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Verhängnisvolle Lügen an der Côte d'Azur (eBook)

Der neunte Fall für Kommissar Duval
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
272 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30422-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verhängnisvolle Lügen an der Côte d'Azur -  Christine Cazon
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Der Abschluss der Krimi-Reihe von Christine Cazon: Vertuschung, Intrigen, Korruption - Duvals letzter Fall führt in die Abgründe einer Staatsaffäre. Sein neunter Fall führt Kommissar Léon Duval noch einmal in die Vergangenheit, diesmal im Hinterland der Côte d'Azur. Das Staudamm-Unglück von Malpasset Ende der 1950er-Jahre wirkt bis heute nach. Der von Léon Duval sehr geschätzte Richter Dussolier wird auf den Stufen des Landgerichts in Grasse erschossen. Duval kannte den Richter gut, schließlich haben sie seinerzeit gemeinsam den Gangsterboss Cosenza dingfest gemacht. Alle Zeichen deuten auf einen Racheakt desselbigen, doch Cosenza streitet alles ab. Duval glaubt ihm, denn er erfährt, dass der Richter sich die Akte »Malpasset« hatte kommen lassen, in der es um die Staudammkatastrophe von 1959 im Hinterland von Cannes geht, bei der 423 Menschen ihr Leben verloren. Offenbar wollte der Richter diesen Fall wieder aufrollen. Musste er deshalb sterben? Duval arbeitet sich in den Fall ein, der schnell sehr kompliziert wird. Und sehr gefährlich. Duval sieht sich mit unguten Verstrickungen von Staat und Justiz konfrontiert - und mit realen Bedrohungen gegen sich und seine Familie.

Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Duval. 

Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Duval. 

Inhaltsverzeichnis

2


»Und wenn wir Cosenzas Sohn mal auf den Zahn fühlten?« Schlug LeBlanc vor. »Wenn ich richtig informiert bin, hat er während der Abwesenheit seines Vaters die Geschäfte übernommen. Es gab da neulich einen Artikel in Nice-Matin, da stand etwas im Sinne von ›Giorgio Cosenza, der junge Geschäftsführer der SA Riviera, engagiert sich jetzt auch im Sport‹. Er hat für den Volleyballclub AS Cannes Volley einen neuen Trainer engagiert. Einen Serben oder Tschechen. Irgendjemand aus dem Osten auf jeden Fall. Ich erinnere mich nicht genau. Ich habe die Zeitung wegen einer Todesanzeige durchgesehen und blieb beim Blättern an diesem Bild hängen. Giorgio Cosenza breit strahlend mit dem neuen Trainer von AS Cannes Volley, beglückwünscht vom Bürgermeister, weil sie gleich irgendeinen Titel gewonnen haben.«

»Hm«, machte Duval. »Suchen Sie mir den Trainer mal. Dem fühlen wir auch mal auf den Zahn. Aufenthaltsgenehmigung, Trainerlizenz und solche Scherze. Wann ist denn das nächste Match des AS Cannes Volley?«

»Das haben wir gleich«, sagte Léa und tippte auf ihrem Smartphone herum. »Branko Ivanovitch ist der neue Trainer der Pro-Mannschaft Herren«, bestätigte sie. »Hat ein nettes Gesicht«, befand sie, »vielleicht nicht unbedingt ein Krimineller, nur weil Cosenza ihn bezahlt. Ivanovitch, das ist serbisch, oder?«

»Keine Ahnung«, bekundete Duval, und auch LeBlanc zuckte mit den Schultern.

»Ivanovitch, Branko Ivanovitch«, las sie vor. »Mit ihm sind sie immerhin Champions de France geworden! Der neue Star des Vereins. Kein Wunder, dass der Bürgermeister stolz ist. Wollen Sie ein paar Überschriften?«, fragte sie rein rhetorisch, denn schon las sie sie vor. »›Die Dragons sind zurück, dank Branko Ivanovitch. Spannendes Duell geht in die nächste Runde! Die Dragons knacken die Bank und ziehen ins Finale ein!‹ Was ist das denn für eine Überschrift«, schüttelte sie den Kopf. »Die Spielsaison ist aber gerade zu Ende gegangen. Am 31. Mai war die Pokalübergabe. Also kein Match in nächster Zeit. Aber vielleicht können wir mal bei einer Trainingsstunde vorbeischauen?«, schlug sie vor. »Das Palais des Victoires in La Bocca ist Dreh- und Angelpunkt des Volleyballclubs.«

