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Im Namen des Gesetzes (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2616-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Namen des Gesetzes - James Grippando
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In einem aufsehenerregenden Prozess gelingt es Jack Swyteck, den Freispruch eines Mandanten zu erwirken. Mit fatalen Folgen: Der Mann, der des Mordes angeklagt war, kündigt an weiterzutöten. Jack zweifelt am Sinn seines Berufes und kündigt fristlos. Kurz darauf wird sein ehemaliger Mandant ermordet und Jack selbst steht auf einmal unter Mordverdacht ...

Der erste Fall für Jack Swyteck! Spannend, rasant und äußerst raffiniert.



James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch' Im Namen des Gesetzes' 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt mit seiner Familie im Süden Floridas.

Prolog


Das Ritual hatte bei Einbruch der Dämmerung begonnen, und es würde die ganze Nacht dauern. Nach Mitternacht waren Wolken aufgezogen und hatten den Vollmond verdunkelt. Es war, als hätte der Himmel sein allwissendes Auge aus Kummer oder nur aus purer Gleichgültigkeit geschlossen. Noch sechs Stunden Dunkelheit und Warten, bis die rote Morgensonne über den Kiefern und Palmen im Nordosten Floridas aufgehen würde. Dann, genau um 7.00 Uhr morgens, würde Raul Fernandez hingerichtet werden.

Eine Menschenmenge versammelte sich vor dem Maschendrahtzaun, der das größte Hochsicherheitsgefängnis des Staates umgab. Stille und einige trübe Lichter drangen aus dem kastenförmigen dreistöckigen Gebäude jenseits des Gefängnishofes, einem menschlichen Arsenal nutzloser Teile und gebrochener Seelen. Bewaffnete Posten liefen in ihren Wachtürmen auf und ab, nur schemenhaft erkennbar im Spiel der Suchscheinwerfer. In dieser Nacht waren nicht so viele Zuschauer gekommen wie in jenen Tagen, als Hinrichtungen in Florida noch fette Schlagzeilen machten und kein kümmerliches Dasein neben dem Wetterbericht fristeten. Dennoch war das übliche Geschrei ausgebrochen, als der schwarze Leichenwagen erschien, der den Toten abtransportieren würde. Die lautesten Zuschauer johlten und grölten von den Ladeflächen ihrer Pickups, nuckelten an ihren langhalsigen Budweiser-Flaschen und schwenkten Spruchbänder mit der Aufschrift AUF GEHT’S SPARKY, dem Kosenamen, den Befürworter der Todesstrafe dem »Stuhl« gegeben hatten.

Die Eltern des Opfers starrten mit ruhiger Entschlossenheit durch den Maschendrahtzaun. Alles, was sie wollten, war Vergeltung, da es ohnehin weder gerecht war noch Sinn hatte, daß ihrer Tochter die Kehle aufgeschlitzt worden war. Auf der anderen Straßenseite wurden bei Kerzenlicht und Gitarrengeklimper von den einstigen Blumenkindern einer engagierten Generation die Namen von John Lennon und Joan Baez heraufbeschworen. Die Jahre und die Last aller Probleme dieser Welt hatten auf ihren besorgten Gesichtern Spuren hinterlassen. Neben einer Gruppe von Nonnen, die zum Gebet niedergekniet waren, riefen einige Bewohner von Little Havanna, Miamis kubanischem Viertel, in ihrer spanischen Muttersprache: »Raul es inocente!«

Hinter den Backsteinmauern und den vergitterten Fenstern des Gefängnisses hatte Raul Fernandez gerade seine letzte Mahlzeit beendet – eine Riesenportion honigglasierter Hähnchenflügel mit Kartoffelpüree – und stattete nun dem Gefängnisfrisör einen letzten Besuch ab. Eskortiert von bewaffneten Wärtern in gestärkten braun-beigen Uniformen, nahm er auf einem durchgesessenen, lederbezogenen Frisörstuhl Platz, der fast so unbequem war wie der kastenförmige Holzthron, auf dem er sterben sollte. Die Wärter schnallten ihn fest und bezogen ihre Posten – der eine an der Tür, der andere neben dem Gefangenen.

