Trüffelgold (eBook)
370 Seiten
Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0401-4 (ISBN)
Julie Dubois entführt mit ihrem ersten Roman um die deutsch-französische Kommissarin Marie Mercier in das zauberhafte Périgord, Frankreichs Feinschmeckerparadies.
Im malerischen Saint-André-du-Périgord hat Marie Mercier einst unbeschwerte Sommerferien auf dem Bauernhof ihrer Großeltern verbracht. Nun hat die Pariser Kommissarin den Hof geerbt und plant eine Auszeit. Dass nebenan ihre lebensfrohe Großtante Léonie wohnt, eine begnadete Köchin, wärmt ihr Herz. Doch kurz nach Maries Ankunft trübt der mysteriöse Tod eines Bikers aus Bordeaux die Idylle. Das Opfer hatte eine Liaison mit der begehrten Dorfschönheit Hélène, und der zuständige Kommissar Michel Leblanc vermutet Mord aus Eifersucht. Marie hat allerdings einen anderen Verdacht - und ein Problem: Es ist der Fall von Leblanc, der das genauso sieht. Als eine überraschende Entdeckung ein neues Licht auf die Tat wirft, hat das ungeahnte Folgen ...
<p><strong>Julie Dubois </strong>ist eine deutsche Autorin mit französischen Wurzeln, die viele Jahre in Berlin zuhause war. Heute lebt sie zwischen Deutschland und dem Périgord, dassie zu dem stimmungsvollen Romansetting St. André inspiriert hat.<strong> TRÜFFELGOLD</strong> ist der Auftakt einer Krimiserie um die deutsch-französische Kommissarin Marie Mercier.</p>
Julie Dubois ist eine deutsche Autorin mit französischen Wurzeln, die viele Jahre in Berlin zuhause war. Heute lebt sie zwischen Deutschland und dem Périgord, das sie zu dem stimmungsvollen Romansetting St. André inspiriert hat. TRÜFFELGOLD ist der Auftakt einer Krimiserie um die deutsch-französische Kommissarin Marie Mercier.
Kapitel 1
An diesem Septembermorgen strahlte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel und tauchte die Welt rund um Saint-André-du-Périgord in warme Farben. Der Frühnebel hatte sich nahezu vollständig aufgelöst – nur noch ein paar Schwaden waren übrig geblieben, die der sanft hügeligen Landschaft etwas Geheimnisvolles verliehen.
Marie Mercier, Kommissarin bei der Pariser Brigade Criminelle, hatte mit ihrem Mischlingshund César die ersten hundert Höhenmeter erklommen, die zum Wald führten. Nun war sie stehen geblieben und schaute hinunter auf das malerisch in die Landschaft eingebettete Dreihundertseelendorf in der südlichen Dordogne. Zwischen den ockerfarbenen Dächern waren die romanische Kirche mit dem großen Pfarrhaus und links davon der Taubenschlag aus dem 14. Jahrhundert zu erkennen. Maries Blick glitt weiter zu den beiden gigantischen Zedern, die sich am Eingang des Dorfes erhoben. Daneben ragte die Schlossruine auf, die sie als Kind immer wieder erkundet hatte. Sie sah die Vézère gemächlich durch das Tal mäandern und konnte bis hier oben das Rauschen der Pappeln hören, die das Flussufer säumten. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte sie, während sie die Aussicht in sich aufnahm, und sie schloss die Augen.
Noch immer konnte sie es kaum fassen, dass sie jetzt hier lebte. Sie hatte kurzfristig ein ganzes Jahr Sabbatical beantragt – und tatsächlich bewilligt bekommen. Noch vor einem Monat war sie in Paris gewesen, hatte dort in einer Mordsache festgehangen, die, wie so oft, ihre ganze Zeit und Energie in Anspruch nahm. Gleichzeitig hatte sie immer wieder an ihre Großmutter denken müssen, die im Juni ganz plötzlich gestorben war – eines Morgens war ihre geliebte Mamie einfach nicht mehr aufgewacht.
Marie sah ihr schönes, von unzähligen Fältchen durchzogenes Gesicht vor ihrem geistigen Auge und war dankbar, dass der Tod so gnädig zu ihr gewesen war. Vor gar nicht allzu langer Zeit – irgendwann zu Beginn des Frühlings – hatte sie mit ihr in der Sonne auf der Bank vor dem Bauernhof der Familie gesessen und über Gott und die Welt geredet. Und irgendwann waren sie auch auf den Tod zu sprechen gekommen. Da hatte Mamie ihre Hand genommen und gesagt, dass sie, wenn es so weit wäre, gern im Schlaf in ihrem eigenen Bett in Saint-André sterben würde. Und das war ihr nach einem langen, erfüllten Leben auch vergönnt gewesen.
