Der Tote im Netz (eBook)
368 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491382-7 (ISBN)
Die Sommer ihrer Kindheit verbrachte Frauke Scheunemann bei den Großeltern an der Ostsee und auch später blieb sie dieser Region treu: Ihr Volontariat absolvierte sie beim NDR und war dabei als Radioreporterin in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Kein Wunder also, dass ausgerechnet die Ostsee in ihrer neuen Serie eine Hauptrolle spielt - nach zahlreichen Bestsellern im Komödienfach ihre Premiere im Kriminalroman. Übung darin hat sie schon: Im Kinderbuch begeistert sie mit ihrer Reihe um Detektivkater Winston kleine Krimifans auf der ganzen Welt. Frauke Scheunemann lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Die Sommer ihrer Kindheit verbrachte Frauke Scheunemann bei den Großeltern an der Ostsee und auch später blieb sie dieser Region treu: Ihr Volontariat absolvierte sie beim NDR und war dabei als Radioreporterin in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Kein Wunder also, dass ausgerechnet die Ostsee in ihrer neuen Serie eine Hauptrolle spielt – nach zahlreichen Bestsellern im Komödienfach ihre Premiere im Kriminalroman. Übung darin hat sie schon: Im Kinderbuch begeistert sie mit ihrer Reihe um Detektivkater Winston kleine Krimifans auf der ganzen Welt. Frauke Scheunemann lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Eine klasse Mischung aus spannendem Krimi und humorvollem Liebesschmöker.
2
»Bäderland-Radio kämpft für Sie! Und das soll die Massen begeistern?« Raimund klingt skeptisch, aber ich lasse mich davon nicht aus dem Konzept bringen. Ich sitze vor seinem Schreibtisch und bin fest entschlossen, sein Büro erst wieder zu verlassen, wenn er meine Idee gekauft hat.
»Ganz genau. BILD kämpft für Sie! war eine der erfolgreichsten Serien der BILD-Zeitung und in diesem Fall kann man getrost sagen: Von der BILD lernen heißt siegen lernen! Ich habe mich da mal eingelesen, und alle Experten sind sich einig, dass dieses Format für eine sensationelle Leser-Blatt-Bindung gesorgt hat.« In den Augen meines Chefs sehe ich Ratlosigkeit, deswegen setze ich nach. »Na, Leser-Blatt-Bindung ist doch genau das, was wir wollen, wenn die Jungs von Megahit-FM hier reinspazieren und gucken, ob es sich lohnt, unseren Laden zu erhalten.«
»Blatt?«, hakt Raimund nach. »Wir sind doch keine Zeitung.«
»Herrgott nochmal, Raimund! Dann eben Hörerbindung – du weißt doch genau, was ich meine. Wenn wir erreichen, dass die Leute bei uns anrufen und uns hören wollen, weil wir diese – Verzeihung! – megageile Rubrik eingeführt haben, dann haben wir vielleicht eine Chance, nicht einfach auch ein Dudelradio zu werden.«
Raimund seufzt.
»Ich weiß nicht.«
»Bitte, Raimund. Du musst es mich probieren lassen! Ich bin nur für diesen Job vor vier Jahren aus Düsseldorf hierhergezogen und habe meine Stelle beim WDR sausen lassen. Du musst mich das einfach versuchen lassen!«
»Ich dachte, du wärst wegen diesem Typen nach Usedom gezogen, Henning oder wie der hieß. Dass du nur für uns gekommen bist, ist mir neu.«
Mannomann, mein Chef ist heute aber wirklich schwer zugänglich. Ich ändere die Taktik.
»Komm schon, Raimund. Nur ein Test. Wenn niemand anruft, lassen wir es sofort wieder.«
Er sagt nichts, stattdessen schließt er die Augen. Als er sie öffnet, knurrt er: »Okay. Sag Markus, er soll dir dafür in der nächsten Woche jeweils eine halbe Stunde freiräumen. Aber du hast nur einen Versuch – ich will hier nicht alles umschmeißen und die Leute von Megahit nervös machen!«
»Danke, Raimund! Du wirst es nicht bereuen!«
Dazu sagt mein Chef nichts mehr. Im Hinausgehen höre ich allerdings, wie er anfängt, ein Lied zu pfeifen: Der Vogelfänger bin ich ja, stets lustig, heißa hopsassa.
In unserem Großraumbüro wartet Janis schon gespannt auf mich.
»Na, was hat er gesagt?«
Ich setze ein breites Grinsen auf.
