Leichenblume (eBook)
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491299-8 (ISBN)
Anne Mette Hancock ist ein junger Star der skandinavischen Krimi-Szene: Ihre Thriller um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und den Kommissar Erik Schäfer sind Platz-1-Bestseller in ihrer Heimat Dänemark und werden in viele europäische Sprachen übersetzt. Für die Romane wurde die Autorin mehrfach ausgezeichnet. Anne Mette Hancock studierte Geschichte und Journalismus in Roskilde und arbeitete als freie Journalistin für Tageszeitungen und Magazine. Sie stammt aus Gråsten an der dänischen Ostseeküste, lebte in Frankreich und den USA und wohnt mit ihrer Familie in Kopenhagen.
Anne Mette Hancock ist ein junger Star der skandinavischen Krimi-Szene: Ihre Thriller um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und den Kommissar Erik Schäfer sind Platz-1-Bestseller in ihrer Heimat Dänemark und werden in viele europäische Sprachen übersetzt. Für die Romane wurde die Autorin mehrfach ausgezeichnet. Anne Mette Hancock studierte Geschichte und Journalismus in Roskilde und arbeitete als freie Journalistin für Tageszeitungen und Magazine. Sie stammt aus Gråsten an der dänischen Ostseeküste, lebte in Frankreich und den USA und wohnt mit ihrer Familie in Kopenhagen. Karoline Hippe, aufgewachsen an der Ostseeküste, studierte in Berlin und Leipzig. Sie übersetzt belletristische Werke und Sachbücher aus dem Norwegischen, Dänischen, Schwedischen und Englischen und lebt in Oslo und Berlin.
Die lebendig gezeichneten Figuren wecken Sympathie oder Abneigung. Nach und nach erfährt der Leser wichtige Details, setzt die Autorin ein stimmiges Bild zusammen.
Ermittler-Duo mit Zukunftspotential [...] richtig spannend.
Hancock hat da eine schöne Geschichte konstruiert, die sie gekonnt erzählt. Ein spannender Serienstart.
[...] Das Besondere an diesem Krimi [ist] die Verquickung der persönlichen Schicksale mit dem Versagen und Wegschauen der Behörden.
Ein fesselnder Thriller, den man nicht mehr aus der Hand legt. Die Geschichten gut zusammengestellt, frisch erzählt.
Anne Mette Hancock hat einen wirklich spannenden Krimi mit einigen eleganten Wendungen und einem interessanten Personal komponiert.
Tatsächlich ist Anne Mette Hancock ein smarter, authentische Krimi mit Tiefgang gelungen.
[...] die Figuren sind interessant genug und der Spannungsbogen ist hinreichend straff, um auch in Hancocks zweiten Roman zu schauen [...].
3
Der Septemberregen nieselte bereits den fünften Tag in Folge in hauchzarten, beinahe lautlosen Bindfäden auf Kopenhagen nieder. Der Sommer war längst vorbei und durch einen langgezogenen, schmuddeligen Herbst ersetzt worden.
Heloise Kaldan schloss gerade das Küchenfenster, von dem der Regen auf die Fensterbank tropfte, als ihr Telefon auf dem Küchentisch zu vibrieren begann. So ging es schon das ganze Wochenende, beinahe ununterbrochen. Dieses Mal kannte sie die Nummer auf dem Display nicht, also drückte sie den Anruf weg und warf eine dunkelgrüne Kapsel in die Nespressomaschine. Diese begann sofort, einen teerschwarzen Lungo auszuspucken. Vom Wohnzimmer aus konnte sie die grüne Kuppel der Frederikskirche sehen. Die Dachgeschosswohnung in dem alten Eckhaus an der Olfert Fischers Gade hatte weder einen geräumigen noch schicken Eindruck gemacht, als Heloise sie damals gekauft hatte. Es hatte nicht einmal eine Dusche existiert, und die Küche, die inzwischen Heloises Lieblingszimmer war, war in einem geradezu unappetitlichen Zustand gewesen. Doch von dem kleinen Wohnzimmerbalkon hatte sie freie Sicht auf die Marmorkirche, und das war eines der wenigen Kriterien, die sie beim Immobilienmakler angegeben hatte: Die Kuppel musste von mindestens einem Fenster der Wohnung aus zu sehen sein.
