Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

18/4 - Der Hauptmann und der Mörder (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
400 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-24452-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

18/4 - Der Hauptmann und der Mörder - Zhou Haohui
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Du weißt, wann er kommt. Du weißt, wen er tötet. Aber aufhalten kannst du ihn nicht.
In der chinesischen Millionenstadt Chengdu treibt ein kaltblütiger Killer sein Unwesen, der vor 18 Jahren die Polizei schon einmal zum Narren gehalten hat. Er nennt sich selbst Eumenides und tötet Menschen, deren Verbrechen von der Polizei nicht geahndet wurden. Mittels Todesanzeigen kündigt er an, wen er ermordet, wann er zuschlägt und warum das Opfer sterben muss. Damit verhöhnt er die zu seiner Verhaftung einberufene Sondereinsatzgruppe 18/4 und den brillanten Hauptmann Pei Tao. Bei jedem Mord ist Eumenides ihnen einen Schritt voraus. Zu spät erkennt Pei Tao, dass auch seine Geheimnisse und Vergehen vor dem Killer nicht sicher sind. Ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt ...

Zhou Haohui wurde 1977 geboren und lebt in Yangzhou in der Provinz Jiangsu. Seine 18/4-Trilogie wurde als Streaming-Serie und fürs Kino verfilmt sowie international verkauft.

KAPITEL EINS

EIN DROHENDER STURM

19. OKTOBER 2002, 15 : 45 UHR
CHENGDU, PROVINZ SICHUAN

Während der Feierlichkeiten zum Mondfest im September hatte sich die erste Kälte in die Luft geschlichen und in den folgenden Wochen umso tiefer eingenistet. In den letzten Tagen hatte es ununterbrochen geregnet, die Temperaturen waren endgültig in den Keller gefallen. Ein von Nebelschwaden durchsetzter Wind peitschte um die Hochhäuser der Stadt, heulte durch die Straßen und sättigte die Luft mit eisiger Trübsal. Es mochte in Chengdu gerade Samstagnachmittag sein, aber das finstere Wetter hatte die Provinzhauptstadt ihrer charakteristischen Tatkraft beraubt.

Zheng Haoming spurtete aus dem Taxi und vergaß den Regenschirm, der im Fußraum des Wagens lag. Er rannte über den Bürgersteig und hechtete in eine Türöffnung, über der INTERNETCAFÉ SKYLINE stand.

Anders als die verwaisten Straßen draußen war das Internetcafé brechend voll. Der Laden hatte sich immer stetiger Kundschaft erfreut, da er in fußläufiger Entfernung von mehreren Universitäten lag. Hinter dem Empfangstisch stand der pummelige Besitzer, flankiert von zwei Mitarbeitern, beide Anfang zwanzig. Die letzte Überprüfung der Registrierkasse hatte ein Minus offenbart, und solange er nicht das gesamte Material der Überwachungskameras für den letzten Monat gesichtet hatte, war dieser Mann mit dem hochroten Kopf entschlossen, jeder Transaktion, die in seinem Geschäft vonstatten ging, persönlich beizuwohnen. Mit erhobener Augenbraue sah er Zheng zur Tür hereinstürzen. Männer mittleren Alters waren hier ein seltener Anblick.

Zheng war vollkommen durchnässt, seine Haare zottelig verknotet. Er stellte eine Tasche auf der Theke ab, fischte ein Stück Papier aus einem der Seitenfächer und reichte es dem Besitzer. In seiner rauen Stimme schwang ein Hauch von Erschöpfung mit.

»Überprüfen Sie diese Adresse«, befahl Zheng. »Sagen Sie mir, zu welchem Computer sie gehört.«

Der untersetzte Besitzer erkannte die Zahlenfolge auf dem Zettel. Sie gehörte zu einer Reihe von IP-Adressen, die das Café für seine Endgeräte benutzte. Trotzdem maß er den Zettel mit einem gleichgültigen Blick.

»Warum sollte ich?«, antwortete er mit verächtlicher Miene.

»Halten Sie den Mund und geben Sie mir die gesuchte Information!«

Der Besitzer schrak vor Zhengs wildem Blick zurück. Auch eine Netzwerkadministratorin in der Nähe wurde von dem Gefühlsausbruch des älteren Mannes aufgeschreckt; die leuchtend schwarzen Augen der jungen Frau richteten sich auf den Unruheherd. Der Besitzer spürte eine offene Wunde an der Stelle klaffen, wo einst sein Stolz gesessen hatte.

