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Der schwarze Sommer (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
350 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2367-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der schwarze Sommer -  Gard Sveen
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'Der norwegische Le Carré!' Maria Arolilja Rø, Adresseavisen Beirut, 1982: Während die Stadt vom Bürgerkrieg zerrissen wird und israelische Panzer einrollen, treffen eine Krankenschwester und der verheiratete norwegische Botschafter aufeinander. Zusammen mit anderen Norwegern kämpfen sie ums Überleben. Oslo, 2017: In der Hitze des Sommers wird der frühere Botschafter Leif Wilberg von einer Autobombe getötet. Seine Frau ist spurlos verschwunden. Tommy Bergmann vom norwegischen Geheimdienst beginnt, in der Vergangenheit nach der Wahrheit zu suchen, und stößt auf ein schreckliches Geheimnis.

Gard Sveen, geboren 1969, ist Staatswissenschaftler und hat viele Jahre als Seniorberater im norwegischen Verteidigungsministerium gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Der erste Band der Serie um Tommy Bergmann DER LETZTE PILGER wurde mit dem Rivertonpreis 2013 und dem Glass Key Award 2014 ausgezeichnet, dem wichtigsten skandinavischen Krimipreis. Gard Sveen lebt in Ytre Enebakk, einem kleinen Ort in der Nähe von Oslo.

Gard Sveen, geboren 1969, ist Staatswissenschaftler und hat viele Jahre als Seniorberater im norwegischen Verteidigungsministerium gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Der erste Band der Serie um Tommy Bergmann DER LETZTE PILGER wurde mit dem Rivertonpreis 2013 und dem Glass Key Award 2014 ausgezeichnet, dem wichtigsten skandinavischen Krimipreis. Gard Sveen lebt in Ytre Enebakk, einem kleinen Ort in der Nähe von Oslo.

30. Juni 2017
Oslo

Als Hanna Svarstad um die Ecke der Thomles gate bog, spürte sie, wie ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Exakt gegenüber ihrem Haus saß eine dunkelhaarige Frau auf einer Treppe. Eine Frau, die dort nicht sitzen sollte.

Sie saß etwas zur Seite gedreht und blickte in Richtung Drammensveien, als wüsste sie ganz genau, dass Hanna immer diesen Weg nahm, wenn sie vom Außenministerium zurückkam – egal ob Sommer oder Winter.

Die Frau war nicht mehr jung, sie musste etwa in ihrem Alter sein. Jetzt stand sie auf und nahm die Sonnenbrille ab. Ihre Kleider waren teuer, auch ihre Handtasche und die Reisetasche wirkten edel.

Eine Eleganz, die sie sich eigentlich nicht leisten konnte, dachte Hanna.

Sie wandte den Blick ab, tat so, als hätte sie die Frau nicht gesehen, und ging weiter bis zum Eingang ihres Hauses.

Verdammter Mist.

Mit einem Mal erschien Hanna alles um sie herum vollkommen unwirklich. Sie erwog, einfach weiterzugehen und so zu tun, als wohnte sie woanders, blieb dann aber doch vor ihrer Tür stehen und öffnete die Handtasche. Obwohl sie es mit aller Kraft versuchte, konnte sie das Zittern ihrer Hand nicht unterdrücken.

»As-salamu alaikum«, war eine Stimme hinter ihr zu vernehmen. »Hanna? Hanna Svarstad?«

Hanna drehte sich nicht um, nahm die Sonnenbrille nicht ab, obwohl sie den verfluchten Schlüssel nicht finden konnte. Nachdem sie eine halbe Ewigkeit in ihrer Tasche herumgewühlt hatte, hielt sie ihn endlich in der Hand. Die Frau stand direkt hinter ihr, das schwere Parfüm erfüllte für einen Moment Hannas gesamtes Bewusstsein.

Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn herum.

»Erkennen Sie mich nicht wieder?«, fragte die Frau.

Hanna hielt den Schlüssel fest, zog ihn aber nicht aus dem Schloss.

»Es ist lange her«, sagte die Frau. »Genauer gesagt fünfunddreißig Jahre.«

Hanna zog den Schlüssel heraus und drehte sich um.

Die Frau vor ihr hatte etwa dieselbe Größe wie sie. Hanna starrte sie durch die Sonnenbrille wie versteinert an.

Die andere blinzelte, Tränen rannen ihr über die Wangen.

»Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut.«

Hanna wandte den Blick ab. Die Erinnerungen waren glasklar. Ein früher Morgen, noch vor Sonnenaufgang. Die Stadt lag still da. Kein Schuss zu hören, keine Sirenen, kein Luftalarm, kein Kinderweinen. Ganz deutlich hörte sie das schmiedeeiserne Tor zur Straße zufallen.

»Ich erinnere mich an Sie«, sagte Hanna auf Arabisch, ohne die logische Folgefrage zu stellen: Was tun Sie hier?

Die Frau sah erst nach rechts, dann nach links, als hätte sie Angst, gesehen zu werden.

»Vergeben Sie mir«, sagte die Frau.

Hanna steckte die Sonnenbrille in die Haare.

»Vergeben?«

»Darf ich reinkommen? Nur für einen Moment. Ich will Sie nicht stören. Sie und Leif.«

»Aber wirklich nur für einen Augenblick«, sagte Hanna. »Fünf Minuten, dann müssen Sie wieder gehen.«

»Danke.«

»Bitte, weinen Sie nicht«, sagte Hanna und legte der Frau die Hand an die Wange.

Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, als krampften sich ihre Eingeweide zusammen, als kämpfte die Vergangenheit in all ihren Organen um Aufmerksamkeit.

Schweigend gingen sie nach oben in die erste Etage. Ein Störgeräusch, von dem sie nicht wusste, woher es kam, erfüllte Hannas Kopf. Als löste jeder ihrer Schritte weit entfernt die Detonation einer Granate aus.

»Ich habe etwas Dummes getan«, sagte die Frau, kaum dass Hanna sie in die Wohnung gelassen hatte. »Aber ich hatte keine andere Wahl. Wenn ich das richtig verstehe, hat Leif Sie sehr gern, es tut mir wirklich wahnsinnig leid.«

»Nehmen Sie Platz und erzählen Sie«, sagte Hanna, führte die Frau durch die große Wohnung und zeigte schließlich auf die Stühle in der Küche. Sie gab der Frau ein Glas Wasser, stellte sich ans Küchenfenster und zündete sich eine Zigarette an.

Während die Frau erzählte, hielt Hanna ihren Blick fest auf die Treppe gerichtet, auf der ihr ungebetener Gast zuvor gesessen hatte. Sie spürte die Gänsehaut erst an den Armen, dann am Haaransatz. Ihr Atem blieb aber ruhig und beherrscht. Warum sollte sie zeigen, dass sich in ihrem Inneren ein Abgrund auftat?

Nach einer Weile sah Hanna auf ihre Armbanduhr, fest entschlossen, ihren Gast nach exakt fünf Minuten rauszuwerfen.

»Ich will nicht, dass Leif Sie verliert. Das ist alles. Ich hatte Leif sehr, sehr gern, das wissen Sie.«

Mich verlieren, dachte Hanna. Wir alle werden irgendwann jemanden verlieren. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Jeder muss irgendwann sterben.

Die Frau nahm einen Umschlag aus ihrer Handtasche und legte ihn auf den Tisch. Er war voller Dollarscheine.

»Das ist nur wenig«, sagte sie. »Ich hatte keine andere Wahl, verzeihen Sie mir, Hanna. Sagen Sie, dass Sie mir verzeihen.«

Die dunkelhaarige Frau verbarg ihr Gesicht in den Händen.

»Ich verzeihe Ihnen«, sagte Hanna. »Alles wird gut.«

»Glauben Sie?«

»Ist Ihnen jemand hierher gefolgt?«

Die Frau schüttelte den Kopf.

»Sind Sie sich ganz sicher?«

»Ich habe eine Straßenbahn und zwei Taxen genommen. Schließlich bin ich eine alte Frau aus Beirut, was glauben Sie? So dumm bin ich nicht.«

»Sie dürfen das niemals jemandem sagen«, fuhr Hanna fort. »Niemals. Sonst kann ich nicht für Ihre Sicherheit garantieren.«

Die Frau saß regungslos da.

»Sie vertrauen mir und ich vertraue Ihnen, nicht wahr?«

Die Frau nickte vorsichtig.

»Wann geht Ihr Flug?«, fragte Hanna, nahm das Handy heraus und rief ein Taxi.

Hanna begleitete sie bis zur Haustür. Die Frau wollte ihre Hände fast nicht loslassen, als das Taxi vor der Tür hielt.

