Frische Wunden (eBook)
473 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-1674-1 (ISBN)
Manche Wunden heilen nie
Die Hauptkommissare Victoria Stahl und Daniel Freund werden zu einem Tatort im Würzburger Stadtwald gerufen. Eine Frau Anfang zwanzig wurde grausam getötet und mit einer Babydecke zugedeckt. Die Obduktion ergibt, dass die junge Studentin wenige Tage zuvor entbunden hat. Doch wo ist das Baby? Lebt es noch? Ist es das Motiv für den Mord? Stahl und Freund sehen sich gleich mit mehreren Verdächtigen konfrontiert, die etwas zu verbergen scheinen. Auf der Suche nach dem Mörder und dem verschwundenen Kind entdecken die Kommissare, dass das Opfer eine Menge Geheimnisse hatte. Und dann geschieht ein zweiter Mord ...
Ein weiterer schockierender Fall für die Kommissare Stahl und Freund.
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
<p>Kirsten Nähle unterhielt schon als Kind ihre Familie mit eigenen Geschichten. Später begann sie, diese als Kurzgeschichten aufzuschreiben. "Der Rosenkavalier" hat es auf die Shortlist (Top 5) des lit.Love Schreibwettbewerbs 2018 geschafft. Ob als Journalistin oder PR-Redakteurin, ob in Köln, Basel oder Würzburg ? die Autorin hat stets auch beruflich geschrieben. Seit 2011 wohnt Kirsten Nähle in ihrer Wahlheimat Würzburg, die sie zu einer Kriminalroman-Trilogie inspiriert hat.</p>
Kirsten Nähle unterhielt schon als Kind ihre Familie mit eigenen Geschichten. Später begann sie, diese als Kurzgeschichten aufzuschreiben. "Der Rosenkavalier" hat es auf die Shortlist (Top 5) des lit.Love Schreibwettbewerbs 2018 geschafft. Ob als Journalistin oder PR-Redakteurin, ob in Köln, Basel oder Würzburg — die Autorin hat stets auch beruflich geschrieben. Seit 2011 wohnt Kirsten Nähle in ihrer Wahlheimat Würzburg, die sie zu einer Kriminalroman-Trilogie inspiriert hat.
Prolog
Mittwoch, 06. Februar 2019
Ich halte das kleine Bündel fest an meine Brust gedrückt und sprinte los. Quer über den Rasen durch das offene Gartentor. Ich kreuze die schmale Straße zum Waldweg. Er ist steinig und lehmig. Dicke Wurzeln bohren sich durch die Erde, die noch matschig vom letzten Regen ist.
Zum Glück trage ich meine bequemen Sneaker. Sie sind nicht warm, doch die dicke Sohle schützt vor nassen Füßen. In der kalten Luft wird mein stoßweiser Atem zu weißen Schwaden, die ich trotz der Dämmerung erkennen kann. Kälte streift meine Wangen wie ein eisiges Leichentuch. Ohne Winterjacke fühlen sich auch Arme und Rücken nach den wenigen Minuten im Freien klamm an.
Es spielt keine Rolle. Alles, was zählt, ist das Bündel in der Decke, dem ich Wärme spenden muss.
Ich bleibe kurz stehen und sehe mich um. Wohin führt der Weg? Ich kenne mich im Wald nicht aus. Und selbst wenn ... ich habe gar kein Ziel. Ich habe nicht groß darüber nachgedacht, was ich tue. Nur gehandelt.
»Lara, komm zurück!« Deine Stimme klingt bedrohlich nah. Verfolgt mich.
Schnell setze ich mich in Bewegung. Mir bleibt keine Zeit. Ich habe zwar einen Vorsprung, doch mit dem zusätzlichen Gewicht im Arm bin ich langsamer als gewöhnlich.
»Lara, bleib stehen!« Du wirkst wütend. »Lass uns reden.«
Genug geredet. Ich habe einen Fehler gemacht. Den mache ich jetzt rückgängig.
Ich verlasse den Waldweg. Laufe ins Dickicht hinein in der Hoffnung, dich abzuschütteln. Sofort wird es dunkler um mich herum. Ich gebe mir Mühe, nicht zu stolpern. Überall Äste, Steine und Wurzeln.
Ich höre dich nicht mehr. Bist du noch hinter mir? Bestimmt hast du nicht aufgegeben. Werde ich auch nicht.
Was war das? Ich stocke im selben Moment wie mein Atem. Ich bin sicher, etwas gehört zu haben. Ein Knacken oder Knirschen. Vielleicht ein Ast im Wind oder ein Tier.
Gibt es hier eigentlich Wölfe? Oder Wildschweine? Halten die Winterschlaf? Hoffentlich!
