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Inspektor Takeda und die stille Schuld (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2021 | 3. Auflage
368 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2575-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Inspektor Takeda und die stille Schuld -  Henrik Siebold
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Feuer in der Nacht.

Beim Brand einer Hamburger Seniorenresidenz sterben acht Bewohner. Alles deutet auf Brandstiftung hin, so dass Inspektor Ken Takeda und Claudia Harms die Ermittlungen aufnehmen. Eine verdächtige Heimleiterin, sich seltsam verhaltende Angehörige - viele der Befragten machen sich verdächtig. Dann stoßen Takeda und Harms auf ein deutsch-japanisches Joint Venture, das einen neuartigen Pflegeroboter erprobt. Bald müssen die Ermittler eine Frage stellen, die ihnen selbst geradezu aberwitzig erscheint: Kann ein Roboter einen Mord begehen?

Der neue Fall des ungewöhnlichsten und charismatischsten Helden im deutschen Kriminalroman.

'Henrik Siebold gelingt es, einen spannenden Krimi einerseits, fesselnde Einblicke andererseits in die Kultur der Japaner zu schreiben.' Lübecker Nachrichten.



Henrik Siebold ist Journalist und Buchautor. Er hat unter anderem für eine japanische Tageszeitung gearbeitet sowie mehrere Jahre in Tokio gelebt. Unter seinem wahren Namen Daniel Bielenstein hat er bereits mehrere Romane veröffentlicht. Zurzeit wohnt er in Hamburg.

10.


Takeda steuerte seinen Dienstwagen von Wellingsbüttel in südlicher Richtung nach Altona, in den Ortsteil Ottensen. Dort wohnte Merit Kramer, die Pflegedienstleiterin der Residenz.

Warum fuhren er und Claudia nicht gemeinsam dorthin? Anschießend dann ebenso gemeinsam zur Familie Sieversen, die möglicherweise den anonymen Brief geschrieben hatte? Weil es schnell gehen musste? Sicher. Aber auch, weil Claudia die Zeit ihres Zusammenseins eben doch reduzieren wollte.

Es würde nicht mehr so sein wie früher. Egal, was Claudia sagte. Nie mehr.

Takeda klopfte sich eine Mild Seven, seine japanische Stammmarke, aus der Packung und zündete sie an. Eigentlich durfte er in dem BMW, einem Dienstwagen, nicht rauchen. Jeder ging davon aus, dass er sich strikt daran hielt. Weil er Japaner war. Die hielten sich ja bekanntlich immer an alle Regeln.

Takeda nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette und blies lächelnd den Rauch aus.

Merit Kramer empfing ihn in der Tür ihrer Altbauwohnung, unweit des Spritzenplatzes im Zentrum von Ottensen. Takeda schätzte sie auf Mitte vierzig, auch wenn es ihm immer noch schwerfiel, das Alter von Deutschen, überhaupt von Europäern richtig einzuschätzen. Sie war schlank, etwa so groß wie er. Ihr dunkles Haar trug sie kurz geschnitten, was ihr hageres Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den großen Augen zur Geltung brachte. Eine schöne Frau.

Im Moment wirkten ihre Züge allerdings geprägt von Erschöpfung und Trauer. Sie schien unendlich müde zu sein.

»Kommen Sie herein«, sagte sie und gab die Wohnungstür frei. Dann stockte sie, sah Takeda zum ersten Mal richtig an, kniff die Augen zusammen. »Sie sind doch von der Polizei? Sie sind wegen des Feuers hier? Meine Chefin hatte mich angerufen und gesagt, dass jemand kommt.«

Takeda lächelte. »Aber ja. Das bin ich. Ich kann Ihnen meinen Dienstausweis zeigen.«

»Nein, nein. Es ist nur … ich hatte jemand anderen erwartet.«

Takeda hob ein wenig spöttisch die Augenbrauen. Er war es inzwischen gewöhnt, dass die Leute irritiert auf seine Erscheinung reagierten. Polizisten, die türkischer, nahöstlicher oder auch afrikanischer Abstammung waren, gab es inzwischen einige in Hamburg. Asiaten aber waren immer noch eine Seltenheit.

Merit Kramer führte ihn in ein kleines, sonnendurchflutetes Wohnzimmer. Sie trug eine Jogginghose und ein T-Shirt, war barfuß. Takeda blickte sich im Zimmer um. Er sah ein Bücherregal, eine CD-Sammlung, Pflanzen. An der Wand hing ein Plakat mit farbigen Diagrammen und allerlei japanischen … nein, chinesischen Zeichen darauf.

