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Die Sekte - Dein Feind ist dir ganz nah (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
576 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-28485-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Sekte - Dein Feind ist dir ganz nah -  Mariette Lindstein
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Ein neuer Kult erhebt sich, und nur einer kann ihn aufhalten ... Die Fortsetzung der Nr.-1-Bestsellerreihe aus Schweden!
Franz Oswald hat einst eine mächtige Sekte angeführt - und hat alles verloren: seine Anhänger, sein Herrenhaus, sogar seinen Sohn. Nach einem Schlaganfall ist der charismatische wie intrigante Oswald nicht mehr er selbst. Doch dann sucht ihn die Journalistin Julia auf. Ein Rechercheauftrag hat sie zu einem neuen Kult geführt: eine religiöse Bruderschaft, die mit höchst grausamen Methoden Frauen unterdrückt. Julia, deren Mutter als Anhängerin Oswalds Entsetzliches erlebt hat, will die neue Sekte stoppen. Doch um deren fürchterliche Machenschaften aufzudecken, braucht Julia jemanden, der versteht, wie eine Sekte denkt - und der genauso skrupellos ist wie sie: Franz Oswald. Aber kann Julia es wagen, in dessen Netz gezerrt zu werden? Der fünfte Teil der packenden Reihe »Die Sekte«!

Alle Bände der Bestsellerserie aus Schweden:
Die Sekte - Es gibt kein Entkommen
Die Sekte - Deine Angst ist erst der Anfang
Die Sekte - Dein Albtraum nimmt kein Ende
Die Sekte - Deine Welt steht in Flammen
Die Sekte - Dein Feind ist dir ganz nah
(Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar)

Mariette Lindstein war fünfundzwanzig Jahre lang Mitglied bei Scientology. Sie arbeitete unter anderem im Hauptquartier der Kirche in Los Angeles, bis sie die Gemeinschaft 2004 verließ. Heute ist sie mit dem Autor und Künstler Dan Koon verheiratet. Die beiden leben mit ihren drei Hunden in einem Wald außerhalb von Halmstad. Ihr erster Roman »Die Sekte - Es gibt kein Entkommen« wurde in Schweden mit dem Crimetime Specsavers Award für das beste Debüt ausgezeichnet und für den CWA Dagger Award 2019 nominiert. Aktuell wird ihre Reihe für das Fernsehen verfilmt. Neben dem Schreiben hält Mariette Vorträge über die Gefahren von Sekten.

1


April des folgenden Jahres

JULIA

Als sie aufwachte, wurde es gerade hell. Thors Bettseite war leer, und sie brauchte einen Augenblick, bis sie sich daran erinnerte, dass er nach Dimö gefahren war, um seine Familie zu besuchen. Sie hatte keine Zeit gehabt, ihn zu begleiten, ihr Job bei der Onlinezeitung MODA erforderte ihre Anwesenheit. Eine allgemeine Hysterie bezüglich der Frühlingsausgabe hatte sich ausgebreitet, und sie musste das Wochenende durcharbeiten.

Sie stand auf, ging in die Küche und schaltete ihre morgendliche Playlist an. Der Fußboden war kalt. Der Himmel wurde immer heller. Immerhin war es schon Frühling. Fast zumindest. Aber das konnte man mitten in der Großstadt gar nicht sehen. Dort war man gezwungen, tagein, tagaus auf die öden Häuserfassaden zu starren. Nur ab und zu zeigte sich ein schmaler hellblauer Streifen Himmel, wenn er nicht grau in grau aussah und eins wurde mit den Hochhäusern. Sie hörte die Geräusche der Stadt nicht mehr, den Verkehr, die Sirenen und den ununterbrochenen Lärm der Bauarbeiten.

Während der Kaffee durch die Maschine lief, steckte sie eine Scheibe Brot in den Toaster. Aber sie bekam keinen Bissen herunter, und auch der Kaffee schmeckte scheußlich. Dieser Tag fing also schon mal schrecklich an.

Sie ließ sich aufs Sofa im Wohnzimmer fallen, zog die Knie ans Kinn und schlang ihre Arme um die Schienbeine. Auf Dimö würde Thor seinen Vater wiedersehen, das erste Mal seit drei Monaten. Diese bevorstehende Begegnung schlug ihr aus einem unerfindlichen Grund auf den Magen.