»Sehr schön«, sagte Duval. »Dann schauen Sie doch mal beim Training vorbei. Und ich werde Giorgio Cosenza einen morgendlichen Besuch abstatten.«

Giorgio Cosenza, der, anders als sein Vater, wie mit einer Leuchtspur versehen durchs Cannoiser Nachtleben rauschte und sich darin gefiel, jeden Abend unter großem Tamtam nicht nur in seinem eigenen Nachtclub Champagnerflaschen zu köpfen, großzügig auszuschenken und sich ungeniert vor aller Augen mit einem Strohhalm weißes Puder in die Nase zu ziehen, das ihn unverwundbar und großartig machte, zumindest gab es ihm eine Zeit lang das Gefühl – Giorgio Cosenza also sah frühmorgens weit weniger großartig aus, daran konnte auch der schwarze seidene Bademantel nichts ändern. Er dünstete Alkohol und Nikotin aus jeder Pore und sah Duval aus verquollenen Augen an.

»Was wollen Sie?« Auch die aggressive Autorität wirkte morgens etwas weniger überzeugend.

»Mit Ihnen reden.«

»Jetzt?«

»Ja, jetzt und hier. Wenn Sie es vorziehen, können wir Sie auch vorladen.«

Giorgio Cosenza schnaubte kurz wütend, dann winkte er den Kommissar nachlässig hinein, lief breitbeinig vor ihm in den Salon und warf sich dort auf die weiße Sitzlandschaft. Die vieleckige, exzentrisch wirkende Wohnung, die zur Meerseite vollkommen verglast war, bot ein atemberaubendes Panorama auf das Mittelmeer, vom Cap d’Antibes über die Îles de Lérins bis zum Esterelgebirge. Was für ein Aufstieg, von dem ärmlichen Wohnhaus im Suquet, in dem er gelebt hatte, als Duval ihn das erste Mal aufgesucht hatte, zu dieser Luxuswohnung am Cap Croisette. Und das sagte er dann auch.

»Schön haben Sie’s hier.« Der Satz, so banal, wie er schien, und ob es nun stimmte oder nicht, schmeichelte noch jedem Besitzer und war eine geschickte Gesprächseröffnung.

»Nicht schlecht für den Anfang.« Giorgio Cosenza machte da keine Ausnahme. Er WAR stolz auf seine Immobilie und konnte es nicht verbergen. Mit einer einladenden Geste bot er Duval an, Platz zu nehmen.

»Kaffee?«, fragte er gleichzeitig.

»Danke«, Duval schüttelte den Kopf.

»Bébé«, rief Giorgio Cosenza in die hinteren Räume der Wohnung. Eine junge Frau mit verwuschelten langen dunklen Locken erschien, schloss gerade noch ihren ebenfalls schwarzen Seidenmorgenmantel, der aber einen tiefen Einblick auf zwei perfekte Brüste gab, und warf die langen Haare mit einer Kopfbewegung lässig nach hinten. Sie näherte sich Cosenza und umarmte ihn lasziv und warf Duval dabei einen offen verführerischen Blick zu. Cosenza drehte sich zu ihr und küsste sie demonstrativ und besitzergreifend. Meine Wohnung, meine Frau. Duval sah der Inszenierung ungerührt zu und fragte sich, was als Nächstes käme. Der Hinweis auf ein Boot? Dann ließ Cosenza von ihr ab. »Mach mir einen Kaffee, Bébé«, forderte er sie auf.

»Cappu?«, fragte sie.

»Ja.«

»Nur einen?« Sie blickte Duval an.

»Einen«, bestätigte Cosenza.

Sie machte sich in der offenen Küche an einer vollautomatischen Kaffeemaschine zu schaffen, und kurz darauf durchzog der Geruch nach köstlichem Kaffee die Wohnung. Duval lief das Wasser im Mund zusammen, aber keinesfalls hätte er hier einen Kaffee angenommen. Die junge Frau schäumte Milch auf und goss Milch und Milchschaum in die Tasse. Klirrend legte sie einen Löffel auf den Unterteller, servierte den Cappuccino und stellte einen Behälter mit Zuckertütchen auf den Glastisch. »Voilà Cheri«, säuselte sie.

»Merci, Bébé.« Er gab ihr einen Klaps auf den Po. »Au«, kiekste sie und wandte ihr attraktives Hinterteil gespielt gekränkt hin und her.

»Komm, verzieh dich«, Giorgio Cosenza gab sich großmännisch, und sie tänzelte davon.

»Also«, wandte er sich an Duval, während er ein Tütchen Zucker in den Kaffee rieseln ließ und dann umrührte.

