Elsässer Machenschaften (eBook)
304 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60110-8 (ISBN)
Jean Jacques Laurent ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der bereits zahlreiche Kriminalromane verfasst hat. Mehrmals im Jahr reist er zu seiner Familie ins Elsass, wo er Land und Leute studiert und die gute Küche genießt. Immer mit einem Gläschen Weißwein dazu, denn im Gegensatz zu Rotweinliebhaber Major Gabin hat der Autor nichts gegen den Elsässer Silvaner einzuwenden.
Jean Jacques Laurent ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der bereits zahlreiche Kriminalromane verfasst hat. Mehrmals im Jahr reist er zu seiner Familie ins Elsass, wo er Land und Leute studiert und die gute Küche genießt. Immer mit einem Gläschen Weißwein dazu, denn im Gegensatz zu Rotweinliebhaber Major Gabin hat der Autor nichts gegen den Elsässer Silvaner einzuwenden.
ZWEI
Die Sanitäter meinten es gut, als sie Joanna eine Thermodecke aus goldglänzender Folie über die Schultern legten. Offenbar gingen sie davon aus, dass sie als Zeugin eines so grausamen Unfalls unter Schock stand.
Doch Joanna wehrte die Bemühungen ab. »Danke, nicht nötig«, sagte sie knapp und wandte sich stattdessen an zwei Uniformierte, die soeben einem der blau-weißen Fahrzeuge der Police municipale entstiegen waren. Einer war klein und dünn und zeigte eine besorgte Miene, der andere groß und kräftig, er sah so aus, als wollte er umgehend das Kommando übernehmen.
»Mein Name ist Joanna Laffargue, juge d’instruction«, stellte sie sich vor. Kaum hatte sie sich als Untersuchungsrichterin zu erkennen gegeben, sank der beleibte Stadtpolizist etwas in sich zusammen und nahm eine geradezu unterwürfige Haltung ein. Es wirkte fast, als wollte er sich verbeugen.
»Major Jules Gabin von der Gendarmerie in Colmar«, stellte sich nun auch Jules vor, woraufhin die beiden Polizisten wohl am liebsten wieder in ihr Auto gesprungen und davongebraust wären.
»Ähm … ja … also …«, stammelte der Kräftige, während sein kleinerer Kollege hinter ihm Schutz suchte.
»Nur zu«, sagte Jules in beruhigendem Tonfall, »machen Sie Ihre Arbeit, und sperren Sie die Straße. Die Rebenheimer Feuerwehr habe ich bereits verständigt. Für das Unfallprotokoll stehen wir später gern zur Verfügung.«
Während die Polizisten Warnbaken und Flatterbänder aus dem Kofferraum holten, trat Joanna beiseite, um einen rot lackierten Rüstwagen durchzulassen, dessen laut knatternder alter Diesel rußigen Qualm ausstieß. Jules hatte ihr erzählt, dass sich Feuerwehrchef Claude mit einer angejahrten Wagenflotte herumplagen musste. Aber dass die Fahrzeuge so betagt waren …
Sie sah zu, wie Jules seinen alten Bekannten begrüßte. Obwohl Claude nicht wirklich alt war, sie schätzte ihn auf um die dreißig. Ein hochgewachsener, durchtrainierter Kerl mit flachsblondem Bürstenhaarschnitt, ein echter Hingucker. Doch Joannas Vorliebe ging in eine andere Richtung. Ihr Jules mochte nicht ganz so groß und muskulös sein, dafür liebte sie sein schwarzes Wuschelhaar, den braunen Teint und die dunklen Augen, in denen sie so gern versank. Da verzieh sie ihm sogar seine etwas unstete Art und dass sie oft nicht so genau wusste, woran sie bei ihm war.
»Bonjour, Joanna.« Claude, der in der dunkelblauen Uniform der pompiers steckte und unterm Arm einen blank polierten Helm trug, begrüßte nun auch sie, traditionell mit Küsschen auf beide Wangen. »Kein schöner Anlass, um sich mal wiederzusehen.« Er nickte zu dem Wrack hinüber, an dem sich seine Männer bereits zu schaffen machten. »Wie es aussieht, müssen wir den Toten mithilfe des Rettungsspreizers aus den Trümmern befreien. Es ist Yves Morel, nicht wahr?«
»Kanntest du ihn auch?«, erkundigte sich Jules erstaunt, offenbar wunderte er sich, dass ihm dieser Name bisher nicht untergekommen war. Joanna hätte ihm den Grund sagen können: Weil er nie die Lokalzeitung las, sondern immer nur auf seinem Smartphone herumdaddelte.
»Ich kenne seine Kolumne im Journal«, antwortete Claude. »Man muss ja schließlich wissen, wer in Colmars feinen Kreisen mit wem verkehrt.«
»Muss man das wirklich?«, entgegnete Jules. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Unfallwagen und ging ein paar Schritte darauf zu. Dann begann er, mit suchenden Blicken um das Wrack herumzulaufen. Joanna fragte sich, was er zu finden hoffte. Es handelte sich doch um einen Unfall? Das war sicher sehr, sehr tragisch, aber kein Grund, gleich das Ermitteln anzufangen. Andererseits kannte sie Jules inzwischen lange genug, um zu wissen, dass er nicht anders konnte, als seinem Instinkt zu folgen. Was soll’s, dachte sie. An unbeschwertes Freizeitvergnügen war nach dem, was sie erlebt hatten, an diesem Sonntag ohnehin nicht mehr zu denken.