Außer Puste lehne ich mich gegen einen Baumstamm. Das Laufen ist anstrengend. Kein Wunder, das letzte Fitnesstraining ist einige Monate her. Am liebsten möchte ich mich hinlegen und die Augen schließen. Aber was, wenn du mich noch immer verfolgst?
»Lara?«
Ich zucke zusammen.
»Lara, bitte!« Deine Worte klingen gequält. Sie erinnern mich an meine eigenen Qualen und Tränen. An die unerträglichen Schmerzen, die ich durchgestanden habe. Wie einsam ich mich danach fühlte. Einsamer als hier in diesem Wald, obwohl ich nicht allein war.
Ich presche weiter in das hölzerne Meer hinein, laufe kreuz und quer, vorbei an Bäumen und Sträuchern. Eine Ewigkeit lang. Es riecht muffig nach feuchter Erde, nach Kräutern, Pilzen oder Moos. Hat Moos überhaupt einen Geruch?
Der Wald war ein Fehler. Mein gesamtes letztes Jahr war eine Aneinanderreihung von Fehlern. Eine Fehlentscheidung nach der anderen.
»Warum kannst du nicht ein Mal was richtig machen?«, höre ich die Stimme meiner Mutter im Ohr. Ich habe sie zu oft gehört. Ich dachte, ich tue das Richtige. Und doch habe ich mich geirrt.
Mein Handy – ein weiterer Fehler. Ich hab es nicht bei mir. Wie soll ich ohne Navi nach Hause finden? Wobei ich hier sicher keinen Empfang hätte. Aber ich könnte dann wenigstens jemanden anrufen und um Hilfe bitten.
Immerhin scheine ich dich endlich abgehängt zu haben, denn ich sehe dich nicht mehr.
Das Bündel in meinem Arm bewegt sich. Bitte nicht.
»Pssst!« Ich verlangsame die Schritte und drücke mein Kind enger an mich. Es hilft nicht. Ein Schrei durchbricht die Stille.
»Pssst, mein Krümelchen. Du verrätst uns.«
Ich bleibe stehen und lausche. Wo bist du? Du rufst nicht mehr. Bestimmt hast du den Schrei gehört und versuchst, uns zu orten.
Es knackt. Ich drehe mich um – und sehe dich.
Panik überfällt mich, und ich stürme weiter. Zwischen den Bäumen hindurch. Weiter ins Düstere hinein.
Obwohl ich mich die ganze Zeit bewege, friere ich. Neben der Kälte erfasst mich Wut. Ich ärgere mich über mich selbst. Ich werde mich verlaufen. Ganz sicher. Ich hätte besser planen sollen. Was mache ich denn jetzt?
Ich hasse den Wald. Hasste ihn schon als Kind. Er ist unheimlich. Als schluckten die Bäume und Pflanzen alles Licht und jedes Geräusch der Stadt.
»Lara, bleib stehen, verdammt! Wo willst du denn hin?«
Ich zucke zusammen und spüre, wie Tränen meine Wangen hinunterlaufen, wo sie von kalter Luft getrocknet werden.
»Du kannst nicht im Wald bleiben. Ihr erfriert.«
Ich sehe mich nicht um. Renne weiter. Schneller. Krümelchen schreit immer noch, aber leiser. Es ist nur noch ein Wimmern.
Du hast recht, schießt es mir durch den Kopf. Wir werden erfrieren. Nachts sinken die Temperaturen oft unter null Grad. Doch ich kann nicht stehen bleiben. Muss mich verstecken. Bis du aufgibst. Dann werde ich zum Weg zurücklaufen. Er wird mich aus dem Wald hinausführen und zu einer Straße. Zur Not halte ich einen Wagen an, der mich mitnimmt.
»Bitte, Lara, ich möchte dir doch nur helfen. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Angst. Bis vor wenigen Tagen habe ich überhaupt nicht gewusst, was Angst ist. Vielleicht nicht einmal, was Liebe ist.
»Ahhrr.« Ich krümme mich, als der Krampf durch meinen Unterleib fährt. Der Schmerz ist so heftig und unerwartet, dass er mich zum Stehenbleiben zwingt. Schweiß bricht mir auf der Stirn aus. Keuchend schaue ich über die Schulter. Ich sehe dich nicht, höre aber deine Schritte.
Das Baby weint nicht mehr, es scheint eingeschlafen zu sein. Vorsichtig richte ich mich wieder auf.
Nur das Mondlicht lässt mich die Umgebung erkennen. Ich taste mich mit einer Hand vorwärts. Die Dunkelheit ist auch zu meinem Vorteil. Es wird schwieriger für dich, mich zu finden. Entsprechend verzweifelt ist nun dein Rufen. Es scheint auch weiter weg. Oder bilde ich mir das nur ein?
