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Venezianische Maskerade (eBook)

Venedig-Krimi
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
384 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01075-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Venezianische Maskerade -  Philip Gwynne Jones
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Der Karneval ist in vollem Gange, doch Nathan Sutherland, britischer Honorarkonsul in Venedig, will seinen Geburtstag lieber in der berühmten Oper La Fenice feiern. Auch wenn seine Lieblingssopranistin Isotta Baldan im letzten Moment absagt, ist ein Abend im La Fenice immer ein Ereignis! Diesmal allerdings aus den falschen Gründen: Ein Opernbesucher wird während der Aufführung erstochen. Warum trägt der Tote eine von Nathans Visitenkarten in seinem Portemonnaie? Nathans Ermittlungen führen zu einer verschollenen Oper von Monteverdi, für die sich auch Isotta Baldan brennend interessiert - und einige ruchlose Verbrecher, die in ihrer Habgier vor nichts zurückschrecken ...

Philip Gwynne Jones stammt aus Wales, lebt aber seit 2011 mit seiner Frau Caroline in Venedig, wo er anfing als Lehrer und Übersetzer zu arbeiten. Inzwischen schreibt er Romane, in denen seine Liebe zu Venedig deutlich mitschwingt. Er liebt die italienische Küche, Kunst, klassische Musik und die Oper und bisweilen singt er als Bass bei den Cantori Veneziani und dem Ensemble Vocale di Venezia.

Philip Gwynne Jones stammt aus Wales, lebt aber seit 2011 mit seiner Frau Caroline in Venedig, wo er anfing als Lehrer und Übersetzer zu arbeiten. Inzwischen schreibt er Romane, in denen seine Liebe zu Venedig deutlich mitschwingt. Er liebt die italienische Küche, Kunst, klassische Musik und die Oper und bisweilen singt er als Bass bei den Cantori Veneziani und dem Ensemble Vocale di Venezia. Birgit Salzmann studierte Deutsche Sprache und Literatur, Anglistik und Romanistik und übersetzt englischsprachige Literatur ins Deutsche. Nach Venedig zieht es sie seit über 25 Jahren immer wieder. Sie lebt mit ihrer Familie in Marburg.

–1–


Napoleon Bonaparte schubste mich zur Seite und marschierte die Calle Caotorta entlang. Die eine Hand in seinen Uniformmantel geschoben, trieb er die Passanten rechts und links genauso lässig auseinander, wie er einst die mächtigsten Armeen Europas aus dem Weg geräumt hatte. Nur sein Zweispitz, der leicht verrutscht war und unter dessen Krempe ein Preisschild hervorlugte, deutete darauf hin, dass es sich bei ihm um einen moderneren «Attila für Venedig» handelte.

Ich hob protestierend die Hand und wollte ihn zur Rede stellen, doch der «kleine Korporal» war kurz darauf schon im Nebel verschwunden. Federica legte mir die Hand auf den Arm.

«Lass es gut sein, tesoro

«Herrje!» Ich warf verärgert die Hände in die Luft. «Blöder Tourist.»

«Du warst selbst mal ein Tourist, caro mio. Und das ist noch gar nicht lange her.»

«Ich weiß, ich weiß. Aber ich bin nicht durch die Gegend gelaufen und habe Einheimische aus dem Weg geschubst, die ihren alltäglichen Geschäften nachgingen. Typen wie der schaden Venedig mehr als dieser Schwachkopf von echtem Napoleon und … ich steigere mich wohl schon wieder rein, was?»

Sie nickte.

«Tut mir leid.»

«Heute ist dein Geburtstag, Nathan – versuch, ihn zu genießen.»

«Das tue ich, ganz bestimmt. Sobald ich einen Spritz intus habe, genieße ich ihn sogar noch mehr.»

Sie hakte sich bei mir unter und tätschelte mir die Hand. Dann stieß sie mich in die Rippen.

«Autsch!»

Sie verlangsamte nicht ihren Schritt. «Das hier ist mein Geschenk, vergessen? Gib dir Mühe, dankbar zu sein.»

Ich blieb stehen und rieb mir über den Brustkorb. Dann lächelte ich. «Das bin ich. Ehrlich. Und aufgeregt. Carnevale macht mich bloß ein bisschen …» Mir fehlten die passenden Worte, also entschloss ich mich zu einem grummeligen Knurren, auf das mein Kater Gramsci stolz gewesen wäre.

Dichter Nebel lag über der Stadt, und Napoleon war schon längst im Dunst verschwunden, als wir den Campo San Fantin betraten. «Spritz?», fragte ich.

