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Kaltes Licht (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
320 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31040-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kaltes Licht -  Garry Disher
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Im Garten der Wrights auf der Blackberry Hill Farm gleitet eine Schlange über den verdorrten Rasen und unter eine verwitterte Betonplatte. Die aufgeschreckte Familie lässt den Schlangenfänger kommen, doch der buddelt etwas ganz anderes aus: Unter der Platte kommt ein Skelett zum Vorschein. Ein Fall für die Abteilung für ungelöste Verbrechen, in der Sergeant Alan Auhl verstaubte Cold Cases bearbeitet. Aus der Pensionierung zurückgekehrt, wird er von den jungen Kollegen ziemlich spöttisch empfangen. Er lässt sich nicht beirren und versucht hartnäckig, dem Geheimnis um den »Plattenmann« auf den Grund zu gehen. Warum haben die Erinnerungen der mürrischen Anwohner so viele Lücken?

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Werk wurde für den Booker Prize nominiert und mehrfach ausgezeichnet, u. a. viermal mit dem Deutschen Krimipreis sowie zweimal mit dem wichtigsten australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Werk wurde für den Booker Prize nominiert und mehrfach ausgezeichnet, u. a. viermal mit dem Deutschen Krimipreis sowie zweimal mit dem wichtigsten australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

1


An einem milden Oktobermorgen glitt in der Nähe von Pearcedale, südöstlich von Melbourne, eine Schlange auf dem Weg von hier nach da über die Ecke einer Veranda. Nathan Wright, der nach dem Frühstück in der Haustür stand und aus müden Augen seinen verdorrten Rasen betrachtete, bemerkte die Bewegung aus dem Augenwinkel: Ein verfluchter großer Kupferkopf schlängelte sich über seine Veranda. Wohin wollte er? Etwa zu seiner Frau und seiner Tochter? Jaime klammerte auf dem Rasen neben dem Haus Babyoveralls an die Wäscheleine, Serena Rae lag zu ihren Füßen auf einer pinkfarbenen Decke.

Als Nathan nach ein paar Sekunden – Wochen – seine Stimme wiederfand, zeigte er hin und quäkte: »Schlange!«

Jaime richtete sich vom Waschkorb auf und schaute in die Richtung, in die er zeigte. Sie ließ ein pinkfarbenes Unterhemdchen fallen, spuckte eine Wäscheklammer aus, schnappte sich Serena Rae von der Decke und stolperte mit leisem Entsetzensschrei rückwärts davon. Die Schlange glitt weiter über fleckiges Gras und Erde auf eine verwitterte, mehrere Tischplatten große Betonfläche zu. Niemand wusste, wozu diese alte Platte mal gedient haben mochte. Als Fundament eines abgerissenen Gartenschuppens? Oder eines Hühnerstalls? Sie war geborsten und an einigen Stellen löchrig, wirkte aber massiv, und Jaime hatte schräg in einer Ecke einen Gartenstuhl hingestellt, wo sie gern in der Sonne las, Erbsen pulte oder Serena Rae stillte.

Die nichts ahnende Schlange steckte die Schnauze in ein Loch, das Nathan viel zu klein vorkam, und schob sich vermittels einer Reihe langsamer, kräftiger Muskelkontraktionen unter den Beton. Schon bald war ein Viertel des langen Leibes verschwunden. Jaime und Nathan schauten entsetzt zu. Serena Rae nahm den feuchten Daumen aus dem Mund und zeigte hin. »Ja, Schätzchen, Schlange«, sagte Jaime zittrig.

Nathan riss sich mit Gewalt aus der Lähmung. Eine Schlange direkt bei seinem Haus? Niemals, verflucht. Er rannte zum Anbau hinter der Garage, wo er Brennholz und Gartengeräte lagerte.

»Nathan!« Jaime drückte sich Serena Rae an die Brust. »Wo willst du …«

»Axt!«

Sie riss den Mund auf, dann begriff sie: Er wollte die Schlange zerteilen. Sie schaute, wie er verschwand, dann mit der Axt wieder auftauchte und leicht tollpatschig die noch sichtbare Hälfte der Schlange ins Visier nahm.

»Nicht!« Panik lag in ihrer Stimme.

