Aus der Puste (eBook)
180 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98780-6 (ISBN)
Manuela Sanne wuchs in Höxter an der Weser auf. Sie lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Dort arbeitete sie 30 Jahre als Buchhändlerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Nach Kinderbüchern und Liebesromanen (Viola Sanden) verbindet sie nun als Autorin humorvoller Nordsee-Krimis drei große Leidenschaften: Schreiben, Katzen - und die Nordseeküste als liebstes Urlaubsziel.
Die Autorin, geboren in Paderborn und aufgewachsen in Höxter an der Weser, lebt mit Kind, Kegel und zwei Katern in Wuppertal. Als Buchhändlerin und Schriftstellerin hat sie ihre liebsten Hobbys zum Beruf gemacht: Lesen und Schreiben. Nach drei Kinderbüchern legte sie sich für ihre Liebesromane bei Piper Digital das offene Pseudonym Viola Sanden zu. Die Humorkrimis um Rosa Fink erscheinen unter ihrem Klarnamen Manuela Sanne.
1
Metamorphosen
»Willst du wohl zugehen!«
Rosa Fink verpasste ihrem neuen Koffer einen Fußtritt, obwohl der keine Abhilfe schaffte. Angeblich war dieses Modell handlich, aber dennoch für einen dreiwöchigen Urlaub mehr als ausreichend. Mit diesen Worten hatte ihr ein Verkäufer im Brustton der Überzeugung das Ding empfohlen. Aber was wusste der schon! Es ging hier nicht um irgendeinen Urlaub, sondern um einen besonderen. Betört durch den gemeinsam gelösten Katzenfall hatte Rosa Ende Mai Sebis Heiratsantrag endlich angenommen. Nach acht Ablehnungen in den Vorjahren war die Neuauflage ihrer Hochzeit nun beschlossene Sache. Morgen würden sie gemeinsam nach Dangast reisen und dort noch einmal den Bund fürs Leben schließen. Doch sie hatte eine nicht verhandelbare Bedingung gestellt: diesmal keine Verwandtschaft. Ihr zukünftiger Ex war sofort einverstanden gewesen, was mit den traumatischen Erfahrungen bei ihrer ersten Hochzeit vor achtzehn Jahren zusammenhing. Die Vermählung mit Sebastian alias Sebi hatte damals im engsten Familienkreis stattgefunden.
Leider hegten Waltraud und Heinrich Fink, Sebis politisch konservative, erzkatholische Eltern und ihre Eltern Klaus und Renate keinerlei Sympathie füreinander. Ihr Vater war überzeugter Atheist mit starkem Linksdrall – und wer ihn kannte, wusste, dass er gern provozierte. In dem Wuppertaler Restaurant, in dem sie einen Raum für das Mittagessen mit anschließendem Kaffeetrinken reserviert hatten, nahm das Unheil seinen Lauf. Als Sebis Mutter Waltraud ihr Bedauern darüber kundtat, dass die Kinder nicht kirchlich geheiratet hatten, begann Klaus reflexhaft, gegen die Kirche, den Papst und Gott zu poltern.
Rosas Mutter Renate ermahnte ihn, sich doch wenigstens beim Essen zusammenzureißen, und die Trauzeugen, Sebis Schwester Stephanie und Rosas Bruder Thorsten, bemühten sich erfolglos, unverfängliche Gesprächsthemen zu finden. Es folgte angespanntes Schweigen bei Tisch. Beim Anschneiden der Hochzeitstorte leitete Klaus mit einer eigentlich recht harmlosen Stichelei eine weitere Eskalation ein. Jetzt fuhren auch Sebis Eltern, die bisher lediglich verkniffen geguckt und sich ansonsten zurückgehalten hatten, harte Geschütze auf. Sebis Bruder Christoph verschluckte sich an einem Stückchen Torte, als der Satz fiel, sie hätten ihrem Sebastian eine Frau aus katholischem Hause gewünscht. Für Rosa war es keine Überraschung, dass Waltraud und Heinrich sie als Schwiegertochter ablehnten. Aber einen solchen Wunsch bei der Hochzeit laut auszusprechen, war ihr gegenüber äußerst uncharmant, Provokation hin oder her. Das fand auch Sebi. Den schönsten Tag ihres Lebens hatten sie sich beide anders vorgestellt.
