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Auf einem einsamen Weg -  Louise Penny

Auf einem einsamen Weg (eBook)

Der 14. Fall für Gamache

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
480 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70084-5 (ISBN)
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14,99 inkl. MwSt
(CHF 14,65)
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Ein geheimnisvolles Testament führt Armand Gamache zu einem verlassenen Bauernhaus. Zusammen mit Myrna, der Buchhändlerin von Three Pines, und einem jungen Mann ist er zum Nachlassverwalter einer gewissen Bertha Baumgartner bestimmt worden. Wer war diese verschrobene Frau, die von allen »Baronin« genannt wurde, aber als Putzfrau arbeitete? Ihren drei Kindern hat sie je 5 Millionen Dollar hinterlassen, die es allerdings nur in ihrer Phantasie gab. Wenig später wird eine Leiche in dem verfallenen Haus gefunden. Zeit für die Ermittlungen hat Gamache eigentlich nicht, obwohl er als Chef der Sûreté du Québec suspendiert ist. Denn Gamache hat zwar das größte Drogenkartell zerschlagen, dabei aber die Justiz manipuliert. Noch schlimmer ist allerdings, dass nicht das ganze Lager des Kartells sichergestellt werden konnte. Wie kann Gamache verhindern, dass der Stoff in Montréal seine tödliche Wirkung entfaltet, ganz ohne sein Team von der Sûreté? Für Gamache beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit - auf einem einsamen Weg.

Louise Penny, 1958 in Toronto geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Angewandten Kunst achtzehn Jahre lang als Rundfunkjournalistin und Moderatorin in ganz Kanada. Mit dem Schreiben begann sie erst spät. Ihr erster Roman Das Dorf in den roten Wäldern wurde 2005 weltweit als Entdeckung des Jahres gefeiert, und auch die folgenden Gamache-Krimis wurden vielfach ausgezeichnet und eroberten die Bestsellerlisten in zahlreichen Ländern. Louise Penny lebt in Sutton bei Que?bec, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnelt.

Louise Penny, 1958 in Toronto geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Angewandten Kunst achtzehn Jahre lang als Rundfunkjournalistin und Moderatorin in ganz Kanada. Mit dem Schreiben begann sie erst spät. Ihr erster Roman Das Dorf in den roten Wäldern wurde 2005 weltweit als Entdeckung des Jahres gefeiert, und auch die folgenden Gamache-Krimis wurden vielfach ausgezeichnet und eroberten die Bestsellerlisten in zahlreichen Ländern. Louise Penny lebt in Sutton bei Québec, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnelt.

1


Armand Gamache fuhr im Schritttempo über die schnee- bedeckte Nebenstraße und hielt schließlich an.

Geschafft, dachte er. Er lenkte das Auto zwischen den hohen Kiefern hindurch, bis er die Lichtung erreichte.

Dort parkte er und blickte aus dem warmen Wageninneren in den kalten Tag hinaus. Schneeflocken segelten auf die Windschutzscheibe und schmolzen. Sie fielen jetzt schneller und erschwerten die Sicht. Gamache blickte auf den Brief auf dem Beifahrersitz, den er tags zuvor bekommen hatte.

Er rieb sich das Gesicht und setzte seine Lesebrille auf. Las ihn noch einmal. Er hatte ihn an diesen verlassenen Ort gebracht.

Er stellte den Motor ab. Stieg aber nicht aus.

Nervös war er nicht. Die Angelegenheit war weniger beunruhigend als rätselhaft.

Dennoch war sie so befremdlich, dass er alarmiert war. Nicht übermäßig, noch nicht. Aber er war auf der Hut.

Armand Gamache war kein ängstlicher Mann, aber er war vorsichtig. Wie sonst hätte er an der Spitze der Sûreté du Québec überdauern können? Allerdings war keineswegs sicher, dass ihm das tatsächlich gelungen war.

Er vertraute auf seinen Verstand und auf seine Instinkte.

Und was sagten sie ihm jetzt?

Sie sagten ihm ganz klar, dass diese Angelegenheit seltsam war. Aber das, dachte er mit einem Grinsen, hätten ihm auch seine Enkelkinder sagen können.

Er nahm sein Handy und hörte es unter der Nummer, die er gewählt hatte, einmal, zweimal klingeln, dann wurde abgehoben.

»Salut, ma belle, ich bin angekommen«, sagte er.

Zwischen Armand und seiner Frau Reine-Marie gab es die Abmachung, dass sie im Winter, wenn Schnee lag, einander Bescheid gaben, wenn sie unterwegs waren und ihr Ziel erreicht hatten.