Wenn sie als Kind die Wochenenden bei ihrem Vater verbracht hatte, war die Kuppel ihr Ort gewesen. Jeden zweiten Samstag hatten sie in der Konditorei La Glace Torte gegessen und heiße Schokolade getrunken, er hatte mit der Bedienung geflirtet, und dann waren sie gemeinsam zur Bredgade geschlendert, bis hinauf zur Frederikskirche. Dort waren sie die vertraute enge Wendeltreppe hinaufgestiegen, waren über die knarrenden Dielen im Dachboden unter der Kuppelkonstruktion gelaufen und hatten sich auf eine der Bänke im obersten Turm gesetzt.
Arm in Arm hatten sie die Aussicht auf Kopenhagen genossen – an manchen Tagen schneebedeckt, an anderen in gleißendes Sonnenlicht getaucht. Doch meistens war die Stadt einfach nur grau und windig. Ihr Vater hatte auf historische Gebäude gezeigt und ihr lange, spannende Geschichten über die Könige und Königinnen des Landes erzählt. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört und ihn mit einem Blick angesehen, der verriet, dass er für sie der tollste und schlauste Mensch auf der ganzen Welt war. Und jedes Mal hatte er ihr drei neue Wörter beigebracht, die sie bis zu ihrem Wiedersehen üben sollte.
»Na, lass mal sehen«, hatte er immer gesagt, die Spitze seines Zeigefingers an der Unterlippe befeuchtet und so getan, als würde er in einem imaginären Wörterbuch blättern.
»Aha! Die Wörter des Tages sind: Hitzkopf, Barock und … opulent.«
Dann hatte er ihr erklärt, was diese Wörter bedeuten, und sie in lustigen Zusammenhängen angewendet. Heloise hatte alles für bare Münze genommen. Sie hatte diese Stunden mit ihrem Vater geliebt, ganz oben auf dem Dach der Kirche. Dort, an seinen weichen Bauch gelehnt, der bei seinem Wortfluss auf- und abwogte, war ihre Leidenschaft für gute Geschichten geweckt worden.
In ihrer ersten Wohnung, die sie als junge Frau bezogen hatte, hatte sie von ihrem Schlafzimmerfenster aus freien Blick auf die Kuppel gehabt. Mit der Zeit war sie zu so etwas wie einem Glücksbringer geworden, eine Erinnerung an eine behütete und wunderbare Kindheit. Wenn sie auf Reisen war, gehörte die Kuppel zu den Dingen, die sie am meisten vermisste.
Doch es kam eher selten vor, dass Heloise an einem Montagvormittag einfach nur dastand und die Kirche betrachtete. Unter normalen Umständen wäre sie jetzt bei der Redaktionssitzung der Zeitung, würde die Schwerpunktthemen dieser Woche diskutieren und ihre Recherchen planen.
Aber nicht heute.
Vor ihr auf dem Küchentisch lagen die aktuellen Zeitungen. Auf allen Titelseiten prangten Schlagzeilen zum Skriver-Skandal.
Sie schlug Seite zwei des Demokratisk Dagblad auf, der Zeitung, bei der sie seit fünf Jahren arbeitete, und las den Leitartikel. In ihm entschuldigte sich Chefredakteur Mikkelsen für den Artikel über den Modemogul Jan Skriver, der einige Tage zuvor erschienen war. Es ging um Skrivers Investitionen in ein Textilunternehmen in Bangalore, das mit katastrophalen Umweltschäden und Kinderarbeit in Verbindung gebracht wurde. Man sei »auf der Suche nach der Wahrheit zu gutgläubig gewesen«, schrieb er. Dieser Leitartikel war ein pathetisches, gut choreographiertes Hände-in-Unschuld-Waschen, dessen einziger Zweck es war, die Zeitung als ehrlich und neutral dastehen zu lassen und jegliche redaktionelle Verantwortung von sich zu weisen.