Sie wollte nicht an Franz denken, trotzdem tat sie das immer wieder. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er gestanden, ihre Mutter vor zwanzig Jahren vergewaltigt zu haben. Julia hatte einen Stuhl nach ihm geworfen und geschworen, dass er sie nie wiedersehen würde. Dieses Versprechen hatte sie bisher auch halten können. Die Ermittlungen in der Vergewaltigungssache waren wegen Mangels an Beweisen eingestellt worden. Franz hatte in der Vernehmung einfach die Aussage verweigert. Und Sofia hatte ihre Zeugenaussage zurückgezogen, weil sie Thor und Julia schonen wollte. Aber Julias Hass auf Franz war ungebrochen. Trotzdem hatte sie Sehnsucht nach Dimö. Sie liebte den Augenblick, wenn die Konturen der Insel aus dem Nebel traten und die funkelnde Bucht und die kleine Ortschaft auftauchten. Sie liebte die Bootshäuser, an denen die Farbe nach einem unermüdlichen Kampf gegen Wind und Salzwasser abblätterte. Sie liebte auch die schier unendlich weite Heidelandschaft, in der einem nachts nur die Sterne Gesellschaft leisteten und das Meer im Hintergrund ein glitzernder Silberstreif war.

Die Ereignisse auf der Insel standen in einem starken Kontrast zu ihrem jetzigen Leben in der Großstadt. Sie hatte sich den Winter über wie eine richtige Journalistin gefühlt, weil sie die einzige Vertreterin der Medien gewesen war, die Franz’ Experiment auf der Insel begleiten durfte. Ein Experiment an einer Handvoll Persönlichkeiten, die von der Gesellschaft verstoßen worden waren. Er hatte sie gezwungen, vollkommen irrwitzige Dinge zu veranstalten, und hatte das alles auch noch filmen lassen und innerhalb eines Blogs veröffentlicht. Am Ende hatte Franz allen die Show gestohlen und war wieder in aller Munde.

Aber da war noch etwas anderes gewesen, das sie nun beschwerte. Er hatte sich ihr anvertraut und von seiner schweren Kindheit erzählt. Dass sein Vater ihn als Dreijährigen misshandelt hatte und er sich an jedes Detail erinnere. Wie kann man jemanden hassen, der so etwas Schreckliches hat erleben müssen? Sie hatte ihn wirklich verstehen wollen, aber daraus wurde jetzt nichts. Vielleicht war das sogar besser so. Sich in der Nähe von Franz Oswald aufzuhalten war, als würde man auf einem Seil balancieren. Atemberaubend, aber auch schwindelerregend.

Monatelang hatte sich Thor ihr gegenüber loyal verhalten und seinen Vater nicht getroffen. Aber jetzt hatte er beschlossen, doch wieder Kontakt aufzunehmen. Julia konnte ihm das nicht vorwerfen. Die Tat lag zwanzig Jahre zurück, und Franz hatte sich nach seinem Schlaganfall sehr verändert. Außerdem hatte man in der Regel nur einen Vater. Julia liebte ihren über alles. Wenn Thor anfing, seinen Vater wieder regelmäßig zu sehen, würde das einiges schwieriger machen. Denn Julia musste ihm kategorisch aus dem Weg gehen. Sie wusste zwar, dass es richtig war, sich von ihm fernzuhalten, fand es aber ungerecht und nicht richtig, dass sie nicht wie eine ganz normale Familie zusammen sein konnten.

Den Rest des Tages verbrachte sie damit, den Artikel über den neuen Shootingstar fertigzuschreiben, der auch bei dem jährlichen Melodiefestival auftreten würde. Das Interview bestand aus typischen, oberflächlichen Standardfragen, die sie furchtbar fand. Obwohl ihre Chefin mit ihrer Arbeit zufrieden war, gefielen Julia ihre eigenen Artikel schon lange nicht mehr. Kein Vergleich zu der Zeit draußen auf Dimö, als ihre Finger nur so über die Tastatur geflogen waren und die Lippen gelächelt hatten.

Als sie hörte, wie die Wohnungstür geöffnet wurde und wieder ins Schloss fiel, hüpfte ihr Herz vor Freude. Thor legte seine Hände auf ihre Schultern und drückte seine Nase in ihr Haar. Dann küsste er sie auf die Wange.

»Arbeitest du noch?«, fragte er.

»Ja, aber das ist nichts Wichtiges.«

Sie stand auf und umarmte ihn. Sein Pullover roch nach Nadelwald und Meer. Dann schob sie ihn liebevoll von sich, um ihn besser sehen zu können. Seine Wangen waren zwar vom kühlen Frühlingswind ganz rosig, aber er sah müde aus. Als Kind hatte Thor kaum Ähnlichkeit mit seinem Vater gehabt – zart, rothaarig und sommersprossig. Er hatte jetzt zwar nach wie vor rote Haare, sonst aber fand Julia, dass sich Vater und Sohn immer ähnlicher wurden. Das breite Kreuz, die markante Kieferpartie, die hohen Wangenknochen, die gerade Nase und die Form der Lippen. Thor war eine mildere und weichere Kopie seines Vaters. Äußerlich jedenfalls. In ihrem Wesen aber waren sie vollkommen verschieden. Thor hatte nicht die Ausstrahlung und auch nicht die natürliche Autorität von Franz. Sein Charme bestand aus der Wärme, die er weitergab. »Ätherisch«, hatte ihn Julias Mutter genannt. »Wie eine niemals erlöschende Flamme.«

»Du duftest nach Dimö«, sagte Julia.