Marie atmete tief durch und öffnete die Augen wieder. Sie setzte ihren Weg fort, dem fröhlich vorantrottenden César, den sie zusammen mit dem Haus von Mamie geerbt hatte, hinterher. Nach einer Weile schaute sie noch einmal auf das Dorf hinunter und blieb erneut stehen. Ihr Blick fiel auf das prachtvollste Anwesen von Saint-André, das majestätisch in der Morgensonne lag. Die hellockerfarbene Fassade, die mit Rosen bepflanzte Pergola und die Renaissance-Fenster der ersten Etage hatten sie schon als Kind fasziniert. Wie oft hatte sie vor dieser prächtigen Kulisse gespielt? Damals hatte sie sich vorgestellt, dass gleich eine Prinzessin in einem weißen Kleid am Fenster erscheinen würde. Warum habe ich immer gedacht, dass Prinzessinnen weiß gekleidet sein müssen?, fragte sie sich, während sie ihr Sweatshirt auszog und es sich um die Taille band. Die Fenster des gusseisernen Gewächshauses waren geöffnet, und klassische Musik drang zu ihr herauf.
Marie schlang ihre schweren dunklen Locken zu einem lockeren Dutt und ging weiter. Als sie den Waldrand erreicht hatte, blieb sie neben einem Brombeerstrauch stehen. Hier im Halbschatten waren die Beeren vor der großen Hitze der letzten Tage geschützt gewesen und deshalb noch prall und saftig. Sie pflückte ein paar und steckte sie sich in den Mund.
Während sie noch den Geschmack der Beeren auskostete, zog ein Radfahrer in etwa fünfzig Metern Entfernung ihre Aufmerksamkeit auf sich. Breitbeinig stand er neben seinem Mountainbike. Wie hässlich diese bunten Radlermonturen doch sind, dachte sie. Im nächsten Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie den Mann kannte: Das war doch Hélènes neuester Verehrer! Erst vor ein paar Tagen hatte ihre Jugendfreundin aus Saint-André ihr den höflichen, seriös wirkenden Versicherungsmakler aus Bordeaux vorgestellt und dabei vor Glück gestrahlt. Auch er schien gerade das eindrucksvolle Anwesen zu bewundern und fotografierte es mit seinem Smartphone. Diese Krankheit, alles Schöne immer gleich fotografieren zu müssen!
Marie beobachtete den großgewachsenen, schlanken Mann, der sich ihr gegenüber ziemlich distanziert verhalten hatte, und fragte sich, was Hélène wohl an diesem bieder wirkenden Typen fand. Aber Hélène und sie hatten, was Männer betraf, seit jeher einen unterschiedlichen Geschmack. Marie stand eher auf Ecken und Kanten – aber okay, das war jetzt nicht das Thema. Wie hieß der Typ noch mal? Franck? Ja … Franck Girard.
Langsam ging sie auf ihn zu. Als er sie bemerkte, steckte er sein Handy weg und lächelte breit.
»Salut, ein schöner Tag, was?«
»Salut. Ja, wunderbar.«
»Sie sind Marie, oder?«
»Ja, und Sie sind Franck. Wollten Sie heute nicht zurück nach Bordeaux?«
»Doch, doch. Ich drehe nur noch eine Runde bei diesem herrlichen Wetter, und dann geht’s los.«
Marie verabschiedete sich freundlich von dem Mann und bog in einen kleinen, verschlungenen Waldpfad ein. Sie hatte keine Lust auf Small Talk, außerdem wollte sie Steinpilze sammeln. Ihre Großtante Léonie, Mamies ebenfalls in Saint-André lebende jüngere Schwester, hatte ihr eine besondere Fundstelle empfohlen. Dorthin wollte sie, bevor andere sie entdeckten und plünderten. Beim Pilzesammeln waren Maries Großmutter und Léonie früher ein unschlagbares Team gewesen. Was die eine nicht sah, fiel der anderen auf, und bei aller Gastfreundlichkeit, durch die sich die Bewohner des Périgord auszeichneten, hätten die beiden für nichts auf der Welt eine gute Stelle für Pilze verraten.
Inzwischen war Léonie stolze achtzig Jahre alt. Sie war zwar noch rüstig und aktiv, aber in den Wald wagte sie sich nicht mehr und hatte daher Marie zur Pilzsammlerin der Merciers ernannt. Das war eine Ehre, und Marie wusste, dass sie ihrer pseudostrengen Großtante nur beste Exemplare bringen durfte. Später würde Léonie diese mit ihren stechend blauen Augen inspizieren. Sie besaß die einzigen blauen Augen in der Familie – die der anderen Merciers waren haselnussbraun.
