hatten.
William hört ihr aufmerksam zu, ist sich unterdessen aber auch bewusst, dass er sich seine Mutter immer genau so vorstellt, wenn er nicht hier ist: mit geschmeidigen Bewegungen in der Küche werkelnd. Ihre Kraft, ihr großes Herz und ihr scharfer Verstand sind von jeher der Kitt, der ihre Familie zusammenhält.
»Gut«, sagt er. »Und sie hat deswegen den Notruf gewählt, ja?«
Maggie nickt. »Sie hat dort gebeten, einen Wagen zu ihr nach Hause zu schicken und nachzusehen, ob ihr Mann noch am Leben ist. Ich denke, sie glaubt fest an die Drohung in dem Brief.«
Sie stellt ihm den Teller mit seinem Sandwich hin und nimmt ihm gegenüber Platz. William isst einige Bissen. Es schmeckt süß und rauchig. Baconfett und geschmolzene Butter bringen seine Lippen zum Glänzen.
»Sie war außer sich, als man ihr gesagt hat, der Brief reicht nicht als Grund, sofort einen Wagen loszuschicken.«
»Nein, tut er wohl nicht. Zumindest nicht mitten in der Nacht.«
»Deshalb habe ich dich angerufen.«
»Und ich nehme an, der Brief ist nicht unterzeichnet?«
»Nur mit einem ›E‹. Daher wissen sie, von wem er ist.«
Er staunt. »Nicht mal ein Name? Das ist ein bisschen kryptisch, oder? Wie können sie sich so sicher sein, wer dieser oder diese ›E‹ ist? An ihrer Stelle würde ich mir darüber Gedanken machen, denn es hört sich an, als treibe jemand Spielchen mit ihnen. Was für eine seltsame Sache.« Er trinkt seinen Tee mit zwei großen Schlucken aus. »Dann rede ich wohl mal mit ihr.«
»Sie schläft tief und fest.«
»Kannst du sie wecken?«
Als Maggie die Küche verlässt, fragt er: »Was wollte Dad eigentlich mitten in der Nacht da draußen?«
Maggies Schulterblätter zucken und erstarren. Diese Mikrobewegung ist eine weitere feste Erinnerung für William. Wie man sie verletzen kann, aber nur in den wenigen Sekunden, bevor sie ihren Selbstschutz aktiviert.
»Er wollte nach den Schafen auf der oberen Weide sehen.«
Wenn sie sich umdreht, sagt sie die Wahrheit, denkt William. Und wenn nicht …
Sie geht weiter in den dunklen Flur, wo die Schatten das Muster ihrer Kittelschürze schlucken.
»Wo ist Dad jetzt?«, ruft er.
»Wieder draußen.«
»Ohne den Hund?«
Sie antwortet nicht.
William holt ein Notizbuch aus seiner Tasche und legt es zusammen mit einem Kuli auf den Tisch. Auf sein Räuspern hin öffnet Birdie ein Auge.
Er sieht hinaus auf den Hof. Wenig später taucht sein Vater aus der Scheune auf und verschwindet dahinter, wobei er zu Williams Wagen blickt. Es sieht ihm nicht ähnlich, dass er nicht hereinkommt und Hallo sagt.
John sieht zerzaust aus, denkt William. Auf jeden Fall verglichen mit dem letzten Mal, als er hier oben war, was erst wenige Wochen her ist. William merkt, wie sich ein Knoten in seinem Bauch bildet. Man würde die Veränderung an John im letzten Jahr nicht wahrnehmen, wenn man ihn nicht kennt und nicht weiß, wie gepflegt er früher war. Wie sehr er auf sein Aussehen und das seiner Farm achtete.
Und jetzt sind weder die Farm noch sein Vater, was sie früher einmal waren, sosehr seine Mutter sich auch bemüht, die Probleme zu überspielen. Etwas muss unternommen werden, und das bald. Es lässt sich nicht vermeiden, auch wenn sie beide sich dem nicht stellen wollen. Er wünschte, seine Eltern hätten mit ihm gesprochen und früher medizinische Hilfe gesucht. Sie haben es zu weit kommen lassen. Und Maggie hat sich zu viel aufgebürdet.
»Hallo.« Ihre Stimme ist leise, und sie ist eine zarte Person, die halb ertrinkt in den Sachen, die William als die seiner Mutter erkennt. Ihr Gesicht ist größtenteils von ihrem Haar...
Erscheint lt. Verlag | 26.10.2022 |
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Übersetzer | Sabine Schilasky |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Long Weekend |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | 2022 • Bristol • Die Nanny • Die Vertraute • die witwe • drei Frauen • Dunkle Vergangenheit • eBooks • Ferienhaus • Highlands • jp delaney • Krimi • Lucy Foley • Mord • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2022 • Northumberland • Pageturner • psychologische Spannung • Psychothriller • ruth ware • Schottische Highlands • Schottland • spiegel bestseller • Spiegel-Bestseller-Autorin • Thriller • Toter Ehemann |
ISBN-10 | 3-641-29598-X / 364129598X |
ISBN-13 | 978-3-641-29598-1 / 9783641295981 |
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