»Wie war die Fahrt? In Three Pines schneit es immer stärker.«

»Hier auch. Aber ich bin gut durchgekommen.«

»Wo bist du eigentlich, Armand? Was ist das für ein Ort?«

»Schwer zu beschreiben.«

Er versuchte es trotzdem.

Vor ihm stand etwas, das einmal ein Zuhause gewesen war. Dann ein Haus. Und jetzt war es nur noch ein Gebäude. Und selbst das würde man nicht mehr lange sagen können.

»Es ist ein altes Farmhaus«, sagte er. »Es macht einen verlassenen Eindruck.«

»Bist du denn auch an der richtigen Adresse? Erinnerst du dich, wie du mich von meinem Bruder abholen wolltest und zu dem falschen Bruder gefahren bist? Und darauf bestanden hast, dass ich da sei?«

»Das ist doch schon eine Ewigkeit her«, sagte er. »Und die Häuser in Ste.-Angélique sehen alle gleich aus, und deine hundertsiebenundfünfzig Brüder sehen auch alle gleich aus. Außerdem mochte er mich nicht, und ich war ziemlich sicher, dass er mich einfach nur loswerden wollte und ich dich in Ruhe lassen sollte.«

»Das kann man ihm ja wohl kaum vorwerfen, schließlich warst du an der falschen Adresse. Du Meisterdetektiv.«

Armand lachte. Das war vor Jahrzehnten gewesen, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten. Als ihrer Familie dann klar geworden war, wie sehr sie ihn liebte und, wichtiger noch, wie sehr er Reine-Marie liebte, hatte sie ihn doch noch ins Herz geschlossen.

»Ich bin schon richtig. Da steht noch ein Auto.«

Das andere Auto war von einer feinen Schneeschicht bedeckt. Er vermutete, dass es seit ungefähr einer halben Stunde dort stand, nicht länger. Dann sah er wieder zum Farmhaus.

»Hier hat schon lange niemand mehr gewohnt.«

Es dauerte eine Weile, bis ein Haus so verfiel. Das passierte nur, wenn sich jahrelang niemand darum kümmerte.

Bald würde es in seine einzelnen Bestandteile zerfallen.

Die Fensterläden hingen schief in den Angeln, der hölzerne Handlauf war verfault und hatte sich verzogen, die Treppenstufen hingen durch. Eines der oberen Fenster war vernagelt, sodass es aussah, als würde ihm das Haus zublinzeln. Als wüsste es etwas, das er nicht wusste.

Er legte den Kopf schief. Konnte es sein, dass sich das Haus leicht zur Seite neigte? Oder verwandelte es seine Einbildungskraft in eins aus Honorés Schlafliedern?

Da war ein krummer Mann, der lief an einem krummen Straßensaum.

Fand einen krummen Stock, gelehnt an einen krummen Baum.

Kam eine krumme Katze, fing eine krumme Maus.

Und alle lebten zusammen in einem kleinen krummen Haus.

Das war ein krummes Haus. Unwillkürlich fragte sich Gamache, ob er darin auf eine krumme Sache stoßen würde.

Nachdem er sich von Reine-Marie verabschiedet hatte, sah er erneut zu dem anderen Auto im Hof und auf das Kennzeichen mit dem Motto von Québec: JE ME SOUVIENS.

Ich erinnere mich.

Wenn er wie jetzt die Augen schloss, tauchten unwillkürlich Bilder auf. So lebendig und eindringlich, wie der Moment selbst es gewesen war. Und nicht nur an jenem Tag im letzten Sommer, als die schrägen Sonnenstrahlen auf seine blutigen Hände gefallen waren.

Er sah all die Tage. All die Nächte. All das Blut. Seines und das anderer. Von Menschen, deren Leben er gerettet hatte. Und von jenen, denen er es genommen hatte.

Um sich seine geistige Gesundheit, seine Menschlichkeit, seine innere Balance zu erhalten, musste er auch die schönen Ereignisse in sich wachhalten.

Reine-Marie gefunden zu haben. Ihr Sohn, ihre Tochter. Jetzt die Enkel.

Ihren Zufluchtsort in Three Pines gefunden zu haben. Die ruhigen Stunden mit Freunden. Die heiteren Feste.

Der Vater eines guten Freundes war an Demenz erkrankt und vor Kurzem gestorben. In seinem letzten Lebensjahr hatte er seine Familie und seine Freunde nicht mehr erkannt. Zu allen war er freundlich, aber manche strahlte er an. Das waren diejenigen, die er instinktiv erkannte. Er hatte sie in seinem Herzen bewahrt, nicht in seinem beschädigten Kopf.

Das Herz bewahrte Erinnerungen sehr viel besser als der Kopf. Die Frage war nur, was die Leute in ihrem Herzen bewahrten?

Chief Superintendent Gamache hatte mehr als genug Leute kennengelernt, deren Herz von Hass zerfressen war.

Er sah auf das krumme Haus und fragte sich, von welcher Erinnerung es zerfressen wurde.

Nachdem er automatisch das Kennzeichen in seinem Gedächtnis abgespeichert hatte, wanderte sein Blick über den Hof.

Hier und da erhoben sich große Schneehaufen, unter denen sich offenbar rostige Fahrzeuge verbargen. Ein ausgeweideter Pick-up. Ein alter, inzwischen wohl schrottreifer Traktor. Und etwas, das wie ein kleiner Panzer aussah, wahrscheinlich aber ein alter Öltank war.

Hoffte er.

Gamache setzte seine Mütze auf und wollte gerade die Handschuhe überstreifen, als er zögerte und den Brief ein weiteres Mal in die Hand nahm. Nicht dass viel drinstand. Nur ein paar kurze Sätze.

Sie waren nicht bedrohlich, wären beinahe komisch gewesen, hätten sie nicht von der Hand eines Toten gestammt.

Der Brief war von einem Notar, der Gamache bat, geradezu befahl, sich um zehn Uhr morgens an diesem abgelegenen Haus einzufinden. Punkt zehn. Bitte. Seien Sie pünktlich. Merci.

Er hatte bei der Chambre des Notaires du Québec Erkundigungen über den Notar eingezogen.

Maître Laurence Mercier.

Vor sechs Monaten war er an Krebs gestorben.

Und doch war hier ein Brief von ihm.

Es gab keine E-Mail- oder Absenderadresse, nur eine Telefonnummer, unter der Armand angerufen hatte, aber niemand hatte abgehoben.

Beinahe hätte er die Datenbank der Sûreté nach Maître Mercier durchsuchen lassen, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Nicht dass Gamache Persona non grata in der Sûreté du Québec gewesen wäre. Also, nicht ganz. Da er jedoch suspendiert war, bis die Ermittlungen zu den Ereignissen im letzten Sommer abgeschlossen waren, wollte er die Hilfsbereitschaft seiner Kollegen nicht überstrapazieren. Auch nicht die von Jean-Guy Beauvoir. Seinem Stellvertreter. Seinem Schwiegersohn.

Gamache sah erneut zu dem einstmals soliden Haus und lächelte. Spürte eine Verwandtschaft mit ihm.

Manchmal brach etwas unerwartet zusammen. Nicht immer war das ein Hinweis darauf, dass es nicht wertgeschätzt worden war.

Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn in seine Brusttasche. Gerade als er aussteigen wollte, klingelte sein Handy.

Gamache blickte auf die Nummer. Starrte sie an. Das leise Lächeln war von seinem Gesicht wie weggewischt.

Wagte er es dranzugehen?

Wagte er es, nicht dranzugehen?

Während es immer weiter klingelte, starrte er durch die Windschutzscheibe, die Sicht durch den mittlerweile dicht fallenden Schnee so stark behindert, dass er die Welt nur unvollkommen sah.

Er fragte sich, ob er sich in Zukunft bei dem Anblick eines alten Farmhauses, dem Geräusch leise rieselnden Schnees oder dem Geruch feuchter Wolle an diesen Moment erinnern würde, und wenn, ob das mit einem Gefühl der Erleichterung oder des Schreckens verbunden sein würde.

»Oui, allô?«

 

Der Mann stand am Fenster und sah angestrengt hinaus.

Der Blick aus dem Fenster wurde durch die überfrorenen Scheiben verzerrt, aber er hatte gesehen, wie das Auto ankam, und mit Ungeduld verfolgt, wie der Mann parkte und dann einfach dasaß.

Nach etwa einer Minute stieg der Mann aus, aber er ging nicht zum Haus, sondern stand neben dem Auto, ein Handy am Ohr.

Er war der erste der invités.

Diesen ersten Gast erkannte der Mann natürlich. Wer würde ihn nicht erkennen. Oft genug hatte er ihn gesehen, wenn auch nur in den Nachrichten. Niemals leibhaftig.

Dass er wirklich auftauchen würde, hatte er kaum geglaubt.

Armand Gamache. Der ehemalige...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2019
Reihe/Serie Ein Fall für Gamache
Ein Fall für Gamache
Übersetzer Andrea Stumpf, Gabriele Werbeck
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 14. Fall • armand gamache • deutsche Erstausgabe • Drogenkartell • Kanada • Kingdom of the Blind • Krimireihe • Montréal • Nachlassverwalter • Québec • Suspendierung • Three Pines
ISBN-10 3-311-70084-8 / 3311700848
ISBN-13 978-3-311-70084-5 / 9783311700845
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