Die Pflegedienstleiterin, die Takedas Blick bemerkte, sagte: »Das ist ein Fünf-Elemente-Diagramm. Ich interessiere mich für traditionelle chinesische Medizin. Ich gebe auch Qigong-Kurse, vor allem für Senioren. Kennen Sie sich damit aus?«

»Leider nicht. Ich bin Japaner. Es gibt auch bei uns viele Ärzte, die nach alter chinesischer Methode behandeln. Aber ich verstehe nichts davon.«

Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln, wies dann mit der Hand auf einen Sessel. Sie selbst setzte sich auf das Sofa und zog die Beine unter den Körper. »Ilona … Frau Stemann sagte, dass es Brandstiftung war. Ich kann es gar nicht glauben. Wer sollte das tun? Warum?«

»Das wissen wir noch nicht, Frau Kramer. Aber vielleicht können Sie uns dabei helfen, es herauszufinden.«

Takeda kam es vor, als würden die ohnehin asketischen Züge der Frau noch deutlicher hervortreten. Sie stieß stoßweise den Atem aus, sagte dann mit leiser Stimme. »Ich kannte alle, die im Feuer umgekommen sind. Jeden Einzelnen von ihnen. Es kann nur ein Verrückter getan haben. Jemand, dem nicht klar war, was er anrichtet.«

»Das ist durchaus möglich. Aber falls es doch ein spezielles Motiv gab, müssen wir es herausfinden.«

Er bat Merit Kramer ihm zu erläutern, worin genau ihre Tätigkeit in der Residenz bestand. Sie bot Tee an, er nahm an. Sie verschwand in der Küche, kehrte mit Kräutertee zurück, etwas anderes könne sie wegen ihrer Nerven zurzeit nicht vertragen.

Dann erklärte sie, dass sie gelernte Altenpflegerin sei und schon lange in verschiedenen Einrichtungen gearbeitet habe. Zuletzt sei sie für einen mobilen Pflegedienst im Einsatz gewesen. Ein Rückenleiden habe sie gezwungen, sich umzuorientieren. Vor etwa einem Jahr habe ihr die Residenz angeboten, die Leitung der Pflege zu übernehmen, und nun sei sie eben in erster Linie mit Personalkoordination befasst. Zugleich bemühe sie sich um einen engen Kontakt zu den Bewohnern, kümmere sich daher auch um lauter Dinge, die im engeren Sinne gar nichts mit Pflege zu tun hätten. Auch das sei anstrengend, aber nicht mehr so sehr im körperlichen Sinne wie früher.

Takeda machte sich Notizen, gewohnheitsmäßig auf Japanisch. Merit Kramer beobachtete ihn dabei, wie er mit schnellen Strichen schrieb, von oben nach unten und von rechts nach links. Er spürte, dass sie neugierig war, überhaupt mehr über ihn wissen wollte. Dennoch beschloss er, zunächst nicht darauf einzugehen, fragte stattdessen: »Fällt Ihnen etwas ein, das uns bei der Aufklärung des Verbrechens weiterhelfen könnte? Gab es zum Beispiel Konflikte innerhalb des Pflegepersonals? Entweder untereinander oder vielleicht auch gegenüber der Hausleitung? Drohte vielleicht jemandem entlassen zu werden? Oder hatte jemand einen anderen Grund, auf die Residenz zornig zu sein?«

Merit Kramers gerade noch freundlicher Gesichtsausdruck veränderte sich. Sie wirkte nun kühl, distanziert, auch höhnisch. »Ob jemand Grund hatte, zornig zu sein? Unter den Mitarbeitern? Das ist Ihre Frage?«

»Ja.«

»Die Antwort ist ganz einfach. Jeder! Jeder hat Grund, stinkwütend zu sein.«

»Bitte, erklären Sie mir das.«

»Ist nicht so schwer. Sehen Sie, die größte Schwierigkeit mit dem Pflegepersonal besteht darin, dass es keines gibt.«

»Was genau meinen Sie?«

»Es fehlen Leute. Überall. Ständig. Natürlich sucht die Residenz neue Leute, wie alle Einrichtungen, findet aber keine. Es führt dazu, dass alle, die da sind, an permanenter Überlastung leiden. Sie haben nach Problemen gefragt? Nach Konflikten? Bitte sehr, da haben Sie sie!«