Kehr um! Lass mich in Ruhe!
Ich schleiche auf eine Reihe von Bäumen mit gewaltigen Stämmen zu. Ein erneuter Krampf durchzuckt meinen Bauch. Gerade so verhindere ich, dass mir Krümelchen vom Arm rutscht. Ich beiße die Zähne zusammen, um den Schrei zu unterdrücken. Mir ist so schwindelig, dass ich in die Hocke gehen muss. Auf Knien rutsche ich über Blätter und Erde bis zum nächsten Stamm. Er ist breit genug, um mich vollständig dahinter zu verstecken. Ich lehne mich gegen die Rinde, ziehe die Beine an und bette das Kind auf den Schoß. Vorsichtig lupfe ich die Decke und streiche über die Bäckchen, die Händchen und die Babyfüße. Ich bin erleichtert. Der kleine Körper ist noch warm.
Trotzdem wage ich kaum zu atmen. Wo bist du? Die Feuchtigkeit des Bodens durchnässt meine Jeans bis zur Unterhose. Der Regen fällt in dicken Tropfen auf meine Haare. Schnell schlage ich die Babydecke wieder zu.
»Laaaara!«
Erneut zucke ich zusammen. Du klingst so nah, viel zu nah. Ich halte den Atem an, was meinen Herzschlag noch zu beschleunigen scheint.
»Wo bist du? Komm schon, du machst mir Angst.« Ich höre, dass du die Wahrheit sagst, doch ich fürchte mich mehr als du.
Es raschelt und knarzt. Das Geräusch deiner Stiefel auf dem lehmigen Boden? Oder hast du einen der Sträucher erwischt? Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass du irgendwo rechts von mir läufst.
Wie in Zeitlupe sehe ich zur Seite und schlucke. Da ist dein Umriss. Du stehst wenige Meter von mir entfernt. Wie angewurzelt. Du horchst ins Dunkel hinein wie ein Jäger auf der Pirsch.
Ich bete, dass du nicht in meine Richtung schaust, sondern weiterläufst. An meinem Stamm vorbei und dann weg von hier.
Da spüre ich die Unruhe in meinem Schoß. Sekunden bevor der Schrei die Stille zerfetzt wie der Klageruf eines verletzten Wildtieres.
Der Schreck lähmt mich. Bevor ich reagieren kann, stehst du vor mir.
»Gib mir das Kind.«
»Nein.« Ich umklammere das kreischende Bündel.
»Sofort!« Deine Forderung wird lauter.
Krümelchen plärrt inzwischen wie am Spieß. Auch ich brülle los, als du an der Babydecke zerrst.
»Lass endlich los! Sei doch vernünftig.«
Ich lege mich zur Seite, um Krümelchen mit dem Oberkörper abzuschirmen. »Hau ab! Lass uns in Ruhe.«
Du stemmst dich gegen mich und greifst nach der Decke.
Der Regen wird stärker. Ich höre das laute Prasseln. Doch spüre ich es kaum. Dafür nehme ich dein heißes, wütendes Schnaufen an meinem Gesicht wahr.
Im nächsten Moment werde ich ruckartig an den Schultern nach hinten gerissen. Schmerz schießt durch meine Halswirbelsäule.
Vor Schreck löse ich den Griff um das Bündel. Du willst danach greifen. Ich schubse dich weg. Den Ellbogen sehe ich zu spät auf mich zurasen. Mein Wangenknochen knirscht. Ich verliere das Gleichgewicht und kippe nach hinten. Gegen etwas Hartes. Den Stamm. Eine Welle des Schmerzes durchrollt meinen Hinterkopf. Für ein paar Sekunden bin ich benommen. Dann denke ich an Krümelchen. Dass...
Erscheint lt. Verlag | 29.4.2022 |
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Reihe/Serie | Ermittlerkrimi mit Stahl und Freund |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Alte Mainbrücke • Bayern • Bullying • Christine Drews • Deutsche Krimis • Ermittlerduo • Kinderschänder • Kindesentführung • Krimi deutsche Autoren • Kriminalroman Deutschlang • Kriminalroman Würzburg • Krimi regional • Krimi-Reihe • Krimis • krimis neu • Leihmutterschaft • Liebe einer Mutter • Main • oberkommissarin • Oberkommissarin,Ermittlerduo • Polizei Krimis • Regiokrimi • Schwangerschaft • Surrogate • Susanne Riehl • Unterhaltungsliteratur • Vergewaltigung • Würzburg |
ISBN-10 | 3-7517-1674-2 / 3751716742 |
ISBN-13 | 978-3-7517-1674-1 / 9783751716741 |
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