»Ich hatte den Pullover an, als wir bei Großmutter waren«, sagte er. »Sie lässt dich grüßen.«

»Wie geht es ihr?«

»Gut. Sie wünscht sich, dass wir sie besuchen kommen.«

Julia wich seinem Blick aus, um die Frage stellen zu können, die jetzt kommen musste.

»Und wie war euer Treffen?«

»Komm, lass uns uns hinsetzen«, sagte Thor.

»Warum? Ist etwas passiert?«

»Nein, oder doch. Ich möchte mich nur setzen, um in Ruhe mit dir sprechen zu können.«

Sie setzten sich auf ihr zerschlissenes Sofa im Wohnzimmer, in ihre Kuschelecke. Julia legte den Kopf an Thors Schulter und eine Hand auf seine Brust. Er wickelte ihre Haare um seine Finger.

»Warum antwortest du nicht?«, fragte sie. »Ihr habt euch doch getroffen, oder nicht?«

»Nur ganz flüchtig.«

»Hat er sich denn gefreut?«

»Ja, er hat sich sogar sehr über meinen Besuch gefreut.«

»Hast du ihn gefragt, warum er bei der Polizei gelogen hat, als sie ihn zu der Vergewaltigung vernommen haben?«

»Das auch. Seine Antwort darauf war, dass er nicht gelogen, sondern lediglich die Aussage verweigert hätte. Er wollte nicht wieder ins Gefängnis gehen. Mehr hatte er dazu nicht zu sagen.«

»Habt ihr noch über etwas anderes …?«

Sie wartete, dass er ihr das sagen würde, womit sie sich die ganze Zeit beschäftigte.

»Ja, Julia«, seufzte er. »Wir haben natürlich auch über dich gesprochen. Er hat nach dir gefragt. Was du machst, wie es dir geht und so.«

»Und was hast du gesagt?«

»Was wir besprochen hatten. Dass du ihn nie wiedersehen möchtest.«

»Und was hat er dazu gesagt?«

»Dass er deinen Wunsch respektiert, es ihn aber sehr traurig macht.«

Sie streckte sich, drückte sich gegen Thor, und dann entspannte sie sich wieder. In der Nachbarwohnung spielte jemand leise auf dem Klavier. Eine ungewohnte, angespannte Stille entstand. Thor sah sie mit einem Gesichtsausdruck an, den sie nicht leiden konnte.

»Gibt es etwas, was du mir verheimlichst?«, fragte sie.

Er löste sich aus der Berührung, stützte den Kopf in die Hände. Sie sah, dass sein Körper zitterte. Er weinte.

»Was ist denn los, Thor?«, fragte sie.

»Es ist … alles«, murmelte er mit belegter Stimme.

»Mein Herz, bitte sag es mir.«

»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Entschuldige, dass ich mich so komisch benehme.«

»Das macht überhaupt nichts. Erzähl, was passiert ist.«

»Mama und Simon bekommen ein Kind«, flüsterte er.

Elvira, Thors Mutter, hatte Thor und seinen Zwillingsbruder Vic mit fünfzehn Jahren bekommen. Sie war Mitglied in Franz’ Sekte ViaTerra gewesen und hatte dort die Kinder großgezogen. Eines Tages aber war sie geflohen und hatte die Kinder zurückgelassen. Das hatte Thor seiner Mutter nie verziehen. Mittlerweile leitete Elvira eine Pension auf Dimö, zusammen mit Simon, der ebenfalls ein Sektenaussteiger war. Dass die beiden ein Kind bekamen, schockierte Julia nicht so wie Thor. Elvira war schließlich erst fünfunddreißig.

»Vielleicht ist das eine ganz gute Idee, wenn die beiden ein Kind bekommen«, sagte sie vorsichtig.

Er hatte sich gegen die Rückenlehne gesetzt und die Augen...

Erscheint lt. Verlag 20.6.2022
Reihe/Serie Sofia Bauman
Sofia Bauman
Übersetzer Kerstin Schöps
Sprache deutsch
Original-Titel Striden om Dimön
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2022 • Claire Douglas • David Miscavige • eBooks • emma cline • Journalistin • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kult • Neuerscheinung • Nr. 1 Bestseller Schweden • Schweden • Schweden Krimi • Schwedenkrimi Neuerscheinungen 2022 • Scientology • Skandinavien • skandinavische krimis buch • Spannung • starke Heldin • Thriller • Thriller Neuerscheinung 2022
ISBN-10 3-641-28485-6 / 3641284856
ISBN-13 978-3-641-28485-5 / 9783641284855
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