Nathan blieb verwirrt stehen. »Was?«

»Sie könnte schwanger sein.«

Irgendwo hatte sie gelesen, dass dann Dutzende von Babyschlangen aus dem geteilten Leib kriechen und in alle möglichen Richtungen verschwinden, um zu wachsen und zu gedeihen und kleine Kinder zu beißen.

»Und außerdem«, fuhr sie fort und versuchte, sich zu beruhigen – Nathan wirkte noch viel stärker außer Fassung, als sie sich fühlte –, »Schlangen stehen unter Schutz.«

»Was? Scheiß drauf.«

»Und was, wenn das vordere Ende zurückkommt und dich beißt?«

Das hielt Nathan für unwahrscheinlich, aber er hatte sowieso nicht vorgehabt, der Schlange allzu nahe zu kommen, und nun war es zu spät. Die Schlange war in ihrem Loch verschwunden.

Trotzdem änderte das nichts an der Tatsache: Sie hatten eine Schlange.

Nathan ging zum Anbau zurück und nahm ein paar alte rote Ziegelsteine. Er näherte sich der Betonplatte, als würde es sich um ein Nest glühender Kohlen handeln, hastete über die Oberfläche, knallte die Ziegel auf das Schlupfloch und machte, dass er wegkam. Er wischte sich den Ziegelstaub von den Händen und ging zu seiner Frau, die sich auf die Veranda zurückgezogen hatte.

Jaime schien nicht sonderlich beeindruckt zu sein, wie er die Situation meisterte. »Was, wenn es noch ein Loch gibt, das wir nicht sehen? Was, wenn sie die Ziegelsteine beiseiteschiebt? Was, wenn sie sich einen anderen Ausgang buddelt?«

»Himmel, Jaime.«

Nathan ähnelte all den jungen Ehemännern in der Gegend: ein wenig bullig, Stoppelhaare, ausgebeulte Shorts und T-Shirt einer Surfermarke, ein paar zaghafte Tattoos, Sonnenbrille auf der Baseballkappe; dazu streitlustig, wenn er etwas nicht verstand. Das kam so häufig vor, dass Jaime mittlerweile schnell ungeduldig wurde.

»Wir müssen den Schlangenfänger anrufen«, sagte sie kurz angebunden und versuchte, die Angst zu unterdrücken, die sie immer noch spürte.

»Ach, zum …« Nathan fiel noch rechtzeitig Serena Rae ein, und er unterbrach sich; sie schaute ihn an, als wäre sie derselben Meinung wie ihre Mutter.

»Die Nummer hängt neben dem Küchentelefon«, ergänzte Jaime.

Das wusste Nathan. Er hatte den Namen und die Telefonnummer des Schlangenfängers selbst dort hingehängt, nachdem er in der Zeitung eine Geschichte gelesen hatte. Baz, der Schlangenfänger, ermahnte die Anwohner, dass es eine »gute« Saison für Schlangen sei, vor allem für Kupferköpfe, Tigerottern und rotbäuchige Schwarzottern.

»Nathan …«, sagte Jaime und legte den Rest des Satzes in ihren Ton.

»Okay, okay.« Nathan stapfte über die Veranda zur Haustür. Himmel, er hatte sie offen gelassen. Wer wusste, wie viele Schlangen ins Haus geglitten waren? Ein schneller Blick über die Schulter: Jaime beäugte noch immer die Betonplatte und wippte Serena Rae auf ihrer Hüfte. Und Serena Rae beäugte ihn. Er winkte ihr schwach, ging in die Küche und wählte die Nummer. Er wartete und schaute über den Hof hinaus zum Seitenzaun, den Kasuarinen des Nachbarn und die Hektar welligen Graslands rings um ihn herum. Überall wimmelte es vor Schlangen.

Schließlich traf Baz ein; in einem blauen Snake-Catcher-Victoria-Poloshirt, Jeans und schweren Arbeitsstiefeln. Ein Käppi beschattete sein Gesicht; in den großen Handschuhen hielt er eine lange Stange. Er schaute von Nathan zu Jaime und sagte: »Gehen Sie voran«, so als sei Zeit kostbar.