Zheng schien kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Er zückte einen Gegenstand, der wie eine Brieftasche aussah, klappte ihn auf und klatschte ihn auf die Theke.

»Ich bin Polizist«, zischte er.

Der Besitzer senkte den Blick und holte unwillkürlich schmatzend Luft. In der oberen Lasche steckte eine Dienstmarke in Rot, Blau und Gold. Darunter prangte hinter einer schützenden Plastikschicht eine Karte, die Lichtbild, Namen und Rang des Trägers preisgab. Er schluckte verbittert und reichte dem Mädchen an seiner Seite den Zettel weiter.

»Lin, überprüf das hier für Kommissar Zheng.«

Das Mädchen verglich die Adresse mit den anderen auf dem Kontrollmonitor des Servers. »Zweite Reihe«, verkündete sie einen Moment später. »Sechster Platz von links.«

Zheng warf einen heimlichen Blick auf den jungen Mann, der am fraglichen Computer saß. Er schien um die zwanzig, seine Haare waren rot gefärbt.

»Wie lange ist er schon hier?«

»Seit heute Mittag. Also fast fünf Stunden ohne Unterbrechung.«

Zheng holte eine Digitalkamera aus der Tasche, richtete sie auf den Kunden und drückte auf den Auslöser, bis er zehn Bilder geschossen hatte. Trotz der Lautstärke im Café war der junge Mann so tief in seiner virtuellen Welt versunken, dass er den Fremden nicht bemerkte, der ihn fotografierte.

Die Digitalkamera piepste. Der Polizist überprüfte das Gerät und sah, dass die Speicherkarte voll war.

Ein leises erleichtertes Seufzen entfuhr ihm, als habe er gerade eine wichtige Aufgabe erledigt. Im Lauf der letzten zwei Wochen hatte er sämtliche Internetcafés der Stadt abgeklappert und mehr als dreihundert Bilder von verschiedenen Kunden gemacht. Trotzdem hatte er keine Ahnung, ob seine Anstrengungen irgendetwas ändern würden.

Komm schon, geh und sprich mit ihm. Es ist achtzehn Jahre her, dachte Zheng. Es wird Zeit.

Er verließ das Internetcafé Skyline und stapfte den Bürgersteig entlang, ein neues Ziel vor Augen. Der Wind verbiss sich in seinen Wangen, bis er in den Kragen seiner dünnen Jacke abtauchte. Von einem nahen Wan-Tan-Büdchen ergoss sich eine würzige Dampfwolke in sein Gesicht und bot willkommene Abwechslung.

Zum ersten Mal fiel ihm deutlich auf, wie leer die Straßen der Innenstadt von Chengdu im Lauf der letzten Wochen geworden waren. Er kam sich schutzlos vor. Verletzlich. Das Gefühl war so ungewohnt wie verstörend. Ein paar kalte Regentropfen landeten in seinem Nacken. Erfolglos versuchte er, ein Schaudern zu unterdrücken.

Ich warte.

Bei dem Gedanken gefror Zheng Haoming das Blut in den Adern. Er hatte geglaubt, diesem Albtraum vor achtzehn langen Jahren entkommen zu sein. Jetzt fragte er sich, ob er überhaupt jemals aufgewacht war.

*

22 : 17 UHR

Über dem Nordeingang des Wohnblocks flackerte eine Straßenlaterne und erhellte die etwa drei Meter breite Öffnung zwischen zwei Betonwänden. Das große Metalltor stand offen. Zheng hatte es zuerst am Osteingang versucht, aber das Tor dort war durchgerostet und versperrt. Er richtete seine Taschenlampe auf die linke Wand. In den Beton waren drei Schriftzeichen eingeritzt.

»Meiyuan Cun«, murmelte Zheng.

Das Pflaumengarten-Dorf. Es klang sehr beschaulich, aber Zheng, der in dieser Stadt aufgewachsen war, kannte die Wohngegend unter einem anderen Namen – Touyoupo Cao, wie sie im lokalen Sichuan-Dialekt hieß. Das Kakerlakennest.