»Morel muss einen Affenzahn draufgehabt haben«, sagte Claude mit Blick auf das zerrissene Blech der Karosserie. »Wundert mich, dass er nicht früher abgebremst hat. Er musste doch wissen, wie tückisch eng die Kurven hier sind.«
»Die Bremslichter habe ich aufleuchten sehen«, warf Joanna ein. Sie erinnerte sich noch gut an die Sekunden vor dem Aufprall. »Aber da war es wahrscheinlich schon zu spät.«
»Na, dann wollen wir mal.« Claude nickte ihr zu und ging, um seinen kleinen Trupp zu unterstützen.
Joanna, die das emsige Treiben ein wenig ratlos betrachtete, kam sich überflüssig vor. Gern hätte sie sich nützlich gemacht, aber sie wusste nicht, wie.
Jules hatte seine Suche beendet, er kam auf sie zu und hielt eine stark in Mitleidenschaft gezogene Tasche in der Hand, die er offenbar vom Boden aufgelesen hatte. Er streckte sie ihr entgegen.
»Schau dir das an«, sagte er, »die muss durch den Aufprall aus dem Wagen geschleudert worden sein. Ich nehme an, sie lag auf dem Beifahrersitz.«
»Seine Arbeitstasche«, mutmaßte Joanna. »Die steht seinen Hinterbliebenen zu.«
»Ja«, sagte Jules und legte die Hand auf den Verschluss. »Das Schloss ist gebrochen. Mal sehen, was sich darin befindet.« Er schlug die Lasche zurück.
»Du kannst doch nicht einfach …« Joannas Protest fiel halbherzig aus, denn auch sie wollte wissen, mit welcher Story der Reporter zuletzt befasst gewesen war. Vielleicht erklärte das seine Eile.
»Ein Block, Stifte, ein Handy mit gesprungenem Display und hier sogar ein Fahrtenbuch«, zählte Jules auf, während er die Tasche durchsuchte. »Nanu, was haben wir denn da?« Er hielt ihr einen schmalen Faltprospekt hin, auf dessen Vorderseite zwei Störche abgebildet waren. Dabei verzog er das Gesicht. »Meine Lieblingsvögel.«
Joanna wusste zwar, dass Jules Störche nicht ausstehen konnte, hatte aber nie verstanden, weshalb. Immerhin galten die eleganten Stelzvögel als eine Art Aushängeschild der Region. Sie nahm ihm den Prospekt ab und schlug ihn auf. »Werbung für den Storchenpark Colmar«, sagte sie und legte die Stirn in Falten.
»Seit wann interessiert sich ein Gesellschaftsreporter fürs Federvieh?« Jules war seine Abneigung gegen diese Vogelgattung deutlich anzusehen.
Da konnte Joanna bloß spekulieren: »Möglich, dass er hin und wieder Aufträge in anderen Ressorts übernehmen musste, zum Beispiel, wenn die Kollegen der Lokalredaktion keine Kapazitäten mehr hatten?«
»Möglich, ja …« Jules wirkte nicht überzeugt. Wieder glitten seine Blicke suchend hin und her.
»Was ist denn bloß los?«, wollte Joanna wissen, die sich nun von Jules’ Unruhe anstecken ließ.
»Irgendetwas stimmt da nicht«, antwortete er, ohne sie anzusehen. »So wie Morel gefahren ist – als wäre der Teufel hinter ihm her …«
Claude, der neben seinen Leuten vor der Frontpartie des zerstörten Autos stand, machte ihnen ein Zeichen, woraufhin Jules sich sofort in Bewegung setzte.
Auf der Stirn des stattlichen Feuerwehrkommandanten hatte sich eine steile Furche gebildet, woraus Joanna schloss, dass er etwas entdeckt haben musste. Sie wollte nun nichts mehr verpassen und trat neben die Feuerwehrleute.
Tatsächlich schob Claude seine Hand in die gestauchten Eingeweide des Motorraums, förderte ein Schlauchende aus festem schwarzem Kunststoff zutage und erklärte knapp: »Die Bremsleitung. Sie ist beschädigt.«
Während Jules sich vorbeugte und den Schlauch musterte, erkundigte sich Joanna: »Kann das durch den Aufprall passiert sein?«
»Nein«, antwortete Claude mit fester Überzeugung. »Ihr wisst ja, dass ich jede freie Minute unter unseren Einsatzwagen verbringe, weil es an der Oldtimerflotte unentwegt etwas zu richten gibt. Auch wenn ich kein Mechaniker bin, kann ich euch versichern, dass hier manipuliert wurde.« Er hielt das Schlauchende höher. »Seht her: ein gerader, glatter Schnitt, so wie man ihn nur mit einem Teppichmesser oder einer ähnlich scharfen Klinge hinbekommt. Der Schlauch wurde etwa bis zur Hälfte sauber durchschnitten, sodass die Leitung leckte, die Bremse jedoch nicht sofort versagte. Wäre der Schlauch durch den Unfall geplatzt, müssten die Ränder ausgefranst und ungleichmäßig sein. Wie man sieht, ist das hier nicht der Fall.« ...
Erscheint lt. Verlag | 31.3.2022 |
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Reihe/Serie | Jules-Gabin-Reihe |
Jules-Gabin-Reihe | Jules-Gabin-Reihe |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Anthony Coles • Buchempfehlung • Cay Rademacher • Colmar • Deutschland • Elsass • Elsässer Verfehlungen • Elsass-Krimi • frankreich-krimi • Geschenk • Jean-Luc Bannalec • Jules Besson • Jules Gabin • Krimi • Lesetipp • Sommerlektüre • Sophie Bonnet • Taschenbuch • Urlaub |
ISBN-10 | 3-492-60110-3 / 3492601103 |
ISBN-13 | 978-3-492-60110-8 / 9783492601108 |
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