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Dramatische Rundschau 03 (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491504-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dramatische Rundschau 03 -  Caren Jeß,  Fiston Mwanza Mujila,  Yade Yasemin Önder,  Falk Richter,  Lukas Rietzschel,  Olivia Wenzel
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Das Theater weiß um die Macht von Sprache. Nicht ohne Grund hat es den Dialog zum Kern seiner literarischen Identität gemacht - die Dramatik. Wenn das Gespräch das Herz des Theaters ist, dann ist die zeitgenössische Dramatik sein Blutkreislauf. In der Dramatischen Rundschau 03 geben Theatertexte von Caren Jeß, Fiston Mwanza Mujila, Yade Yasemin Önder, Falk Richter, Lukas Rietzschel und Olivia Wenzel davon Zeugnis. Folgende Stücke sind in der Dramatischen Rundschau 03 nachzulesen: Caren Jeß: Die Katze Eleonore / Fiston Mwanza Mujila: Der Garten der Lüste / Yade Yasemin Önder: Die Worte gehören uns / Falk Richter: Fünf gelöschte Nachrichten / Lukas Rietzschel: Widerstand / Olivia Wenzel: mais in deutschland & anderen galaxien.

Falk Richter, geboren 1969 in Hamburg, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker. Seit 1994 arbeitet er rund um den Globus an renommierten Bühnen u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Wien, Brüssel, Paris, Stockholm, Melbourne, Oslo, Amsterdam sowie bei Festivals wie der Ruhrtriennale, den Salzburger Festspielen und dem Festival d'Avignon. Seine Stücke, die von hoher Aktualität zeugen, liegen in mehr als dreißig Sprachen vor und werden weltweit gespielt. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte, basierend auf eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist Falk Richter leitender Regisseur an den Münchner Kammerspielen.

Falk Richter, geboren 1969 in Hamburg, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker. Seit 1994 arbeitet er rund um den Globus an renommierten Bühnen u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Wien, Brüssel, Paris, Stockholm, Melbourne, Oslo, Amsterdam sowie bei Festivals wie der Ruhrtriennale, den Salzburger Festspielen und dem Festival d'Avignon. Seine Stücke, die von hoher Aktualität zeugen, liegen in mehr als dreißig Sprachen vor und werden weltweit gespielt. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte, basierend auf eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist Falk Richter leitender Regisseur an den Münchner Kammerspielen. Olivia Wenzel, 1985 in Weimar geboren, Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis an der Uni Hildesheim, lebt in Berlin. Sie schreibt Theatertexte und Prosa, machte zuletzt Musik als Otis Foulie. Wenzels Stücke wurden u.a. an den Münchner Kammerspielen, am Hamburger Thalia Theater, am Deutschen Theater Berlin und am Ballhaus Naunynstrasse aufgeführt.  Neben dem Schreiben arbeitet sie in Workshops mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In der freien Theaterszene kollaboriert sie als Performerin mit Kollektiven wie vorschlag:hammer. »1000 Serpentinen Angst« ist ihr erster Roman. Literaturpreise: Literaturpreis der Stadt Fulda 2020 Mörike-Förderpreis der Stadt Fellbach 2021 Hugo-Ball-Förderpreis 2023

AKT I – Die Niederkunft der Katze


/Im ersten Akt trägt Eleonore nur bei Nacht ihr Fell./

1.|Bild
LECKEN


/Nacht. Anfang September./

 

/Eleonore sitzt im Lichtkegel einer Lampe auf dem Boden. Sie leckt sich das Fell./

2.|Bild
[waʊ]


/Tag. Einige Tage später, September./

 

/Eleonore bürstet ihren Mantel mit einer Fusselrolle. Sie geht dabei sehr bedacht vor./

 

Ich habe es erst vor einem Jahr richtig verstanden,

obwohl ich es schon immer wusste,

ich meine intuitiv,

ohne es in Worte fassen zu können.

Es war an einem Abend im September.

Ich sah aus dem Fenster

und beobachtete eine Katze.