Marie hoffte, auch die kleinen, festen, schwarzköpfigen Steinpilze zu finden, die so zart waren, dass man sie in hauchdünnen Scheiben mit ein bisschen Fleur de Sel roh essen konnte. Voller Vorfreude beschleunigte sie ihre Schritte. So, dachte sie nach einer kleinen Weile, jetzt an der großen Eiche vorbei und dann links.
»Na, wer sagt’s denn!«, rief sie strahlend und bückte sich, um mit ihrem Opinel-Messer den ersten Steinpilz sauber abzuschneiden. Das traditionelle Klappmesser mit dem abgenutzten Holzgriff hatte Mamie gehört. Ihre Großmutter, die ein Leben lang Hosen getragen hatte, trug es immer griffbereit in ihrer rechten Hosentasche bei sich. Den Schriftzug der Traditionsmarke konnte man kaum noch lesen, aber die Klinge war scharf. Von klein auf hatte Marie zugesehen, wenn Mamie das Messer behutsam mit einem feuchten Schleifstein schärfte.
Maries Blick fiel auf eine große Ansammlung von Steinpilzen. Sie hockte sich hin und begann, weitere abzuschneiden. César kam herbeigelaufen und steckte seine dicke Nase genau dahin, wo Marie gerade hantierte.
»Weg da!«
Sie griff nach einem Stöckchen, zeigte es dem Hund und warf es weit weg, um ihn abzulenken. Dann stellte sie ihren großen Korb auf dem weichen, duftenden Moos ab und suchte im glitzernden Halbschatten von Esskastanien nach weiteren Pilzen. Nachdem César das Stöckchen apportiert hatte, lief er schnaufend zwischen den Bäumen hin und her, während Marie zügig ihren Korb mit Steinpilzen füllte. Wieder empfand sie ein tiefes Glücksgefühl: Sie war genau da, wo sie sein wollte. Es war ein perfekter Sonntag!
Plötzlich ertönten zwei Schüsse, kurz hintereinander. Maries Hand schnellte spontan zu der Stelle, wo sie üblicherweise ihre Waffe trug … die sie natürlich nicht mehr hatte. Im nächsten Moment schüttelte sie über sich selbst den Kopf. Das war sicherlich einer der hiesigen Jäger gewesen – einer von ihren ganz besonderen Freunden. An diesem Tag begann die Jagdsaison, und erst am Vortag hatte sie wieder einmal mit ihrem Jugendfreund Philippe über Sinn und Unsinn der Jagd in heutiger Zeit gestritten. Zwecklos.
Aber gingen die Jäger wirklich schon so früh am Morgen ihrem »Hobby« nach, und das auch noch so nah am Dorf? Seltsam. Marie griff nach ihrem Korb. Es schien ihr ratsam, in den Ort zurückzukehren.
»César, komm, bevor dich noch jemand mit einem Wildschwein verwechselt.«
Sie ließ ihre Gedanken schweifen, während sie über den Weg zurückging. Léonie wollte nachher mit ihr eine Tourte aux cèpes backen, eine gedeckte Steinpilztarte. Eigentlich war dies ein Festmahl für Feiertage, und sie wurde zu solchen Gelegenheiten mit Entenstopfleber gefüllt. Aber heute würden sie sich mit einer bescheidenen Variante begnügen und die Foie gras durch Entenconfit ersetzen.
Seit Marie Paris verlassen und Mamies Haus bezogen hatte, wohnte sie Tür an Tür mit Léonie, und die beiden hatten sich in der ersten Zeit der Trauer gegenseitig getröstet. Nun hatte Léonie sich vorgenommen, ihrer Großnichte die Küche des Périgord nahezubringen. Für Marie war die gemeinsame Zeit mit Léonie ein großes Glück, und es rührte sie zu sehen, wie sehr die energische alte Dame sich...
Erscheint lt. Verlag | 25.6.2021 |
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Reihe/Serie | Marie Mercier ermittelt | Périgord-Krimi |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Antiquitäten • Burg • Commissaire • Dordogne • Dorfidylle • Erbe • Erbschaft • Ermittlerin • Familie • Foie Gras • Frankreich • Französisches Paradox • Großeltern • Hängebauchschwein • Höhle von Lascaux • Hund • Immobilie • Jagd • Jäger • Kommissar • Kommissarin • Krimis • Kulinarik • Landidylle • Landleben • Lascaux • Liebe • Madame le Commissaire • Montignac • Paradies • Perigeux • Perigord • Périgord • Périgord Noir • Polististin • Regionalkrimi • Schlemmen • Schlemmerparadies • Schloss • Schlösser • Steinpilze • Südfrankreich • Trüffel • Trüffelhain • Urlaub • Urlaubskrimi • Vézère • Weltkulturerbe • Windrad • Windradpark • Wohlfühlatmosphäre |
ISBN-10 | 3-7517-0401-9 / 3751704019 |
ISBN-13 | 978-3-7517-0401-4 / 9783751704014 |
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