»Sie führen die Geschäfte Ihres Vaters offensichtlich erfolgreich«, begann Duval. Giorgio Cosenza war nicht halb so intelligent wie sein Vater und saugte die Schmeicheleien auf wie ein Schwamm. »Bébé«, rief er, »meine Zigaretten!«

Seine Gefährtin hatte ihren zweiten Auftritt, nicht weniger aufreizend als beim ersten Mal, und reichte ihm ein Zigarettenetui und ein Feuerzeug. »Brauchst du mich noch?«, gurrte sie.

»Im Moment nicht.« Sie verschwand, erneut den Hintern schwenkend. Cosenza junior schnippte mit dem Feuerzeug, zündete sich eine Zigarette an und inhalierte tief.

»Wo waren wir?«

»Sie führen die Geschäfte erfolgreich«, wiederholte Duval und ließ diesmal bewusst »Ihres Vaters« unter den Tisch fallen.

»Klar«, sagte Cosenza junior. »Ich bin jünger, dynamischer, verstehen Sie? Man muss mit der Zeit gehen.«

»Sicher«, sagte Duval unverbindlich. »Monsieur Cosenza, Sie wissen, warum ich Sie aufsuche?«

»Natürlich, Commissaire«, Cosenza gab sich verächtlich-nachsichtig, »die Nachrichten verbreiten sich schnell in Cannes. Sie waren schon bei meinem Vater, denken Sie, ich wüsste das nicht?«

»Ihr Vater sagt, dass er mit dem Mord an Richter Dussolier nichts zu tun hat.«

»Wie sollte er auch. Er sitzt im Knast«, empörte sich Cosenza junior. »Weil ihn dieser Drecks-Richter dorthin gebracht hat. Dabei hätte mein Vater allen Grund …«, er stockte.

»Ja, sehen Sie, das dachte ich auch. Er hätte allen Grund.«

»Mein Vater hat damit nichts zu tun!«

»Und wissen Sie was? Ich glaube ihm das.«

»Ach!« Cosenza junior zog lange an seiner Zigarette. »Na also«, sagte er zufrieden. Dann verstand er. »Nein!«, empörte er sich. »Sie glauben doch nicht im Ernst …«

Duval verzog zustimmend das Gesicht. »Wäre das so ungewöhnlich?«

Cosenza junior zog intensiv an seiner Zigarette und schnaubte gleichzeitig. Dann hustete er. »Was soll das heißen?«, brachte er schließlich hervor.

»Ich meine, es ist doch nicht so ungewöhnlich in einer Familie mit italienischen Wurzeln. Manches geht an die Familienehre, und dann muss man die Dinge eben in die Hand nehmen, nicht wahr?«

Cosenza sah ihn arrogant an, wie um seine Unsicherheit zu überspielen. »Was wissen Sie schon von italienischen Familien«, raunzte er. Er zog noch einmal an seiner Zigarette, blies wütend den Rauch aus Mund und Nase und drückte den Stummel der bis zum Filter abgerauchten Zigarette energisch auf dem Unterteller des Cappuccinos aus. Sofort zündete er sich eine neue an und lehnte sich nun demonstrativ und raumgreifend in die unschuldig weiße Sofalandschaft.

Duval sah ihm amüsiert zu. Giorgio Cosenza war kein kalter und hartgesottener Bursche. Er spielte eine Rolle, die er in jeder Menge schlechter Filme gesehen hatte. Die Rolle des jungen aufsteigenden Mafioso, aber er war nur der Sohn des Mafioso. Er hatte eine große Klappe, konnte seine Freundin und Untergebene herumkommandieren, aber er war ein Weichei, ein Bübchen, der es sich gern gut gehen ließ, feierte, Mädchen vögelte und das Geld seines Vaters verprasste. Er hatte sicher nicht den Mumm, kaltblütig einen Richter abzuknallen. Trotzdem fragte Duval nun: »Wo waren Sie denn vergangenen Freitagabend gegen achtzehn Uhr?«

Cosenza verschluckte sich am Rauch seiner Zigarette.

»Das ist jetzt nicht...

Erscheint lt. Verlag 7.4.2022
Reihe/Serie Kommissar Duval ermittelt
Kommissar Duval ermittelt
Kommissar Duval ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 9. Fall • Cannes • Commissaire Duval • frankreich-krimi • Intrigen • Korruption • Krimi-Bestseller • Krimireihe • Sommerkrimi • Staudamm von Malpasset • Südfrankreich
ISBN-10 3-462-30422-4 / 3462304224
ISBN-13 978-3-462-30422-0 / 9783462304220
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