Nach zwei Minuten in den engen Gassen zwischen den verschachtelten Gebäudekomplexen fühlte Zheng sich wie eine Ratte im Labyrinth. Zu allen Seiten pferchten ihn halb verfallene, eingeschossige Wohnblöcke ein. Die zersprungenen Straßenlaternen sonderten ein schwaches, kränkliches Glühen ab, die Luft war erfüllt von unangenehm schwärendem Schimmelgeruch.

Es regnete noch immer. Die Pflastersteine waren von einer matschig glitzernden Schicht bedeckt. Vielleicht ungeklärte Abwässer, vielleicht Erbrochenes. Zheng gab sich Mühe, die ekelerregende Umgebung zu ignorieren, und ging auf ein gedrungenes Gebäude zu. Er überprüfte die Adresse und klopfte dreimal mit den Knöcheln an die Holztür.

»Wer ist da?« Aus der Wohnung schabte eine schwache Stimme über Zhengs Trommelfell und jagte ihm einen prickelnden Schauer über die Kopfhaut.

Kurz ging er seine Optionen durch, dann entschied er sich für den direkten Weg.

»Polizei.«

Leise Schritte erklangen. Ein paar Sekunden später öffnete sich die Holztür. Im Dämmerlicht der Wohnung stellte sich eine grausige Gestalt in den Türrahmen.

Der Polizist war auf diesen Moment vorbereitet gewesen, trotzdem fühlte er, wie sich seine Gesichtsmuskeln vor unterdrückter Abscheu verspannten. Er hatte einen menschlichen Wasserspeier vor sich. Und natürlich hatte er in einer solchen Nacht herkommen müssen.

Über den kahlen Schädel des Mannes zogen sich schlammfarbene Narben. Zheng betrachtete die zerklüfteten Gesichtszüge und konnte nicht einen Flecken heiler Haut entdecken. Der Mann schielte, und seiner Nase fehlte ein großes Stück. Seine Oberlippe war in der Mitte gespalten, was ihm ein kaninchenartiges Aussehen verlieh.

Zheng holte tief Luft. »Huang Shaoping.«

Der knorrige Mann zitterte und starrte seinen Besucher an.

»Sind Sie … Kommissar Zheng?« Die Stimme des Mannes schien durch zerfetzte Stimmbänder zu rasseln, als müsste er gleichzeitig nach Atem ringen.

Zheng hob die Augenbrauen. »Nach all den Jahren erinnern Sie sich noch an mich.«

»Wie könnte ich das vergessen?« Huang biss die Zähne zusammen. Seine Stimme rief in Zhengs Kopf das Bild einer rostigen Säge hervor, was den Polizisten allerdings nicht davon abhielt, vor Erregung zu beben.

»Ich habe Bilder, die ich Ihnen zeigen will. Neue Bilder.« Zhengs Hände zitterten so sehr, dass er um ein Haar die Kamera fallen ließ. Er stopfte das Gerät zurück in die Tasche. »Ich habe es auch nicht vergessen, nicht eine Sekunde.«

»Kommen Sie rein.«

Huang stützte sich auf einen Gehstock. Als er sich abwandte, um Zheng tiefer in seine Wohnung zu führen, fiel dem Polizisten auf, wie schlecht seine Wunden verheilt waren. Huangs Beine waren gekrümmt wie verbrannte Äste, die aus dem qualvoll aussehenden Buckel auf seinem Rücken nach unten wuchsen. Die Wohnung war klein, kaum zehn Quadratmeter. Direkt neben der Tür war eine winzige Kammer abgetrennt; Zheng lugte hinein und sah auf einer schmalen Küchenzeile einen Topf mit verkrusteten Essensresten stehen....

Erscheint lt. Verlag 10.1.2022
Reihe/Serie Die 18/4-Serie
Die 18/4-Serie
Übersetzer Julian Haefs
Sprache deutsch
Original-Titel Si wang tong zhi dan: an hei zhe
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2022 • Chengdu • China • chinesischer Thriller • eBooks • eumenides • Katz-und-Maus-Spiel • Morde • Neuerscheinung • Phänomen aus China • Polizei Sondereinheit • Provinz Sichuan • Serienkiller • Thriller • Thrillerreihe • Todesanzeigen • Trilogie
ISBN-10 3-641-24452-8 / 3641244528
ISBN-13 978-3-641-24452-1 / 9783641244521
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
CHF 9,75