»Gehen Sie jetzt«, sagte Hanna. »Sonst verpassen Sie Ihren Flug.« Hanna nahm die Reisetasche und hängte sie ihr über die Schulter. »Leben Sie wohl«, sagte sie. »Ich hoffe, die Operation verläuft gut.«

Die Frau öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Hanna legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen.

»Was geschehen ist, ist geschehen. Es ist Gottes Wille«, flüsterte Hanna.

Sie beobachtete den Taxifahrer, der aus dem Auto ausstieg und die Tür öffnete. Die Frau stieg ein, und der Wagen wendete am Ende der Straße. Auf dem Rückweg sah sie die Frau ihre Handfläche gegen das Glas pressen.

6. Juli 2017
Oslo

Hanna Svarstad wusste nicht, wie lange sie schon im Bad war, als er anklopfte. »Wir müssen los«, hörte sie ihn durch die Tür.

Sie antwortete nicht. Leif hörte ohnehin schlecht, und so eilig hatten sie es wirklich nicht.

Sie warf einen letzten Blick in den großen Spiegel und begutachtete ihren Körper. Er war noch immer schön, auf jeden Fall für eine Frau ihres Alters. Das Gesicht hingegen – überall Falten, wie bei einer alten Hexe. Einer kinderlosen, verbitterten Frau, dachte sie und korrigierte sich gleich: Eigentlich hatte sie das nur dem Rauchen zu verdanken. Sie war seit ihrer Jugend eine Sklavin dieser Glimmstängel und hatte sich von den Zigaretten mehr Falten in ihre Haut brennen lassen, als sie es sich eingestehen wollte. Was sagte Leif immer? Du bezahlst einen hohen Preis, nur um dann vor allen anderen zu sterben. – Tja, und wenn ich das so will?, lautete jedes Mal ihre Replik.

Trotzdem hatte er natürlich recht. Es hieß, dass jede Zigarette fünf Minuten Lebenszeit kostete und dass die Falten bei Rauchern tiefer und zahlreicher waren als bei den vernünftigen Menschen, die nie in den Genuss einer Zigarette gekommen waren.

Aber spielte das eine Rolle? Waren die Falten und das Alter jetzt noch von Bedeutung?

Wenn es nur nicht so verdammt schwer wäre, alt zu werden! Die fünfzig zu passieren, war schon hart genug gewesen. Aber sechzig? Da gab es dann wirklich kein Zurück mehr. Ab da balancierte man am Rand seines Grabes. Wäre das leichter auszuhalten gewesen, hätte sie eigene Kinder gehabt? Jemandem, der ihre Gene weiterführte und die Erinnerung an sie wachhielte? Sie hatte einmal ein Gespräch belauscht, in dem jemand gesagt hatte, eine Frau, die nie ein Kind bekommen habe, sei gar keine richtige Frau. Damals hätte sie diesen Kerl am liebsten niedergeschlagen, aber jetzt … verstand sie.

Doch es gab nur einen Mann, mit dem sie Kinder hätte haben wollen. Und dieser Mann war seit Langem tot.

Nein, ich bereue nichts, dachte sie.

»Ich glaube, wir müssen jetzt wirklich los«, hörte sie einen Schritt hinter sich.

Wieder klopfte es vorsichtig an der Badezimmertür.

»Wir müssen los«, wiederholte er.

Leifs Stimme klang fast kindlich, als wollte er sagen: Ich gehe jetzt, mach dir keine Sorgen um mich. Als müsste er die grüne Linie von Ost- nach West-Beirut überqueren, durch zerrissene Zäune, zerbombte Gebäude, Hochhäuser voller Heckenschützen, vorbei an Kindern mit Maschinenpistolen und...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2021
Reihe/Serie Ein Fall für Tommy Bergmann
Ein Fall für Tommy Bergmann
Ein Fall für Tommy Bergmann
Übersetzer Günther Frauenlob
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agenten-Thriller • blutig • Ex Ermittler • Folter • Geheimagenten • Geheimdienst • grausam • Israel • Kommissar • Krimi • Krimiserie • Libanon • Mord • Norwegen • Norwegischer Krimi • Oslo • Russen • Russland • Schwedenkrimi • Skandinavien • Skandinavienkrimi • Thriller • Wallander
ISBN-10 3-8437-2367-2 / 3843723672
ISBN-13 978-3-8437-2367-1 / 9783843723671
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