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Nur ein toter Mann ist ein guter Mann (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
304 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98565-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nur ein toter Mann ist ein guter Mann -  Gaby Hauptmann
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Eine rabenschwarze Komödie von Bestsellerautorin Gaby Hauptmann über eine Frau, die auf der Suche nach sich selbst über Männerleichen geht. Endlich frei, endlich allein! Ursula Winkler ist soeben glückliche Witwe geworden. Mit Power, List und Tücke hebelt sie von nun an Mann um Mann aus angestammten Positionen - und so manchen aus dem Leben. Männer, die ihr zu nahe kommen, finden ein jähres Ende - durch ihre Hand, durch Unglücksfälle, durch Selbstmord ...

Gaby Hauptmann, 1957 in Trossingen geboren, lebt seit vielen Jahren in Allensbach am Bodensee, den sie in ihren zwei neuen Bestsellern endlich auch ihren Lesern vorstellt: »Hoffnung auf eine glückliche Zukunft« und »Traum von einem besseren Leben« erzählen die Familien-Saga um die Frauen des traditionsreichen Gasthofs »Hirschen«. Gaby Hauptmann arbeitete als Journalistin, bevor sie mit dem Schreiben begann. 1995 erschrieb sich mit ihrem ersten Bestseller »Suche impotenten Mann fürs Leben« ein Millionenpublikum und veröffentlichte seither zahlreiche weitere Erfolge, u.a. »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive« oder »Unsere allerbeste Zeit«. Ihre Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und fürs Fernsehen verfilmt worden. Heute zählt Gaby Hauptmann zu den erfolgreichsten und beliebtesten Unterhaltungsautorinnen Deutschlands.

Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane "Suche impotenten Mann fürs Leben", "Nur ein toter Mann ist ein guter Mann", "Die Lüge im Bett", "Eine Handvoll Männlichkeit", "Die Meute der Erben", "Ein Liebhaber zuviel ist noch zuwenig", "Fünf-Sterne-Kerle inklusive", "Hengstparade", "Yachtfieber", "Ran an den Mann", "Nicht schon wieder al dente", "Rückflug zu verschenken", "Ticket ins Paradies", "Hängepartie", "Liebesnöter", "Zeig mir was Liebe ist", " Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud" und "Scheidung nie - nur Mord!" sind Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem erschienen die Erzählungsbände "Frauenhand auf Männerpo" und "Das Glück mit den Männern", ihr ganz persönliches Buch "Mehr davon. Vom Leben und der Lust am Leben", das Kinderbuch "Rocky der Racker", die mehrbändigen Jugendbuchreihen "Alexa, die Amazone" und die "Kaya"-Reiterbücher, sowie "Wo die Engel Weihnachten feiern" und die von ihr herausgegebene Anthologie "Gelegenheit macht Liebe". Zuletzt erschien "Plötzlich Millionärin - nichts wie weg!". 2019 moderierte Gaby Hauptmann die Runde "Talk am See" im SWR, in der sie wöchentlich mit Prominenten und Gästen aus der Region zu aktuellen Themen sprach.

ENTFALTUNG


Zwei Wochen später ist aus dem düsteren Wohnzimmer ein lichtdurchfluteter Raum geworden. Die teppichbespannten Wände sind einem hellen Anstrich gewichen, die braune Holzdecke hat Ursula kurzerhand weiß übermalen lassen, ein zart rosafarbener Teppichboden liegt über dem dunklen Parkett. Die Innenarchitektin hat ihr eine leinenfarbene Dreiersitzgruppe empfohlen, Couchtisch, Sideboard und Eckregale aus Acryl. Moderne Bodenvasen und Designerlampen bezeichnete sie als Hommage an die Wohnlichkeit. Für Ursula ist es ein ungeheuerliches Gefühl, als sie zum ersten Mal mit einer Tasse Tee auf ihrer neuen Couch im fertig umgestalteten Wohnzimmer sitzt. Fast fühlt sie sich, als sei sie in eine neue Haut geschlüpft – wenn da nicht noch der schwarze Flügel stehen würde. Es ist der Flügel ihres Schwiegervaters. Walter konnte zwar nicht Klavier spielen, aber es wäre für ihn nie in Frage gekommen, sich von diesem Instrument zu trennen. Ursula hätte ihn liebend gern hergegeben, aber selbst die Innenarchitektin war dagegen gewesen: »Sie sollten sich zunächst einmal erkundigen, was der Flügel wert ist. Sonst lacht sich nachher jemand ins Fäustchen!«

»Ist mir egal«, hatte Ursula unwillig geantwortet, »von mir aus können Sie ihn verschenken, Hauptsache, er ist weg!«

Dabei sah sie aus, als wollte sie Mephisto persönlich aus dem Haus jagen. Die Innenarchitektin betrachtete ihre Auftraggeberin kurz: den etwas langweiligen Haarschnitt, das unauffällig geschminkte Gesicht mit dem etwas schiefen Mund.

»Ich werde Ihnen jemanden schicken, der sich damit auskennt«, sagte sie dann in einem geduldigen, fast mütterlichen Tonfall, obwohl sie die Tochter hätte sein können.

Ursula bemüht sich, einfach nicht zu dem schwarzen Monstrum hinzuschauen.

Es gibt ja auch so genug zu sehen.

Sie trinkt genießerisch ihren Tee, streift die Schuhe ab, setzt sich etwas seitlich auf die Couch und legt die Beine hoch. Unbeschreiblich!

Nächsten Montag wird sie wieder in die Firma gehen. Nach drei Wochen ist es allerhöchste Zeit. So lange hat sie sich in ihrem ganzen Leben noch keinen Urlaub gegönnt. Ursula schließt die Augen und denkt 30 Jahre zurück, sieht sich und Walter wieder in den grauen Fabrikhallen, die sie eben gekauft haben, sieht die herausgebrochenen Fenster, die kaputten Leitungen, den beschädigten Betonboden. Sie hatten auf ihre Hochzeitsreise verzichtet, hatten sich die Geschenke bar ausbezahlen lassen, und auf die Fürsprache von Walters Vater hin hatte ihnen eine Bank einen Kredit gewährt. Sie wollten eine Verpackungsfirma aufmachen, das erschien ihnen in den sechziger Jahren als zukunftsträchtig. Der Krieg war lange vorbei, es gab wieder Waren, immer mehr Artikel, die sich gegenseitig Konkurrenz machten, und verkauft wurde offensichtlich das, was im Regal herausstach, schöner, bunter, edler verpackt war. Plastik stand hoch im Kurs. Walter und Ursula kauften sich entsprechende Maschinen, sie schacherten wie die Bürstenbinder um jeden Pfennig, sie schufteten Tag und Nacht, akquirierten, holten Aufträge, kamen kaum noch mit der Produktion nach, brauchten Mitarbeiter, kauften neue Maschinen, bezahlten ihren ersten Bankkredit zurück und nahmen einen neuen, größeren auf. Irgendwann war die Zeit reif für einen Neubau, und dann eröffnete Walter ihr, sie könne jetzt zu Hause bleiben und Kinder bekommen. Aber es kamen keine Kinder, und sie ging wieder in die Firma. Ursula wollte genau wissen, wofür ihr Geld ausgegeben wurde. Sie war bei allen Einstellungen mit dabei. Ohne ihr Okay durfte noch nicht einmal eine Putzfrau ihren Putzlumpen auswringen. Und selbst als Walter sich mehr und mehr aus der Firma zurückzog, um sich seinen Hobbys zu widmen, hat sie die Zügel nie aus der Hand gegeben. Ihr Geschäftsführer, Manfred Kühnen, sollte immer wissen, daß ihm jemand auf die Finger sah. Manchmal tat sie es ganz offen, manchmal mehr im Verborgenen, aber sie war immer präsent.

 

Einem plötzlichen Impuls folgend steht Ursula auf und geht in das Arbeitszimmer. Ganz oben im Regal stehen in drei Reihen Fotoalben. Sie steigt auf die Trittleiter, zieht wahllos einige heraus und geht zurück zu ihrer Couch. Die Alben hat sie angelegt, weil Walter herumliegende Fotos nicht leiden konnte. Aber sie hatte sie danach nie mehr in die Hand genommen, und Walter auch nicht. Sie nimmt ihre Teetasse und schlägt die Seiten des in Leder gebundenen dunkelgrünen Albums auf.

Walter, typisch, beim Bergsteigen. Schon recht weit entfernt, von hinten und mit einem mächtigen Rucksack. Sie erinnert sich jetzt wieder. Das war vor etwa 15 Jahren in den Tiroler Alpen an einem Klettersteig. Sie wollte fotografieren, aber Walter wollte nicht warten. Er war nur sauer, weil sie nicht schnell genug nachkam. Diese Touren waren immer der Alptraum für sie. Er war, wie bei allem, was er tat, extrem. Sie dagegen hatte Höhenangst. Auf Klettersteigen bekam sie Schwindelanfälle, war stets in der Angst, abzustürzen. Er ignorierte es mit einem leichten Augenbrauenzucken und war davon überzeugt, alles sei lediglich eine Frage der Gewöhnung und des Willens. Sie war mit Walter dreißig Jahre lang quer durch Österreich geklettert und hatte sich dreißig Jahre lang nicht daran gewöhnt.

Ursula nimmt einen Schluck aus der feinen Porzellantasse. Der Tee ist kalt, sie trinkt ihn trotzdem aus. Dann schaut sie sich den Teesatz an. Er sagt ihr nichts.

Sie blättert weiter. Bergbilder, Bergbilder und nochmals Bergbilder. Gipfel, Blumen, Kühe – und Walter. Mal von nah, mal von fern. Auf keinem einzigen Foto findet sie sich selbst. Das gibt's doch nicht. Sie blättert das Album bis zur letzten Seite durch. Nein, nichts. Es ist, als hätte sie überhaupt nicht existiert.

Sie klappt das Buch zu, greift zum nächsten.

Das hätte sie sich denken können. Dieses verdammte Schiff. Da hat sich Walter doch tatsächlich ein eigenes Album angelegt, von dem sie überhaupt nichts wußte! Sie blättert es durch. Keine Menschen. Nur das Schiff. Von vorn, von hinten, in der Kajüte, vom Ufer aus, der Blick hoch in die Segel und Detailaufnahmen vom Steuerrad, vom Anker, vom Mast, von den Instrumenten, von den Positionslampen. Und dann Konstruktionspläne, sein Schifferpatent als beglaubigte Kopie, ein Prospekt über das Schiff, Seite für Seite säuberlich eingeheftet.

Nicht zu fassen. Sie klappt das Album zu. Dieses Schiff hat sie fünf Jahre lang im Schlaf verfolgt, und nun liegt es mehr oderweniger leibhaftig auch noch auf ihrem Schoß.

Walter war nicht nur ein extremer Bergsteiger, er war dazu auch noch ein extremer Segler. Dreißig Jahre lang nützte er jede freie Minute, wenn er nicht gerade einen Berg bezwang, um an der Ostsee irgendwelche neuen Rekorde aufzustellen. Er zischte mit seinem Soling zwischen Frachtern und Fährschiffen über die Lübecker Bucht hinaus in Richtung Dänemark und wieder zurück, nichts anderes im Sinn als seine Stoppuhr. Und sie fuhr mit. Nicht immer auf dem Schiff, weil sie dort seiner Ansicht nach ja doch alles falsch machte, aber von Frankfurt bis zum Neustädter Hafen. Und es war nie Urlaub, denn für Urlaub hatten sie nie die Zeit. Schon die Autofahrt war ein Wettkampf, ein Rennen von der Haustüre im betulichen Frankfurter Stadtteil Niederrad bis zur Hafeneinfahrt in Neustadt. Im Morgengrauen wollte er immer schon lossegeln, allerdings nur, wenn die Brise steif genug war. Wenn nicht, drehte er auf dem Absatz um, setzte sich ohne weiteren Kommentar wieder in den Wagen und trat mit ihr, möglichst ohne weitere Unterbrechungen, auf schnellstem Weg die Heimreise an. Sie hatte es mitgemacht, wie sie vieles andere auch mitgemacht hatte. Warum auch nicht, sie hatte ihn schließlich geheiratet.

Aber dann hat er vor fünf Jahren dieses verfluchte Schiff gekauft. Von ihrem gemeinsam verdienten Geld. Ohne sie zu fragen. Sie hatte für ihre alten Tage von einem Haus an der Algarve geträumt. Mit einer 15-Meter-Slup an der Ostsee war dies hinfällig. Sie haßt dieses Schiff.

 

Ursula schlägt das dritte Album eher widerwillig auf. Weihnachten 1983. Sie sieht das Wohnzimmer, wie es früher war, in der Ecke eine riesige, geschmückte Weißtanne. Der Kamerablitz hat nicht ganz ausgereicht, dafür reflektiert er im Fenster. Besonders schön sind die Fotos nicht. Aber wenigstens hat sie überhaupt fotografiert.

Sie blättert weiter. Ah, der festlich gedeckte Tisch für zwei Personen. Stimmt, Walters Mutter war in diesem Jahr gestorben. Davor war sie an Weihnachten immer zu Gast gewesen. Walters Vater war drei Jahre zuvor, 1980, gestorben, wie ihre eigenen Eltern, die bei einem Autounfall umgekommen waren. 1980 war ein richtiges Todesjahr gewesen.

Der Tannenbaum mit den Geschenken. Und Walter im dunklen Anzug. Er sah gut aus. Markante Gesichtszüge, klare Augen, hochgewachsene, drahtige Figur, braune, dichte Haare. Eigentlich hat er sich über die Jahre überhaupt nicht verändert. Noch nicht einmal graue Schläfen hat er bekommen. Wahrscheinlich ist er schon als Fünfzigjähriger geboren worden, es hat nur keiner bemerkt.

Ursula schaut sich die Bilder genau an. Das gediegene Wohnzimmer, das, seiner Ansicht nach, jederzeit bequeme Sitzgelegenheiten für mindestens zwanzig Besucher bieten mußte. Die dunklen Balken, die schweren Vorhänge, die Tapeten, die unsäglichen Stehlampen. Alles spiegelte seinen Geschmack wider. Ursula hat darüber eigentlich nie nachgedacht – nur von Zeit zu Zeit erschien ihr alles zu eng und zu dunkel.

Und jetzt ist er tot.

Ursula legt das Buch zu den anderen und schaut eine Weile durch das große Frontfenster in den Garten. In einem Monat ist Weihnachten, denkt sie. Und dann denkt sie nichts mehr. Es ist, als wäre die Schublade einer Kommode zugegangen und hielte ihre Gedanken gefangen. Sie schaut hinaus und ist völlig gedankenfrei, leer....

Erscheint lt. Verlag 4.6.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-492-98565-3 / 3492985653
ISBN-13 978-3-492-98565-9 / 9783492985659
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