Während Christoph sich die Torte aus der Luftröhre hustete und der Rest der Familie verbal aufeinander eindrosch, stahlen sie sich mit einer Flasche des eisgekühlt bereitstehenden Sekts davon und eröffneten bereits am späten Nachmittag ihre Hochzeitsnacht. Wenigstens diese gestaltete sich dann schön. Vom Hörensagen wussten sie, dass die Abwesenheit des Brautpaares den Gästen erst eine halbe Stunde später aufgefallen war, woraufhin man die Kaffeetafel abräumen ließ und die Hochzeitsfeier für beendet erklärte.
Seither verband die Elternpaare eines, nämlich eine robuste gegenseitige Abneigung. Die Scheidung ihrer Kinder hatten beide Parteien herzlich wenig bedauert, die Fortsetzung des Verhältnisses über die Scheidung hinaus dafür umso mehr. Der Scheidungsgrund – das Fremdgehen Sebis und seine dabei in außerehelicher Sünde gezeugte Tochter Frieda – bedeutete natürlich einen herben Schlag für Waltraud und Heinrich Fink. Sie pflegten kaum persönlichen Kontakt zu ihrer inzwischen zehnjährigen Enkelin. Zum Geburtstag, zu Ostern und zu Weihnachten schickten sie Geldscheinkarten mit frommen Motiven. Außerdem hatten sie ein Sparkonto für Frieda eingerichtet, in das sie regelmäßig einzahlten, um ihrer großelterlichen Pflicht und Schuldigkeit Genüge zu tun.
Aus all diesen Gründen sollte die zweite standesamtliche Trauung heimlich, still und leise während eines Urlaubs am Jadebusen erfolgen. Allerdings beabsichtigte Rosa, der Familieneintracht eine zweite Chance zu geben. Sie hatte ihren Bruder Thorsten sowie Sebis Geschwister Christoph und Stephanie eingeweiht und der liebe Sebi wusste nichts davon. Sie wollte ihn nach der Trauung mit einer Videocollage überraschen, in der alle Geschwister und die Eltern gratulierten. Scheidungsgrund Astrid war ebenfalls in die Aktion involviert, da Rosa als krönenden Abschluss des Videos einen Gruß von Frieda vorgesehen hatte. Das fertig geschnittene Video würde Christoph auf einer Downloadseite für schnelle Datenfreigabe bereitstellen. Schließlich sollte beim abendlichen Hochzeits-Dinner ein Beamer, den Frau Janssen ihr zugesichert hatte, die Videogrüße auf eine weiße Wand im Restaurant projizieren.
Während Rosa hinter Sebis Rücken die Überraschung vorbereitete, war er zuerst geradezu übereifrig seinem Versprechen nachgekommen, sich um alle Formalitäten zu kümmern. Er hatte eine beglaubigte Abschrift aus dem Eheregister mit einem Vermerk zur Auflösung ihrer vorherigen Ehe besorgt, die Eheschließung beim Wuppertaler Standesamt angemeldet und darüber informiert, dass die Trauung im Nordseebad Dangast erfolgen sollte. Danach war Sebi so erschöpft von der Erledigung des Papierkrams gewesen, dass er wieder das tat, was er am besten konnte: nämlich nichts. Und das so lange, bis es im Urlaubszeitraum keine freien Termine mehr beim für Dangast zuständigen Standesamt in Varel gab. Das einzige Datum, das man noch anbieten konnte, war Freitag, der 14. September. Als Sebi Rosa eröffnete, dass sie erst am Tag vor ihrer Abreise heiraten würden, versuchte er seinen Schnitzer in bekannter Manier schönzureden. Sieh es so, wir verbringen vorgezogene Flitterwochen in Dangast – das war mal wieder so typisch für Sebi! Auf ihre Erklärung, dass man Flitterwochen nicht vorziehen könne, da sie per Definition die Zeit unmittelbar nach und nicht vor einer Hochzeit umfassten, reagierte er mit schuldbewusstem Blick und der Bitte, ihm noch dieses eine Mal zu verzeihen. Sie tat es. Was blieb ihr auch anderes übrig?
Rosa konzentrierte sich wieder auf das Kofferproblem. Kein einziges Teil, das aus der Mitte herausquoll, konnte sie entbehren. Alles musste mit. »Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!«, kündigte sie an, bevor sie das verhasste Übergewicht an Hüften, Po und Oberschenkel zielführend einsetzte. Sie ging in die Knie und hockte sich auf den Koffer. Als Nächstes stopfte sie die Textilien mit der einen Hand nach innen und zog gleichzeitig mit der anderen Hand den Reißverschluss Millimeter für Millimeter weiter zu, bis er rundum geschlossen war.