Federica sah mich verdutzt an. «Wirklich? Ich hatte angenommen, du würdest direkt reingehen wollen. Um das Erlebnis voll auszukosten.»

«Eigentlich schon, aber leider sind die Mengen, die sie da drin ausschenken, ziemlich bescheiden. Es ist zwar ganz nett, da zu sein und die Leute zu beobachten, aber alle tun dasselbe: auf ein trauriges kleines Glas Prosecco blicken und sich wünschen, sie wären in eine richtige Bar gegangen, um einen ordentlichen Drink zu sich zu nehmen.»

Federica lachte. «Und ich dachte, es dreht sich nur um die Musik.» Sie steuerte die Bar al Teatro an. Als wir die Tür öffneten, trafen uns Licht und Hitze, als wechselten wir mit einem Schlag von Schwarzweiß auf Technicolor. Napoleon hatte es vor uns an den Tresen geschafft und stand mit hochrotem Gesicht und einem kleinen Glas Rotwein in der Hand da. Im Rest des Lokals drängten sich außergewöhnlich hübsche junge Frauen mit Domino-Masken und schneidige ragazzi in Cape und Dreispitz. Ich blickte genervt auf die Menschenmenge, die uns von unserem Drink trennte.

«Ich hasse Carnevale», sagte ich.

«Nicht doch.»

«Es ist bloß diese schreckliche, aufgesetzte …»

«… und geschmacklose Inbesitznahme eines traditionellen venezianischen Festes …»

«Genau! Und außerdem …»

«Oder», sie drückte meine Hand, «sind es vielleicht nur nette Menschen, die Venedig besuchen, sich verkleiden und ihren Spaß haben?»

«Oje.» Ich sah sie an. «Bin ich etwa schon wieder grantig?» Sie nickte. «Das liegt nur daran, dass ich mich sorge.»

«Ich weiß, Nathan. Das tust du ständig. Du sorgst dich mehr als die Venezianer.»

«Es ist bloß … eigentlich ist es mir ja egal, weißt du, aber die Stadt ist jedes Mal so schrecklich voll.» Ich sah auf die Uhr. «Wir haben nur noch zwanzig Minuten, nicht mal genug Zeit, um es rechtzeitig bis zur Theke …»

«… zu schaffen», beendete sie meinen Satz. «Spritz al bitter?» Ich nickte. Irgendwie war es ihr gelungen, uns durch das Gedränge zu manövrieren.

Napoleon leerte sein Glas und sah mich vom anderen Ende der Theke aus an. Dann nickte er mit einem angedeuteten Lächeln, wie um zu signalisieren, wir sollten die Vergangenheit doch ruhen lassen, schob die rechte Hand in seine Uniformjacke und schritt davon, um neue Territorien zu erobern. Oder vielleicht auch Josephine.

Fede und ich stießen an. Sie gab mir einen Kuss auf die Wange. «Happy Birthday, tesoro

«Danke, cara. Ich bin ein Glückspilz, weißt du das?»

«Ich weiß.»

«Nicht, dass es ein bedeutender Geburtstag wäre.»

«Bedeutend?»

«Weder Null noch Fünf in der Jahreszahl.»

«Sie lachte und gab mir noch einen Kuss. «Na dann, alles Gute zum unbedeutenden Geburtstag, Liebling.»

«Weißt du, wenn ich nur vierundzwanzig Stunden später geboren worden wäre, hätte ich gemeinsam mit Tony Iommi Geburtstag.»

«Mit wem?»

«Tony Iommi. Der Gitarrist von Black Sabbath. Und das ohne die komplette Fingerausstattung. Wusstest du das?»

Sie schüttelte den Kopf. «Du warst gestern Abend mit Dario unterwegs, stimmt’s?»

Ich grinste. «Ist das so offensichtlich?»

«Also, wenn schon nicht Tony von Black Sabbath, gibt es vielleicht sonst noch jemanden, der mit dir Geburtstag hat?»

Ich schüttelte den Kopf. «Ich hatte ja auf Roger Waters gehofft. Oder nein, Dario hatte wahrscheinlich auf Roger Waters gehofft. Mir hätte auch Bach genügt. Wagner. Sogar Monteverdi. Jedenfalls hatte ich mein neues Smartphone dabei, und wir haben nachgeguckt, und …»

«Und?»

«Yoko Ono.»

Fede sagte einen Augenblick nichts. Dann: «Ernsthaft?»

«Ernsthaft.»

«Das ist doch großartig!»

«Wirklich?»

«Natürlich ist es das. Viel cooler als irgendwer von Black Sabbath.»

Ich musste verärgert ausgesehen haben, doch bevor ich etwas sagen konnte, legte sie mir lächelnd einen Finger auf die Lippen. Da lächelte ich auch, und wir stießen noch einmal an.