Sie saß auf dem

gegenüberliegenden Trottoir

im Schein einer Straßenlaterne,

als hätte sie jemand für mich dort hingesetzt;

leckte sich die Pfote.

Und ich dachte an meine Mutter.

Und

wieso ich ihr passiert war.

Meine Gedanken an sie waren

ein autodynamisches Patchwork

ihres Geredes

über die Arbeit

die Nachbarn

 die Wahl

  der Spinat

 das Ozonloch

Prozentzahl

 war damals

  die Modernisierung

als dürfte man nicht mehr

    bin ich denn jetzt

     nie gehört

      Postpaket

     Eitelkeit

      Gruppenchat

     einfach wegen Geld

    ist das jetzt

   macht jetzt ein Update

  darf man doch

   ich denn jetzt schuld daran?

  Gisela

 Anne-Helene

  die geht auf die Straße

   nicht Prostitution

   nein Protest

  haha, das ist doch dummdreist

 komm ehrlich, ja?, ehrlich

   und Klaus sagt das auch

    wobei neulich, da hab ich

 eins, zwei, eins, zwei, allez hopp

      das war bestens, ich sag dir, du wärst

    hin und weg

 und am Flughafen

weißt ja, nie würd ich

 der Tante

 also deiner nicht meiner

  hahahahaha

   die wird sich noch wundern

  die rechnet ja nun wirklich am allerallerwenigsten damit

   ach, schau mal

aber ehrlich, das musst du ja selbst – na ja

     Eleonore

   das Hochzeits- guck an!

  auf keinen Fall werden wir ihr das Haus

     er sagte ja damals

    der Fisch war

  und Jodsalz

und Essig

und sagte ich schon?

igitt

wirklich ih

ih ih ih

ija

[v]ub

[w]ab

[w]ab[w]ab[w]ab [w]lab

[waʊ]

blaa blaa blaa

bääh bäääh

ääia

a.

Und dann,

unwillkürlich,

leckte ich mir den Teil meiner Hand

zwischen Daumen und Zeigefinger,

wo es weich ist,

wo Fleisch und Sehnen sind.

Und erst im Lecken

fiel mir auf, dass ich leckte.

Ich stutzte.

Die Worte im Kopf wurden breiig’breiiger’teigig’klebrig’hefig’eklig,

egal, waren

eigentlich völlig ereignislos.

Mein Magen knurrte.

Ich kreiste die Schultern und

sah geradeaus, und da blickte der Katze ich plötzlich direkt in die

      Augen.

Sie saß auf dem Fenstergesims.

Uns trennte

die Scheibe aus Glas.

3.|Bild
DAS FELL


/Tag. Ein Tag später, September./

 

Am nächsten Tag kaufte ich mir ein Fell.

Es ist schwarz,

samtig glatt,

Echthaar.

Ich brachte es

zu einer Schneiderin,

die nestelte an ihrer

Brille herum,

(SCHNEIDERIN:) Darf man fragen, für welchen Anlass?

kicherte sie,

süß oder so, sagte sie, fände sie Katzen.

Ich legte ihr

für die wirklich herausragend gearbeitete Spezialanfertigung zwei-

      tausendachthundertsechzig

      Euro auf den Tisch und

      sagte

Nein.

Ich trug das Fell heim

wie ein ohnmächtiges Tier,

das es zu reanimieren galt.

.

Ich dachte, es würde verwachsen

mit meiner erbärmlichen Menschenhaut.

Tut es aber nicht.

Nun gut,

man geht

Kompromisse ein.

Das bleibt auch als Katze nicht aus.

.

Es war unglaublich

wahr,

das erste Mal

in meinem

Fell und

ich leckte es,

schmiegte mich

reckte und

streckte und

lag in der Ecke

und dachte an nichts.

Da klingelte plötzlich das Telefon, klingelte’klingelte’klingelte

oh so erbarmungslos.

(WARANTSCHOW:) Eleonore?! In der Heinrichstraße 87 warten Kunden, was ist los, kommst du noch?

Warantschow,

sagte ich,

ruhig,

ich komme nie wieder.