»Der Frisör kommt gleich«, sagte einer der Wärter. »Bleib schön ruhig sitzen.«

Fernandez saß bewegungslos da und wartete, als ob ihn jeden Augenblick der erste Stromstoß treffen könnte. Seine blutunterlaufenen Augen blinzelten unter dem grellen Schein des weißen Lichts, das die weißgetünchten Zementwände und der weiße Kachelboden reflektierten. Er gestattete sich einen Augenblick bitterer Ironie, als ihm bewußt wurde, daß sogar die Wärter weiß waren.

In der Tat war alles weiß, bis auf den Mann, der sterben sollte. Fernandez war einer von Tausenden kubanischer Flüchtlinge, die 1980 während der Mariel-Seebrücke in Miami gelandet waren. Ein Jahr später wurde er wegen Mordes verhaftet. Die Geschworenen benötigten für die Urteilsfindung weniger Zeit als das junge Opfer, um an seinem eigenen Blut zu ersticken. Der Richter verurteilte ihn zum Tode durch den elektrischen Stuhl, und nach einem zehn Jahre dauernden Gang durch alle Instanzen war nun seine Zeit gekommen.

»Morgen, Sportsfreund«, sagte der stämmige Wärter, der an der Tür Posten bezogen hatte.

Der Gefangene beobachtete ängstlich, wie ein dickwanstiger Frisör mit Blumenkohlohren und einem selbstfabrizierten Matrosenhaarschnitt in den Raum trat. Seine Bewegungen waren langsam und überlegt. Er schien es zu genießen, daß für Fernandez jeder Augenblick eine Ewigkeit bedeutete. Grinsend stand er vor seinem gefangenen Kunden, den unverwüstlichen elektrischen Rasierer in der einen Hand und eine große Plastiktasse mit dem schwärzesten Tee, den Fernandez je gesehen hatte, in der anderen.

»Auf die Minute«, sagte der Frisör durch seine tabakgelben Zähne. Er spuckte seinen braunen Schleim in die Tasse, stellte sie auf die Ablage und blickte Fernandez prüfend an. »Tatsächlich«, schnaufte er, »du siehst genauso aus wie im Fernsehen.«

Fernandez saß mit versteinertem Gesicht auf dem Stuhl und ignorierte die Bemerkung.

»Hab’ ’n Louis-Armstrong-Schnitt im Angebot heute«, sagte der Frisör, während er seinen Rasierer einschaltete.

Krauses schwarzes Haar fiel auf den Boden, als der Rasierapparat den dichten Haarschopf des Gefangenen in Stoppeln verwandelte, die von nervösem Schweiß glänzten. Im gegebenen Augenblick zogen die Wärter Fernandez die Hosenbeine hoch, und der Friseur rasierte ihm die Fesseln. Danach war der Gefangene so präpariert, daß man ihn an beiden Enden anschließen, seinen kahlen Kopf und die enthaarten Fesseln gleichsam als menschliche Steckdosen für den Spannungsstoß von mehreren tausend Volt benutzen konnte, die seine Haut versengen, sein Blut zum Sieden bringen und sein Leben auslöschen würden.

Der Frisör trat einen Schritt zurück, um seine Arbeit zu bewundern. »Also, wenn das kein heißer Schnitt ist«, sagte er. »Darauf gibt’s sogar ’ne lebenslange Garantie.«

Die Wärter kicherten, während Fernandez die Fäuste ballte.

Ein kurzes Klopfen an der Tür brach die Spannung. Die Schlüssel des stämmigen Wärters klirrten, als er die Tür öffnete. Raul hörte Gemurmel, konnte jedoch trotz aller Anstrengung nicht verstehen, was gesagt wurde. Schließlich drehte sich der Wärter mit verärgerter Miene zu ihm um.

»Fernandez, ein Anruf für dich. Dein Anwalt.«

Rauls Kopf schnellte nach oben.

»Na los«, befahl der Wärter, während er den Gefangenen am Arm packte.

Fernandez schoß aus dem Stuhl hoch.

»Immer schön langsam!« sagte der Wärter.