»Ich verstehe.«

»Das glaube ich nicht. Darum will ich es noch einmal deutlicher machen. Wenn Sie mich fragen, ob es unter den Beschäftigten jemanden gibt, der die Residenz am liebsten abfackeln würde … Darum geht’s Ihnen ja wohl … Dann lautet meine Antwort: jeder. Mich können Sie dazuzählen.«

Takeda starrte seine Gesprächspartnerin überrascht an. War das jetzt ein Geständnis? Natürlich nicht. Und doch hatte er das Gefühl, dass er sich in Merit Kramer täuschte. Der Zorn, der in ihr loderte, war groß. Er nagte tief in ihr. Aber reichte er auch dazu, dass sie ihr Eingeständnis, das sie anscheinend nur als zynische Anklage vorbrachte, am Ende eben doch ernst meinte?

Takeda nahm einen Schluck von dem Kräutertee, der würzig und gut schmeckte. Er ließ Zeit verstreichen. Die gerade noch erhitzte Atmosphäre entspannte sich.

»Fällt Ihnen vielleicht speziell jemand ein, der in letzter Zeit seinen Unmut geäußert hat? Oder der mit Ihrer Geschäftsleitung aneinandergeraten ist?«

»Und der deswegen Feuer gelegt hat?«

»Ja, vielleicht.«

Merit Kramer lachte. »Niemand fällt mir ein. Natürlich nicht. Ich wollte nur klarmachen, wie die Gefühlslage bei uns ist. Sie sollten aufhören, so etwas zu denken. Niemand vom Personal wäre zu so einer Grausamkeit fähig. Niemand!«

»Da sind Sie sicher?«

»Absolut.«

Takeda machte sich erneut einige Notizen. »Was ist mit den Bewohnern des Hauses? Gab es dort vielleicht Unzufriedenheiten? Oder Streit?«

»Fragen Sie mich das im Ernst?«

»Frau Stemann erzählte uns, dass ältere Menschen, besonders wenn sie dement sind, oft streitsüchtig sind. Auch dass sie mitunter seltsame Dinge tun. Dass sie weglaufen … Ist es da so abwegig, zu überlegen, ob vielleicht einer der Bewohner selbst Feuer gelegt hat? Ist so etwas nicht schon vorgekommen?«

Die Wut wich aus Merit Kramers Gesichtsausdruck, machte wieder der Erschöpfung Platz. »Sie haben recht, ausschließen lässt sich so etwas im Prinzip nicht. Aber hier stimmt es nicht. Sehen Sie, in den Servicewohnungen leben ausschließlich ältere Herrschaften, denen es vergleichsweise gut geht. Sicher, sie haben körperliche Gebrechen. Aber alles in allem sind sie fit. Vor allem mental.«

»Dann gab es keine Streitigkeiten im Haus? Irgendwelche Vorfälle, die vielleicht einen der Bewohner dazu bewogen haben könnten, etwas Unbedachtes, etwas völlig Verrücktes zu tun?«

»Natürlich gab es Streit. Eigentlich sogar oft. Frau Milz im ersten Stock zum Beispiel sah gerne Fernsehen und vergaß dabei, ihre Hörgeräte zu benutzen. Sie stellte ihr Gerät so laut, dass man es sogar bis in die anderen Häuser hören konnte … Oder ihre Nachbarin, Frau Wesemann. Die hatte Blumen vor dem Fenster, und immer, wenn sie sie goss, tropfte Wasser auf die Fensterbank von Herrn Michelsen im Erdgeschoss. Er hat mich jede Woche deswegen angesprochen. Frau Orthmann war eine der Jüngsten im Haus und tatsächlich ein wenig verwirrt. Sie konnte noch für sich selbst sorgen, aber allen war klar, dass es nicht mehr lange gut gehen würde. Würde sie in einem Anfall das Haus anzünden? Weil sie gerade mal wieder nicht weiß, wie alt sie ist oder wo sie wohnt? Nein, Herr...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2021
Reihe/Serie Inspektor Takeda ermittelt
Inspektor Takeda ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Brandstiftung • Hafen • Hamburg • Inspektor • Japan • Jazz • Mord • Murakami • Pflegeroboter • Tokio
ISBN-10 3-8412-2575-6 / 3841225756
ISBN-13 978-3-8412-2575-7 / 9783841225757
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