»Wir dürfen es versuchen. Wir dürfen ein Format starten, bei dem Leser anrufen und uns ein Problem, eine Ungerechtigkeit oder sonst eine Sauerei schildern. Und wir beide, das Team, machen uns dann an die Arbeit. Recherchieren, was an der Sache dran ist, und versuchen dann, im Sinne unserer Hörer eine Lösung zu finden. Währenddessen und danach berichten wir immer über den aktuellen Fall.«
Janis nickt.
»Klingt nach einer coolen Sache!«
»Ja, das ist eine coole Sache. Aber wir haben nicht viel Zeit, um erfolgreich zu sein. Am besten machen wir uns also gleich an die Arbeit und produzieren erst mal einen werbewirksamen Jingle, auf dass die Hörer gar nicht anders können, als bei uns anzurufen. Komm, ich zeig dir, wie das geht.«
Wir setzen uns zusammen an den Computer, und ich erkläre Janis, wie er aus unserer Musikdatenbank das richtige Stück für ein spannendes Musikbett raussuchen kann. Dann überlegen wir uns einen passenden Werbetext für unser neues Format – was uns als Erstes auf die Frage nach dem Titel bringt.
»Bäderland-Radio kämpft für Sie! – so soll das neue Format heißen«, sage ich zu Janis. Der sieht wenig überzeugt aus.
»Hm, also Bäderland-Radio kämpft für Sie! ist echt 1:1 BILD. Das ist krass unoriginell«, urteilt er. »Und überhaupt – wenn Raimund jetzt auch noch Post von der Rechtsabteilung der BILD bekommt, hat er den Kaffee garantiert endgültig auf.«
Gut. Da ist natürlich etwas dran. Ich überlege laut.
»Wie wäre es dann mit Nicht verzagen – Bäderland fragen?«
»Grauenhaft.«
»Oder Bäderland – die Nummer gegen Kummer?«
»Oh! Mein! Gott!«
Alles klar, also auch nicht. Allerdings ist mir der gute Janis gerade etwas zu destruktiv.
»Dann schlag du doch mal was Besseres vor«, motze ich. Janis fährt sich mit der Hand über den nicht vorhandenen Bart, dann grinst er.
»Wie wär’s denn mit Die Problemlöser? Klingt irgendwie dynamisch und zupackend. Und dann setzen wir nicht Bäderland, sondern unsere Namen davor. Denn wenn das gut läuft, wird der Erfolg vor allem mit uns verknüpft. Und selbst wenn Megahit das arme, kleine Bäderland einstampft, übernehmen sie uns vielleicht trotzdem.«
»Janis, du bist wirklich einigermaßen gerissen!«, gebe ich zu.
Janis strahlt.
»Okay, dann ist das beschlossen? Es heißt: Janis und Franzi – die Problemlöser!«
»Nein. Es heißt: Franzi und Janis – die Problemlöser!«
Es funktioniert! Kaum haben Hauke und Kathleen unseren Jingle den ersten Tag in die Rotation eingebunden, so dass er regelmäßig zwischen unseren Musiktiteln gespielt wird, steht das Telefon nicht mehr still. Okay, das ist vielleicht übertrieben – aber nur leicht. Tatsächlich haben schon nach dem ersten Tag zwanzig Leute angerufen und uns ihr Herz ausgeschüttet. Janis hat vom Telefonieren schon ein rotes Ohr, weil er sich den Hörer immer zwischen Kopf und Schulter klemmt, während er gleichzeitig mitschreibt, was die Hörer auf dem Herzen haben.
Eine Stunde nachdem der Jingle zum letzten Mal für heute ausgestrahlt worden ist, setzen wir uns zusammen und sichten das Material. Das allerdings ist ernüchternd. Die Riesensache scheint auf den ersten Blick nicht dabei zu sein – relativ viele Nachbarschaftsstreitereien, insbesondere aus dem Bereich der Gartenpflege, wie überhängende Äste, falsch gesetzte Zäune oder Kinderlärm vom Klettergerüst.
Janis streicht sich durch die Haare.
»Okay, das ist alles noch nicht so der Burner. Kann mir kaum vorstellen, dass sich unsere Hörer für den Hund interessieren, der immer in den Vorgarten von Oma Kasuppke kackt.« Er wühlt in seinen Notizen herum. »Hm, hier ist noch der Typ, der nicht einsehen will, dass in seiner Straße jetzt Tempo 30 gilt, seitdem der Kindergarten aufgemacht hat. Ist jetzt auch nicht wirklich verdammenswerte Behördenwillkür. Oder hier – die Sparkasse will große Mengen von Kleingeld nur noch für ihre eigenen Kunden eintauschen. Könnte man vielleicht Großkapital gegen Kleinsparer draus machen?«
Ich verziehe das Gesicht.