Rosa stand auf und betrachtete zufrieden ihr Werk. Dieses Problem war dank ihrer Rettungsringe gelöst, dafür deutete sich nun ein anderes an. Wo blieb Sebi nur? Er hätte längst hier sein sollen, um sie abzuholen. Aber das kannte sie schon, er kam gern zu spät und redete sich mit dem akademischen Viertel heraus. Bevor es morgen früh losginge, wollten sie noch Monika besuchen, um sich von Rudi und Ruby zu verabschieden. Drei lange Wochen lagen vor ihnen, in denen sie die Kätzchen nicht sehen konnten. Bei ihrer Rückkehr vom Wattenmeer würden die Kleinen dann zwölf Wochen alt sein und dürften endlich bei ihr einziehen. Der getigerte Zuwachs war ein heikles Thema zwischen ihr und Sebi, weil sie mindestens bis zur Abklärung seiner möglichen Katzenhaarallergie ihre Wohnung behalten wollte. Trotz Eheschließung – und vielleicht sogar dauerhaft, auch ohne Allergie. Räumliche Trennung war angeblich das Glücksgeheimnis vieler Promi-Paare. Living Apart Together nannte sich das alternative Beziehungsmodell mit getrennten Wohnungen in derselben Stadt. Sebi und sie praktizierten genau das bereits seit acht Jahren höchst erfolgreich. Warum überstürzt etwas daran ändern? Das Living-Apart-Together-Prinzip war ihr schon deswegen sympathisch, weil man sich bei Bedarf aus dem Weg gehen und die Zeit für sich allein genießen konnte. Es gab keine Diskussionen darum, wer für welche Hausarbeit zuständig war. Eigentlich also ein Idealzustand, den sie so lange wie möglich aufrechterhalten wollte.
Sie griff gerade nach ihrem Handy, um Sebi Dampf zu machen, als es zu vibrieren begann.
»Hallo Schatz, bist du startklar?«
»Natürlich! Seit einer Viertelstunde. Wo steckst du denn?«
»Guck mal raus, dann siehst du mich.«
Tatsächlich zeigte ihr ein Blick aus dem geöffneten Fenster, dass Sebi in diesem Moment vorfuhr und mit quietschenden Reifen an der gegenüberliegenden Straßenseite stoppte. Nach einem kurzen Hupen stieg er aus, schaute nach oben und winkte ihr fröhlich zu, als er sie entdeckte. Rosa seufzte beim Anblick seines mit pinken Hibiskusblüten bedruckten Hemdes. Wenn das sonnige Spätsommerwetter anhielt, stand zu befürchten, dass er dieses oder ein anderes aus seiner reichhaltigen Sammlung an schrillen Hawaiihemden auch auf dem Standesamt tragen würde.
Auf der Fahrt zum Wuppertaler Zooviertel, in dem Monika ihre kleine Hobby-Katzenzucht betrieb, trat Sebi kräftig ins Gaspedal. Dabei konnte sein Punktekonto in Flensburg nicht mehr viel verkraften, nachdem er bei der Rettungsaktion im Frühjahr, als er Rosa aus dem Keller befreit hatte, geblitzt worden war.
»Denk an die Geschwindigkeitsbegrenzung im Burgholztunnel, oder möchtest du deine Fotosammlung erweitern?«, warnte Rosa ihn. »Auf die paar Minuten kommt es nicht an. Du hättest dich vorher mehr beeilen und mich pünktlich abholen sollen. Jetzt verspäten wir uns auf jeden Fall, da kannst du noch so rasen.«
»Habe mich ein bisschen mit der Zeit...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Rosa Fink |
Ein Fall für Rosa Fink | |
Ein Fall für Rosa Fink | Ein Fall für Rosa Fink |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Britisch Kurzhaar • Cosy Krimi • Cozy Crime • Frauenkrimi • Gina Greifenstein • heiterer Krimi • Hobbyermittler • humorvolle Krimis • Katzenkrimi • Katzen-Krimi • Krimi mit Katzen • Kriminalroman • Kriminal-Roman • Krimödie • Küstenkrimi • Küsten-Krimi • Laufen • Lustige Bücher • Mamma Carlotta • Marathon • Nordseekrimi • Nordsee-Krimi • Rassekatzen • Regionale Krimis • Wattenmeer • zweiter Fall |
ISBN-10 | 3-492-98780-X / 349298780X |
ISBN-13 | 978-3-492-98780-6 / 9783492987806 |
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