4.|Bild
DA


/Nacht. Einige Nächte später, September./

 

/Eleonore liegt da in ihrem Fell. Sie döst./

5.|Bild
BENIGNER PAROXYSMALER LAGERUNGSSCHWINDEL


/Tag. Einige Tage später, September./

 

Frau Erdigenbach schob einen Stift durch die Luft,

und ich folgte ihm

mit meinem Blick.

(ERDIGENBACH:) Schildern Sie mal den Verlauf Ihrer Schwindelattacken?

Und so schilderte ich

meinen Schwindel,

kein Schmerz, nur

kein Gleichgewicht,

dreht, alles dreht sich, nur

ich dreh mich nicht,

dann erbreche ich,

kommt einfach über mich,

aus mir,

im Ernst,

vorher kannte ich

Schwindel nicht, ach

und

er kommt nach dem

Schlaf.

Erdigenbach machte Notizen,

der Schwindel sei

gutartig,

danke,

wie schön, was

kann besser sein, als sich einem Taumel ausgeliefert zu sehen,

    dessen Erträglichkeit spannt wie die Eihaut der

     Fruchtblase kurz vor dem Riss, und ist gutartig,

     gut, ist nicht böse dabei, gebt mir mehr

        davon

Erdigenbach stellte die Krankschreibung aus,

könne wieder passieren.

Gut, noch was anderes,

sagte ich,

ja?,

fragte sie, und ich sah

ihre Nägel,

perfekt manikürt,

blass rosé auf bedrucktem Papier,

Befreiungsmanöver stand oben, darunter

war etwas, das aussah wie Yoga.

Sie schob es mir rüber,

(ELEONORE:) Ich bin eine Katze.

.

Erdigenbach, bass erstaunt saß sie da wie Gelee,

Sekunden

vergingen,

dann fragte sie,

(ERDIGENBACH:) Was?

Eine Katze.

.

Weiß auch nicht,

es war ein Versuch,

dieser Frau zu erzählen,

was los ist

mit mir.

Und so fragte ich,

ob unter den Voraussetzungen

meiner menschlichen Physis

ein Leben als Katze

bedenklich sei.

Frau Doktor Erdigenbach überlegte,

zumindest

sah es so aus.

.

So ich mich mit Nährstoffen reichlich versorgte viel tränke Banane

   Brot Vitamin-C ist mein Eisengehalt denn in Ordnung

   Bewegung Beruhigung mal Gurke aufs Auge heraus-

      fordernd ja das Soziale das sei sicher sei

       so so ist das da sehe sie nun und beruf-

          lich wie wollen Sie das also ich

           meine nur meine als Katze?

Erdigenbach stieß ein Lachen auf.

Dass ich kündige, sagte ich,

schaute sie an,

die sich sammelte,

sammelte sich wie die matschigen

Pflaumen

vom Rasen,

doch leider

gelang es ihr nicht und sie

fing an

zu faseln:

Nun ja Frau Garazzo ach so ja verstehe wie ist das denn dann wenn

  dann äm also ja dann gut finanziell? für eine Er-

   werbsminderungsrente hm sei kompliziert sei die

    DRV pingelig Reha PT wird eventuell nun...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2021
Reihe/Serie Dramatische Rundschau
Dramatische Rundschau
Zusatzinfo 16 s/w Abbildungen
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Aktuelle Stücke • Anthologie • Bühne • Caren Jeß • #dasdramalebt • das drama lebt • dasdramalebt • Die Katze Eleonore • Die Worte gehören uns • Drama • Drama Literatur • Dramatik • Dramaturgie • Falk Richter • Fiston Mwanza Mujila • Fünf gelöschte Nachrichten • Garten der Lüste • lukas rietzschel • mais in deutschland • moderne Dramatik • Olivia Wenzel • Open Mike • Sammlung • spectaculum • Stücke • Theater • Theaterpraxis • Theaterstücke • Theater Theater • Theatertreffen • Widerstand • Yade Yasemin Önder
ISBN-10 3-10-491504-0 / 3104915040
ISBN-13 978-3-10-491504-3 / 9783104915043
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