Schön und gut. Die Verantwortung lag auch nicht bei der Chefredaktion. Sondern bei Heloise. Sie hatte den Skandalartikel geschrieben, hatte sich auf ihre Quelle verlassen und hatte statt auf redaktionelle Gründlichkeit auf blindes Vertrauen gesetzt.
Wie hatte sie nur so dumm sein können? Wieso hatte sie nicht alles gegengecheckt? Wieso hatte sie ihm geglaubt?
Ihr Handy vibrierte schon wieder. Dieses Mal leuchtete eine Nummer auf dem Display auf, die sie schlecht wegdrücken konnte. Sie ließ es dreimal klingeln, bevor sie sich mit müder Stimme meldete.
»Kaldan hier.«
»Hej, ich bin’s. Hast du noch geschlafen?« Karen Aagaard, ihre Ressortleiterin, klang angespannt.
»Nein, warum?«
»Deine Stimme klingt ein bisschen kratzig.«
»Nein, ich bin schon lange wach.«
Heloise war tatsächlich fast die ganze Nacht auf gewesen und hatte die Weißweinflasche geleert, die sie und ihre Freundin Gerda am Abend zuvor geöffnet hatten. Sie hatte den Fall von allen Seiten beleuchtet, war jedes einzelne Detail noch einmal durchgegangen und hatte versucht, das Gesamtbild scharfzustellen. Aber egal, wie sehr sie sich bemühte, es blieb verschwommen. Oder wollte sie es einfach nicht wahrhaben? Sie war Journalistin – und zwar eine verdammt gute –, und es sah ihr einfach nicht ähnlich, so krasse Fehler zu machen. Sie war wütend auf sich selbst – und auf ihn.
»Ich weiß, dass ich dich gebeten habe, dir heute frei zu nehmen«, sagte Karen Aagaard, »aber der Schaufler will dich sehen.«
Carl-Johan Scowl, in der Redaktion besser bekannt als »der Schaufler«, war ein schmieriger Gartenzwergtyp und Leserredakteur beim Demokratisk Dagblad. Auf den Grundlagen der Presseethik ging er Beschwerden über Fehler in veröffentlichten Artikeln nach. Wenn er bei jemandem an die Tür klopfte, konnte man davon ausgehen, dass es ein langer Tag werden würde, dann und wann sogar eine lange Woche und im schlimmsten Fall das Ende einer Karriere.
»Schon wieder?« Heloise schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Sie konnte sich nicht vorstellen, den Fall noch ein weiteres Mal durchzukauen. Sie hatten bereits dreimal alles detailliert besprochen.
»Ja, du musst doch noch mal in die Redaktion kommen, dann können wir die Sache endlich abschließen. Es tauchen immer wieder ein paar Kleinigkeiten auf, die er gerne noch dokumentieren möchte. Das wird wohl auch in deinem Interesse sein.«
»Ich bin in einer Viertelstunde da«, sagte Heloise und legte auf.
Sie nahm die schwarze Lederjacke vom Haken, trat gegen einen Stapel Werbung, der auf ihrer Fußmatte lag, und knallte die Wohnungstür hinter sich zu.
Die Redaktion des Demokratisk Dagblad lag in einem denkmalgeschützten Haus in der Store Strandstræde, dessen antiquiertes, monarchisches Erscheinungsbild und Einrichtungsstil zum konservativen Ton der Zeitung passten. Das Gebäude hatte hohe, gewölbte Decken, an den Wänden klebten exquisite, handgeschöpfte Tapeten, und das Glas in den alten Sprossenfenstern war papierdünn, weshalb Heloise im Winterhalbjahr eigentlich immer frierend bei der Arbeit saß.