Nathan deutete auf die Betonplatte, und Baz schüttelte den Kopf. »Himmel, Sie machen es mir aber auch nicht einfach, oder?«

»Da ist sie hinein.«

Hinter ihnen fragte Jaime: »Können Sie sie fangen?«

»Mit einem Presslufthammer und einem Radlader vielleicht«, antwortete Baz. Nathan stand neben ihm, betrachtete die Platte und wünschte sich insgeheim, er hätte seine dumme Frau einfach ignoriert und die verfluchte Schlange entzweigehackt. »Hätte das verdammte Mistvieh töten sollen.«

Baz drehte sich langsam und ruhig zu ihm um und sagte: »Kumpel, das habe ich nicht gehört. Und ganz sicher möchte ich das auch nicht wieder hören. Schlangen zu töten, ist verboten. Darauf stehen sechstausend Dollar Bußgeld.«

»Ich sag doch nur …«

»Na, tun Sies lieber nicht.« Baz zeigte auf die beiseitegelegte Axt. »Und selbst wenn Sie sie durchhacken, kann das Kopfende noch ziemlich lange Zeit danach zubeißen.«

»Das hab ich ihm auch gesagt«, meinte Jaime.

Nathan ballte die fleischigen Hände und öffnete sie wieder. »Und was jetzt, lassen wir sie einfach dort, wo sie ist?«

»Mann, wenn sie nicht mehr rauskommt, stirbt sie«, antwortete Baz. »Indem Sie das Loch versperrt haben, haben Sie sie faktisch umgebracht. Sechstausend Mücken.«

»Wollen Sie mich anzeigen? Verdammt und zugenäht, was zum Henker sollen wir denn machen? Wir haben ein kleines Kind. Meinen Sie, wir sollen die Ziegel wegnehmen, damit eine giftige Schlange frei herumkriechen kann, und meine Frau und ich und das Kind verbarrikadieren uns für den Rest unseres Lebens?«

Baz war von Nathan nicht sonderlich beeindruckt, aber durchaus ein fairer Typ. Er hatte selbst Kinder. Vor zehn Jahren war er sogar mal von einer Schlange gebissen worden und hatte seine ganze Familie in Panik versetzt. Er kaute auf der Unterlippe. »Also gut, Folgendes. Brauchen Sie die Betonplatte für irgendwas? Wollen Sie einen Schuppen darauf bauen oder so?«

»Meinetwegen können Sie die abtransportieren, ist mir egal.«

»Ich transportiere sie nicht ab, sondern Sie. Oder Sie beseitigen die einzelnen Brocken, wenn wir sie aufgebrochen haben. Ich hab da einen Kumpel, einen Betonbauer, der ist spezialisiert auf Betonplatten, Veranden, Fundamente. Der wird sie Ihnen schon ausbuddeln, keine Bange. Wir fangen bei dem Loch an, machen es nach und nach weiter, bis ich eine Vorstellung davon habe, was sich unter Ihrer Platte befindet, eine große Höhlung oder ein Netz von Bauen. Sobald ich eine oder mehrere Schlangen sehe, mache ich mich mit meiner Stange ans Werk.«

Schlangen, Plural. Na toll. »Und was machen Sie dann mit ihr? Mit ihnen?«

»Ich setze sie in der Wildnis aus.«

»Aha«, sagte Nathan. »Und was, wenn der Kupferkopf, ach, ich weiß nicht, so was wie Heimweh kriegt?«

»Kumpel, den ganzen Sommer über gibt es ringsum Schlangen. Meistens kommt man nicht mit ihnen in Kontakt. Wenn ich diese Schlange wegschaffe, kann keiner sagen, dass Sie nicht morgen in Ihrem Garten die nächste sehen.«

Nathan sah Jaime an und seufzte. »Also gut, machen wirs.«

»Vielleicht nicht heute«, sagte Baz mit besorgter Miene, die andeutete, dass ihm der Gedanke an eine Schlange in der Bredouille missfiel.

...

Erscheint lt. Verlag 10.7.2019
Übersetzer Peter Torberg
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Australien • Beziehung • Gewalt • Kriminalroman • Spannung
ISBN-10 3-293-31040-0 / 3293310400
ISBN-13 978-3-293-31040-7 / 9783293310407
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