»Joa, weiß nicht. Haut mich noch nicht richtig vom Hocker, aber können wir schon mal im Hinterkopf behalten.«
Janis nickt und legt den Zettel zur Seite. Es ist bisher der einzige für den Stapel »hoffnungsvolle Fälle«. Das geht ja gut los! So werden wir Megahit-FM vermutlich nicht beeindrucken. Das Telefon klingelt wieder. Diesmal nehme ich den Anruf an.
»Bäderland-Radio, Franzi Mai am Apparat.«
»Sind Sie die Problemlöser-Tante?«, bellt es wenig charmant durch die Leitung.
»Ähm, ja, genau. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Mein Name ist Maik Peters. Ich bin Fischer in Zeglin. Der letzte dort. Aber nicht mehr lange. Denn die Fischereibehörde will mich fertigmachen. Mich und meinen Bruder Ole.« Er atmet schwer. »Bitte, Sie müssen uns helfen! Dieses miese Schwein von Friedeberg zerstört unsere Existenz! 200 Jahre hat meine Familie vor Usedom gefischt, 200 Jahre!« Seine Stimme zittert.
»Herr Peters«, gebe ich mich möglichst sanft und einfühlsam, »mögen Sie mir einmal von vorne erklären, was genau das Problem mit der Fischereibehörde ist?«
Noch ein schweres Atmen am anderen Ende der Leitung, dann fängt Peters an zu erzählen.
»Ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen haben, aber es gibt in der Ostsee eine Fangquote für Hering und Dorsch. Und die ist allein im vergangenen Jahr um 90 Prozent gesenkt worden.«
»Ja, habe ich mitbekommen. Aber soweit ich weiß, ist dafür doch nicht die Fischereibehörde verantwortlich, sondern die EU.«
»Richtig. Darauf will ich auch nicht hinaus. Ich bin ja durchaus dafür, dass die Bestände vor Überfischung geschützt werden. Aber gerade deswegen haben Ole und ich uns seit einiger Zeit auf Angelausflüge spezialisiert. Die Gäste können sogar auf unserem eigenen kleinen Campingplatz übernachten, wenn sie wollen. Ist zwar nur eine Wiese und ganz offiziell ein Privatparkplatz ohne Zu- und Abwasser, weil ich sonst ’ne Nutzungsänderung bei der Gemeinde beantragen müsste. Aber solange ich es nicht übertreibe, sagt keiner was dazu. Ist ein tolles zweites Standbein geworden. An manchen Tagen auch das einzige. Wir fahren früh raus mit den Touristen, die bekommen bei uns einen Angelschein für einen Tag ausgestellt und dürfen dann ihr Glück versuchen. Abends gibt’s ein Bier in der Flachen Flunder – es ist perfekt. Oder besser: könnte es sein.«
»Aha.« Mehr sage ich dazu nicht. Ich kenne kaum etwas, das ich langweiliger finde als Angeln. Die Vorstellung, ich müsste dafür auch noch besonders früh aufstehen, ist gruselig und wird nur noch getoppt von meiner Abneigung gegen...
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2022 |
---|---|
Reihe/Serie | Mai und Lorenz ermitteln auf Usedom | Mai und Lorenz ermitteln auf Usedom |
Zusatzinfo | 1 s/w-Abbildung |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Anette Hinrichs • Buch für den Urlaub • Cosy Crime • Cosy Krimi • Ermittlerduo • Erpresser • Eva Almstädt • Fangquote • Fischerei • Fischfang • Gebärdensprache • Gehörlos • Heringsdorf • Inselkrimi • Klaus-Peter Wolf • Krimi Bestseller 2022 • Krimi Neuerscheinungen 2022 • Krimiserie • Küstenkrimi • Nordlicht • Ostseebad • Ostseekrimi • Peenemünde • Radioreporterin • Radiosender • Sommerbuch • Sonneninsel • Spekulationgsgeschäfte • Tierschutz • Überfischung • Urlaubskrimi |
ISBN-10 | 3-10-491382-X / 310491382X |
ISBN-13 | 978-3-10-491382-7 / 9783104913827 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 3,4 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich