Stummes Versprechen (eBook)
432 Seiten
MORE by Aufbau Digital (Verlag)
978-3-96797-539-0 (ISBN)
Schwestern im Herzen.
Amy, das Adoptivkind. Amy, das schwarze Schaf. Amy, die kleine Schwester. Diana Winchester wurde von den Eltern stehts vorgezogen - doch Diana steht zu ihrer jüngeren Adoptivschwester Amy. Eines Tages gerät Amy in eine schwere Krise. Diana wird klar, dass es nur eine Lösung gibt: Sie muss Amys wahre Mutter finden. Doch die Reise ins ländliche Wyoming führt in einen wahren Dschungel der Gefühle und auch Diana steht vor einer schweren Entscheidung ...
Georgia Bockoven war erfolgreich als Fotografin und freie Journalistin tätig, bevor sie mit dem Schreiben begann. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Kalifornien.
1
Diana versuchte, nicht ständig an ihre schmerzenden Oberschenkel zu denken, während sie auf das erlösende Signal an ihrem Laufband wartete, nach dem sie endlich aufs Trimmrad steigen konnte. Als das Timersignal schließlich ertönte, verließ sie das Laufband und griff nach dem Handtuch, das sie zuvor auf einen Stuhl geworfen hatte, und drückte ihr Gesicht in den weichen Frotteestoff.
Genau in diesem Moment war aus der Küche ein lautes Klirren zu vernehmen, dem Stuarts Ausruf »Diese Schlampe!« folgte.
Sie war über seinen Ausbruch nicht sonderlich überrascht. Denn inzwischen lebte sie bereits seit zwei Jahren mit Stuart zusammen und hatte sich nicht nur an seine Gefühlsausbrüche gewöhnt, sondern kannte auch längst eine ganze Liste an Reizthemen, die ihn in Wut versetzen konnten.
An diesem Morgen war der Anlass seiner Wut mit großer Sicherheit die Tageszeitung, irgendeine Meldung, die mit den Finanzen zu tun hatte, also etwas, über das er sich austoben und worüber er schwadronieren konnte, ohne dass sie in die Sache mit hineingezogen würde. Und angesichts der Tatsache, dass man ihre Beziehung in den vergangenen Monaten nicht gerade als harmonisch bezeichnen konnte, beschloss sie, ihm ein wenig entgegenzukommen und ihm einfach nur zuzuhören.
Sie fand Stuart in der Frühstücksecke in gebückter Haltung vor, als er gerade seine preisgekrönte Steineibe vom Boden aufrichtete. Als er die Pflanze wieder zurechtrückte, rieselten dünne grüne Blättchen auf das Linoleum. An der Rückseite des Stuhles verhedderte sich der Saum seines kastanienfarbenen seidenen Morgenmantels, der sich dadurch öffnete und seine auf der Sonnenbank gebräunten Beine freilegte. Mit einer wütenden Bewegung befreite er sich vom Stuhl und widmete sich dann wieder seiner Steineibe. Als er einen abgeknickten Zweig entdeckte, riss er ihn ab und warf ihn in Richtung des Spülbeckens.
Diana ließ den Blick durch den Raum schweifen. Sie sah in der Ecke die zerknüllte Tageszeitung liegen, registrierte den verschütteten Kaffee und den umgeworfenen Stuhl neben dem Tisch. Offensichtlich handelte es sich doch nicht nur um einen seiner regelmäßigen Wutanfälle, nach deren Ausbruch man ihn im Allgemeinen wieder damit besänftigen konnte, dass man als williger Zuhörer fungierte. Doch ganz egal, was ihn an diesem Morgen so sehr in Rage gebracht hatte, es war wohl etwas, was ihn vermutlich den ganzen Tag über in schlechte Laune versetzen würde. Wahrscheinlich wäre es viel klüger gewesen, wenn sie ihre Zeit weiterhin auf dem Trimmrad verbracht hätte.
Stuart warf genau in dem Moment einen Blick nach oben, als Diana wieder durch die Tür verschwinden wollte. Seine Wut traf sie vollkommen unerwartet mit voller Kraft.
»Dieses Mal ist sie einfach zu weit gegangen!«
Dabei betonte er das »sie« mit solchem Nachdruck, dass klar war, dass es sich dabei weder um irgendeinen unbedeutenden Politiker noch um eine x-beliebige Showgröße handeln konnte, die ihm eine so massive Kränkung zugefügt hatte. Es ging also um etwas rein Persönliches. »Wer ist zu weit gegangen?«
Er riss einen zweiten Zweig vom Baum ab und warf ihn dorthin, wo schon der erste gelandet war. »Jetzt fehlt bloß noch, dass irgendeiner richtig kombiniert, und dann weiß es das ganze Büro.« Er hielt inne. »Gott, allein der Gedanke daran macht mich schon krank.«
»Ehrlich gesagt, habe ich was Besseres zu tun, als hier herumzustehen und mit dir Rätselraten zu spielen, Stuart. Entweder sagt du mir auf der Stelle, von wem du eigentlich redest, oder ich mache mich jetzt zur Dusche auf.«
Ihre scheinbare Ruhe schien seine Wut offenbar erneut anzustacheln.
»Stell dich doch nicht dümmer, als du bist, Diana. Wer sonst außer deiner gottverdammten Schwester könnte mich derart aus der Fassung bringen?«
Diana hatte plötzlich das Gefühl, als könnte sie sich vor Erschöpfung kaum mehr auf den Beinen halten.
»Was hat Amy denn jetzt schon wieder angestellt?«
»Diese Schlampe hat es fertiggebracht, sich letzte Nacht verhaften zu lassen.«
»Hör auf, sie so zu nennen!« Es dauerte einen Moment, bis sie den Rest begriff. »Was meinst du damit, dass sie sich letzte Nacht hat verhaften lassen?«
Er ließ sie ganz bewusst zappeln, um seinen Worten die größtmögliche Wirkung zu geben.
»Wegen Prostitution.«
Ihre ambivalente Haltung schlug mit einem Mal in Wut um. Denn Stuart hatte immer schon Spaß daran gehabt, sie zu piesacken. »Das glaube ich dir nicht.«
Aus irgendeinem perversen Grund schien ihm ihre Antwort zu gefallen. Es gelang ihm nicht, ein Lächeln zu unterdrücken, als er meinte: »Du musst mir nicht glauben. Lies doch selbst – es steht hier in dieser Morgenzeitung. Und mit der ganzen Familiengeschichte dazu. Amy hat es wohl nicht gereicht, sich selbst in den Dreck zu ziehen, nein, sie musste auch noch euch alle mit runterziehen.«
»Aber das muss ein Irrtum sein. Amy würde doch niemals ...«
»Ein Irrtum ist vollkommen ausgeschlossen.« Er richtete den umgeworfenen Stuhl wieder auf und schob ihn unter den Tisch. »Sie hat sich einem Polizisten käuflich angeboten.«
Diana ging über den Vorwurf einfach hinweg. »Sie hat sicher nur Unsinn gemacht.«
»Sie hat ihm einen Preis genannt.«
»Das heißt doch nicht, dass ...«
»Gib doch endlich auf, Diana«, unterbrach er sie und bückte sich, um die Zeitung aufzuheben. Er warf sie ihr zu. »Da du mir ganz offensichtlich keinen Glauben schenken willst, lies es doch selbst.«
Solange sie keinen Blick in die Zeitung warf, konnte sie sich vormachen, dass man irgendjemand anderen verhaftet hatte, der zufällig den gleichen Namen hatte. Amy hatte in der Vergangenheit einige recht fragwürdige Dinge angestellt, aber noch nie etwas Derartiges.
»Nun?«, drängte sie Stuart.
Er wusste genau, auf welchen Knopf er bei ihr drücken musste. Sie strich die zerknüllte Zeitung glatt und überflog die Schlagzeilen.
»Fast ganz unten, auf der rechten Seite.«
Diana warf ihm einen wütenden Blick zu. »Du brauchst gar nicht so selbstgefällig zu tun.«
»He, komm bloß nicht auf die Idee, deine Wut an mir auszulassen. Nicht ich bin der Feind hier.«
»Aber Amy ist es?« Meine Güte, da stand es tatsächlich, genau da, wo er gesagt hatte. »Tochter eines Prominentenarztes aus Minneapolis-Saint Paul wegen Prostitution verhaftet.« Warum wirkten alle Dinge, wenn man sie tatsächlich schwarz auf weiß gedruckt sah, so viel schlimmer?
»Ich sehe, du hast es gefunden«, meinte Stuart.
Sie las die ersten beiden Absätze und ersparte sich den Rest. Das reichte ihr. Sie zweifelte nicht eine einzige Minute daran, dass Amy wieder einmal eines ihrer albernen Spielchen gespielt hatte, aber dieses Mal dabei einfach zu weit gegangen war. Allein der Gedanke, dass sich ihre Schwester prostituiert haben sollte, schien ihr so sehr an den Haaren herbeigezogen wie die Idee, sie würde plötzlich einem Nonnenkloster beitreten wollen.
»Du weißt schon, dass dort genauso gut auch dein Name stehen könnte«, erklärte Stuart, »oder meiner. Wenigstens ist die Position deines Vaters im Krankenhaus nicht gefährdet. Aber ich kann mir meine Karriere bei Cunningham abschminken, wenn Ellsworth das hier liest und es mit mir in Verbindung bringt.«
Diana hätte fast laut losgelacht. Die Investmentfirma, für die Stuart arbeitete, war in den letzten fünf Jahren in ein halbes Dutzend Gerichtsverfahren verwickelt gewesen. »Wenn Gerry Cutter sich Geld aus einem der Fonds seiner Klientenkonten ›leihen‹ kann und immer noch seinen Job hat, dann kann ich mir schwer vorstellen, warum Stanton Ellsworth dir wegen meiner Schwester Probleme machen sollte.«
»Gerade dass Gerry das gemacht hat, ist doch der Grund, dass der Rest von uns über jeden Tadel erhaben sein muss.«
»Kein Mensch wird dich in irgendeiner Weise mit dieser Sache in Verbindung bringen. Wie denn auch?«
»Gott, du kannst manchmal aber auch verdammt begriffsstutzig sein. Die Hälfte meiner Klienten sind Leute, die ich durch deinen Vater kennengelernt habe.«
Diana warf einen Blick auf die Uhr. »Es ist schon fast sieben Uhr, Stuart. Wenn ich ...
Erscheint lt. Verlag | 1.6.2024 |
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Reihe/Serie | Wege der Liebe |
Übersetzer | Ingeborg Schober |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | An unspoken Promise |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Hera Lind • Herzklopfen • Jenny Colgan • Jodie Picoult • Liebe • Manuela Inusa • Neuanfang • Neue Liebe • Schicksal |
ISBN-10 | 3-96797-539-8 / 3967975398 |
ISBN-13 | 978-3-96797-539-0 / 9783967975390 |
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