«Also, erzähl mir von heute Abend.»

«Ich hab dir schon alles darüber erzählt.»

«Erzähl es mir noch mal. Beim ersten Mal habe ich nicht richtig zugehört. Ich weiß nur, dass er dir sehr viel bedeutet.»

Ich stellte meinen Spritz ab. «Monteverdi. Vierhundertfünfzig Jahre. L’incoronazione di Poppea. Lockwood. Baldan.» Ich schaute nach rechts und nach links. Der Platz reichte gerade, um Fede hochzuheben und herumzuwirbeln, bevor ich ihr einen Kuss auf den Mund drückte. «Das beste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten», erklärte ich.

«Das freut mich. Auch wenn du hier so eine Show abziehst. Aber erzähl weiter.»

«Hier nahm es seinen Anfang. Alles. Sicher, es wurden schon vorher Werke geschrieben, die man als opera lirica bezeichnen könnte. Sogar von Verdi selbst. Aber Poppea ist anders. Da steckt Dramatik drin. Richtig viel Dramatik. Und, natürlich …» Ich hielt inne.

«Natürlich?»

«Gewinnen die Bösen. Das gefällt mir irgendwie.» Ich leerte mein Glas und stellte es auf die Theke. Dann sah ich auf die Uhr. «Wir sollten gehen.»

Fede packte mein Handgelenk und drehte es um. «Wir haben noch jede Menge Zeit», sagte sie, als sie die Uhrzeit überprüft hatte. Dann sah sie mein Gesicht und fing an zu lächeln. «Aber du wirst verrückt, wenn wir nicht sofort aufbrechen, oder?»

Ich nickte entschuldigend.

«Na schön, dann komm. Schließlich soll es ein perfekter Abend für dich werden.»

Wir drängelten uns so rücksichtsvoll wie möglich aus der Bar auf den campo. Die Kälte war unangenehm, aber nur im ersten Moment, während wir die wenigen Meter bis zum Fenice hinüberliefen. Wir stiegen die Treppe hinauf, und ich griff lächelnd nach den Eintrittskarten in meiner Manteltasche. Baldan. Poppea. Da fiel mein Blick auf einen Papierstreifen, der quer über das Plakat für die heutige Aufführung geklebt worden war. Ich blieb wie angewurzelt stehen.

Fede ergriff meinen Arm. «Was ist denn?»

«Das glaube ich jetzt nicht. Das glaub ich einfach nicht!» Ich legte die Hände auf das Plakat. Dann schlug ich mehrmals vorsichtig den Kopf dagegen. «Nein, eigentlich glaube ich es doch. Denn genau das passiert jedes verflixte Mal.»

«Was meinst du damit?»

«Sie hat abgesagt.» Ich richtete mich auf und atmete tief durch. Es kostete mich tatsächlich Mühe, nicht zu weinen. «Jedes Mal. Jedes einzelne Mal, wenn ich sie sehen wollte, wurde ihr Auftritt abgesagt. Ich habe es so satt.»

Fede legte mir die Hand auf den Rücken. «Das tut mir leid, caro. Das tut mir schrecklich leid. Sicher wird es trotzdem gut, oder?»

Ich nickte. «Oh, das wird es. Vielleicht sogar noch besser. Ich würde sie bloß gerne sehen, weißt du. Nur einmal. Isotta Baldan. Sie ist so was wie eine Legende.»

«Tut mir leid.» Fede steuerte mich durch den Sicherheits-Check, wo unsere Tickets gescannt wurden, und die Treppe hinauf bis in unsere Loge. «Es wird trotzdem gut», sagte sie noch einmal.

Ich setzte mich und schaute mich um. Einen so guten Platz hatte ich seit Jahren nicht gehabt. Normalerweise stand ich oder saß hinter einer Säule oder teilte mir, wie bei einer gewissen denkwürdigen Gelegenheit, die Loge mit einem soziopathischen Mörder.

«Arcangelo Moro?» Federica las offenbar meine Gedanken. Ich erstarrte, doch dann entspannten sich meine Schultern, und ich fing an zu...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2022
Reihe/Serie Nathan Sutherland ermittelt
Nathan Sutherland ermittelt
Übersetzer Birgit Salzmann
Zusatzinfo Mit 1 s/w Karte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Ermittlerkrimi • Italien • Italienische Bücher • Italien Krimi • Karneval • Kriminalroman aus Italien • La Fenice • Oper • Venedig • Venedigkrimi
ISBN-10 3-644-01075-7 / 3644010757
ISBN-13 978-3-644-01075-8 / 9783644010758
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