Fernandez kannte die Übung. Er streckte die Arme vor, und der Wärter legte ihm die Handschellen an. Dann ließ er sich auf die Knie fallen, damit der andere Wärter ihm von hinten die Beinschellen anlegen konnte. Er erhob sich langsam, aber ungeduldig, und ging so schnell wie seine Ketten und die bewaffneten Begleiter es erlaubten durch die Tür und in den Gang hinaus. Sofort war er in der kleinen, in einer Nische versteckten Telefonzelle, in der die Gefangenen die Anrufe ihrer Anwälte entgegennahmen. Sie hatte ein rautenförmiges Fenster in der Tür, das es den Wachen ermöglichte, die vertraulichen Gespräche, wenn schon nicht zu hören, so doch zumindest zu beobachten.

»Was haben Sie gesagt, Mann?«

Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause, die nichts Gutes verhieß.

»Es tut mir leid, Raul«, sagte sein Anwalt.

»Nein!« Er schlug mit der Faust auf die Ablage. »Das kann nicht wahr sein! Ich bin unschuldig! Ich bin unschuldig!« Er schnappte mehrmals wütend nach Luft, während seine Augen wie wild durch die kleine Kabine schossen, als könnte er dort die Lösung finden. Der Anwalt fuhr mit leiser, ruhiger Stimme fort. »Ich habe Ihnen versprochen, Raul, daß ich nicht um den heißen Brei reden werde. Wir haben wirklich alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Das Ergebnis könnte schlimmer nicht sein. Der Oberste Gerichtshof hat nicht nur Ihren Antrag auf Vollstreckungsaufschub abgelehnt, sondern außerdem eine Verfügung erlassen, die es jedem anderen Gericht im Land verbietet, Ihnen einen Aufschub zu gewähren.«

»Warum? Ich will wissen, warum, verdammt noch mal!«

»Das Gericht hat nicht gesagt, warum – und das braucht es auch nicht«, erwiderte sein Anwalt.

»Dann sagen Sie es mir! Irgend jemand muß mir doch sagen können, warum man mir das antut!«

In der Leitung war es still.

Raul legte ungläubig die Hand an den Kopf, aber das fremde Gefühl der Kahlheit verstärkte nur noch das, was er gerade gehört hat. »Das ist … irgendwie … hören Sie, wir müssen etwas unternehmen«, sagte er mit bebender Stimme. »Wir waren doch schon mal an dem Punkt, ich und Sie. Machen Sie’s wie letztes Mal. Legen Sie noch mal Berufung ein, stellen Sie ’n Antrag oder wie zum Teufel ihr Anwälte diese Sachen nennt. Alles, was ich brauche, is’ ’n bißchen Zeit. Aber beeilen Sie sich, Mann. Die haben schon meinen verdammten Schädel kahlgeschoren!«

Sein Anwalt seufzte so laut, daß es in der Leitung knackte.

»Kommen Sie«, sagte Fernandez verzweifelt. »Es muß doch irgend etwas geben, was Sie tun können.«

»Da wäre vielleicht noch eine Möglichkeit«, sagte sein Anwalt ohne Begeisterung.

»Na siehste, Junge!« Fernandez kam wieder in Schwung und ballte die Fäuste für eine weitere Runde.

»Wir haben eine Chance von eins zu einer Million«, sagte der Anwalt, um seinen Mandanten auf den Boden zurückzuholen. »Es gibt vielleicht einen neuen Punkt, an dem man ansetzen könnte. Ich werde den Gouverneur bitten, die Strafe umzuwandeln. Aber ich will Ihnen nichts vormachen....

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie Anwalt Jack Swyteck ermittelt
Anwalt Jack Swyteck ermittelt
Übersetzer Hans-Jürgen Heckler
Sprache deutsch
Original-Titel The Pardon
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte angeklagt • Anwalt • David Baldacci • Fehlurteil • Grippando • Jack Swyteck • Justiz • Mörder • Randy Singer • Thriller
ISBN-10 3-8412-2616-7 / 3841226167
ISBN-13 978-3-8412-2616-7 / 9783841226167
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