Sie stellte ihr Fahrrad vor dem Gebäude ab.
Vor dem Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite saßen ein paar junge Typen aus dem Vertrieb unter einer schwarzen Markise. Sie hatten vor dem Regen Unterschlupf gesucht und rauchten. Heloise grüßte sie mit einem Kopfnicken. Auf der Plane hatte sich eine Wasserlache angesammelt, die jeden Moment überlaufen konnte. Es regnete eimerweise, und Heloise wartete nur darauf, dass das Wasser über die Köpfe der Vertriebs-Kollegen schwappte.
Der eine Typ reagierte auf ihren Gruß mit einem frechen: »Hey, Kaldan, was geht?«
Sein Nebenmann beugte sich zu ihm herüber, ohne den Blick von Heloise abzuwenden, und flüsterte ihm etwas zu, woraufhin beide in Gelächter ausbrachen. Heloise wandte sich ab, zog ihre Schlüsselkarte durch den elektrischen Kartenleser rechts vom Haupteingang und tippte ihren Code ein. Die Tür gab ein surrendes Geräusch von sich und öffnete sich langsam.
Heloise entschied sich für die Treppe und lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf in die Nachrichtenredaktion in der dritten Etage. Karen Aagaard erwartete sie bereits. Sie und Aagaard kamen gut miteinander aus. Sie hatten ein gesundes, stabiles Arbeitsverhältnis, und Heloise respektierte ihre Vorgesetzte als Journalistin und als Mensch. Doch Freundinnen waren sie nie gewesen. Heloise wusste, dass Aagaard in Heller-up lebte, verheiratet war und einen Sohn in der Armee hatte, abgesehen davon hatte sie keinen Einblick in das Privatleben ihrer Redakteurin und vice versa. Dieses Level an Vertrautheit passte Heloise ganz hervorragend, besonders heute.
»Lass mich raten: Du hältst nichts von Regenschirmen.« Aagaard betrachtete Heloises durchnässte Kleidung mit fragendem Blick.
Heloise lächelte und schüttelte das Regenwasser ab. »Nein, so...
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2021 |
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Reihe/Serie | Heloise-Kaldan-Serie | Heloise-Kaldan-Serie |
Übersetzer | Karoline Hippe |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | aktuelle bestseller • Anwalt • Bestseller 2021 • Bestseller-Autorin • Briefe • Camilla Läckberg • Dänemark • Dänisch • Edvardsson • Erik Schäfer • Ermittler • Ermittlerduo • Frankreich • Hans Christian Andersen • Heloise Kaldan • Hoher Norden • Investigativer Journalismus • Island-Krimi • Johanna Mo • Jo Nesbo • Journalistin • Jussi Adler Olsen • Kastanienmann • Kinder • Kindheit • Kommissar • Kopenhagen • Krimi • Kriminalromane • Krimi Neuerscheinung • Krimi Neuerscheinungen 2021 • Krimi-und-Thriller • Lina Bengtsdotter • Löwenzahnkind • Lüge • Männer • Mattias Edvardsson • Meerjungfrau • Mord • Mörderin • Nordische Spannung • Norwegen • oxen • Provence • Psychothriller Bestseller • Schweden • Schwedisch • Serie • Skandinavien • Skandinavisch • Skandinavischer Krimi • spannend • Spannung • Sveistrup • Tageszeitung • Thriller • Thriller Bestseller 2021 • Thriller-Buch • Thriller Neuerscheinungen 2021 • Tochter • Todland • Vater • Vater-Tochter-Beziehung • Viveca Sten • Weihnachtsgeschenk 2021 • Winterland |
ISBN-10 | 3-10-491299-8 / 3104912998 |
ISBN-13 | 978-3-10-491299-8 / 9783104912998 |
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